L 2 KN 288/08 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KN 150/08 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 288/08 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 17.12.2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Dem Kläger werden Kosten gemäß § 192 SGG in Höhe von 500,00 EUR auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rücknahme bestandskräftiger Bescheide der Beklagten über die Nichgewährung von Verletztenrente wegen einer Quarzstaublungenerkrankung/Silikose-Tuberkulose bzw. Berufskrankheiten (BK) nach den Nrn. 4101 und 4102 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens erstattete der Facharzt für innere Krankheiten Dr. T aus F über den Kläger am 04.07.1967 ein fachärztliches Gutachten: Es finde sich in den Unterfeldern der Lungen eine geringfügige charakteristische Körnelung neben etwas vermehrter Netzzeichnung; diese Veränderungen treten in den übrigen Lungenpartien geringfügiger hervor; die Staublungenveränderungen sind als knapp 1. Grades anzusehen; es finde sich unabhängig von der Silikose eine leichte Hypertonie und ein beginnendes Emphysem; Hinweise auf eine aktive Lungentuberkulose bestehen weder klinisch noch röntgenologisch; kardio-pulmonale Insuffizienzen sind nicht nachweisbar. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.10.1967 lehnte die Beklagte Anerkennung und Entschädigung wegen einer Berufskrankheit (Quarzstaublungenerkrankung) ab, da keine Quarzstaublungenerkrankung festzustellen sei. Unabhängig von den nicht zu entschädigenden Quarzstaublungenveränderungen bestünde eine leichte Hypertonie und ein beginnendes Emphysem. Ebenso entschied sie mit bestandskräftigen Bescheiden vom 29.07.1968 und 14.04.1971. Mit Bescheid vom 06.03.1986 lehnte sie Anerkennung und Entschädigung wegen einer BK Nr. 4101 und Nr. 4102 ab. Der dagegen erhobenen Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.1986 zurückgewiesen. Es seien lediglich leichtgradige silikotische Einlagerungen der Streuung q2/1 festzustellen und broncho-pulmonale Funktionsanomalien nicht zu objektivieren. Die dagegen zum Sozialgericht Duisburg (S 2 BU 113/86) erhobene Klage nahm der Kläger am 07.10.1987 zurück. Mit weiterem bestandskräftigem Bescheid vom 13.06.1988 bestätigte die Beklagte ihre bisherigen Entscheidungen. Desgleichen mit Bescheid vom 06.02.1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.1990. Die dagegen zum Sozialgericht Duisburg (S 3 BU 155/90) erhobene Klage nahm der Kläger am 06.03.1992 zurück. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 25.06.1996 erkannte die Beklagte den Versicherungsfall einer BK Nr. 4101 an. Eine Entschädigung insbesondere durch Verletztenrente komme nicht in Betracht, da kein Grad der rentenberechtigenden MdE festzustellen sei. Die silikotischen Lungenveränderungen mit der Streuung qq2/1 ließen keine Funktionsbeeinträchtigungen von Lungen und/oder Herz-Kreislauf-System erwarten. Mit Bescheid vom 01.08.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2001 bestätigte die Beklagte, dass weiterhin kein rentenberechtigender Grad der MdE wegen einer BK Nr. 4101 vorliege. Die dagegen zum Sozialgericht Duisburg (S 4 KN 128/01 U) erhobene Klage nahm der Kläger am 11.01.2002 zurück.

Mit Bescheid vom 04.08.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2004 lehnte die Beklagte wiederholt die Entschädigung der BK Nr. 4101 ab. Bei einer Streuung von qq2/1 sei weiterhin nicht von einer Funktionsbeeinträchtigung von Lungen- und/oder Herz-Kreislauf-System auszugehen. Die dagegen zum Sozialgericht Duisburg (S 2 KN 12/04 U) erhobene Klage hat das SG mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 20.09.2006 abgewiesen. Die Folgen der BK Nr. 4101 bedingten keinen rentenberechtigenden Grad der MdE, auch nicht im Sinne einer Stützrentensituation. Die festgestellten Atemwegsbeschwerden seien Ausdruck der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit chronisch inspiratorischer Insuffizienz (die die Beklagte gemäß Bescheiden vom 10.05.2005 und 05.09.2006 ab 01.01.1997 nach einer MdE um 20 v.H., ab 20.06.1999 nach einer MdE um 30 v.H., ab 31.10.2001 nach einer MdE um 40 v.H. und ab 01.04.2006 nach einer MdE um 50 v.H. entschädigt). Wesentliche restriktive Atemwegsstörungen ließen sich messtechnisch nicht abgrenzen.

Mit Schreiben vom 05.11.2007 beantragte der Kläger, ihm ab 1967 bis 1986 Rente wegen einer Quarzstaublungenerkrankung und -tuberkulose zu gewähren. Mit Schreiben vom 21.11.2007 beantragte er, ab 1987 Verletztenrente wegen einer BK Nr. 4101 und Nr. 4102 zu gewähren. Mit Bescheid vom 24.04.2008 lehnte die Beklagte die Rücknahme der zwischen dem 24.10.1967 und 07.06.2001 erlassenen bestandskräftigen Bescheide ab. Auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 20.09.2006 werde verwiesen. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2008 zurückgewiesen. Die Auswirkungen der bei dem Kläger bestehenden Funktionsstörungen der Atemwege aufgrund bergmännischer Untertagetätigkeit würden durch die BK Nr. 4111 und die damit einhergehende Entschädigung, insbesondere Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H., entschädigt. Daneben ließen sich keine silikosebedingten Funktionseinschränkungen abgrenzen. Eine Siliko-Tuberkulose bestünde nicht. Bei dem Kläger hätten sich zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf eine aktive Lungentuberkulose ergeben.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhobenen Klage wiederholt der Kläger sein Vorbringen. Er vertritt die Auffassung, Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung wegen einer Siliko-Tuberkulose bzw. BK Nr. 4102 nach einer MdE um mindestens 20 v.H. ab Antragstellung zu haben. Er verweist darauf, die Beklagte sei mit Entwurf des Bescheides vom 24.10.1967 davon ausgegangen, dass eine aktive Lungentuberkulose vorliege. Dies sei handschriftlich abgeändert in beginnendes Emphysem und der ihm zugesandte Bescheid vom 24.10.1967 habe auf lediglich ein beginnendes Emphysem und nicht mehr auf eine aktive Lungentuberkulose verwiesen.

Das SG ist vom Antrag des Klägers ausgegangen,

den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Be scheide vom 24.10.1967, 29.07.1968, 14.04.1971, 06.03.1986, 13.06.1988, 06.02.19990, 25.06.1996 und 01.08.2000 zurückzunehmen und ihm aus Anlass einer BK Nr. 4101 der Anlage zur BKV eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen.

Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Rücknahme der bestandskräftig gewordenen Bescheide. Die Beklagte habe zu Recht die Rücknahme abgelehnt. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2008 werde verwiesen. Die Atemwegsbeschwerden des Klägers als Folgen einer Berufskrankheit würden von der Entschädigung der BK Nr. 4111 umfasst.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung wiederholt der Kläger sein Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 17.12.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2008 in Gestalt des Wi- derspruchsbescheides vom 30.07.2008 zu verurteilen, unter Rücknahme der Bescheide vom 24.10.1967, 29.07.1968, 14.04.1971 und des Bescheides vom 06.03.1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.1986, des Bescheides vom 13.06.1988 und vom 06.02.1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.1990, des Bescheides vom 25.06.1996, des Bescheides vom 01.08.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2001 zu verurteilen, eine Quarzstaublungenerkrankung/Silikose-Tuberkulose bzw. Berufskrankheiten nach den Nrn. 4101 und 4102 der Berufskrankheitenverordnung ab Mai 1967 durch die Gewährung einer Teilrente nach einer MdE um 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Für die Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten für den Kläger zu den BK Nrn. 4101 und 4111 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch, unter Rücknahme der im Berufungsantrag benannten Bescheide auf Entschädigung einer Quarzstaublungenerkrankung/Siliko-Tuberkulose bzw. Berufskrankheiten nach den Nrn. 4101 und 4102 der Berufskrankheitenverordnung ab Mai 1967. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sind nicht erfüllt. Bei ihren Entscheidungen, eine Quarzstaublungenerkrankung/Siliko-Tuberkulose bzw. Berufskrankheiten nach den BK Nrn. 4101 und 4102 nicht durch die Gewährung einer Teilrente nach einer MdE um 20 v.H. zu entschädigen, hat die Beklagte weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat mit der Folge, dass Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Vielmehr hat die Beklagte rechtmäßig die Voraussetzungen der §§ 547 und 551 Reichsversicherungsordnung (RVO) verneint (zur Anwendbarkeit der RVO vgl. § 212 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII - und Artikel 36 Unfallversicherungs-Eingliederungsgesetz - UVEG -, da der Kläger Entschädigung von Erkrankungen vor dem 01.01.1997 begehrt). Der Senat sieht von einer weitergehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die Gründe des Gerichtsbescheides des SG vom 17.12.2008 Bezug, denen er sich anschließt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Soweit der Kläger geltend macht, an einer Siliko-Tuberkulose (aktiven Lungentuberkulose) erkrankt zu sein, fehlt dafür jeglicher medizinischer Nachweis. Das Gutachten des Dr. T vom 04.07.1967 hebt hervor, dass weder klinisch noch röntgenologisch Hinweise auf eine aktive Lungentuberkulose bestanden haben. Unabhängig von den knapp 1. gradigen Staublungenveränderungen bestanden eine leichte Hypertonie und ein beginnendes Emphysem. Dass die Beklagte die Aktenverfügung des Bescheides vom 24.10.1967 insoweit handschriftlich abgeändert hat, dass sie die zunächst als aktive Lungentuberkulose benannte Erkrankung des Klägers in ein beginnendes Emphysem umgewandelt hat, entspricht voll und ganz den medizinischen Feststellungen des Dr. T. Maßgeblich für den Inhalt der Entscheidung der Beklagten vom 24.10.1967 ist die dem Kläger zugestellte Ausfertigung des Bescheides in der korrigierten Fassung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB X).

Soweit dem Kläger Verschuldenskosten auferlegt worden sind, folgt dies aus § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Der Kläger hat den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden im Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich in Anspruch. Der Kostenbetrag von 500,00 EUR bestimmt sich nach einer überschlägigen Schätzung der durch die Fortführung des Rechtsstreits verursachten Kosten für Richter und sonstiges Gerichtspersonal sowie die Kosten für die Absetzung, Ausfertigung und Zustellung des Urteils (vgl. § 202 SGG in Verbindung mit § 287 Zivilprozessordnung - ZPO - ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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