Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2113/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1779/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin ab 10. Februar 2008 wieder pflichtversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse und während der Elternzeit (10. Februar 2008 bis 14. Dezember 2010) in der Krankenversicherung beitragsfrei ist.
Die am 16. Juni 1969 geborene Klägerin war zuletzt aufgrund ihrer Beschäftigung bei A. e.V. (nachfolgend: Arbeitgeber) vom 1. September 2004 bis 31. Oktober 2006 versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Ab 1. November 2006 gewährte ihr der Arbeitgeber unbezahlten Urlaub, den die Klägerin im Zusammenhang mit der Betreuung ihres ersten, am 17. Juni 2000 geborenen und behinderten Kindes beantragt hatte. Sie wurde von der Beklagten als freiwilliges Mitglied ohne Krankengeldanspruch geführt. Ursprünglich sollte der unbezahlte Urlaub mit Ablauf des 31. Juli 2008 enden. Am 15. Dezember 2007 wurde das zweite Kind der Klägerin geboren. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2007 teilte sie dem Arbeitgeber mit, sie beabsichtige ab 15. Dezember 2007 für drei Jahre in Elternzeit zu gehen. Mit Schreiben vom 8. Januar 2008 bestätigte ihr der Arbeitgeber zunächst, dass sich ihr unbezahlter Urlaub bis 15. Dezember 2010 verlängere. Mit Schreiben vom 28. März 2008 stellte er fest, dass der unbezahlte Urlaub am 9. Februar 2008 (entspricht dem Ende der Mutterschutzfristen) ende, die Elternzeit am 10. Februar 2008 beginne und am 14. Dezember 2010 ende.
Auf die Bitte der Klägerin, ihr den Beginn der beitragsfreien Mitgliedschaft wegen Inanspruchnahme der Elternzeit zu nennen, wies die Beklagte sie mit Schreiben vom 14. März 2008 darauf hin, dass nur bei Pflichtversicherten während einer Elternzeit Beitragsfreiheit bestehe, sofern keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen vorhanden seien. Hier liege aber keine Pflichtversicherung vor und eine solche trete auch nicht ab 1. August 2008 ein. Allein die Beendigung des unbezahlten Urlaubs zum 31. Juli 2008 könne eine Pflichtversicherung zu dem ursprünglich geplanten Beschäftigungsbeginn 1. August 2008 nicht wieder "aufleben" lassen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und machte geltend, sie sei seit dem 10. Februar 2008 von ihrer Arbeitsverpflichtung aufgrund der Elternzeit suspendiert und gleichzeitig sei der Arbeitgeber von der Zahlung des Lohnes aufgrund Elternzeit befreit. Zumindest für die Zeit ab 1. August 2008 sei das Beschäftigungsverhältnis, wenn auch nur für eine "juristische Sekunde" wieder aufgelebt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 15. Juli 2008 Klage bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sie hat ergänzend vorgetragen, das Beschäftigungsverhältnis habe während des unbezahlten Urlaubs fortbestanden. Es sei jedoch kein Lohn bezahlt worden. Aus diesem Grunde habe sie sich freiwillig versichert. Im Übrigen würde es gegen das Sozialstaatsprinzip verstoßen, ihr die Vorteile der Elternzeit in sozialrechtlicher Hinsicht zu verwehren. Durch den unbezahlten Urlaub habe sie die öffentliche Hand entlastet und ihr erstes, stark behindertes Kind maximal gefördert.
Das SG hat - nach vorheriger Ankündigung - am 3. März 2009 mit Gerichtsbescheid entschieden und die Klage abgewiesen. Versicherungspflicht sei weder am 10. Februar 2008 noch am 1. August 2008 eingetreten. Als freiwillig versichertes Mitglied habe die Klägerin daher über den 9. Februar 2008 hinaus auch während der Elternzeit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu entrichten. Die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Ende des unbezahlten Urlaubs habe hier nicht begonnen, da die Arbeit nicht wieder aufgenommen worden und dies auch nicht nur deswegen unterblieben sei, weil dem ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) entgegengestanden und Anspruch auf Mutterschaftsgeld bestanden habe. Eine "fiktive" Mutterschaftsfrist von acht Wochen ende nach der Entbindung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 MuSchG mit Ablauf des 9. Februar 2008. Das Beschäftigungsverhältnis lebe auch nicht am 10. Februar oder 1. August 2008 für eine "juristische Sekunde" wieder auf.
Nachdem die Klägerin Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, hat das SG die Klage mit Urteil vom 26. März 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist auf den Gerichtsbescheid Bezug genommen worden.
Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 2. April 2009 zugestellte Urteil am 18. April 2008 Berufung eingelegt. Es bestehe Einigkeit damit, dass während des unbezahlten Sonderurlaubs keine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Das Arbeitsverhältnis habe aber während der Elternzeit fortbestanden. Durch die Elternzeitgewährung sei sie von der Arbeitspflicht und ihr Arbeitgeber von der Entgeltzahlungspflicht befreit worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Pflichtmitgliedschaft von einem Entgeltanspruch abhängig sei. Hätte sie kein zweites Kind bekommen und wäre sie am 1. August 2008 wieder in das Beschäftigungsverhältnis eingetreten, wäre sie pflichtversichert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 aufzuheben sowie festzustellen, dass sie seit 10. Februar 2008 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten und in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zum Zeitpunkt des 10. Februar 2008 seien die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis nicht erfüllt gewesen, da keine tatsächliche Beschäftigungsaufnahme stattgefunden habe. Zum 10. Februar 2008 sei auch kein Wiedereintritt in die Beschäftigung vereinbart worden, sondern der Beginn der Elternzeit.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nachdem der Antrag in der Berufungsinstanz auf die Feststellung der (beitragsfreien) Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt worden ist (und nicht mehr auch die Feststellung der beitragsfreien Versicherung in der Pflegeversicherung umfasst), war nur noch hierüber zu entscheiden.
Versicherungspflichtig sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt nach § 186 Abs. 1 SGB V mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. Sie endet nach § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet. Abweichend hiervon regelt § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, dass die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistungen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird.
Nach § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist beitragsfrei ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld. Allein die Inanspruchnahme bzw. Gewährung von Elternzeit begründet noch keine Beitragsfreiheit. Solange das Mitglied aber keine beitragspflichtigen Einnahmen i.S. des § 226 SGB V erzielt, ist eine durch die Elternzeit aufrechterhaltene Mitgliedschaft faktisch beitragsfrei (Böttiger in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 224 SGB V Rdnr. 6).
Die Klägerin war - was sie im Berufungsverfahren auch einräumt - während des anlässlich der Betreuung ihres ersten Kindes vereinbarten unbezahlten Urlaubs nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert. Ihre durch die Teilzeitbeschäftigung begründete Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V endete gemäß § 190 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV mit Ablauf des 30. November 2006.
Eine Pflichtversicherung trat auch nicht am 10. Februar 2008 oder 1. August 2008 ein.
Wie das SG bereits dargelegt hat, beginnt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einer Arbeitnehmerin, deren Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - wie hier - infolge eines unbezahlten Urlaubs geendet hatte, die Pflichtmitgliedschaft nicht nur dann, wenn die Arbeit wieder aufgenommen wird. Die Pflichtmitgliedschaft kann vielmehr auch im Zeitpunkt der vereinbarten Wiederaufnahme der Arbeit beginnen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So gilt der Zeitpunkt der geplanten Rückkehr in das Arbeitsverhältnis als Wiedereintritt in die Beschäftigung, wenn der tatsächlichen Arbeitsaufnahme ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG entgegensteht und die Betroffene zu diesem Zeitpunkt zwar keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hat, aber zumindest einen diesen Entgeltanspruch ersetzenden Anspruch auf Mutterschaftsgeld (BSG, Urteil vom 10. Dezember 1998, B 12 KR 7/98 R, SozR 3-2500 § 186 Nr. 7; BSG, Urteil vom 17. Februar 2004, B 1 KR 7/02 R, SozR 4-2200 § 200 Nr. 1).
Dies ist hier nicht der Fall. Denn der Beginn der Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz anlässlich der Geburt des zweiten Kindes - sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) - lag in einem Zeitraum, zu dem die vereinbarte Wiederaufnahme der Arbeit noch nicht anstand.
Auch am 10. Februar 2008 trat keine Pflichtversicherung ein. Die Klägerin und der Arbeitgeber hatten zum damaligen Zeitpunkt noch vereinbart, dass der Klägerin unbezahlter Urlaub gewährt wird. Ob hieran aufgrund des Schreibens vom 28. März 2008, also rückwirkend etwas geändert werden kann, kann offen bleiben. Jedenfalls hätte die Mutterschutzfrist von acht Wochen (56 Tage) nach der Entbindung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG mit Ablauf des 9. Februar 2008 geendet. Wenn man die Zeit nach der Geburt des zweiten Kindes als Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ansieht, kämen der Klägerin die Voraussetzungen des § 193 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gleichfalls nicht zugute. Denn die Vorschrift kann nur das Fortbestehen einer Pflichtmitgliedschaft bewirken, nicht die Begründung einer solchen. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin war aber am 10. Februar 2008 bereits beendet.
Das Beschäftigungsverhältnis ist auch nicht für die Zeit ab 1. August 2008, dem ursprünglich vereinbarten Ende des unbezahlten Sonderurlaubs, für eine "juristische Sekunde" wieder aufgelebt, so dass ab diesem Zeitpunkt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 186 Abs. 1 SGB V Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten wäre. Voraussetzung einer Beschäftigung nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist die Vereinbarung einer Tätigkeit gegen die Zahlung von Arbeitsentgelt. (Die Sonderregelung des § 7 Abs 3 SGB IV ist hier ohne Belang.) Wenn der Arbeitgeber - wie hier - einer Elternzeit zustimmt oder sich mit der Fortdauer unbezahlten Urlaubs einverstanden erklärt, fehlt es hieran. Denn bei einer solchen Vereinbarung sind sich die Beteiligten darin einig, dass der Arbeitgeber (des weiterhin bestehenden Arbeitsverhältnisses) von seinem Direktionsrecht nicht Gebrauch machen und die Arbeitnehmerin - in Übereinstimmung damit - keine Arbeitsleistung gegen Arbeitsentgelt erbringen will (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.).
Die Mitgliedschaft der Klägerin als versicherungspflichtig Beschäftigte endete - wie dargelegt - mit Ablauf des 30. November 2006. Ein beendetes Beschäftigungsverhältnis kann nicht "latent fortbestehen" und zu einem späteren Zeitpunkt "wieder aufleben" (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.). Neu begründet worden im Sinne von § 186 Abs. 1 SGB V ist es aus den genannten Gründen weder am 10. Februar 2008 noch am 1. August 2008. Die Klägerin ist freiwillig versichert und hat demgemäß Beiträge nach § 240 SGB V zu bezahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin ab 10. Februar 2008 wieder pflichtversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse und während der Elternzeit (10. Februar 2008 bis 14. Dezember 2010) in der Krankenversicherung beitragsfrei ist.
Die am 16. Juni 1969 geborene Klägerin war zuletzt aufgrund ihrer Beschäftigung bei A. e.V. (nachfolgend: Arbeitgeber) vom 1. September 2004 bis 31. Oktober 2006 versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Ab 1. November 2006 gewährte ihr der Arbeitgeber unbezahlten Urlaub, den die Klägerin im Zusammenhang mit der Betreuung ihres ersten, am 17. Juni 2000 geborenen und behinderten Kindes beantragt hatte. Sie wurde von der Beklagten als freiwilliges Mitglied ohne Krankengeldanspruch geführt. Ursprünglich sollte der unbezahlte Urlaub mit Ablauf des 31. Juli 2008 enden. Am 15. Dezember 2007 wurde das zweite Kind der Klägerin geboren. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2007 teilte sie dem Arbeitgeber mit, sie beabsichtige ab 15. Dezember 2007 für drei Jahre in Elternzeit zu gehen. Mit Schreiben vom 8. Januar 2008 bestätigte ihr der Arbeitgeber zunächst, dass sich ihr unbezahlter Urlaub bis 15. Dezember 2010 verlängere. Mit Schreiben vom 28. März 2008 stellte er fest, dass der unbezahlte Urlaub am 9. Februar 2008 (entspricht dem Ende der Mutterschutzfristen) ende, die Elternzeit am 10. Februar 2008 beginne und am 14. Dezember 2010 ende.
Auf die Bitte der Klägerin, ihr den Beginn der beitragsfreien Mitgliedschaft wegen Inanspruchnahme der Elternzeit zu nennen, wies die Beklagte sie mit Schreiben vom 14. März 2008 darauf hin, dass nur bei Pflichtversicherten während einer Elternzeit Beitragsfreiheit bestehe, sofern keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen vorhanden seien. Hier liege aber keine Pflichtversicherung vor und eine solche trete auch nicht ab 1. August 2008 ein. Allein die Beendigung des unbezahlten Urlaubs zum 31. Juli 2008 könne eine Pflichtversicherung zu dem ursprünglich geplanten Beschäftigungsbeginn 1. August 2008 nicht wieder "aufleben" lassen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und machte geltend, sie sei seit dem 10. Februar 2008 von ihrer Arbeitsverpflichtung aufgrund der Elternzeit suspendiert und gleichzeitig sei der Arbeitgeber von der Zahlung des Lohnes aufgrund Elternzeit befreit. Zumindest für die Zeit ab 1. August 2008 sei das Beschäftigungsverhältnis, wenn auch nur für eine "juristische Sekunde" wieder aufgelebt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 15. Juli 2008 Klage bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sie hat ergänzend vorgetragen, das Beschäftigungsverhältnis habe während des unbezahlten Urlaubs fortbestanden. Es sei jedoch kein Lohn bezahlt worden. Aus diesem Grunde habe sie sich freiwillig versichert. Im Übrigen würde es gegen das Sozialstaatsprinzip verstoßen, ihr die Vorteile der Elternzeit in sozialrechtlicher Hinsicht zu verwehren. Durch den unbezahlten Urlaub habe sie die öffentliche Hand entlastet und ihr erstes, stark behindertes Kind maximal gefördert.
Das SG hat - nach vorheriger Ankündigung - am 3. März 2009 mit Gerichtsbescheid entschieden und die Klage abgewiesen. Versicherungspflicht sei weder am 10. Februar 2008 noch am 1. August 2008 eingetreten. Als freiwillig versichertes Mitglied habe die Klägerin daher über den 9. Februar 2008 hinaus auch während der Elternzeit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu entrichten. Die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Ende des unbezahlten Urlaubs habe hier nicht begonnen, da die Arbeit nicht wieder aufgenommen worden und dies auch nicht nur deswegen unterblieben sei, weil dem ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) entgegengestanden und Anspruch auf Mutterschaftsgeld bestanden habe. Eine "fiktive" Mutterschaftsfrist von acht Wochen ende nach der Entbindung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 MuSchG mit Ablauf des 9. Februar 2008. Das Beschäftigungsverhältnis lebe auch nicht am 10. Februar oder 1. August 2008 für eine "juristische Sekunde" wieder auf.
Nachdem die Klägerin Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat, hat das SG die Klage mit Urteil vom 26. März 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist auf den Gerichtsbescheid Bezug genommen worden.
Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 2. April 2009 zugestellte Urteil am 18. April 2008 Berufung eingelegt. Es bestehe Einigkeit damit, dass während des unbezahlten Sonderurlaubs keine Pflichtmitgliedschaft bestanden habe. Das Arbeitsverhältnis habe aber während der Elternzeit fortbestanden. Durch die Elternzeitgewährung sei sie von der Arbeitspflicht und ihr Arbeitgeber von der Entgeltzahlungspflicht befreit worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Pflichtmitgliedschaft von einem Entgeltanspruch abhängig sei. Hätte sie kein zweites Kind bekommen und wäre sie am 1. August 2008 wieder in das Beschäftigungsverhältnis eingetreten, wäre sie pflichtversichert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. März 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 aufzuheben sowie festzustellen, dass sie seit 10. Februar 2008 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten und in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zum Zeitpunkt des 10. Februar 2008 seien die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis nicht erfüllt gewesen, da keine tatsächliche Beschäftigungsaufnahme stattgefunden habe. Zum 10. Februar 2008 sei auch kein Wiedereintritt in die Beschäftigung vereinbart worden, sondern der Beginn der Elternzeit.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Nachdem der Antrag in der Berufungsinstanz auf die Feststellung der (beitragsfreien) Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt worden ist (und nicht mehr auch die Feststellung der beitragsfreien Versicherung in der Pflegeversicherung umfasst), war nur noch hierüber zu entscheiden.
Versicherungspflichtig sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter beginnt nach § 186 Abs. 1 SGB V mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. Sie endet nach § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet. Abweichend hiervon regelt § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, dass die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten bleibt, solange Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistungen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wird.
Nach § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist beitragsfrei ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld oder des Bezugs von Erziehungsgeld oder Elterngeld. Allein die Inanspruchnahme bzw. Gewährung von Elternzeit begründet noch keine Beitragsfreiheit. Solange das Mitglied aber keine beitragspflichtigen Einnahmen i.S. des § 226 SGB V erzielt, ist eine durch die Elternzeit aufrechterhaltene Mitgliedschaft faktisch beitragsfrei (Böttiger in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 224 SGB V Rdnr. 6).
Die Klägerin war - was sie im Berufungsverfahren auch einräumt - während des anlässlich der Betreuung ihres ersten Kindes vereinbarten unbezahlten Urlaubs nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert. Ihre durch die Teilzeitbeschäftigung begründete Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V endete gemäß § 190 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV mit Ablauf des 30. November 2006.
Eine Pflichtversicherung trat auch nicht am 10. Februar 2008 oder 1. August 2008 ein.
Wie das SG bereits dargelegt hat, beginnt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einer Arbeitnehmerin, deren Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - wie hier - infolge eines unbezahlten Urlaubs geendet hatte, die Pflichtmitgliedschaft nicht nur dann, wenn die Arbeit wieder aufgenommen wird. Die Pflichtmitgliedschaft kann vielmehr auch im Zeitpunkt der vereinbarten Wiederaufnahme der Arbeit beginnen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So gilt der Zeitpunkt der geplanten Rückkehr in das Arbeitsverhältnis als Wiedereintritt in die Beschäftigung, wenn der tatsächlichen Arbeitsaufnahme ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG entgegensteht und die Betroffene zu diesem Zeitpunkt zwar keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hat, aber zumindest einen diesen Entgeltanspruch ersetzenden Anspruch auf Mutterschaftsgeld (BSG, Urteil vom 10. Dezember 1998, B 12 KR 7/98 R, SozR 3-2500 § 186 Nr. 7; BSG, Urteil vom 17. Februar 2004, B 1 KR 7/02 R, SozR 4-2200 § 200 Nr. 1).
Dies ist hier nicht der Fall. Denn der Beginn der Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz anlässlich der Geburt des zweiten Kindes - sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) - lag in einem Zeitraum, zu dem die vereinbarte Wiederaufnahme der Arbeit noch nicht anstand.
Auch am 10. Februar 2008 trat keine Pflichtversicherung ein. Die Klägerin und der Arbeitgeber hatten zum damaligen Zeitpunkt noch vereinbart, dass der Klägerin unbezahlter Urlaub gewährt wird. Ob hieran aufgrund des Schreibens vom 28. März 2008, also rückwirkend etwas geändert werden kann, kann offen bleiben. Jedenfalls hätte die Mutterschutzfrist von acht Wochen (56 Tage) nach der Entbindung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG mit Ablauf des 9. Februar 2008 geendet. Wenn man die Zeit nach der Geburt des zweiten Kindes als Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes ansieht, kämen der Klägerin die Voraussetzungen des § 193 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gleichfalls nicht zugute. Denn die Vorschrift kann nur das Fortbestehen einer Pflichtmitgliedschaft bewirken, nicht die Begründung einer solchen. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin war aber am 10. Februar 2008 bereits beendet.
Das Beschäftigungsverhältnis ist auch nicht für die Zeit ab 1. August 2008, dem ursprünglich vereinbarten Ende des unbezahlten Sonderurlaubs, für eine "juristische Sekunde" wieder aufgelebt, so dass ab diesem Zeitpunkt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 186 Abs. 1 SGB V Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingetreten wäre. Voraussetzung einer Beschäftigung nach § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist die Vereinbarung einer Tätigkeit gegen die Zahlung von Arbeitsentgelt. (Die Sonderregelung des § 7 Abs 3 SGB IV ist hier ohne Belang.) Wenn der Arbeitgeber - wie hier - einer Elternzeit zustimmt oder sich mit der Fortdauer unbezahlten Urlaubs einverstanden erklärt, fehlt es hieran. Denn bei einer solchen Vereinbarung sind sich die Beteiligten darin einig, dass der Arbeitgeber (des weiterhin bestehenden Arbeitsverhältnisses) von seinem Direktionsrecht nicht Gebrauch machen und die Arbeitnehmerin - in Übereinstimmung damit - keine Arbeitsleistung gegen Arbeitsentgelt erbringen will (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.).
Die Mitgliedschaft der Klägerin als versicherungspflichtig Beschäftigte endete - wie dargelegt - mit Ablauf des 30. November 2006. Ein beendetes Beschäftigungsverhältnis kann nicht "latent fortbestehen" und zu einem späteren Zeitpunkt "wieder aufleben" (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994, a.a.O.). Neu begründet worden im Sinne von § 186 Abs. 1 SGB V ist es aus den genannten Gründen weder am 10. Februar 2008 noch am 1. August 2008. Die Klägerin ist freiwillig versichert und hat demgemäß Beiträge nach § 240 SGB V zu bezahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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