L 10 AS 745/09 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 82 AS 18550/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 745/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen.

Die Berufung bedarf der Zulassung, da die von dem Kläger vor dem Sozialgericht (SG) erhobene Klage, mit der er sich gegen die Absenkung der ihm bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01. Februar 2008 bis 30. April 2008 um monatlich 104,00 Euro gewandt hat, den in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG vorausgesetzten Wert der Beschwer von 750,00 EUR nicht erreicht und die Klageforderung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

Wenn dieser Wert bzw diese Zeitgrenze nicht überschritten wird, entscheidet das Sozialgericht abschließend, weil die Bedeutung der Angelegenheit – so die Wertung des Gesetzgebers – es nicht rechtfertigt, den Beteiligten eine nochmalige sachliche Prüfung des erhobenen Anspruchs durch ein Rechtsmittelgericht zu ermöglichen. Die Berufungsinstanz ist für im Sinne von § 144 Abs 1 SGG "geringe Streitwerte" nur ausnahmsweise eröffnet, und zwar zunächst, - wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs 2 Nr 1 SGG ) – dazu (1) - oder wenn das SG von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs 2 Nr 2 SGG) – dazu (2).

Dabei kann die Zulassung – dies ist hier nicht geschehen – durch das SG oder im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde durch das LSG erfolgen. Die genannten Zulassungsgründe heben gerade nicht darauf ab, ob im vorliegenden Einzelfall richtig oder falsch entschieden worden ist, insoweit ist die Beurteilung des SG von den Beteiligten, dh vom Kläger wie von der Beklagten, hinzunehmen. Die Zulassungsgründe haben vielmehr objektivrechtliche, über den Einzelfall hinausweisende Kriterien zum Gegenstand. Die in § 144 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 SGG genannten Tatbestände grenzen ein, in welchen Fallgruppen die geordnete Fortbildung und die Einheitlichkeit der Rechtsentwicklung eine Befassung des Berufungsgerichts mit der Sache erfordert, die dann zur vollständigen Überprüfung des mit der Klage erhobenen Anspruchs führt.

Hier liegt ein Berufungszulassungsgrund nach § 144 Abs 2 Nr 1 oder 2 SGG nicht vor.

(1) Grundsätzliche Bedeutung iSd § 144 Abs 2 Nr 1 SGG kommt nach ständiger Rechtsprechung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts zu, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und ggf der Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt, die eine verallgemeinerungsfähige Antwort erwarten lässt und nach den Ge¬gebenheiten des Falles klärungsfähig ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Daran fehlt es hier. Mit seinem Vorbringen, aufgrund seiner durch die eigene Finanzierung des Erwerbs des Führerscheins angespannten wirtschaftlichen Situation seien ihm die in der Eingliederungsvereinbarung aufgeführten 15 Bewerbungen pro Monat nicht zumutbar bzw seine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stelle einen wichtigen Grund für die unterbliebene Erfüllung der Verpflichtung dar, formuliert der Kläger Einwände gegen die Entscheidung des SG, die zum Gegenstand haben, das Gericht habe im Einzelfall die Sachlage bezüglich der Frage der Zumutbarkeit unzutreffend gewürdigt. Die Einschätzung und Bewertung fallspezifischer Umstände im Hinblick auf einen nicht allgemein klärungsbedürftigen Rechtsbegriff begründet grundsätzliche Bedeutung nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Andere Rechtsfragen, die grundsätzlicher Bedeutung haben könnten, wirft der Rechtsstreit nicht auf, insbesondere ist nichts dafür ersichtlich – in diesem Bereich könnten sich grund-sätzliche Fragen stellen –, dass die Eingliederungsvereinbarung unter (Abschluss-)Mängeln leidet, die ihre Verbindlichkeit in Frage stellen.

(2) Es ist nicht erkennbar, dass das Urteil des SG von einer Entscheidung des LSG, des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Eine Divergenz iSv § 144 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Ab¬weichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des LSG, des BSG, des Gemeinsa¬men Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aufgestellt und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 163 ff). Nicht die fehlerhafte Rechtsanwendung und damit die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen be¬gründet die Zulassung der Berufung wegen Abweichung (vgl zum Revisionszulassungsgrund der Divergenz BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34). Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 144 Abs 2 Nr 2 SGG). Hier ist nichts dafür ersichtlich, dass das SG abweichend von bestehenden Rechtsprechungsgrundsätzen entschieden hätte.

Neben denen in (1) und (2) bezeichneten Zulassungsgründen steht der Zulassungsgrund nach § 144 Abs 2 Nr 3 SGG, der erfüllt ist, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruht. In diesem Fall ist die Bedingung, die erfüllt sein muss, um eine Prüfung des erhobenen Anspruches durch das Berufungsgericht zu ermöglichen (im Gegensatz zu den bisher genannten Fallgruppen) einzelfallbezogen. Wenn das SG auf dem Weg zu seiner Entscheidung wesentliche Fehler (also Verfahrensfehler) gemacht hat, wird auch die Entscheidung selbst ausnahmsweise überprüfbar; dies aber nur, wenn der Verfahrensfehler bezeichnet und in Bezug genommen wird (er also gerügt wird). Hier hat der Kläger keinen Verfahrensmangel gerügt.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.

Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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