Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 125/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 44/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.01.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob dem Kläger Krankengeld (auch) für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 zusteht.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger, der als selbständiger Hotelier bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld nach dem 21. Tag freiwillig krankenversichert ist, erkrankte am 30.07.2001 aufgrund eines Peniskarzinoms arbeitsunfähig. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Gutachten vom 04.01.2002 (Dr. X) nach einer Auswertung medizinischer Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt war, dass der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig und die Erwerbsfähigkeit bei Verdacht auf Tumorrezidiv erheblich gefährdet/gemindert sei und auch der behandelnde Arzt Dr. H, N, im Bericht vom 12.01.2002 diese Auffassung vertreten hatte, erteilte die Beklagte nach Ankündigung (Schreiben vom 21.02.2002) den Bescheid vom 05.03.2002, mit dem sie feststellte, dass der Anspruch auf Krankengeld am 17.05.2002 ohne weitere Benachrichtigung erlösche, wenn nicht bis zu diesem Tage nachgewiesen werde, dass Maßnahmen zur Rehabilitation beantragt worden seien. Der Kläger stellte unter dem 18.04.2002 bei der Seekasse, Hamburg, einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation, dem die Seekasse durch Bescheid vom 17.05.2002 entsprach. Zugleich verwies sie darauf, dass der Rehabilitationsantrag gemäß § 116 Abs. 2 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Rentenantrag gelte, da der Kläger möglicherweise vermindert erwerbsfähig sei.
Den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 05.03.2002 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, lehnte die Beklagte durch die Bescheide vom 21.08.2002 und 07.03.2003 ab.
Durch weiteren Bescheid vom 18.07.2002 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten nach dem Sozialgesetzbuch (§§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB l)) auf, innerhalb der nächsten vier Wochen einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen. Ansonsten erlösche der Anspruch auf Krankengeld ohne weitere Benachrichtigung am 19.08.2002.
Den dagegen am 20.08.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte - ebenso wie denjenigen gegen die Bescheide vom 21.08.2002 und 07.02.2003 durch den Wider-spruchsbescheid vom 20.08.2003 zurück.
Der Kläger hat am 18.09.2003 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe die Krankengeldzahlung zu Unrecht mit dem 10.09.2002 eingestellt, denn er sei mit seinem behandelnden Arzt Dr. H der Auffassung, dass seine Erwerbsfähigkeit im Jahre 2002 nicht derart herabgesunken gewesen sei, dass nicht mindestens ein Restleistungsvermögen für eine halbschichtige Tätigkeit vorgelegen hätte. Zumindest habe er erwarten können, dass sich eine derartige Leistungsfähigkeit bei normaler Heilungsbewährung wieder einstellen würde. Er sei lediglich arbeitsunfähig, nicht aber dauerhaft erwerbsunfähig gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2003 und Rücknahme des Bescheides vom 05.03.2002 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 zu verurteilen, auch für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an der Auffassung festgehalten, dass sie die Zahlung des Krankengeldes zu Recht mit dem 10.09.2002 eingestellt habe, weil die von ihr eingeholten Gutachten des MDK die Annahme gerechtfertigt hätten, dass bei dem Kläger eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Da der Kläger einen Rentenantrag nicht gestellt habe, sei die Einstellung der Krankengeldzahlung gerechtfertigt gewesen.
Der behandelnde Arzt Dr. H, N, hat in dem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht vom 19.12.2003 sowie einer ergänzenden Auskunft vom 08.06.2004 die Auffassung vertreten, der Kläger sei bis zum 24.01.2003 arbeitsunfähig gewesen; seit dem 25.01.2003 bestehe Arbeitsfähigkeit im Beruf des Hoteliers.
Durch Urteil vom 25.01.2007 hat das Sozialgericht Münster unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld bis zum 24.01.2003 zu gewähren. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.03.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.04.2007 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Wirkung des § 51 Abs. 3 SGB V (Berechtigung zur Einstellung der Krankengeldzahlung) müsse auch für den Fall einer Blockade des formellen Rentenfeststellungsverfahrens durch Verweigerung der formellen Rentenantragstellung gelten. Die Regelung des § 51 SGB V solle nämlich den Krankenkassen die Möglichkeit einräumen, ihre Leistungspflicht zu Lasten des primär zuständigen Rentenversicherungsträgers zu begrenzen. Mit der Weigerung des Klägers, den formellen Rentenantrag zu stellen, werde sonst das über § 51 SGB V eingeleitete und vom Gesetzgeber gewollte Zwangsverfahren ausgehebelt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.01.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Nach der Klarstellung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.06.2009 ist im Rahmen des Berufungsverfahrens nur über den Bescheid vom 18.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 und die hierin enthaltene Einstellung der Zahlung des Krankengeldes zu entscheiden. Vor dem Sozialgericht hatte sich der Kläger auch noch gegen den Bescheid vom 07.02.2003 gewandt; hierüber hatte das Sozialgericht aber nicht entschieden.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 und Zahlung von Krankengeld auch für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 zu Recht stattgegeben.
Der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der ständigen Rechtsprechung des BSG vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (vergl. etwa BSG v. 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R - SozR 3-2500 § 44 Nr. 9, vgl. auch die Nachweise bei Höfler in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 44 Rn. 10). Der Kläger ist während des hier maßgeb-lichen Zeitraums arbeitsunfähig gewesen, denn er war aufgrund der bei ihm vorliegenden Erkrankung nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Hotelier auszuüben. Das ergibt sich aus den Feststellungen des Dr. H, N (Befundbericht vom 19.12.2003 und ergänzende Auskunft dieses Arztes vom 08.06.2004). Auch die Beklagte hat dies nicht in Zweifel gezogen.
Die Beklagte war auch nicht befugt, dem Kläger die Zahlung des danach ihm grundsätzlich zustehenden Krankengeldes deshalb zu verweigern, weil der Kläger der im Bescheid vom 18.07.2002 enthaltenen Aufforderung, innerhalb der nächsten vier Wochen einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen, nicht nachgekommen ist. Weder existiert eine Rechtsgrundlage für die Beklagte, überhaupt eine derartige Auflage machen zu dürfen, noch ist es rechtlich zulässig, im Falle der Nichterfüllung die Zahlung von Krankengeld zu verweigern.
Insoweit vermag sich die Beklagte - entgegen dem Bescheid vom 18.07.2002 - nicht auf die §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu stützen. Keine der hier unter dem 3. Titel "Mitwirkung des Leistungsberechtigten" aufgeführten Vorschriften der §§ 60 bis 67 SGB I enthält eine Ermächtigungsnorm für die Krankenkasse, den Versicherten zur Stellung eines Rentenantrags verpflichten zu dürfen. § 60 SGB I regelt lediglich die Verpflichtung zur Angabe von Tatsachen für denjenigen, der Sozialleistungen beantragt oder erhält. Die Stellung eines Antrags stellt aber eine Tatsache in diesem Sinne nicht dar. Überdies wäre für den Bezug der Sozialleistung "Krankengeld" das Stellen eines Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erheblich. Die übrigen Vorschriften sind bereits von vornherein erkennbar nicht einschlägig. Bezeichnenderweise hat auch die Beklagte weder im Klage- noch im Berufungsverfahren die konkrete Vorschrift bezeichnet, auf die sie sich zu stützen gedenkt. Hinsichtlich der wegen der Vorschrift des § 116 Absatz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ebenfalls vom Kläger beantragten Sozialleistung "Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" fehlt es an der Zuständigkeit der Beklagten, den Kläger (anstelle des zuständigen Rentenversicherungsträgers) zur Mitwirkung auffordern zu dürfen.
Eine Befugnis der Beklagten, den Kläger zur Stellung eines (formellen) Rentenantrags aufzufordern, ergibt sich ferner auch nicht aus § 51 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann die Kasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist setzen, innerhalb der sie einen Antrag zur Rehabilitation zu stellen haben (Abs. 1 Satz 1). Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V entfällt der Anspruch auf Krankengeld, wenn der Versicherte den Antrag nicht innerhalb der Frist stellt. Der Wortlaut dieser Vorschrift belegt klar und eindeutig, dass den Krankenkassen lediglich das Recht eingeräumt wird, Versicherte zur Stellung eines Antrags auf Rehabilitation zu verpflichten. Keinesfalls aber enthält diese Vorschrift die Befugnis, den Versicherten zur Stellung eines Rentenantrags verpflichten zu dürfen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V müsse erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass die Krankenkassen berechtigt sein müssten, auch Versicherte zur Stellung eines Rentenantrags auffordern zu dürfen, besteht für eine derartige erweiternde Auslegung überhaupt kein Anlass. Gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI gilt der Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation unter bestimmten Voraussetzungen als Rentenantrag. § 116 Abs. 2 SGB VI bewirkt somit, dass bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger in diesen Fällen bereits ein Rentenantrag anhängig ist. Auch ist der Kläger der Aufforderung der Beklagten zur Stellung eines derartigen Antrags gefolgt. Der Rentenversicherungsträger (Seekasse) hat diesen Rehabilitationsantrag auch pflichtgemäß als Rentenantrag gewertet. Deshalb stellt sich das Begehren der Beklagten im Bescheid vom 18.07.2002 auch unter diesem Gesichtspunkt als überflüssig dar, da ein Rentenantrag des Klägers bereits vorlag. Es wäre Sache des Rentenversicherungsträgers gewesen, den Kläger im Rahmen des demnach bereits anhängigen Verwaltungsverfahrens auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegebenenfalls unter Hinweis auf die §§ 60 ff. SGB I zur Angabe der maßgeblichen Tatsachen aufzufordern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob dem Kläger Krankengeld (auch) für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 zusteht.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger, der als selbständiger Hotelier bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld nach dem 21. Tag freiwillig krankenversichert ist, erkrankte am 30.07.2001 aufgrund eines Peniskarzinoms arbeitsunfähig. Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Gutachten vom 04.01.2002 (Dr. X) nach einer Auswertung medizinischer Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt war, dass der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig und die Erwerbsfähigkeit bei Verdacht auf Tumorrezidiv erheblich gefährdet/gemindert sei und auch der behandelnde Arzt Dr. H, N, im Bericht vom 12.01.2002 diese Auffassung vertreten hatte, erteilte die Beklagte nach Ankündigung (Schreiben vom 21.02.2002) den Bescheid vom 05.03.2002, mit dem sie feststellte, dass der Anspruch auf Krankengeld am 17.05.2002 ohne weitere Benachrichtigung erlösche, wenn nicht bis zu diesem Tage nachgewiesen werde, dass Maßnahmen zur Rehabilitation beantragt worden seien. Der Kläger stellte unter dem 18.04.2002 bei der Seekasse, Hamburg, einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Rehabilitation, dem die Seekasse durch Bescheid vom 17.05.2002 entsprach. Zugleich verwies sie darauf, dass der Rehabilitationsantrag gemäß § 116 Abs. 2 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Rentenantrag gelte, da der Kläger möglicherweise vermindert erwerbsfähig sei.
Den Antrag des Klägers, den Bescheid vom 05.03.2002 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, lehnte die Beklagte durch die Bescheide vom 21.08.2002 und 07.03.2003 ab.
Durch weiteren Bescheid vom 18.07.2002 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten nach dem Sozialgesetzbuch (§§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB l)) auf, innerhalb der nächsten vier Wochen einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen. Ansonsten erlösche der Anspruch auf Krankengeld ohne weitere Benachrichtigung am 19.08.2002.
Den dagegen am 20.08.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte - ebenso wie denjenigen gegen die Bescheide vom 21.08.2002 und 07.02.2003 durch den Wider-spruchsbescheid vom 20.08.2003 zurück.
Der Kläger hat am 18.09.2003 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe die Krankengeldzahlung zu Unrecht mit dem 10.09.2002 eingestellt, denn er sei mit seinem behandelnden Arzt Dr. H der Auffassung, dass seine Erwerbsfähigkeit im Jahre 2002 nicht derart herabgesunken gewesen sei, dass nicht mindestens ein Restleistungsvermögen für eine halbschichtige Tätigkeit vorgelegen hätte. Zumindest habe er erwarten können, dass sich eine derartige Leistungsfähigkeit bei normaler Heilungsbewährung wieder einstellen würde. Er sei lediglich arbeitsunfähig, nicht aber dauerhaft erwerbsunfähig gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2003 und Rücknahme des Bescheides vom 05.03.2002 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 zu verurteilen, auch für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an der Auffassung festgehalten, dass sie die Zahlung des Krankengeldes zu Recht mit dem 10.09.2002 eingestellt habe, weil die von ihr eingeholten Gutachten des MDK die Annahme gerechtfertigt hätten, dass bei dem Kläger eine erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Da der Kläger einen Rentenantrag nicht gestellt habe, sei die Einstellung der Krankengeldzahlung gerechtfertigt gewesen.
Der behandelnde Arzt Dr. H, N, hat in dem vom Sozialgericht eingeholten Befundbericht vom 19.12.2003 sowie einer ergänzenden Auskunft vom 08.06.2004 die Auffassung vertreten, der Kläger sei bis zum 24.01.2003 arbeitsunfähig gewesen; seit dem 25.01.2003 bestehe Arbeitsfähigkeit im Beruf des Hoteliers.
Durch Urteil vom 25.01.2007 hat das Sozialgericht Münster unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld bis zum 24.01.2003 zu gewähren. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.03.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.04.2007 Berufung eingelegt.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Wirkung des § 51 Abs. 3 SGB V (Berechtigung zur Einstellung der Krankengeldzahlung) müsse auch für den Fall einer Blockade des formellen Rentenfeststellungsverfahrens durch Verweigerung der formellen Rentenantragstellung gelten. Die Regelung des § 51 SGB V solle nämlich den Krankenkassen die Möglichkeit einräumen, ihre Leistungspflicht zu Lasten des primär zuständigen Rentenversicherungsträgers zu begrenzen. Mit der Weigerung des Klägers, den formellen Rentenantrag zu stellen, werde sonst das über § 51 SGB V eingeleitete und vom Gesetzgeber gewollte Zwangsverfahren ausgehebelt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.01.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Nach der Klarstellung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.06.2009 ist im Rahmen des Berufungsverfahrens nur über den Bescheid vom 18.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 und die hierin enthaltene Einstellung der Zahlung des Krankengeldes zu entscheiden. Vor dem Sozialgericht hatte sich der Kläger auch noch gegen den Bescheid vom 07.02.2003 gewandt; hierüber hatte das Sozialgericht aber nicht entschieden.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 und Zahlung von Krankengeld auch für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 zu Recht stattgegeben.
Der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 10.09.2002 bis 24.01.2003 ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden. Arbeitsunfähigkeit liegt nach der allgemeinen Begriffsbestimmung der ständigen Rechtsprechung des BSG vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten kann (vergl. etwa BSG v. 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R - SozR 3-2500 § 44 Nr. 9, vgl. auch die Nachweise bei Höfler in: Kasseler Kommentar, SGB V, § 44 Rn. 10). Der Kläger ist während des hier maßgeb-lichen Zeitraums arbeitsunfähig gewesen, denn er war aufgrund der bei ihm vorliegenden Erkrankung nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Hotelier auszuüben. Das ergibt sich aus den Feststellungen des Dr. H, N (Befundbericht vom 19.12.2003 und ergänzende Auskunft dieses Arztes vom 08.06.2004). Auch die Beklagte hat dies nicht in Zweifel gezogen.
Die Beklagte war auch nicht befugt, dem Kläger die Zahlung des danach ihm grundsätzlich zustehenden Krankengeldes deshalb zu verweigern, weil der Kläger der im Bescheid vom 18.07.2002 enthaltenen Aufforderung, innerhalb der nächsten vier Wochen einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen, nicht nachgekommen ist. Weder existiert eine Rechtsgrundlage für die Beklagte, überhaupt eine derartige Auflage machen zu dürfen, noch ist es rechtlich zulässig, im Falle der Nichterfüllung die Zahlung von Krankengeld zu verweigern.
Insoweit vermag sich die Beklagte - entgegen dem Bescheid vom 18.07.2002 - nicht auf die §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu stützen. Keine der hier unter dem 3. Titel "Mitwirkung des Leistungsberechtigten" aufgeführten Vorschriften der §§ 60 bis 67 SGB I enthält eine Ermächtigungsnorm für die Krankenkasse, den Versicherten zur Stellung eines Rentenantrags verpflichten zu dürfen. § 60 SGB I regelt lediglich die Verpflichtung zur Angabe von Tatsachen für denjenigen, der Sozialleistungen beantragt oder erhält. Die Stellung eines Antrags stellt aber eine Tatsache in diesem Sinne nicht dar. Überdies wäre für den Bezug der Sozialleistung "Krankengeld" das Stellen eines Antrags auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erheblich. Die übrigen Vorschriften sind bereits von vornherein erkennbar nicht einschlägig. Bezeichnenderweise hat auch die Beklagte weder im Klage- noch im Berufungsverfahren die konkrete Vorschrift bezeichnet, auf die sie sich zu stützen gedenkt. Hinsichtlich der wegen der Vorschrift des § 116 Absatz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ebenfalls vom Kläger beantragten Sozialleistung "Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" fehlt es an der Zuständigkeit der Beklagten, den Kläger (anstelle des zuständigen Rentenversicherungsträgers) zur Mitwirkung auffordern zu dürfen.
Eine Befugnis der Beklagten, den Kläger zur Stellung eines (formellen) Rentenantrags aufzufordern, ergibt sich ferner auch nicht aus § 51 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann die Kasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist setzen, innerhalb der sie einen Antrag zur Rehabilitation zu stellen haben (Abs. 1 Satz 1). Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V entfällt der Anspruch auf Krankengeld, wenn der Versicherte den Antrag nicht innerhalb der Frist stellt. Der Wortlaut dieser Vorschrift belegt klar und eindeutig, dass den Krankenkassen lediglich das Recht eingeräumt wird, Versicherte zur Stellung eines Antrags auf Rehabilitation zu verpflichten. Keinesfalls aber enthält diese Vorschrift die Befugnis, den Versicherten zur Stellung eines Rentenantrags verpflichten zu dürfen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V müsse erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass die Krankenkassen berechtigt sein müssten, auch Versicherte zur Stellung eines Rentenantrags auffordern zu dürfen, besteht für eine derartige erweiternde Auslegung überhaupt kein Anlass. Gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI gilt der Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation unter bestimmten Voraussetzungen als Rentenantrag. § 116 Abs. 2 SGB VI bewirkt somit, dass bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger in diesen Fällen bereits ein Rentenantrag anhängig ist. Auch ist der Kläger der Aufforderung der Beklagten zur Stellung eines derartigen Antrags gefolgt. Der Rentenversicherungsträger (Seekasse) hat diesen Rehabilitationsantrag auch pflichtgemäß als Rentenantrag gewertet. Deshalb stellt sich das Begehren der Beklagten im Bescheid vom 18.07.2002 auch unter diesem Gesichtspunkt als überflüssig dar, da ein Rentenantrag des Klägers bereits vorlag. Es wäre Sache des Rentenversicherungsträgers gewesen, den Kläger im Rahmen des demnach bereits anhängigen Verwaltungsverfahrens auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegebenenfalls unter Hinweis auf die §§ 60 ff. SGB I zur Angabe der maßgeblichen Tatsachen aufzufordern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved