Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 37 AS 1785/08 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 626/08 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens über die Leistungshöhe für die Erstausstattung einer Wohnung und Bekleidung.
Der im Jahre 1964 geborene Beschwerdeführer steht seit Januar 2005 mit Unterbrechungen durch Krankheit und Inhaftierung im Bezug von Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Kurz vor dem Auslaufen von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) wegen vormals ungeklärter Erwerbsfähigkeit beantragte er mit Wirkung zum 1. März 2008 erneut Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Hierbei teilte er mit, dass er keine Wohnung habe und derzeit bei einer Bekannten - Frau S. - lebe. Mit Bescheid vom 3. März 2008 bewilligte die Beschwerdegegnerin - trotz fortbestehender Zweifel hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit - Leistungen zur Grundsicherung in Höhe von 347,00 Euro monatlich für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2008.
Anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers am 5. März 2008 erteilte sie die Zustimmung zum Bezug einer Wohnung in der T.straße in E. Bei diesem Gespräch erfuhr sie davon, dass der ehemalige Vermieter des Beschwerdeführers, dessen gesamten Möbel aus der Wohnung verbracht und entsorgt haben soll. Insoweit wolle der Beschwerdeführer Schadensersatzforderungen einklagen.
Unter dem 18. April 2008 hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Gotha beantragt. In der Folge hat er mehrfach - teils im alkoholisierten Zustand - bei der Beschwerdegegnerin vorgesprochen und auch die sofortige Auszahlung von Bargeld gefordert. Die Beschwerdegegnerin hat zur Prüfung des Ausstattungsbedarfs am 24. April 2008 die Wohnung in der T.straße aufgesucht. Mit Beschluss vom 9. Mai 2008 hat das Sozialgericht Gotha den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Er sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer habe kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes sei nicht geboten.
Mit der Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, zumindest in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei auch der Antrag auf Bewilligung einer Erstausstattung zu sehen. Über diesen Antrag habe die Beschwerdegegnerin nicht zeitnah entschieden. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid sei in sich widersprüchlich. Einerseits habe die Beschwerdegegnerin Sachleistungen
bewilligt. Andererseits soll er die Einrichtungsgegenstände aber in einem Möbelhaus kaufen. Im Übrigen habe er nach den Richtlinien ein Anspruch auf einen pauschalen Leistungssatz in Höhe von 1.700,00 Euro für die Wohnungserstausstattung und in Höhe von 500, 00 Euro für die Erstausstattung an Bekleidung.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Mai 2008 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die Wohnungserstausstattung vorläufig Leistungen in Höhe von 1.700,00 Euro und für die Erstausstattung an Bekleidung in Höhe von 500,00 Euro zu gewähren.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen habe sie mittlerweile Sachleistungen in Höhe von 590,00 Euro für die Erstausstattung der Wohnung bewilligt. Auch hieraus folge, dass ein Rechtsschutzbedürfnis nicht bestehe.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2008, der unmittelbar dem Beschwerdeführer bekannt gegeben wurde, hat die Beschwerdegegnerin für die Erstausstattung der Wohnung 590,00 Euro in Form von Sachleistungen bewilligt. Nach Kenntnisnahme dieses Bescheides hat der Prozessbevollmächtigte am 16. Juli 2008 einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt. Über diesen ist soweit ersichtlich noch nicht entschieden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und derjenigen der Beschwerdegegnerin verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen des Eilverfahrens keine über den Bescheid vom 22. Mai 2008 hinausgehenden Ansprüche. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zwischenzeitlich unstatthaft geworden.
Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall von § 86 b Abs. 1 – wie hier- nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn anders die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 86 b Abs. 4 SGG).
Der Antrag ist dann begründet, wenn das Gericht auf Grund hinreichender Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und bzw. oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch bejahen kann. Ein solcher Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Darüber hinaus muss in Abwägung der für die Verwirklichung des Rechts bestehenden Gefahr einerseits und der Notwendigkeit einer Regelung andererseits ein Anordnungsgrund zu bejahen sein.
Die vom Beschwerdeführer weiterhin angestrebte Regelungsanordnung kommt nicht mehr in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst deren Statthaftig- und Zulässigkeit voraus. Erst dann ist zu prüfen, ob ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, bei einer Beschwerde mithin der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind im Beschwerdeverfahren nicht mehr gegeben. Das Begehren des Beschwerdeführers ist nicht mehr statthaft, weil der über seinen Leistungsantrag entscheidende Bescheid vom 22. Mai 2008 mittlerweile nach § 77 SGG bindend geworden ist.
Der Bescheid wurde am 22. Mai 2008 zur Post gegeben und gilt damit nach § 37 Abs. 2 SGB X als am 25. Mai 2008 bekannt gegeben. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 SGG lief demnach am 24. Juni 2008 ab. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten ging aber erst am 16. Juli 2008 und damit verfristet bei der Beschwerdegegnerin ein. Insoweit hat der Bevollmächtigte auch keinen Widerspruch eingelegt, sondern ausdrücklich einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gestellt. Dieser lässt die Bestandskraft des Bescheides vom 22. Mai 2008 aber bis zu einer etwaigen positiven Entscheidung der Beschwerdegegnerin unberührt.
Im Übrigen ist es unerheblich, dass der Bescheid direkt an den Beschwerdeführer und nicht an seinen Bevollmächtigten adressiert wurde, denn die Vorschrift des § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnet der Behörde - abweichend von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X - die Möglichkeit, trotz Bestellung eines Bevollmächtigten, den Verwaltungsakt dem Beteiligten selbst bekanntzugeben (vgl. Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juli 2007 - Az.: L 20 B 16/07 AS, nach juris). In diesem Zusammenhang ist außerdem beachtlich, dass der Beschwerdegegnerin eine Bestellung des Prozessbevollmächtigten auch für das Verwaltungsverfahren offensichtlich nicht bekannt war. Zwar weist die in der Gerichtsakte befindliche Prozessvollmacht eine solche Bestellung aus; indes wurde die Prozessvollmacht der Beschwerdegegnerin vom Sozialgericht im Rahmen des Eilverfahrens nicht zur Kenntnis übermittelt.
Ist aber der dem Rechtsschutzbegehren zugrundeliegende ablehnende Bescheid - so wie hier - zwischenzeitlich bestandskräftig geworden, mangelt es bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis bezüglich dessen mit einem Eilantrag eine vorläufige Regelung erstrebt werden soll (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juni 2008 - Az.: L 23 B 100/08 SO, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juni 2007 - Az.: L 7 AS 2050/07 ER-B und LSG für das Saarland, Beschluss vom 11. August 2005 - Az.: L 9 B 4/05 AS, alle nach juris).
Der Antrag war aber auch deswegen unzulässig, weil dem Beschwerdeführer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Dieses ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Antragsteller das mit dem Antrag verfolgte Ziel auf andere, offensichtlich einfachere und näher liegende Weise erreichen kann, und damit die Inanspruchnahme des Gerichts nicht geboten ist. Grundsätzlich ist der Rechtsschutzsuchende vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gehalten, die förmliche Entscheidung der Behörde - in der Regel den Bescheid - abzuwarten, anderenfalls ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Januar 2008 - Az.: L 8 AS 5486/07 ER-B, nach juris). Ausnahmsweise kann aber dann etwas anderes gelten, wenn die Behörde klar zu erkennen gibt, dass sie den Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen wird, bei ihrer Ankündigung, sie werde über den Antrag erst nach längerer Zeit entscheiden oder bei einer ungebührlich langen Bearbeitungszeit (vgl. den Senatsbeschluss vom 9. September 2008 - Az.: L 9 B 40/06 AS und Thüringer LSG, Beschluss vom 19. Februar 2002 - Az.: L 6 KR 992/02 ER).
Vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Beschwerdeführer sein Anliegen gegenüber der Beschwerdegegnerin nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, sondern lediglich mitgeteilt, dass er seinen ehemaligen Vermieter wegen der Entsorgung seiner Möbel in Regress nehmen werde. Die Beschwerdegegnerin hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie den Antrag mit Wahrscheinlichkeit ablehnen oder erst nach geraumer Zeit bearbeiten wird. Im Gegenteil hat sie schon bei den Vorsprachen des Beschwerdeführers am 22. und 23. April 2008 eine Soforthilfe in Form einer darlehensweisen Gewährung von Sachleistungen angeboten. Diese sinnvolle Lösung zur sofortigen Bedarfsdeckung wurde vom Beschwerdeführer, der kategorisch auf die Auszahlung von Bargeld besteht, abgelehnt.
Selbst wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aber zulässig wäre, müssten ihm in der Sache die Erfolgsaussichten versagt werden, weil es nach summarischer Prüfung sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund fehlt.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leitungen für 1. Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte, 2. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie 3. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst und werden gesondert erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 können als Sachleistungen oder Geldleistung, auch in der Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden (§23 Abs. 3 Satz 5 SGB II).
Gerade im Hinblick auf § 23 Abs. 2 SGB II ist es nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer - der offensichtlich einen nicht unerheblichen Alkoholmissbrauch betreibt - Sachleistungen bewilligt hat. Andererseits wäre ernsthaft zu befürchten, dass er das Geld zweckentfremdet verwendet. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist auch die Höhe der bewilligten Sachleistung nicht zu beanstanden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich nach den Feststellungen des Außendienstes schon Einrichtungsgegenstände in gewissen Umfang in der Wohnung T.straße befinden. Sofern sich der Beschwerdeführer auf die Richtlinien der Beschwerdegegnerin bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei den darin erwähnten 1.700,00 Euro bei der Erstausstattung für einen Einpersonenhaushalt um den Maximalbetrag handelt. Zum anderen stellen die Richtlinien auch nur interne Handlungsanweisungen dar und sind für die Gerichte nicht verbindlich.
Im Übrigen fehlt es im Hinblick auf die geltend gemachte Erstausstattung für die Wohnung an einem Anordnungsgrund. Eine besondere Dringlichkeit hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht. Nach Lage der Akten (vgl. beispielsweise das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 24. Juli 2008 an den Prozessbevollmächtigten) hat er die bewilligten Sachleistungen bisher nicht in Anspruch genommen. Dies legt den Schluss nahe, dass der Bedarf des Beschwerdeführers an Einrichtungsgegenständen anderweitig gedeckt ist bzw. er sich überwiegend an anderen Örtlichkeiten aufhält und im Vordergrund offensichtlich der Erhalt weiterer Geldleistungen zur zweckwidrigen Verwendung steht.
Sofern der Beschwerdeführer auch eine Erstausstattung für Bekleidung geltend macht, fehlt es ebenfalls am Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Insbesondere ist sein Vortrag, seit dem Beginn des stationären Aufenthaltes im Sommer 2007 verfüge er nur noch über die Bekleidung, die er am Leibe trage, nicht glaubhaft und widerspricht jeder Lebenserfahrung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens über die Leistungshöhe für die Erstausstattung einer Wohnung und Bekleidung.
Der im Jahre 1964 geborene Beschwerdeführer steht seit Januar 2005 mit Unterbrechungen durch Krankheit und Inhaftierung im Bezug von Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Kurz vor dem Auslaufen von Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) wegen vormals ungeklärter Erwerbsfähigkeit beantragte er mit Wirkung zum 1. März 2008 erneut Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Hierbei teilte er mit, dass er keine Wohnung habe und derzeit bei einer Bekannten - Frau S. - lebe. Mit Bescheid vom 3. März 2008 bewilligte die Beschwerdegegnerin - trotz fortbestehender Zweifel hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit - Leistungen zur Grundsicherung in Höhe von 347,00 Euro monatlich für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2008.
Anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers am 5. März 2008 erteilte sie die Zustimmung zum Bezug einer Wohnung in der T.straße in E. Bei diesem Gespräch erfuhr sie davon, dass der ehemalige Vermieter des Beschwerdeführers, dessen gesamten Möbel aus der Wohnung verbracht und entsorgt haben soll. Insoweit wolle der Beschwerdeführer Schadensersatzforderungen einklagen.
Unter dem 18. April 2008 hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Gotha beantragt. In der Folge hat er mehrfach - teils im alkoholisierten Zustand - bei der Beschwerdegegnerin vorgesprochen und auch die sofortige Auszahlung von Bargeld gefordert. Die Beschwerdegegnerin hat zur Prüfung des Ausstattungsbedarfs am 24. April 2008 die Wohnung in der T.straße aufgesucht. Mit Beschluss vom 9. Mai 2008 hat das Sozialgericht Gotha den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Er sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer habe kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes sei nicht geboten.
Mit der Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, zumindest in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei auch der Antrag auf Bewilligung einer Erstausstattung zu sehen. Über diesen Antrag habe die Beschwerdegegnerin nicht zeitnah entschieden. Der zwischenzeitlich ergangene Bescheid sei in sich widersprüchlich. Einerseits habe die Beschwerdegegnerin Sachleistungen
bewilligt. Andererseits soll er die Einrichtungsgegenstände aber in einem Möbelhaus kaufen. Im Übrigen habe er nach den Richtlinien ein Anspruch auf einen pauschalen Leistungssatz in Höhe von 1.700,00 Euro für die Wohnungserstausstattung und in Höhe von 500, 00 Euro für die Erstausstattung an Bekleidung.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 9. Mai 2008 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die Wohnungserstausstattung vorläufig Leistungen in Höhe von 1.700,00 Euro und für die Erstausstattung an Bekleidung in Höhe von 500,00 Euro zu gewähren.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen habe sie mittlerweile Sachleistungen in Höhe von 590,00 Euro für die Erstausstattung der Wohnung bewilligt. Auch hieraus folge, dass ein Rechtsschutzbedürfnis nicht bestehe.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2008, der unmittelbar dem Beschwerdeführer bekannt gegeben wurde, hat die Beschwerdegegnerin für die Erstausstattung der Wohnung 590,00 Euro in Form von Sachleistungen bewilligt. Nach Kenntnisnahme dieses Bescheides hat der Prozessbevollmächtigte am 16. Juli 2008 einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt. Über diesen ist soweit ersichtlich noch nicht entschieden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und derjenigen der Beschwerdegegnerin verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen des Eilverfahrens keine über den Bescheid vom 22. Mai 2008 hinausgehenden Ansprüche. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zwischenzeitlich unstatthaft geworden.
Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall von § 86 b Abs. 1 – wie hier- nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn anders die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 86 b Abs. 4 SGG).
Der Antrag ist dann begründet, wenn das Gericht auf Grund hinreichender Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und bzw. oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch bejahen kann. Ein solcher Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Darüber hinaus muss in Abwägung der für die Verwirklichung des Rechts bestehenden Gefahr einerseits und der Notwendigkeit einer Regelung andererseits ein Anordnungsgrund zu bejahen sein.
Die vom Beschwerdeführer weiterhin angestrebte Regelungsanordnung kommt nicht mehr in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst deren Statthaftig- und Zulässigkeit voraus. Erst dann ist zu prüfen, ob ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, bei einer Beschwerde mithin der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind im Beschwerdeverfahren nicht mehr gegeben. Das Begehren des Beschwerdeführers ist nicht mehr statthaft, weil der über seinen Leistungsantrag entscheidende Bescheid vom 22. Mai 2008 mittlerweile nach § 77 SGG bindend geworden ist.
Der Bescheid wurde am 22. Mai 2008 zur Post gegeben und gilt damit nach § 37 Abs. 2 SGB X als am 25. Mai 2008 bekannt gegeben. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 SGG lief demnach am 24. Juni 2008 ab. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten ging aber erst am 16. Juli 2008 und damit verfristet bei der Beschwerdegegnerin ein. Insoweit hat der Bevollmächtigte auch keinen Widerspruch eingelegt, sondern ausdrücklich einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gestellt. Dieser lässt die Bestandskraft des Bescheides vom 22. Mai 2008 aber bis zu einer etwaigen positiven Entscheidung der Beschwerdegegnerin unberührt.
Im Übrigen ist es unerheblich, dass der Bescheid direkt an den Beschwerdeführer und nicht an seinen Bevollmächtigten adressiert wurde, denn die Vorschrift des § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnet der Behörde - abweichend von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X - die Möglichkeit, trotz Bestellung eines Bevollmächtigten, den Verwaltungsakt dem Beteiligten selbst bekanntzugeben (vgl. Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juli 2007 - Az.: L 20 B 16/07 AS, nach juris). In diesem Zusammenhang ist außerdem beachtlich, dass der Beschwerdegegnerin eine Bestellung des Prozessbevollmächtigten auch für das Verwaltungsverfahren offensichtlich nicht bekannt war. Zwar weist die in der Gerichtsakte befindliche Prozessvollmacht eine solche Bestellung aus; indes wurde die Prozessvollmacht der Beschwerdegegnerin vom Sozialgericht im Rahmen des Eilverfahrens nicht zur Kenntnis übermittelt.
Ist aber der dem Rechtsschutzbegehren zugrundeliegende ablehnende Bescheid - so wie hier - zwischenzeitlich bestandskräftig geworden, mangelt es bereits an einem streitigen Rechtsverhältnis bezüglich dessen mit einem Eilantrag eine vorläufige Regelung erstrebt werden soll (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juni 2008 - Az.: L 23 B 100/08 SO, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juni 2007 - Az.: L 7 AS 2050/07 ER-B und LSG für das Saarland, Beschluss vom 11. August 2005 - Az.: L 9 B 4/05 AS, alle nach juris).
Der Antrag war aber auch deswegen unzulässig, weil dem Beschwerdeführer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Dieses ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Antragsteller das mit dem Antrag verfolgte Ziel auf andere, offensichtlich einfachere und näher liegende Weise erreichen kann, und damit die Inanspruchnahme des Gerichts nicht geboten ist. Grundsätzlich ist der Rechtsschutzsuchende vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gehalten, die förmliche Entscheidung der Behörde - in der Regel den Bescheid - abzuwarten, anderenfalls ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Januar 2008 - Az.: L 8 AS 5486/07 ER-B, nach juris). Ausnahmsweise kann aber dann etwas anderes gelten, wenn die Behörde klar zu erkennen gibt, dass sie den Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen wird, bei ihrer Ankündigung, sie werde über den Antrag erst nach längerer Zeit entscheiden oder bei einer ungebührlich langen Bearbeitungszeit (vgl. den Senatsbeschluss vom 9. September 2008 - Az.: L 9 B 40/06 AS und Thüringer LSG, Beschluss vom 19. Februar 2002 - Az.: L 6 KR 992/02 ER).
Vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Beschwerdeführer sein Anliegen gegenüber der Beschwerdegegnerin nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, sondern lediglich mitgeteilt, dass er seinen ehemaligen Vermieter wegen der Entsorgung seiner Möbel in Regress nehmen werde. Die Beschwerdegegnerin hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass sie den Antrag mit Wahrscheinlichkeit ablehnen oder erst nach geraumer Zeit bearbeiten wird. Im Gegenteil hat sie schon bei den Vorsprachen des Beschwerdeführers am 22. und 23. April 2008 eine Soforthilfe in Form einer darlehensweisen Gewährung von Sachleistungen angeboten. Diese sinnvolle Lösung zur sofortigen Bedarfsdeckung wurde vom Beschwerdeführer, der kategorisch auf die Auszahlung von Bargeld besteht, abgelehnt.
Selbst wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aber zulässig wäre, müssten ihm in der Sache die Erfolgsaussichten versagt werden, weil es nach summarischer Prüfung sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund fehlt.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Leitungen für 1. Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte, 2. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie 3. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst und werden gesondert erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 können als Sachleistungen oder Geldleistung, auch in der Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden (§23 Abs. 3 Satz 5 SGB II).
Gerade im Hinblick auf § 23 Abs. 2 SGB II ist es nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer - der offensichtlich einen nicht unerheblichen Alkoholmissbrauch betreibt - Sachleistungen bewilligt hat. Andererseits wäre ernsthaft zu befürchten, dass er das Geld zweckentfremdet verwendet. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist auch die Höhe der bewilligten Sachleistung nicht zu beanstanden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich nach den Feststellungen des Außendienstes schon Einrichtungsgegenstände in gewissen Umfang in der Wohnung T.straße befinden. Sofern sich der Beschwerdeführer auf die Richtlinien der Beschwerdegegnerin bezieht, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei den darin erwähnten 1.700,00 Euro bei der Erstausstattung für einen Einpersonenhaushalt um den Maximalbetrag handelt. Zum anderen stellen die Richtlinien auch nur interne Handlungsanweisungen dar und sind für die Gerichte nicht verbindlich.
Im Übrigen fehlt es im Hinblick auf die geltend gemachte Erstausstattung für die Wohnung an einem Anordnungsgrund. Eine besondere Dringlichkeit hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht. Nach Lage der Akten (vgl. beispielsweise das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 24. Juli 2008 an den Prozessbevollmächtigten) hat er die bewilligten Sachleistungen bisher nicht in Anspruch genommen. Dies legt den Schluss nahe, dass der Bedarf des Beschwerdeführers an Einrichtungsgegenständen anderweitig gedeckt ist bzw. er sich überwiegend an anderen Örtlichkeiten aufhält und im Vordergrund offensichtlich der Erhalt weiterer Geldleistungen zur zweckwidrigen Verwendung steht.
Sofern der Beschwerdeführer auch eine Erstausstattung für Bekleidung geltend macht, fehlt es ebenfalls am Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Insbesondere ist sein Vortrag, seit dem Beginn des stationären Aufenthaltes im Sommer 2007 verfüge er nur noch über die Bekleidung, die er am Leibe trage, nicht glaubhaft und widerspricht jeder Lebenserfahrung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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