Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 305/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 14/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Beweiswürdigung in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal "volle" oder "teilweise Erwerbsminderung" nach § 43 Abs. 1 2 SGB VI.
2. Ein angestellter Taxifahrer ist bezüglich einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
2. Ein angestellter Taxifahrer ist bezüglich einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Der 53-jährige Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. In seiner serbischen Heimat war er als Gelegenheitsarbeiter tätig, bevor er 1971 nach Deutschland kam. Bereits ab 1973 arbeitete er bis 2005 mit kleineren Unterbrechungen als angestellter Taxifahrer. Ab 14.05.2005 war der Kläger vorübergehend arbeitsunfähig. Am 06.06.2005 wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Taxiunternehmen, für das der Kläger tätig war, einvernehmlich mit Ablauf dieses Tages beendet.
Gesundheitliche Probleme hat der Kläger in erster Linie mit dem Stütz- und Bewegungsapparat sowie im psychischen Bereich. Der aktuelle Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertenrecht beträgt 40 (Einzel-GdB 30 für Wirbelsäulenerkrankung,
20 für seelische Störung).
Am 21.04.2005 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zunächst war eine medizinische Begutachtung im Verwaltungsverfahren nicht möglich. Denn der Kläger befand sich vom 01.08. bis 20.11.2005 in seiner Heimatstadt in Serbien. Dort pflegte er seinen an Alzheimer erkrankten Onkel bis zu dessen Tod (05.11.2005). Schließlich wurde der Kläger vom Nervenarzt Dr. G. nach persönlicher Untersuchung begutachtet. Im Rahmen der Anamnese brachte der Kläger vor, durch seinen Unfall 1988 sei er bis heute krank; die ganze rechte Körperseite sei seit dem Unfall beeinträchtigt. Auch als er noch als Taxifahrer gearbeitet habe, habe er einen Gehstock benutzt. Dr. G. diagnostizierte im Gutachten vom 15.02.2006 eine Somatisierungsstörung sowie eine neurotische Persönlichkeitsstörung. Ein depressives Bild konnte er nicht finden. Es gebe keinen Hinweis auf eine schwere psychische Störung, abgesehen von den Persönlichkeitseigenschaften. Der Kläger habe bei der Untersuchung von Anfang an etwas aufgebracht und fast provokant in seiner Art gewirkt; er habe sich unzufrieden darüber gezeigt, dass der Gutachter nicht von Anfang an gewusst habe, wie sehr er leide. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, so Dr. G., bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mangels Erwerbsminderung ab. Den dagegen mit Schreiben vom 21.04.2006 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2006 als unbegründet zurück.
Am 07.12.2006 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht München. Dieses holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. R. K. nach persönlicher Begutachtung ein. Der Sachverständige diagnostizierte in seinem Gutachten vom 04.04.2007 ein degeneratives HWS-Syndrom C5 bis C7 mit Osteochondrose, Spondylose und Uncarthrose sowie ein degeneratives LWS-Syndrom mit einem fortgeschrittenen Bandscheibenschaden mit Retrolisthesis L 3/4 und begleitender Spondylarthrose und Wurzelreizsyndrom. Eine Belastung des rechten Beines, so der Gutachter, sei bei allen Bewegungsprüfungen vermieden worden, ohne dass dort eine verminderte Fußsohlenbeschwielung oder eine Muskelmassenminderung feststellbar sei. Nervenwurzelreizerscheinungen lägen nicht vor. Eine somatoforme Schmerzstörung sei wahrscheinlich. Die Gesundheitsstörungen würden zwar zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen. Leichte körperliche Arbeiten aus wechselnden Körperlagen heraus seien aber ohne schwere Belastungen des Achsorgans Wirbelsäule vollschichtig zumutbar.
Weiter stellte Dr. K. die Diagnose initialer Hüftgelenksverschleiß beidseits bei Coxa vara beidseits. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit lasse sich daraus nicht ableiten, ebenso wenig die Benutzung der Krücken - Letzteres auch nicht aus den Wirbelsäulenerkrankungen. Des Weiteren bestehe eine Schultergelenksarthrose rechts mit chronischem Impingementsyndrom. Aus den Befunden ergebe sich eine Einschränkung der Belastungsfähigkeit des rechten Schultergelenks für schwere körperliche Arbeiten und Heben und Tragen von schweren Lasten und Arbeiten unter Last aus der Überkopfposition. Insgesamt seien acht Stunden täglich leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten zumutbar.
Des Weiteren wurde ein nervenärztliches Gutachten nach persönlicher Untersuchung von Dr. T. B. eingeholt (Gutachten vom 05.07.2007). Die aktenkundige Vorgeschichte, so Dr. B., reiche zurück bis ins Jahr 1990. Der Kläger habe tageszeitgebundene Stimmungsschwankungen verneint. Beim Finger-Nase-Versuch habe der Kläger ein überdeutliches aggravatorisches Verhalten gezeigt: Der rechte Zeigefinger habe deutlich über die Nase hinaus gezeigt. Bei der Motorikprüfung habe der Kläger eine Zehen-, Fußheberschwäche demonstriert, die allerdings tatsächlich nicht bestanden habe, wie eine Mehrfachprüfung ergeben habe. Eine Schmerztherapie werde derzeit zumindest in medikamentöser Form nicht betrieben; das werfe ein Licht auf die Intensität der Beschwerden. Es liege eine depressive Verstimmung vor. Die Untersuchung habe keine Anhaltspunkte für eine radikuläre Irritation oder Schädigung ergeben. Dr. B. stellte folgende Diagnosen: Somatisierungsstörung, depressive Störung mäßiger Ausprägung, Benzodiazepin-abusus, Migräne, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne fassbare Irritation oder funktionsrelevante Schädigung einer Nervenwurzel. Leichte Arbeiten seien mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig möglich.
Schließlich holte das Sozialgericht nach § 109 SGG ein Gutachten des Hausarztes des Klägers, des praktischen Arztes Dr. I. P., ein. Dessen "hausärztliches" Gutachten vom 07.03.2008 kommt zum Schluss, der Kläger dürfe nur sehr leichte Arbeiten ausführen, maximal drei Stunden täglich mit 15 Minuten Pause stündlich.
Mit Urteil vom 21.05.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab und schloss sich hinsichtlich des medizinischen Sachverhalts den Gutachtern Dr. K. und Dr. B. an. Die Schlussfolgerungen der erfahrenen Gutachter, so wird zur Begründung ausgeführt, seien für das Sozialgericht nachvollziehbar. Zwar könnten dem Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr zugemutet werden. Für leichte Tätigkeiten sei das Leistungsvermögen quantitativ dagegen nicht eingeschränkt. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden ließen sich durch die objektivierbaren Befunde nicht erklären; es liege eine Somatisierungsstörung vor. Aussagekräftig sei der Umstand, dass keine medikamentöse Schmerztherapie betrieben werde. Das Gutachten des Hausarztes leide unter schweren Mängeln; so seien keine Befunde erhoben, sondern nur die Beschwerden des Klägers wiedergegeben worden. Der Arzt habe sich nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt. Seine Leistungseinschätzung entbehre einer Begründung. Relevante Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 03.07.2008 eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt der Kläger vor, insbesondere das Gutachten des Dr. B. weise Schwächen auf. Neue Befunde hat er nicht angegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2006 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2006 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten weiteren Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens des Nervenarztes und Psychologen Dr. B ... Dieser hat in seinem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 16.11.2008 Folgendes festgestellt: Der Kläger habe angegeben, seine hauptsächlichen Beschwerden seien Depressionen. Schmerzen hätte er primär im Bereich Nacken/Hinterkopf. Er könne nicht länger als drei Stunden arbeiten. Beim Orthopäden sei er zuletzt 2007 in Behandlung gewesen, beim Psychiater im September 2007 (in nervenärztlicher Behandlung sei er nicht mehr gewesen, weil er keine Krankenversicherung mehr habe), beim Hausarzt im Juli 2008. Dr. B. schreibt, der Kläger sei mit zwei Unterarmgehstützen zur Untersuchung gekommen, die eher locker mitgetragen als wirklich eingesetzt worden seien. Die Gummistopfen hätten keine wesentliche Abnutzung aufgewiesen. Der Gutachter hat an beiden unteren Extremitäten eine sehr markant ausgeprägte Muskulatur festgestellt. Hinsichtlich der Wirbelsäule sei keine typische radikuläre Symptomatik feststellbar gewesen. Ein verwertbarer pathologisch neurologischer Befund sei nicht zu erheben gewesen. Mimik, Gestik und Psychomotorik seien depressiv, teilweise etwas moros gefärbt gewesen. Die affektive Schwingungsbreite habe leicht eingeschränkt gewirkt, der Kläger sei jedoch auslenkbar gewesen. Es hätten sich keine für Depressionen typische Tagesschwankungen feststellen lassen. Der Sachverständige hat ein HWS- und LWS-Syndrom ohne neurologisch bedeutsame Ausfälle sowie eine depressive Entwicklung mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen diagnostiziert. Gegenüber den Vorgutachten war der Gesundheitszustand unverändert. In qualitativer Hinsicht seien noch leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten mit bestimmten Einschränkungen möglich. Zu vermeiden seien Zeitdruck, Zwangshaltungen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, Arbeiten, die ein besonderes Hörvermögen erforderten. Die Hände seien voll gebrauchsfähig. Die Wegefähigkeit wird bejaht. Hinreichende Umstellungsfähigkeit liege vor. Beeinträchtigt seien lediglich nervliche Belastbarkeit, Stresstoleranz und Ausdauer. Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch acht Stunden täglich tätig sein. Dass der Kläger mit den nachweisbaren Störungen auf orthopädischem oder auch psychiatrischem Fachgebiet überhaupt nicht mehr am Arbeitsleben teilnehme, sei aus gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, auf die beigezogene Schwerbehindertenakte sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegen-
stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen des Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör des Klägers ist gewahrt. Dabei spielt keine Rolle, dass der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung seinen Anwälten das Mandat entzogen hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen nicht vor. Folgende Regelungen sind einschlägig:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Kläger - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Der Kläger ist vielmehr in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit erheblichen qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. K., Dr. B. und Dr. B ...
Betrachtet man alle drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind überaus sorgfältig Befunde erhoben und bewertet worden. Keines der drei Gutachten lässt fachliche oder methodologische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten.
Ein im Jahr 1988 stattgefundener Autounfall war für den Kläger offenkundig ein einschneidendes Erlebnis. Sowohl die Befunde zur Psyche als auch zum Stütz- und Bewegungsapparat setzen zeitlich dort an. Aus einem radiologischen Befund vom November 2004 geht hervor, dass der Kläger im Jahr 2000 erneut einen Verkehrsunfall erlitt, was allem Anschein nach Auslöser für Schulterprobleme war. Der Senat hegt keinen Zweifel, dass der Kläger tatsächlich gesundheitlich beeinträchtigt ist. In der Tat weist sein Stütz- und Bewegungsapparat verschiedene Defizite auf, welche seine qualitative Leistungsfähigkeit in nicht unerheblichem Umfang einschränken. Indes hat Dr. K. von orthopädischer Seite zwar zahlreiche Gesundheitsstörungen festgestellt, jedoch nicht solche, die das Leistungsvermögen des Klägers auch in zeitlicher Hinsicht einschränken würden. Nur unter dieser Voraussetzung aber könnte eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährt werden. Das ist jedoch erst dann der Fall, wenn ein Versicherter nicht einmal mehr leichte Tätigkeiten - sogar mit weiteren qualitativen Einschränkungen - im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wahrnehmen könnte.
Das Gutachten des Dr. K. überzeugt. Dieser hat den einzelnen Gesundheitsstörungen deren spezifische Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit sehr plausibel zugeordnet. Dem Gutachten lässt sich entnehmen, dass der Sachverständige sich intensiv mit der speziellen Situation des Klägers befasst hat, die eben durch den Unfall aus dem Jahr 1988 ihr Gepräge erhalten hat. Das Gutachten vermittelt den Eindruck, dass die vorhandenen Befunde, insbesondere die anamnestischen Angaben, in die Leistungsbeurteilung eingeflossen sind. Die Ergebnisse Dr. K. erscheinen auch für den medizinischen Laien gut nachvollziehbar und begründet. Bezeichnender Weise hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung das Gutachten nicht kritisiert, sondern sich bei seiner Kritik auf das nervenärztliche konzentriert. Für die Richtigkeit des Gutachtens spricht auch, dass der Kläger vor Dr. B. angegeben hat, sein Hauptproblem seien die Depressionen.
Hinsichtlich der nervenärztlichen Komponente gilt nichts anderes. Der Kläger ist seit Stellung des Rentenantrags dreimal mit übereinstimmenden Ergebnissen begutachtet worden. Durch das überzeugende Gutachten des Dr. B. ist nun endgültig geklärt, dass auch nervenärztlich keine Leistungsminderungen solcher Art vorliegen, dass wenigstens eine teilweise Erwerbsminderung zu bejahen wäre. Neurologisch besteht kein pathologischer Befund; es liegt ein HWS- und LWS-Syndrom ohne funktionell bedeutsame neurologische Ausfälle vor. Dem kann durch qualitative Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Psychiatrisch besteht durchaus eine depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenzen. Diese bewirkt aber nicht, dass der Kläger gar nicht mehr arbeiten könnte; auch insoweit hat es mit qualitativen Einschränkungen sein Bewenden. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte für eine signifikante Reduktion der psychophysischen Belastbarkeit oder der Ausdauerfähigkeit.
Das "hausärztliche" Gutachten des praktischen Arztes Dr. P., das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt wurde, ist nicht stichhaltig. Der Senat sieht die selben gravierenden Mängel, wie sie vom Sozialgericht in der Urteilsbegründung dargestellt worden sind, und verweist auf dessen Ausführungen. Eine Befunddarstellung fehlt in dem Gutachten gänzlich; die Anamnesedarstellung erstreckt sich nur über eine viertel DIN A 4-Seite, wobei darin auch Wertungen des Arztes enthalten sind. Diese Methodik ist unzureichend. Die Antworten auf die Beweisfragen "hängen" komplett "in der Luft".
Das sich aus den Gutachten des Dr. K., des Dr. B. und des Dr. B. ergebende Resultat, dass beim Kläger keine (rentenrelevante) Erwerbsminderung in zeitlicher Hinsicht vorliegt, lässt sich für den Senat aufgrund verschiedener Umstände, ohne dass es dafür eigenen medizinischen Sachverstandes bedürfte, verifizieren:
Ende 2005 - als es ihm nach seiner Schilderung schlecht ging, er arbeitsunfähig war und ein nervenärztliches Attest aus Serbien beibrachte - pflegte der Kläger einen Onkel, der an Alzheimer litt, bis zu dessen Tod. Das war für ihn zweifellos eine anstrengende, nervenaufreibende Aufgabe. Dass der Kläger diese Aufgabe gleichwohl gemeistert hat, spricht klar dafür, dass er auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einsetzbar ist. Zum Zweiten sagte der Kläger bei Dr. B. zunächst, seine hauptsächlichen Beschwerden resultierten aus den Depressionen. Als er aber gefragt wurde, warum er einen Rentenantrag gestellt hätte, antwortete er: "Weil ich behindert bin durch die Gefährdung von der Bandscheibe her. Ich kann nicht so lange sitzen und nicht so lange stehen. Außerdem, wer nimmt mich mit 53 Jahren?" Es erscheint bemerkenswert, dass der Kläger in diesem Zusammenhang seine Depressionen nicht erwähnt hat. Er glaubt wohl selbst nicht, dass sie geeignet sind, ihn vom Arbeiten - sofern es sich um zustandsangepasste Tätigkeiten handelt - abzuhalten. Des Weiteren hat Dr. B. positiv eine Aggravation im Rahmen der neurologischen Prüfung festgestellt. Außerdem fallen die nur wenig abgenutzten Gummistopfen an den Krücken sowie die beachtliche Muskulatur der unteren Extremitäten auf.
Der Kläger hat erst im März 2004 die Feststellung eines GdB nach dem Schwerbehindertenrecht beantragt. Das ist angesichts dessen, dass sich der Kläger im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren insgesamt recht leidensfixiert gezeigt hat, erstaunlich. Von den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten bezüglich dieses Umstands erscheint dem Senat nur die realistisch, wonach der Leidensdruck bis dahin nicht sonderlich ausgeprägt gewesen sein kann. Das aber steht im Widerspruch zu der Einlassung des Klägers, bereits seit dem Unfall 1988 bestünden seine Beschwerden. Aussagekräftig erscheint dem Senat, dass der Kläger am Tag der Begutachtung durch Dr. B. geäußert hat, beim Orthopäden sei er zuletzt 2007 gewesen, beim Psychiater im September 2007. Auch diese geringe Konsultationsfrequenz spricht gegen einen hohen Leidensdruck.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung - diese würden dazu führen, dass die Beklagte eine geeignete Verweisungstätigkeit benennen müsste - ist nicht gegeben.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet aus, weil der Kläger aufgrund seines letzten Berufs als Taxifahrer auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist (vgl. Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.07.2006 - L 6 R 280/04 und vom 13.12.2005 - L 6 R 94/04 sowie des Hessischen Landessozialgerichts vom 14.02.1995 - L 12 J 628/91).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Der 53-jährige Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. In seiner serbischen Heimat war er als Gelegenheitsarbeiter tätig, bevor er 1971 nach Deutschland kam. Bereits ab 1973 arbeitete er bis 2005 mit kleineren Unterbrechungen als angestellter Taxifahrer. Ab 14.05.2005 war der Kläger vorübergehend arbeitsunfähig. Am 06.06.2005 wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Taxiunternehmen, für das der Kläger tätig war, einvernehmlich mit Ablauf dieses Tages beendet.
Gesundheitliche Probleme hat der Kläger in erster Linie mit dem Stütz- und Bewegungsapparat sowie im psychischen Bereich. Der aktuelle Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertenrecht beträgt 40 (Einzel-GdB 30 für Wirbelsäulenerkrankung,
20 für seelische Störung).
Am 21.04.2005 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zunächst war eine medizinische Begutachtung im Verwaltungsverfahren nicht möglich. Denn der Kläger befand sich vom 01.08. bis 20.11.2005 in seiner Heimatstadt in Serbien. Dort pflegte er seinen an Alzheimer erkrankten Onkel bis zu dessen Tod (05.11.2005). Schließlich wurde der Kläger vom Nervenarzt Dr. G. nach persönlicher Untersuchung begutachtet. Im Rahmen der Anamnese brachte der Kläger vor, durch seinen Unfall 1988 sei er bis heute krank; die ganze rechte Körperseite sei seit dem Unfall beeinträchtigt. Auch als er noch als Taxifahrer gearbeitet habe, habe er einen Gehstock benutzt. Dr. G. diagnostizierte im Gutachten vom 15.02.2006 eine Somatisierungsstörung sowie eine neurotische Persönlichkeitsstörung. Ein depressives Bild konnte er nicht finden. Es gebe keinen Hinweis auf eine schwere psychische Störung, abgesehen von den Persönlichkeitseigenschaften. Der Kläger habe bei der Untersuchung von Anfang an etwas aufgebracht und fast provokant in seiner Art gewirkt; er habe sich unzufrieden darüber gezeigt, dass der Gutachter nicht von Anfang an gewusst habe, wie sehr er leide. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, so Dr. G., bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 07.04.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mangels Erwerbsminderung ab. Den dagegen mit Schreiben vom 21.04.2006 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2006 als unbegründet zurück.
Am 07.12.2006 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht München. Dieses holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. R. K. nach persönlicher Begutachtung ein. Der Sachverständige diagnostizierte in seinem Gutachten vom 04.04.2007 ein degeneratives HWS-Syndrom C5 bis C7 mit Osteochondrose, Spondylose und Uncarthrose sowie ein degeneratives LWS-Syndrom mit einem fortgeschrittenen Bandscheibenschaden mit Retrolisthesis L 3/4 und begleitender Spondylarthrose und Wurzelreizsyndrom. Eine Belastung des rechten Beines, so der Gutachter, sei bei allen Bewegungsprüfungen vermieden worden, ohne dass dort eine verminderte Fußsohlenbeschwielung oder eine Muskelmassenminderung feststellbar sei. Nervenwurzelreizerscheinungen lägen nicht vor. Eine somatoforme Schmerzstörung sei wahrscheinlich. Die Gesundheitsstörungen würden zwar zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen. Leichte körperliche Arbeiten aus wechselnden Körperlagen heraus seien aber ohne schwere Belastungen des Achsorgans Wirbelsäule vollschichtig zumutbar.
Weiter stellte Dr. K. die Diagnose initialer Hüftgelenksverschleiß beidseits bei Coxa vara beidseits. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit lasse sich daraus nicht ableiten, ebenso wenig die Benutzung der Krücken - Letzteres auch nicht aus den Wirbelsäulenerkrankungen. Des Weiteren bestehe eine Schultergelenksarthrose rechts mit chronischem Impingementsyndrom. Aus den Befunden ergebe sich eine Einschränkung der Belastungsfähigkeit des rechten Schultergelenks für schwere körperliche Arbeiten und Heben und Tragen von schweren Lasten und Arbeiten unter Last aus der Überkopfposition. Insgesamt seien acht Stunden täglich leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten zumutbar.
Des Weiteren wurde ein nervenärztliches Gutachten nach persönlicher Untersuchung von Dr. T. B. eingeholt (Gutachten vom 05.07.2007). Die aktenkundige Vorgeschichte, so Dr. B., reiche zurück bis ins Jahr 1990. Der Kläger habe tageszeitgebundene Stimmungsschwankungen verneint. Beim Finger-Nase-Versuch habe der Kläger ein überdeutliches aggravatorisches Verhalten gezeigt: Der rechte Zeigefinger habe deutlich über die Nase hinaus gezeigt. Bei der Motorikprüfung habe der Kläger eine Zehen-, Fußheberschwäche demonstriert, die allerdings tatsächlich nicht bestanden habe, wie eine Mehrfachprüfung ergeben habe. Eine Schmerztherapie werde derzeit zumindest in medikamentöser Form nicht betrieben; das werfe ein Licht auf die Intensität der Beschwerden. Es liege eine depressive Verstimmung vor. Die Untersuchung habe keine Anhaltspunkte für eine radikuläre Irritation oder Schädigung ergeben. Dr. B. stellte folgende Diagnosen: Somatisierungsstörung, depressive Störung mäßiger Ausprägung, Benzodiazepin-abusus, Migräne, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne fassbare Irritation oder funktionsrelevante Schädigung einer Nervenwurzel. Leichte Arbeiten seien mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig möglich.
Schließlich holte das Sozialgericht nach § 109 SGG ein Gutachten des Hausarztes des Klägers, des praktischen Arztes Dr. I. P., ein. Dessen "hausärztliches" Gutachten vom 07.03.2008 kommt zum Schluss, der Kläger dürfe nur sehr leichte Arbeiten ausführen, maximal drei Stunden täglich mit 15 Minuten Pause stündlich.
Mit Urteil vom 21.05.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab und schloss sich hinsichtlich des medizinischen Sachverhalts den Gutachtern Dr. K. und Dr. B. an. Die Schlussfolgerungen der erfahrenen Gutachter, so wird zur Begründung ausgeführt, seien für das Sozialgericht nachvollziehbar. Zwar könnten dem Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr zugemutet werden. Für leichte Tätigkeiten sei das Leistungsvermögen quantitativ dagegen nicht eingeschränkt. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden ließen sich durch die objektivierbaren Befunde nicht erklären; es liege eine Somatisierungsstörung vor. Aussagekräftig sei der Umstand, dass keine medikamentöse Schmerztherapie betrieben werde. Das Gutachten des Hausarztes leide unter schweren Mängeln; so seien keine Befunde erhoben, sondern nur die Beschwerden des Klägers wiedergegeben worden. Der Arzt habe sich nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt. Seine Leistungseinschätzung entbehre einer Begründung. Relevante Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 03.07.2008 eingelegte Berufung. Zur Begründung trägt der Kläger vor, insbesondere das Gutachten des Dr. B. weise Schwächen auf. Neue Befunde hat er nicht angegeben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2006 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2006 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten weiteren Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens des Nervenarztes und Psychologen Dr. B ... Dieser hat in seinem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 16.11.2008 Folgendes festgestellt: Der Kläger habe angegeben, seine hauptsächlichen Beschwerden seien Depressionen. Schmerzen hätte er primär im Bereich Nacken/Hinterkopf. Er könne nicht länger als drei Stunden arbeiten. Beim Orthopäden sei er zuletzt 2007 in Behandlung gewesen, beim Psychiater im September 2007 (in nervenärztlicher Behandlung sei er nicht mehr gewesen, weil er keine Krankenversicherung mehr habe), beim Hausarzt im Juli 2008. Dr. B. schreibt, der Kläger sei mit zwei Unterarmgehstützen zur Untersuchung gekommen, die eher locker mitgetragen als wirklich eingesetzt worden seien. Die Gummistopfen hätten keine wesentliche Abnutzung aufgewiesen. Der Gutachter hat an beiden unteren Extremitäten eine sehr markant ausgeprägte Muskulatur festgestellt. Hinsichtlich der Wirbelsäule sei keine typische radikuläre Symptomatik feststellbar gewesen. Ein verwertbarer pathologisch neurologischer Befund sei nicht zu erheben gewesen. Mimik, Gestik und Psychomotorik seien depressiv, teilweise etwas moros gefärbt gewesen. Die affektive Schwingungsbreite habe leicht eingeschränkt gewirkt, der Kläger sei jedoch auslenkbar gewesen. Es hätten sich keine für Depressionen typische Tagesschwankungen feststellen lassen. Der Sachverständige hat ein HWS- und LWS-Syndrom ohne neurologisch bedeutsame Ausfälle sowie eine depressive Entwicklung mit ausgeprägten Somatisierungstendenzen diagnostiziert. Gegenüber den Vorgutachten war der Gesundheitszustand unverändert. In qualitativer Hinsicht seien noch leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten mit bestimmten Einschränkungen möglich. Zu vermeiden seien Zeitdruck, Zwangshaltungen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, Arbeiten, die ein besonderes Hörvermögen erforderten. Die Hände seien voll gebrauchsfähig. Die Wegefähigkeit wird bejaht. Hinreichende Umstellungsfähigkeit liege vor. Beeinträchtigt seien lediglich nervliche Belastbarkeit, Stresstoleranz und Ausdauer. Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch acht Stunden täglich tätig sein. Dass der Kläger mit den nachweisbaren Störungen auf orthopädischem oder auch psychiatrischem Fachgebiet überhaupt nicht mehr am Arbeitsleben teilnehme, sei aus gutachterlicher Sicht nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, auf die beigezogene Schwerbehindertenakte sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegen-
stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen des Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör des Klägers ist gewahrt. Dabei spielt keine Rolle, dass der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung seinen Anwälten das Mandat entzogen hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen nicht vor. Folgende Regelungen sind einschlägig:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Kläger - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Der Kläger ist vielmehr in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit erheblichen qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. K., Dr. B. und Dr. B ...
Betrachtet man alle drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind überaus sorgfältig Befunde erhoben und bewertet worden. Keines der drei Gutachten lässt fachliche oder methodologische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten.
Ein im Jahr 1988 stattgefundener Autounfall war für den Kläger offenkundig ein einschneidendes Erlebnis. Sowohl die Befunde zur Psyche als auch zum Stütz- und Bewegungsapparat setzen zeitlich dort an. Aus einem radiologischen Befund vom November 2004 geht hervor, dass der Kläger im Jahr 2000 erneut einen Verkehrsunfall erlitt, was allem Anschein nach Auslöser für Schulterprobleme war. Der Senat hegt keinen Zweifel, dass der Kläger tatsächlich gesundheitlich beeinträchtigt ist. In der Tat weist sein Stütz- und Bewegungsapparat verschiedene Defizite auf, welche seine qualitative Leistungsfähigkeit in nicht unerheblichem Umfang einschränken. Indes hat Dr. K. von orthopädischer Seite zwar zahlreiche Gesundheitsstörungen festgestellt, jedoch nicht solche, die das Leistungsvermögen des Klägers auch in zeitlicher Hinsicht einschränken würden. Nur unter dieser Voraussetzung aber könnte eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährt werden. Das ist jedoch erst dann der Fall, wenn ein Versicherter nicht einmal mehr leichte Tätigkeiten - sogar mit weiteren qualitativen Einschränkungen - im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wahrnehmen könnte.
Das Gutachten des Dr. K. überzeugt. Dieser hat den einzelnen Gesundheitsstörungen deren spezifische Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit sehr plausibel zugeordnet. Dem Gutachten lässt sich entnehmen, dass der Sachverständige sich intensiv mit der speziellen Situation des Klägers befasst hat, die eben durch den Unfall aus dem Jahr 1988 ihr Gepräge erhalten hat. Das Gutachten vermittelt den Eindruck, dass die vorhandenen Befunde, insbesondere die anamnestischen Angaben, in die Leistungsbeurteilung eingeflossen sind. Die Ergebnisse Dr. K. erscheinen auch für den medizinischen Laien gut nachvollziehbar und begründet. Bezeichnender Weise hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung das Gutachten nicht kritisiert, sondern sich bei seiner Kritik auf das nervenärztliche konzentriert. Für die Richtigkeit des Gutachtens spricht auch, dass der Kläger vor Dr. B. angegeben hat, sein Hauptproblem seien die Depressionen.
Hinsichtlich der nervenärztlichen Komponente gilt nichts anderes. Der Kläger ist seit Stellung des Rentenantrags dreimal mit übereinstimmenden Ergebnissen begutachtet worden. Durch das überzeugende Gutachten des Dr. B. ist nun endgültig geklärt, dass auch nervenärztlich keine Leistungsminderungen solcher Art vorliegen, dass wenigstens eine teilweise Erwerbsminderung zu bejahen wäre. Neurologisch besteht kein pathologischer Befund; es liegt ein HWS- und LWS-Syndrom ohne funktionell bedeutsame neurologische Ausfälle vor. Dem kann durch qualitative Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Psychiatrisch besteht durchaus eine depressive Entwicklung mit Somatisierungstendenzen. Diese bewirkt aber nicht, dass der Kläger gar nicht mehr arbeiten könnte; auch insoweit hat es mit qualitativen Einschränkungen sein Bewenden. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte für eine signifikante Reduktion der psychophysischen Belastbarkeit oder der Ausdauerfähigkeit.
Das "hausärztliche" Gutachten des praktischen Arztes Dr. P., das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt wurde, ist nicht stichhaltig. Der Senat sieht die selben gravierenden Mängel, wie sie vom Sozialgericht in der Urteilsbegründung dargestellt worden sind, und verweist auf dessen Ausführungen. Eine Befunddarstellung fehlt in dem Gutachten gänzlich; die Anamnesedarstellung erstreckt sich nur über eine viertel DIN A 4-Seite, wobei darin auch Wertungen des Arztes enthalten sind. Diese Methodik ist unzureichend. Die Antworten auf die Beweisfragen "hängen" komplett "in der Luft".
Das sich aus den Gutachten des Dr. K., des Dr. B. und des Dr. B. ergebende Resultat, dass beim Kläger keine (rentenrelevante) Erwerbsminderung in zeitlicher Hinsicht vorliegt, lässt sich für den Senat aufgrund verschiedener Umstände, ohne dass es dafür eigenen medizinischen Sachverstandes bedürfte, verifizieren:
Ende 2005 - als es ihm nach seiner Schilderung schlecht ging, er arbeitsunfähig war und ein nervenärztliches Attest aus Serbien beibrachte - pflegte der Kläger einen Onkel, der an Alzheimer litt, bis zu dessen Tod. Das war für ihn zweifellos eine anstrengende, nervenaufreibende Aufgabe. Dass der Kläger diese Aufgabe gleichwohl gemeistert hat, spricht klar dafür, dass er auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einsetzbar ist. Zum Zweiten sagte der Kläger bei Dr. B. zunächst, seine hauptsächlichen Beschwerden resultierten aus den Depressionen. Als er aber gefragt wurde, warum er einen Rentenantrag gestellt hätte, antwortete er: "Weil ich behindert bin durch die Gefährdung von der Bandscheibe her. Ich kann nicht so lange sitzen und nicht so lange stehen. Außerdem, wer nimmt mich mit 53 Jahren?" Es erscheint bemerkenswert, dass der Kläger in diesem Zusammenhang seine Depressionen nicht erwähnt hat. Er glaubt wohl selbst nicht, dass sie geeignet sind, ihn vom Arbeiten - sofern es sich um zustandsangepasste Tätigkeiten handelt - abzuhalten. Des Weiteren hat Dr. B. positiv eine Aggravation im Rahmen der neurologischen Prüfung festgestellt. Außerdem fallen die nur wenig abgenutzten Gummistopfen an den Krücken sowie die beachtliche Muskulatur der unteren Extremitäten auf.
Der Kläger hat erst im März 2004 die Feststellung eines GdB nach dem Schwerbehindertenrecht beantragt. Das ist angesichts dessen, dass sich der Kläger im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren insgesamt recht leidensfixiert gezeigt hat, erstaunlich. Von den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten bezüglich dieses Umstands erscheint dem Senat nur die realistisch, wonach der Leidensdruck bis dahin nicht sonderlich ausgeprägt gewesen sein kann. Das aber steht im Widerspruch zu der Einlassung des Klägers, bereits seit dem Unfall 1988 bestünden seine Beschwerden. Aussagekräftig erscheint dem Senat, dass der Kläger am Tag der Begutachtung durch Dr. B. geäußert hat, beim Orthopäden sei er zuletzt 2007 gewesen, beim Psychiater im September 2007. Auch diese geringe Konsultationsfrequenz spricht gegen einen hohen Leidensdruck.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung - diese würden dazu führen, dass die Beklagte eine geeignete Verweisungstätigkeit benennen müsste - ist nicht gegeben.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet aus, weil der Kläger aufgrund seines letzten Berufs als Taxifahrer auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist (vgl. Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.07.2006 - L 6 R 280/04 und vom 13.12.2005 - L 6 R 94/04 sowie des Hessischen Landessozialgerichts vom 14.02.1995 - L 12 J 628/91).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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