L 8 AL 278/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 2646/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 278/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf einen Zuschuss für den Einbau eines Personenaufzuges in seinem neuerbauten Haus hat.

Der 1965 geborene Kläger arbeitet seit 1993 als kaufmännischer Angestellter und PR-Manager in einem Betrieb in B ... Er leidet an Multipler Sklerose und ist schwerbehindert; der Grad der Behinderung beträgt 90 seit 19.10.2004. Ferner ist bei ihm seit diesem Zeitpunkt auch der Nachteilsausgleich aG festgestellt.

Am 03.01.2005 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und gab an, er sei stark gehbehindert. Da absehbar sei, dass er die Treppen in seiner bisherigen Wohnung - er wohne im 1. Obergeschoss - bald nicht mehr bewältigen könne, habe er sich zusammen mit seiner Familie entschlossen, behindertengerecht zu bauen. Da es bei seiner Firma eine Betriebsvereinbarung gebe, die Heimarbeitsplätze ermögliche, werde er in das Haus einen Büroraum einbauen lassen. Dieser müsse - aufgrund der Beschaffenheit des Geländes (Hanglage) - eine Etage unter den sich sonst auf einer Ebene befindlichen behindertengerechten Wohnräumen liegen. Um barrierefrei zu seinem Büro kommen zu können und damit dauerhaft seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, sei der Einbau eines behindertengerechten Aufzuges erforderlich, für den er Rehabilitationsleistungen beantrage. Hierzu legte der Kläger das ärztliche Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S., B.-B., vom 03.11.2004 und das Angebot einer Firma für den Einbau eines Personenaufzuges vom 16.12.2004 (Angebotspreis netto 25.500,00 EUR) vor. Unter dem 10.01.2005 leitete die Beigeladene den Antrag des Klägers mit der Begründung an die Beklagte weiter, die für die beantragte Leistung erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Die Beklagte ließ den Kläger von Frau Dr. F. von ihrem Ärztlichen Dienst untersuchen. Diese gelangte in ihrer gutachterlichen Äußerung vom 09.05.2005 zu der Beurteilung, der Kläger habe eindeutig ein beeinträchtigtes Gangbild, sodass es ihm jetzt schon nicht mehr zumutbar sei, Treppen zu steigen. Der Arbeitsplatz müsse behindertengerecht, d.h. barrierefrei sein. Mit Bescheid vom 20.05.2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab, da nach dem vorliegenden Gutachten ein Heimarbeitsplatz nicht erforderlich sei. Die barrierefreie Erschließung innerhalb des Hauses sei nicht Sache des Reha-Kostenträgers. Hierfür sei der örtliche Träger der Sozialhilfe zuständig.

Dagegen legte der Kläger am 03.06.2005 Widerspruch ein und machte geltend, nach § 33 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 5 und 6 SGB IX sei der Rehabilitationsträger für die Kosten der Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung zuständig. Wegen der Auflagen der Stadt B. und seiner gesundheitlichen Situation müsse er mit dem Bau seines barrierefreien Hauses in Kürze beginnen. Aus finanziellen Gründen werde er den Einbau des Aufzuges nicht vornehmen lassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Wohnungshilfe nach § 33 Abs. 8 SGB IX, die aus beruflichen Gründen notwendig sein müssen, seien nicht erfüllt. Eine Leistungspflicht der Beklagten ergebe sich gegenüber schwerbehinderten Menschen nur insofern, als diese zur Erhaltung ihres Arbeitsplatzes auf solche Leistungen angewiesen seien. Die Förderung durch die Beklagte erstrecke sich deshalb grundsätzlich nur auf eine durch die Berufsausübung bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage. Maßnahmen, die auch ohne Arbeitsbezug zwingend zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung eines behinderten Menschen gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken oder sogar elementare Grundbedürfnisse befriedigen, seien von ihr nicht zu fördern. Da der Zugang zu dem geplanten Einfamilienhaus, das nach den eingereichten Plänen in Hanglage errichtet werden soll, ausschließlich über das Kellergeschoss erfolge, und man zu der im Erdgeschoss befindlichen Wohnung nur über eine Treppe oder den vorgesehenen Aufzug gelangen könne, ergebe sich die Notwendigkeit des Einbaus eines Aufzugs nicht erst aus der irgendwann beabsichtigten Nutzung eines Heimarbeitsplatzes im Kellergeschoss des Hauses, sondern bereits aus der Nutzung der Wohnung selbst. Zwar könne der Kläger den im Kellergeschoss einzurichtenden Heimarbeitsplatz von der Wohnung aus nur mit dem Aufzug erreichen. Weit im Vordergrund stehe aber die Notwendigkeit des Aufzugs für die Nutzung der Wohnung selbst. Hinzu komme, dass die Notwendigkeit der Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes weder dem Grunde nach noch dem Zeitpunkt nach konkret feststehe. Der Kläger stehe in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis. Seinen Arbeitsplatz könne er derzeit offenbar barrierefrei erreichen.

Am 12.07.2005 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der er einen Anspruch auf einen Zuschuss für den Einbau eines Aufzugs in seinem neu erbauten Haus in B. geltend machte. Anspruchsgrundlage sei § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX. Zu den dort aufgeführten Leistungen gehörten auch die Kosten der Ausstattung einer behindertengerechten Wohnung. Er benötige den Aufzug nicht nur für den Heimarbeitsplatz, sondern auch, um von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz und vom Arbeitsplatz in seine Wohnung zu gelangen. Er könne schon heute an einzelnen Tagen infolge seiner Erkrankung keine Treppen steigen. Mit einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei zu rechnen, weshalb abzusehen sei, dass er in Zukunft einen nicht unwesentlichen Teil seiner Arbeitsleistung nicht im Betrieb seiner Firma selbst, sondern zu Hause erbringen müsse, womit seine Arbeitgeberin einverstanden sei. Vorsorglich beantragte der Kläger, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (die jetzige Beigeladene) beizuladen. Falls die Beklagte den beantragten Zuschuss nicht gewähren müsse, so bestehe jedenfalls eine entsprechende Verpflichtung des Rentenvericherungsträgers.

Das SG holte von der Arbeitgeberin des Klägers eine schriftliche Auskunft ein. Mit Schreiben vom 30.09.2005 teilte diese mit, erfreulicherweise lasse es der Gesundheitszustand des Klägers zu, dass er seine Tätigkeit als Public Relation-Manager in der Verwaltung ausüben könne. Er sei - von Dienstreisen abgesehen - ca. 8 bis 10 Stunden pro Arbeitstag im Betrieb tätig. Für eine anderslautende Arbeitszeitregelung bestehe kein Bedarf. Bei einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes kämen im Falle von "Heimarbeit" auch für ihn ausschließlich wechselnde Einsatzorte (also daheim und in der Firma) in Betracht. Unabhängig von der jeweiligen Funktion gelte konzernweit der Grundsatz, dass zur Sicherstellung in- und externer Abstimmungsprozesse die überwiegende Arbeitszeit in der Firma zu erbringen sei.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 21.11.2005 wies das SG darauf hin, dass Leistungen durch die Beklagte wohl nicht in Betracht kämen. Erfolgversprechender dürfte ein Antrag bei der Rentenversicherung sein.

Am 07.12.2005 stellte der Kläger bei der Beigeladenen einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, den diese mit Schreiben vom 20.12.2005 zuständigkeitshalber an die Beklagte weiterleitete, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen nicht erfüllt seien. Am 02.01.2006 gab die Beklagte den Antrag an die Beigeladene zurück, die ihn wiederum mit Schreiben vom 11.01.2006 der Beklagten zur Bearbeitung in eigener Zuständigkeit zurücksandte. Einen weiteren bei der Beigeladenen am 13.02.2006 gestellten entsprechenden Antrag des Klägers leitete die Beigeladene aus den bereits genannten Gründen mit Schreiben vom 22.02.2006 an die Beklagte weiter. Auf den bei der Beigeladenen am 07.12.2005 gestellten Antrag auf einen Zuschuss für den Einbau eines rollstuhlgerechten Aufzugs teilte die Beigeladene dem Kläger mit Schreiben vom 20.12.2005 mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) nicht erfüllt seien und deshalb die beantragten Leistungen von ihr nicht erbracht werden könnten. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2006 zurückwies. Am 24.05.2006 erhob der Kläger Klage (S 5 R 239/06) zum SG, mit der er gegen die Beigeladene den in Rede stehenden Anspruch geltend machte.

Mit Bescheid vom 30.08.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Zuschuss für eine Auffahrhilfe in Höhe von 4.048,40 EUR.

Mit Urteil vom 11.12.2006 wies das SG die Klage ab. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Der Einbau eines Aufzugs gehöre nicht zu den Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach den §§ 97 bis 115 SGB - Drittes Buch - (SGB III). Ein entsprechender Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 16 SGB VI iVm § 33 Abs. 7 Satz 1 Nr. 6 SGB IX, da es sich bei einem Aufzug um keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in diesem Sinne handele. Vielmehr diene der Einbau des Aufzugs schwerpunktmäßig der (allgemeinen) Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft. Ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, könne daher dahingestellt bleiben. Auf § 55 Abs. 1, 2 Nr. 5 SGB IX könne der Kläger den geltend gemachten Anspruch ebenfalls nicht stützen, da die dort genannten Leistungen nicht von der Beklagten oder dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht würden, sondern nur vom Sozialhilfeträger. Das schriftliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.12.2006 zugestellt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 16.01.2007 Berufung eingelegt, mit dem er sein Ziel weiterverfolgt. Er macht geltend, er benötige den Aufzug, um seinen Teil-Heimarbeitsplatz in seinem Wohnhaus zu erreichen und um von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber und vom Arbeitsplatz in seine Wohnung zu kommen. Der erhobene Anspruch folge aus § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX. Zu den dort aufgeführten Leistungen gehörten auch die Kosten der Ausstattung einer behindertengerechten Wohnung. Der beantragte Zuschuss stehe ihm entgegen der Auffassung des SG jedenfalls aufgrund von § 16 SGB VI iVm § 33 Abs. 7 (gemeint wohl Abs. 8) Satz 1 Nr. 6 SGB IX zu. Die nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 93, 283 ff) erforderliche Voraussetzung, wonach die beantragte Leistung final auf das gesetzlich vorgegebene Ziel der positiven Entwicklung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein müsse, sei vorliegend erfüllt. Der Aufzug sei dem beruflichen Bereich zuzuordnen, weil er den Aufzug aus beruflichen Gründen benötige. Der Aufzug diene nicht seiner allgemeinen Lebensführung. Im Übrigen habe das SG den Rentenversicherungsträger zu Unrecht nicht beigeladen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Leistung seien erfüllt, da er inzwischen (Ende März 2008) 189,5 Pflichtbeitragsmonate vorzuweisen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Dezember 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Einbau eines Personenaufzuges in seinem Haus in der Klotzbergstraße 65 in B. einen Zuschuss zu gewähren, hilfsweise die Beigeladene zu einer entsprechenden Leistung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung und macht ferner geltend, zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2005 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen. Auf die Wartezeit, die 180 Monate betrage, seien nur 151 Kalendermonate anrechenbar gewesen. Ob die Wartezeit zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt sei, sei nicht maßgebend, da bei der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen stets auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen sei.

Mit Beschluss vom 04.07.2007 ist die Deutsche Rentenversicherung Bund beigeladen worden.

Mit Schreiben vom 24.06.2008 hat der Kläger bei der Beigeladenen erneut einen Antrag auf Bewilligung eines Zuschusses zu den Kosten des Einbaus eines behindertengerechten Personenaufzuges in seinem Wohnhaus gestellt und angegeben, dass er zum 30.06.2008 Pflichtbeiträge im Umfang von 192,5 Kalendermonaten entrichtet habe. Diesen Antrag hat die Beigeladene mit Bescheid vom 06.08.2008 abgelehnt, da der Aufzug nicht ausschließlich für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit benötigt werde, sondern auch um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Es handele sich hier um eine Leistung, die zuständigkeitshalber vom Sozialhilfeträger zu erbringen sei. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Klage zum SG erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden und hier noch maßgeblichen Fassung liegt nicht vor, da der Beschwerdewert von mehr als 500,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG aF) mit dem vom Kläger beanspruchten Zuschuss zweifellos erreicht wird. Der Kläger hat den betreffenden Betrag zwar nicht beziffert, angesichts des aktenkundigen Angebots für den Einbau eines Aufzuges vom 16.12.2004 in Höhe von 25.500,00 EUR kann es jedoch nicht zweifelhaft sein, dass der Zuschuss mehr als 500,00 EUR betragen soll und der Beschwerdewert damit erreicht wird.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 20.05.2005 (Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung eines Zuschusses für den geplanten Einbau eines Personenaufzuges in seinem neuen Einfamilienhaus abgelehnt hat. Als Schuldner des vom Kläger erhobenen Anspruchs kommt dabei sowohl die Beklagte als auch der gemäß § 75 Abs. 2 SGG beigeladene Rentenversicherungsträger in Betracht. Der Beiladung steht nicht entgegen, dass der geltend gemachte Anspruch bereits anderweitig anhängig ist (BSG SozR 2200 § 1239 Nr. 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 75 RdNr. 18 b). Die anderweitige Rechtshängigkeit wird im Falle der Verurteilung gegenstandslos (BSG a.a.O.). Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist der Bescheid vom 06.08.2008, mit dem die Beigeladene den erneuten Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines Zuschusses zu einem Personenaufzug vom 26.06.2008 abgelehnt hat. Hierbei handelt es sich um eine neue eigenständige Entscheidung, deren Rechtmäßigkeit nach Erlass des Widerspruchsbescheides und Klageerhebung vom SG zu überprüfen ist.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen die Beklagte zu Recht abgewiesen und entschieden, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger zusteht. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil rechtlich zutreffend den Prüfungsumfang des Sozialleistungsträgers, an den ein Rehabilitationsantrag nach § 14 Abs. 1 SGB IX weitergeleitet worden ist, dargelegt, weshalb der Senat nach eigener Prüfung auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil verweist (Seite 5 des Urteils; § 153 Abs. 2 SGG).

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Beklagte liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Behinderten Menschen können nach § 97 Abs. 1 SGB III Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind die besonderen Leistungen - zu den allgemeinen Leistungen im Sinne des § 100 SGB III gehört der hier beanspruchte Zuschuss zu einem Personenaufzug von vornherein nicht - anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung einschließlich Berufsvorbereitung sowie blindentechnischer und vergleichbarer spezieller Grundausbildungen zu erbringen, wenn u.a. die allgemeinen Leistungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen (§ 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Zu den Leistungen nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III zählen insbesondere die Förderung durch die in § 33 Abs. 3 SGB IX aufgeführten Hilfen. In Betracht kommt hier § 33 Abs. 3 Nr. 6 SGB IX, wonach die zu gewährenden Leistungen insbesondere sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten, umfassen. Schließlich besagt § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 6 SGB IX, dass Leistungen in diesem Sinne auch Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang umfassen. Der Einbau eines Personenaufzuges in ein Wohnhaus ist als Ausstattung einer behinderungsgerechten Wohnung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 6 SGB IX anzusehen.

Gleichwohl hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf den geltend gemachten Zuschuss. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 93, 283 ff) hat im Rahmen der Leistungen zur

Teilhabe am Arbeitsleben die Wohnungshilfe zum Ziel, die Folgen behinderungsbedingter Erschwernisse auszugleichen, die sich im Leben des behinderten Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben auswirken. Der Förderrahmen beschränkt sich auf die durch die Berufsausübung bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage. Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken sowie elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich auf diese Weise nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirken, sind nicht durch Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben förderungsfähig und allenfalls im Wege der Förderung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX zu übernehmen. Die Leistungen müssen also final auf das gesetzlich vorgegebene Ziel der positiven Entwicklung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein. Entscheidend ist, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen ist (BSG SozR 4100 § 56 Nr. 14 S. 26 f; SozR 4100 § 56 Nr. 4 S. 4 f).

Vorliegend fehlt es an diesem notwendigen Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Das Erreichen des Kellergeschosses vom Wohngeschoss aus und umgekehrt gehört zur alltäglichen Nutzung des Wohnhauses. Es kann vielerlei Gründe geben, um von einem Geschoss ins andere gelangen zu wollen. Dass dies (zumindest) auch im Rahmen der persönlichen Lebensführung - und nicht nur auf dem Arbeitsweg und zurück - geschieht, liegt in der Natur der Sache (Nutzung des Hauses) und kann ernsthaft nicht in Zweifel gezogen werden. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die vom Kläger vorgebrachte Begründung, er benötige diesen Personenaufzug, um sicherzustellen, seinen im Kellergeschoss vorgesehenen Heimarbeitsplatz vom Wohngeschoss aus erreichen zu können, nicht stichhaltig ist. Abgesehen davon, dass der Kläger im Berufungsverfahren nur noch von einem Teil-Heimarbeitsplatz spricht und aus den Angaben seiner Arbeitgeberin gegenüber dem SG vom 30.09.2005 hervorgeht, dass auch im Falle der Ermöglichung von Heimarbeit die Arbeit hauptsächlich im Betrieb selbst zu erbringen ist, bestand zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin weder zum Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2005 noch später eine Vereinbarung über die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes. Der aus diesen Gründen geltend gemachte Bedarf für den Personenaufzug bestand daher gar nicht und besteht offenbar auch bis heute nicht. Dass der Kläger mittlerweile zu einem wesentlichen Teil daheim arbeitet, hat er jedenfalls im Laufe des Verfahrens nicht geltend gemacht.

Eine Leistungspflicht der Beigeladenen scheidet ebenfalls aus. Zwar erbringen die Rentenversicherungsträger gemäß § 16 SGB VI die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38 SGB IX, mithin auch Leistungen der Wohnungshilfe gemäß § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX. Unabhängig davon, ob hier die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI erfüllt sind, fehlt es aber hier schon an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe durch die Beigeladene. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Dies war bei der im Januar 2005 erfolgten Antragstellung unstreitig nicht der Fall. Zu diesem Zeitpunkt waren erst 145 Beitragsmonate, mithin 12 Jahre und 1 Monat , gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI auf die Wartezeit von 15 Jahren anrechenbar. Damit entfällt ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe gegen die Beigeladene aufgrund des Antrages vom 03.01.2005 bereits mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Ein sozialhilferechtlicher Anspruch gegenüber dem Träger der Sozialhilfe nach § 53 SGB XII scheidet zur Überzeugung des Senats ebenfalls aus, weil eine Bedürftigkeit des Klägers nicht vorliegt. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil bereits ausgeführt und sich hierbei auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.09.2006 gestützt. Soweit darin für den Kläger eingeräumt wird, dass einkommens- und vermögensabhängige Leistungen durch den Sozialhilfeträger nicht in Betracht kommen, der Kläger hiervon auch im Berufungsverfahren nicht Abstand genommen und eine Leistung des Sozialhilfeträgers nicht geltend gemacht hat, geht auch der Senat unter Berücksichtigung des vom Kläger finanzierten Neubaus des Einfamilienhauses davon aus, dass die Aufbringung der Mittel für den Kläger nicht unzumutbar i. S. von § 19 Abs. 3 SGB XII ist. Abgesehen davon ist nicht erkennbar, dass mit einem weniger kostenaufwändigen Mittel, z. B. dem Einbau eines Treppenlifts, der vom Kläger intendierte Zweck nicht erreicht werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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