L 5 B 208/08 AS ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 287/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 208/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
KdU-Unterkunftsrichtlinien-Stadt Magdeburg
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. April 2008 wird abgeändert und die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für Januar 2008 weitere Leistungen i.H.v. 7,85 EUR sowie vorläufig für die Monate Februar bis Mai 2008 i.H.v. 34,76 EUR/Monat zu bewilligen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat 1/10 der der Antragstellerin entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Bewilligung höherer Kosten für die Unterkunft und Heizung für die Zeit von Januar bis Mai 2008 im Wege eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes. Die am 2x. Juni 19xx geborene Antragstellerin bezieht seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie bewohnt seit 1. Mai 2001 eine 54,58 qm große Wohnung in M. , zunächst zusammen mit ihrer Tochter, seit Beginn des Leistungsbezuges allein. Die Wohnung wurde in den Jahren 2002 bis 2003 saniert. Die monatlichen Aufwendungen betrugen ausweislich einer Mietbescheinigung des Vermieters (Wohnungsbaugesellschaft M. mbH – W. ) vom 30. August 2004 für die Gesamtmiete 378,37 EUR. Darin enthalten waren 55,81 EUR für die Heizung (Fernwärme) und 71,40 EUR für die kalten Betriebskosten. Mietrückstände bestanden nicht. Die Gesamtmiete betrug ab 1. Januar 2005 374,86 EUR (Grundmiete: 251,16 EUR, Vorauszahlung für die Betriebskosten: 71,40 EUR, Vorauszahlungen für die Wärmeversorgung: 52,30 EUR). Bereits am 26. Januar 2005 erkundigte sich die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin nach den Möglichkeiten, eine neue Wohnung zu mieten. Mit Schreiben vom 8. Februar 2005 teilte ihr die Antragsgegnerin mit, dass für eine Person eine Wohnungsgröße von maximal 45 qm bei einer monatlichen Grundmiete i.H.v. 207,00 EUR zuzüglich Betriebskosten i.H.v. höchstens 2,05 EUR/qm angemessen seien. Genossenschaftsanteile könnten nur in Einzelfällen als Darlehen übernommen werden. Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen i.H.v. 696,43 EUR unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten i.H.v. 365,43 EUR, wobei die Antragsgegnerin eine Pauschale für die Warmwasseraufbereitung i.H.v. 18% von den Heizkostenvorauszahlungen in Abzug brachte. Das Mietverhältnis wurde vom Vermieter wegen eines Mietrückstandes i.H.v. 1.786,45 EUR für die Monate Mai bis September 2005 mit Schreiben vom 5. September 2005 fristlos gekündigt. Am 22. September 2005 fragte die Antragstellerin in einem persönlichen Gespräch nach einer Möglichkeit der Übernahme der Mietschulden. Die Antragsgegnerin informierte sie darüber, dass sie die Leistungen für die Miete monatlich erhalten habe, eine nochmalige Zahlung komme daher nicht in Betracht. Die Antragstellerin äußerte, sie habe das Geld als Mietminderung zurückgehalten und verbraucht. Sie erklärte sich damit einverstanden, dass die Mietkosten ab sofort von der Antragsgegnerin direkt an den Vermieter gezahlt würden. Diese Vorgehensweise setzte die Antragsgegnerin ab Oktober 2005 um; die Kündigung wurde nicht durchgesetzt. Am 6. Oktober 2005 beantragte die Antragstellerin die Übernahme der Kosten einer Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2004 i.H.v. 779,29 EUR (kalte Betriebskosten: 56,54 EUR, Heizkosten: 722,75 EUR). Mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 bewilligte die Antragsgegnerin die Übernahme dieser Nachzahlung in voller Höhe. Mit Schreiben vom 12. Januar 2006 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass die Kosten für Wasser und Heizung unangemessen hoch seien und dass die Nichtbeachtung dieses Hinweises zu einer verminderten Anerkennung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung führen könne. Eine Reaktion der Antragstellerin erfolgte hierauf nicht. Ab 1. Januar 2006 betrug die Gesamtmiete 461,88 EUR/Monat (251,16 EUR Grundmiete, Vorauszahlung für kalte Betriebskosten: 76,11 EUR, Heizkostenvorauszahlung: 134,61 EUR). Mit Schreiben vom 30. Mai 2006 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihre Kosten für Unterkunft und Heizung unangemessen hoch seien und sie (die Antragsgegnerin) diese Kosten nur solange zu tragen hätte, wie es der Antragstellerin nicht möglich oder zumutbar sei, durch Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Kosten zu senken, längstens jedoch für sechs Monate. Sie verwies nochmals auf die Unterkunftsrichtlinie der Stadt M. , wonach für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnung mit 45 qm und einer Grundmiete i.H.v. 207,00 EUR angemessen seien. Der Antragstellerin wurde Gelegenheit gegeben, sich zu diesem Sachverhalt bis 16. Juni 2006 zu äußern. Die Antragstellerin erwiderte mit Schreiben vom 19. Juni 2006, dass sie seit fast 11/2 Jahren eine andere Wohnung suche, sie aber keine in dieser Größe und Preislage finde. Selbst in M. O. gebe es nur Wohnungen mit Kaution und Provision, die sie aber nicht bezahlen könne. Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, die Kosten für die Unterkunft und Heizung bis zum 31. Oktober 2006 zu senken. Den hiergegen seitens der Antragstellerin am 19. Juni 2006 mit der Begründung eingelegten Widerspruch, es sei unzumutbar, dass sie zum Umzug gezwungen werden solle und bereits zu Zeiten des Sozialhilfebezuges habe sie keine entsprechende Wohnung gefunden, wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006 als unzulässig zurück. Am 28. September 2006 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten einer Betriebskostennachzahlung i.H.v. 1.483,99 EUR für das Jahr 2005. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2006 bewilligte die Antragsgegnerin die Übernahme dieser Nachzahlung i.H.v. 1.263,76 EUR (Gesamtbetrag abzüglich der Kosten der Wassererwärmung i.H.v. 220,23 EUR). Unter dem 7. November 2006 belehrte die Antragsgegnerin die Antragstellerin erneut darüber, dass die Kosten für Heizung und Wasser unwirtschaftlich hoch seien. Sie wies darauf hin, dass eine weitere Nichtbeachtung dieser Hinweise zu einer verminderten Anerkennung der Leistungen für Unterkunft und Heizung führen könne. In einem persönlichen Gespräch am selben Tage gab die Antragstellerin an, die Fenster und Türen in der Wohnung seien undicht. Sie habe weder übermäßig geheizt noch Wasser verbraucht. Ab 1. Januar 2007 betrug die Gesamtmiete 543,63 EUR (Grundmiete: 251,16 EUR, Betriebskosten: 80,81 EUR sowie Heizkosten: 210,66 EUR) und ab 1. Januar 2008 565,17 EUR (Grundmiete: 251,16 EUR, Betriebskosten: 103,35 EUR sowie Heizkosten: 210,66 EUR). Da sich die Wasserverbrauchsmenge von 2005 (geschätzt 48,57 m3) zu 2006 (101,67 m3) mehr als verdoppelt hatte, sah sich die Antragsgegnerin zur Prüfung veranlasst, ob die Antragstellerin allein in ihrer Wohnung lebte. Anlässlich eines Hausbesuchs am 27. Dezember 2007 fand sich kein Hinweis dafür, dass in der Wohnung mehrere Personen wohnten. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum von Dezember 2007 bis Mai 2008 i.H.v. 649,33 EUR monatlich; darin enthalten waren 302,33 EUR für die Abgeltung der KdU. Sie berücksichtigte ab 1. Dezember 2007 nur noch die nach den Unterkunftsrichtlinien der Stadt M. angemessene Grundmiete i.H.v. 207,00 EUR, die Heizkosten i.H.v. 43,58 EUR (ohne Kosten der Warmwasseraufbereitung) sowie Betriebskosten i.H.v. 51,75 EUR. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 28. Dezember 2007 Widerspruch ein. Sie habe Anspruch auf Übernahme der vollen Unterkunftskosten. Am 25. Januar 2008 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Magdeburg (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Da die Gesamtbruttomiete direkt an den Vermieter gezahlt werde, verbleibe ihr nur ein Betrag i.H.v. 84,16 EUR, von dem sie den Lebensunterhalt nicht bestreiten könne. Die Unterkunftsrichtlinie der Stadt M. gebe nicht die tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt wieder. Die Antragsgegnerin habe ihr zudem keine Wohnungen angeboten. Ihr sei es gerade wegen der bekannten Mietbiografie (Mietschulden) bisher unmöglich gewesen, anderen Wohnraum zu finden. Auf Anforderung von Nachweisen zur Wohnungssuche hat die Antragstellerin verschiedene Angebote, insbesondere aus Februar 2008 vorgelegt, die bis auf eine Wohnung nicht den Angemessenheitskriterien der Unterkunftsrichtlinie entsprachen. Mit Beschluss vom 8. April 2008 hat das SG den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten der Antragstellerin seien unangemessen hoch. So liege der Heizverbrauch im Vergleich zu den anderen Mietparteien des Wohnhauses mit nahezu dem Sechsfachen des gemittelten Verbrauchs weit über dem Durchschnitt. Auch der Wasserverbrauch sei unangemessen hoch. Da die Antragsgegnerin die Antragstellerin mehrfach auf diese Missstände hingewiesen und auch zur Kostensenkung aufgefordert habe, sei sie nunmehr berechtigt, nur noch die nach ihrer Richtlinie angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung, bezogen auf eine angemessene Wohnungsgröße von 45 qm, zu übernehmen. Im Änderungsbescheid vom 14. April 2008 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt, dass ab Mai 2008 nur noch die angemessene Miete i.H.v. 310,50 EUR bei anerkannten KdU von 302,33 EUR an den Vermieter überwiesen werde; den Restbetrag i.H.v. 254,67 EUR müsse sie selbst an den Vermieter zahlen. Gegen den ihr am 11. April 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 29. April 2008 Beschwerde eingelegt. Sie weigere sich nicht umzuziehen; vielmehr könne sie keinen nach der Richtlinie der Stadt M. angemessenen Wohnraum finden. Sie hat sich zudem dagegen gewandt, dass die Miete direkt an den Vermieter gezahlt wird. Die ihr zustehende Summe solle an sie ausgezahlt werden. Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. April 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr vorläufig in der Zeit vom 25. Januar bis 31. Mai 2008 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hat während des Beschwerdeverfahrens drei nach den Unterkunftsrichtlinien der Stadt M. angemessene Wohnungsangebote vorgelegt. Zu diesen hat sich die Antragstellerin nicht geäußert. Mit Abhilfebescheid vom 11. November 2008 hat die Antragsgegnerin dem Widerspruch der Antragstellerin vom 28. Dezember 2007 teilweise stattgegeben; sie hat den Abzug der Warmwasserkosten neu berechnet und mit Änderungsbescheid vom selben Tage der Antragstellerin Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 304,24 EUR für den hier streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt gewährt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

II. Die form- und fristgerecht (§ 173 Sozialgerichtsgerichtsgesetz (SGG)) ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 (SGG) zulässig. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der hier maßgeblichen, seit 1. April 2008 gültigen Fassung ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Die ohne Übergangsregelung in Kraft getretene Ausschlussregelung ist auch auf das vorliegende Verfahren, welches am 25. Januar 2008 rechtshängig geworden ist, anzuwenden.

Da der Gesetzgeber eine ausdrückliche Übergangsregelung nicht getroffen hat, ist hinsichtlich der Frage, welche prozessrechtlichen Vorschriften in einer bestimmten Verfahrenslage anzuwenden sind, auf den Grundsatz des "intertemporalen Prozessrechts" abzustellen. Er besagt, dass eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992, 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90, BVerfGE 87, 48 mit zahlreichen Nachweisen). Ein Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht gewährleistet. Dem Gesetzgeber ist es deshalb nicht verwehrt, ein bisher statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen, einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des SG am 11. April 2008 war die Neuregelung des § 172 Abs. 2 Nr. 1 SGG bereits in Kraft. Die nach ihrem Wortlaut nicht völlig eindeutige Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist nach ihrer Systematik dahingehend zu verstehen, dass die Beschwerde dann ausgeschlossen ist, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht kraft Gesetzes ohne Weiteres zulässig wäre, sondern erst noch der Zulassung bedürfte (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschluss vom 25. November 2008, L 5 B 341/08 AS ER). Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Antragstellerin begehrt die Differenz zwischen der ihr gewährten monatlich KdU i.H.v. 304,24 EUR und den ihr tatsächlich entstehenden monatlichen Kosten i.H.v. 565,17 EUR für die Zeit vom 25. Januar bis 31. Mai 2008, mithin insgesamt eine Leistung, die höher als 750,00 EUR ist. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe war der Beschluss des SG teilweise abzuändern. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf höhere als ihr im Änderungsbescheid vom 11. November 2008 bewilligte Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 25. Januar (Tag der Antragstellung) bis 31. Mai 2008 (Ende des Bewilligungsabschnitts) glaubhaft gemacht. 1. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. November 2008 ist nicht bestandskräftig und damit zwischen den Beteiligten nicht nach § 77 SGG bindend geworden. Die Antragsgegnerin hat mit Abhilfebescheid 11. November 2008 zwar den angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2007 aufgehoben und durch den Änderungsbescheid ersetzt. Damit hat sie aber nicht vollumfänglich über das Begehren der Antragstellerin im Widerspruch vom 28. Dezember 2007 entschieden. Im Änderungsbescheid hat sie lediglich die Kosten der Warmwasseraufbereitung (neu) nach der Rechtsprechung des BSG berechnet; den Problemkreis der Kürzung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten auf den ihres Erachtens angemessenen Betrag hat sie unentschieden gelassen. Insoweit hätte es einer Zurückweisung des Widerspruchs bedurft, was bis heute nicht geschehen ist. Das Widerspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. 2. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Fall ausschließlich über die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung. Die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 SGB II nur insoweit zu übernehmen, soweit sie angemessen sind. Die Prüfung der Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft bei Mietern setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 2/05 R, juris) grundsätzlich eine Einzelfallprüfung voraus. Dabei ist zunächst die maßgebliche Größe der Unterkunft auf der Grundlage der im sozialen Mietwohnungsbau anerkannten Wohnungsgröße zu bestimmen. Ausgehend von der Anzahl der zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen (hier nur die Antragstellerin) ist angemessen ein Wohnraum bis 50 qm (vgl. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt 1995, Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 1995, S. 1133 ff.). Die Antragstellerin bewohnt jedoch einen Wohnraum von 54,58 m2. Die Größe des Wohnraums ist danach unangemessen. Als weiterer Faktor für die Angemessenheit der Unterkunftskosten ist der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihrem Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc. isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Abzustellen ist letztlich somit auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und des Standards, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (vgl. BSG a.a.O.). Die angemessenen Kosten der Unterkunft betragen im vorliegenden Fall 345,00 EUR monatlich einschließlich der Kosten der Warmwasseraufbereitung. Zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten hat der Antragsgegner die Unterkunftsrichtlinien erstellt. Diese kann der Senat zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft hier zu Grunde legen, da - ohne dass der Senat insoweit bereits jetzt eine abschließende Bewertung vornehmen müsste - deutlich mehr dafür als dagegen spricht, dass die in den Richtlinien in der für 2008 maßgeblichen Fassung genannten Kosten von 4,60 EUR pro qm für die Grundmiete für die Stadt M. angemessen sind. Der 2. Senat des LSG hat in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2007 (L 2 B 176/07 AS ER) die von der Stadt M. entwickelten Unterkunftsrichtlinien als dem örtlichen Wohnungsmarkt entsprechend angesehen. Dem folgt der erkennende Senat nach eigener Prüfung. Nach den im damaligen Verfahren vorgelegten und in diesem Verfahren eingeführten Unterlagen entsprachen die Richtlinien den territorialen Gegebenheiten der Stadt M. , d.h. sie gaben die Durchschnittswerte der tatsächlichen Mietkosten in der Stadt wieder. Auf eine Einzelfallbetrachtung der einzelnen Stadtteile konnte die Antragsgegnerin verzichten, da nach der Siedlungsstruktur in jedem Stadtteil angemessener Wohnraum für Hilfebedürftige nach dem SGB II zur Verfügung steht. Die Richtlinien basieren auf Daten für Grundmieten, Betriebs- und Heizkosten, Wohnungsgrößen sowie Anzahl der Personen im Haushalt für den örtlichen Einzugsbereich. Eingeflossen sind u.a. die Daten der der W. GmbH M. , der G. -WOHN, der Wohnungsbaugenossenschaft M. e.G., der Wohnungsbaugenossenschaft "O. v. G. " e.G., der Wohnungsbaugenossenschaft "Stadt M. von 19xx" e.G., der A. Immobilien GmbH & Co KG, der Gxx, der p. GmbH, der Bauxx Wohnen GmbH, der Wohnungsgenossenschaft "P. und E. " e.G. und der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft G. Kolonie R. e.G. Die Ergebnisse wurden statistisch erfasst, verglichen und sodann Durchschnittswerte gebildet. Im Rahmen dieser Auswertung ergab sich in Bezug auf Ausstattung, Standard und danach abgeleitet der Miethöhe keine Notwendigkeit der Staffelung nach Baujahren. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Mietpreissteigerungen sowie der preislichen Entwicklung auf dem Energiesektor erfolgte im Jahr 2006 eine Revision der erhobenen Daten (Ist-Analyse) mit dem Ziel der Feststellung, ob die vorhandenen Daten noch den aktuellen Gegebenheiten entsprechen und damit als angemessen im örtlichen Bereich angesehen werden können. Es wurde festgestellt, dass eine Anhebung bei den Heizkosten erforderlich wurde. Hinsichtlich der Grundmietpreise ergaben die örtliche Preisentwicklung und die Rückmeldungen aus den Leistungsbereichen auch im Jahr 2008 keinen Anlass zu einer Anpassung. Angemessen für die Kosten der Unterkunft ist folglich ein Grundmietpreis von 4,60 EUR pro qm. Dieser ist zu multiplizieren mit der oben ermittelten angemessenen Größe einer angemessenen Unterkunft von 50 qm. Es ergeben sich somit angemessene Kosten der Unterkunft von 230,00 EUR Kaltmiete. Auf dem Wohnungsmarkt sind auch entsprechende Mietwohnungen mit angemessenen Mietkosten verfügbar. Dieses hat die Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz durch Vorlage von Wohnungsangeboten hinreichend glaubhaft gemacht. Hinzuzurechnen sind die Betriebs- und Heizkosten, soweit sie angemessen sind. Im Hinblick auf die von der Antragstellerin zu zahlenden Betriebskosten ergeben sich - mit Ausnahme der Kosten für die Wasserver- und -entsorgung - keine Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit. Die jährlichen Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung für 101,67 m3 jedoch waren im Jahr 2006 – wonach sich die hier streitgegenständlichen Vorauszahlungen richten – unangemessen hoch. Nach den Angaben des Statistischen Landesamtes lag der durchschnittliche Verbrauch eines jeden Einwohners in Sachsen-Anhalt im Jahr 2006 bei täglich 91 l Trinkwasser (www.statistik.sachsen-anhalt.de/Internet/Home/Daten und Fakten/3/32/322/32211/ ffentliche Wasserversorgung in Sachsen Anhalt.html). Dieses entspricht einem Jahresverbrauch von 33,215 m3. Der Wasserverbrauch der Antragstellerin liegt somit mehr dreimal so hoch wie beim Durchschnitt der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt. Die Antragstellerin hat weder Tatsachen vorgetragen oder glaubhaft gemacht noch sind solche erkennbar, die solch einen hohen Verbrauch in ihrem Fall als angemessen erscheinen lassen. Auch hat sie nicht erklären können, wie es zu einer Steigerung des Wasserverbrauchs von 53,96 m3 im Jahr 2004 über geschätzt 48,57 m3 im Jahr 2005 auf 101,67 m3 im Jahr 2006 kommen konnte. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin nicht allein in der Wohnung gewohnt hatte, fand die Antragsgegnerin anlässlich eines Hausbesuches nicht. Die Antragstellerin gibt ferner selbst an, allein in Wohnung zu leben. Der Senat geht daher davon aus, dass sie allein den o.g. Wasserverbrauch verursacht hat. Die Antragsgegnerin geht für einen Ein-Personen-Haushalt von einem angemessenen Jahreswasserverbrauch von 40 m3/Person aus, so dass zu Gunsten der Antragstellerin dieser Betrag den sonstigen Betriebskosten hinzuzurechnen ist. Es ergibt sich damit eine angemessene monatliche Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 77,76 EUR. Der Senat hat bei dieser Berechnung die in der Abrechnung für das Jahr 2006 ausgewiesenen Kosten für die Wasserversorgung i.H.v. 2,14/m3 und für die Entwässerung i.H.v. 2,69 EUR/m3, bezogen auf einen jährlichen Verbrauch von 40 m3, sowie die übrigen in der Abrechnung festgestellten Beträge zu Grunde gelegt. Dem Gesamtjahresbetrag i.H.v. 905,99 EUR hat der Senat – wie dies auch der Vermieter der Antragstellerin getan hat – einen Teuerungszuschlag i.H.v. 3% hinzugerechnet. Die sich daraus ergebende Summe (933,17 EUR) war auf zwölf Monate zu verteilen. Auch die Heizkosten der Antragstellerin waren unangemessen hoch. Aus der Abrechnung vom 20. September 2007 ergibt sich ein durchschnittlicher Verbrauch aller Mieter der Wohnungen in der L. -str. 2, 2a und 3 von 40,1 Einheiten/m2 Wohnfläche. Bei dieser Durchschnittsberechnung hat der Senat die Wohnung der Antragstellerin und deren Verbrauch herausgerechnet (25.8415 Einheiten (Verbrauch aller Mieter) - 13.466,0 Einheiten (Verbrauch der Antragstellerin) = 24.4949 Einheiten: 6.103,58 m2 (Gesamtwohnfläche - Wohnfläche der Antragstellerin)). Die Antragstellerin hat jedoch bezogen auf ihre tatsächliche Wohnfläche von 54,58 m2 einen Verbrauch von 246,7 Einheiten/m2, d.h. sie verbraucht mehr als das Sechsfache als der Durchschnitt der Wohnungsmieter. Dafür hat sie keine nachvollziehbare Erklärung abgeben können. Wenn sie behauptet, die Fenster seien undicht, so rechtfertigt dies nicht diese beträchtliche Überschreitung des Durchschnittsverbrauchs, zumal die Wohnung in den Jahren 2002 bis 2003 saniert wurde. Unter Zugrundelegung eines jährlichen Durchschnittsverbrauchs von 40,1 Einheiten/m2 und Verbrauchskosten von 0,09 EUR/Einheit ergibt sich ein zu berücksichtigender jährlicher Verbrauchsanteil von 180,45 EUR für 50 m2 Wohnfläche. Hinzuzurechnen sind die Kosten des Grundanteils i.H.v. 84,09 EUR, ebenfalls unter Berücksichtigung einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 m2. Es ergeben sich somit angemessene monatliche Vorauszahlungen für die Kosten der Heizung (ohne Warmwasserbereitung) i.H.v. 22,05 EUR (264,54 EUR: 12). Es errechnet sich somit eine angemessene Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 99,81 EUR ohne die Kosten der Warmwasseraufbereitung, d.h. von 2,00 EUR/m2. Die Antragsgegnerin sieht seit Januar 2007 auf Grund der Unterkunftsrichtlinie der Stadt M. Betriebs- und Heizkosten i.H.v. 2,30 EUR/m2 einschließlich der Kosten der Warmwasseraufbereitung als angemessen an. Dieser Wert ist zu Gunsten der Antragstellerin hier zu Grunde zu legen. Es ergeben sich somit seitens der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 338,74 EUR (Grundmiete: 230,00 EUR + Betriebs- und Heizkosten: 115,00 EUR - Kosten der Warmwasseraufbereitung: 6,26 EUR, die im Regelsatz enthalten sind (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, juris)). Die Antragsgegnerin konnte spätestens ab Dezember 2007 die Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf die angemessenen Kosten beschränken, denn die darüber hinausgehenden Kosten sind von der Antragsgegnerin nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur so lange zu berücksichtigen, wie es den Hilfebedürftigen nicht möglich oder zumutbar ist, durch Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Auf die Unangemessenheit der Höhe der Unterkunftskosten hat der Leistungsträger hinzuweisen. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mehrfach auf die Unangemessenheit der Bruttogesamtmiete und auf die unangemessene Höhe der Verbrauchs von Wasser und der Heizkosten hingewiesen. Ein nachhaltiges Bemühen der Antragstellerin, die hohen Kosten zu senken, ist weder glaubhaft gemacht noch erkennbar. Die Vorlage von Wohnungsangeboten im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Bereits seit 2006 wusste sie, dass sie die Unterkunftskosten senken musste. Die Antragsgegnerin hat letztlich erst 11/2 Jahre nach der ersten Kostensenkungsaufforderung die Kosten der Unterkunft und Heizung gesenkt. Es ist nicht glaubhaft, dass es der Antragstellerin im Laufe dieses Zeitraums nicht gelungen sein sollte, eine den Angemessenheitskriterien der Unterkunftsrichtlinie der Stadt M. entsprechende Wohnung zu finden. Sie hat in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, Mietverhältnisse seien von anderen Vermietern wegen bestehender Mietschulden abgelehnt worden. Auch hat sie nichts unternommen, um den Wasserverbrauch und die Heizkosten zu senken. So lassen sich undichte Fenster sich mittels Dichtungsbändern abdichten. Dass dies die Antragstellerin wenigstens versucht hat, hat sie nicht vorgetragen. Den hohen Wasserverbrauch konnte sie nicht erklären. Krankheiten, die einen solchen bedingen könnten, sind weder glaubhaft gemacht noch erkennbar. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin folglich unter Beachtung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II für die Monate Februar bis Mai 2008 monatlich vorläufig Leistungen i.H.v. 686,00 EUR zu gewähren (347,00 EUR Regelleistung + 338,74 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung = 685,74, gerundet 686,00 EUR). Davon in Abzug zu bringen sind die bereits in diesen Monaten geleisteten 651,24 EUR, so dass sich ein vorläufiger Nachzahlungsbetrag i.H.v. 34,76 EUR/Monat ergibt. Für die Zeit vom 25. Januar bis 31. Januar 2008 ergibt sich unter Zugrundelegung dieser Berechnung ein seitens der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu zahlender weiterer Betrag i.H.v. 7,85 EUR (34,76 EUR: 31 Tage x 7 Tage). Der Beschluss des SG war entsprechend abzuändern. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG, wobei die Kosten entsprechend des Unterliegens bzw. Obsiegens der Beteiligten zu quoteln waren. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 173 SGG).
Rechtskraft
Aus
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