L 4 KR 1858/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 395/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1858/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 05. März 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Beklagten, seine medizinische Versorgung durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nur im Falle akuter Erkrankung oder bei Schmerzzuständen sicherzustellen.

Der am 1939 geborene Kläger, der verheiratet ist, bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRVB) Altersrente einschließlich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag. Er ist, nachdem er zunächst bis zum 30. November 2001 bei der AOK Hessen krankenversichert war, seit 01. Dezember 2001 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert und bei deren Pflegekasse pflegepflichtversichert. Seine Rente beläuft sich ab 01. Januar 2009 auf monatlich EUR 905,17 zuzüglich eines Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag von EUR 66,08. Die Ehefrau des Klägers bezieht von der DRVB Altersrente (Zahlbetrag ab 01. Juli 2007 EUR 131,88). Sie ist bei der Beklagten im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert. Zum 01. November 2004 zahlte die A. Lebensversicherungs-AG (AG) dem Kläger insgesamt EUR 42.080,17 (EUR 31.937,20 +EUR 10.142,97) als Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung aus (Mitteilungen der AG an die Beklagte vom 14. Dezember 2004). Im Hinblick auf diese Zahlungen der betrieblichen Altersversorgung stellte die Beklagte, zugleich im Namen der Pflegekasse, mit Bescheid vom 12. April 2005 die Beiträge des Klägers ab 01. Januar 2005 unter Vorbehalt der Neuberechnung und Änderung neu fest, nachdem zuvor zur KV EUR 135,41 und zur PV EUR 15,45 zu zahlen waren: monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung EUR 184,94 und monatlicher Beitrag zur Pflegeversicherung EUR 21,10 (Gesamtbeitrag EUR 206,04). Ab 01. Januar 2007 betrug der Beitrag zur KV EUR 191,14 und zur PV EUR 21,10, insgesamt EUR 212,24 (Bescheid vom 29. Dezember 2006. Mit Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2008 wurden im Hinblick auf den neuen einheitlichen Beitragssatz die Beiträge ebenfalls unter Vorbehalt ab 01. Januar 2009 neu festgesetzt: monatlicher Beitrag zur KV EUR 194,66 und monatlicher Beitrag zur PV EUR 24,49 (Gesamtbeitrag EUR 219,15).

Mit dem gegen den Beitragsbescheid vom 12. April 2005 eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger dagegen, dass der Versorgungsbezug als Einkommen bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt worden sei. Nach dem Hinweisschreiben der Beklagten vom 26. April 2005 auf die ab 01. Januar 2004 bestehende neue Rechtslage wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12. September 2005). Deswegen erhob der Kläger am 14. Oktober 2005 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), S 2 KR 2639/05). Mit der Klage wandte sich der Kläger weiterhin gegen die Berücksichtigung der ausgezahlten Lebensversicherungen bei der Beitragsberechnung und die sich daraus ergebende rückwirkende Anhebung der monatlichen Beiträge ab Januar 2005 von EUR 150,86 auf EUR 206,04. Es handle sich nicht um eine beitragspflichtige Einnahme. Nach der Auszahlung der Lebensversicherung sei diese im Wesentlichen zur Schuldentilgung verwendet worden. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 12. April 2005 sei der gesamte Betrag nicht mehr verfügbar gewesen. Der jetzt festgestellte Gesamtbeitrag stelle auch eine finanziell unzumutbare Gesamtbelastung unter Berücksichtigung des ihm und seiner Ehefrau zustehenden monatlichen Rentenbetrags von EUR 1.084,03 dar. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt (Beschluss des SG vom 26. Oktober 2006 - S 2 KR 1955/06 PKH-A -; Senatsbeschluss vom 25. Juni 2007 - L 4 KR 2156/07 PKH-B -). Erfolglos blieb auch der vom Kläger gleichzeitig gestellte Antrag, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Einstellung der erhöhten Beitragsforderung bis zu einem endgültigen Gerichtsentscheid anzuordnen (Beschluss des SG vom 08. August 2006 - S 2 KR 1953/06 ER -; Beschluss des Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) vom 21. März 2007 - L 5 KR 6079/06 ER-B -). Mit Gerichtsbescheid vom 02. Dezember 2008 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte und die in jenem Verfahren ebenfalls beklagte Pflegekasse seien berechtigt, Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz aus den einmaligen Kapitalzahlungen der Direktlebensversicherung, die Zahlungen der betrieblichen Altersversorgung darstellten, zu verlangen. Dagegen legte der Kläger am 15. Januar 2009 Berufung zum LSG ein, die unter dem Aktenzeichen L 4 KR 515/09 anhängig ist. Am 17. April 2009 stellte der Kläger dazu auch erneut den Antrag auf aufschiebende Wirkung anzuordnen, da sich seine wirtschaftliche Situation zwischenzeitlich so geändert habe, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung geradezu unumgänglich sei. Diesen Antrag lehnte der Senat mit Beschluss vom 27. April 2009 ab (L 4 KR 1793/09 ER).

Mit Schreiben vom 26. August 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung für Juni und Juli 2008 seien nicht vollständig bezahlt. Das Beitragskonto weise einen Gesamtrückstand (einschließlich Säumniszuschläge sowie Kosten und Gebühren) in Höhe von EUR 267,97 aus. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müsse er gemahnt werden, da er mit mehr als einem Monatsbeitrag im Rückstand sei. Der Kläger wurde aufgefordert, den ausstehenden Beitrag bis zum 10. September 2008 zu bezahlen. Wenn das Beitragskonto zum genannten Termin weiterhin einen Rückstand ausweise, der höher als der Beitrag für einen Monat sei, werde dies ernste Folgen haben. Dann müsse das Ruhen der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und zugleich die Versichertenkarte eingezogen werden. Der Eintritt der Ruhenswirkung habe zur Folge, dass der Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung für die Zeit des Ruhens entfalle. Der Leistungsanspruch lebe dann wieder auf, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beiträge gezahlt seien. Das Ruhen ende auch, wenn beim Kläger Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) oder dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) eintrete. Von dieser Ruhensregelung seien lediglich Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich seien, ausgenommen. Nachdem der Rückstand nicht bezahlt worden war, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10. September 2008 mit, dass der Gesamtrückstand (einschließlich Säumniszuschläge sowie Kosten und Gebühren) insgesamt EUR 271,42 betrage sowie dass ab 15. September 2008 grundsätzlich die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 16 Abs. 3a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i. V. mit § 16 Abs. 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) ruhten. Ausgenommen von der Ruhenswirkung seien lediglich Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich seien. Der Kläger wurde aufgefordert, seine Krankenversicherungskarte zurückzugeben (dem kam der Kläger mit Schreiben vom 04. November 2008 nach). Sofern Leistungen wegen akuter Erkrankungen oder Schmerzzuständen erforderlich seien, solle sich der Kläger an sie (die Beklagte) wenden. Das Ruhen der Leistungen ende erst dann, wenn alle rückständigen - einschließlich der auf die Zeit des Ruhens entfallenden - Beitragsanteile bezahlt seien. Zudem ende das Ruhen auch dann, wenn er (der Kläger) hilfebedürftig im Sinne des SGB II bzw. des SGB XII werde. Falls diese Voraussetzungen vorlägen, solle der Kläger eine entsprechende Bestätigung der Agentur für Arbeit oder des zuständigen Sozialhilfeträgers vorlegen. Zu diesem Bescheid machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend (Schreiben vom 04. Oktober 2008), es gebe keine gesetzliche Regelung, nach der die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit vom Sozialamt anerkannt werden müssten. Sozialhilfe beantrage er nicht. Die Hilfebedürftigkeit ergebe sich eindeutig schon aus den Zahlbeträgen der Rente, die er und seine Ehefrau erhielten. Unter Abzug des Monatsbeitrags zur Krankenversicherung hätten sie jeweils nur verfügbares Einkommen von EUR 442,94. Die angekündigte Verweigerung der zustehenden Leistungen werde unvermeidbar und unmittelbar zu seinem Tod führen. Insoweit verwies er auf ärztliche Behandlungen. Es würden ihm lebenserhaltende Medikamente verweigert, die er ohne Versichertenkarte nicht in Anspruch nehmen könne. Er stelle die Beitragszahlungen ein und beanspruche künftig den Status "Hilfsbedürftigkeit" nach § 16 Abs. 3a SGB IV. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, Hilfebedürftigkeit könne erst dann anerkannt werden, sofern dies vom zuständigen örtlichen Sozialamt bescheinigt worden sei (Schreiben vom 07. Oktober 2008).

Wegen der rückständigen Beiträge hatte die Beklagte mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 ein Verrechnungsersuchen an die DRVB gerichtet. Mit Bescheid vom 21. Januar 2009 teilte diese dem Kläger nach vorheriger Anhörung mit, die Verrechnung sei nach § 52 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) zulässig. Eine Verrechnung sei ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII bzw. des SGB II werde. Für die Verrechnung hinsichtlich des Betrags von EUR 275,42 würden von der laufenden Rente dreimal monatlich EUR 80,00 und einmal EUR 35,42 einbehalten. Der Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der genannten Vorschriften sei vom Kläger im Anhörungsverfahren nicht nachgewiesen worden.

Am 04. Februar 2009 erhob der Kläger gegen die Beklagte beim SG Klage wegen Verweigerung der Versicherungsleistungen trotz Hilfebedürftigkeit, die unter dem Aktenzeichen S 2 KR 385/09 geführt wird. Er machte geltend, im Hinblick auf das Renteneinkommen bestehe Hilfebedürftigkeit. Deswegen sei auch die Verrechnung der DRVB unzulässig. Da er hoch verschuldet und mittellos sei, habe er auch am 30. Mai 2007 beim Amtsgericht Überlingen eine eidesstattliche Versicherung abgelegt. Er reichte verschiedene Unterlagen ein. Es gebe keine gesetzliche Grundlage, dass die Hilfebedürftigkeit durch das Sozialamt nach festzustellen sei.

Ferner beantragte der Kläger im einstweiligen Rechtsschutz, die Beklagte zu verpflichten, seine medizinische Versorgung durch Leistungen der Krankenversicherung mittels Aushändigung einer Versichertenkarte aufrechtzuerhalten. Er sei chronisch krank. Ohne medikamentöse Behandlung würden Schmerzzustände eintreten, was ein lebensbedrohlicher Zustand wäre. Bei ihm bestehe eine schwere koronare Drei-Gefäßerkrankung. Dazu reichte der Kläger Arztbriefe des Herz-Zentrums B. vom 29. und 30. Mai sowie vom 03. Juni 2008 (Auszug) ein. Der Abbruch der medikamentösen Behandlung durch Betablocker, Thrombosehemmer, Gerinnungshemmer usw. werde unweigerlich zu seinem Tod führen. Für die weitere lebenserhaltende, uneingeschränkte medikamentöse und damit auch ärztliche Behandlung und Betreuung benötige er eine Versichertenkarte der Beklagten.

Die Beklagte trat dem Antrag entgegen. Da der Gesetzgeber eindeutig auf die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder SGB XII verweise, sei dieser Nachweis durch eine entsprechende Bestätigung des örtlich zuständigen Sozialhilfeträgers zu führen. Eine Selbsteinschätzung des Versicherten reiche nicht aus. Der Kläger habe einen Nachweis des für ihn zuständigen Sozialhilfeträgers zur aktuellen Hilfebedürftigkeit nicht erbracht, sodass die gesetzliche Grundlage für den Ruhensbescheid vom 10. September 2008 weiterhin gegeben sei. Sie (die Beklagte) sei nicht berechtigt, in eigener Zuständigkeit den Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder des SGB XII festzustellen.

Mit Beschluss vom 05. März 2009 wies das SG den Antrag ab. Die bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass es dem Kläger zuzumuten sei, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Zwar gehe es der Sache nach um den Schutz der Gesundheit des Klägers, mithin um ein Rechtsgut mit Verfassungsrang. Im Fall des Abwartens einer Entscheidung in der Hauptsache drohe aber keine irreversible Beeinträchtigung dieses Rechtsguts, da nach § 16 Abs. 3a Satz 2 erster Halbsatz SGB V vom Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich seien, ausgenommen seien. Für die Inanspruchnahme solcher Leistungen benötige der Kläger keine Versichertenkarte. Der Beschluss wurde dem Kläger am 11. März 2009 zugestellt.

Dagegen hat der Kläger am 11. April 2009 schriftlich Beschwerde zum LSG eingelegt, die nicht begründet wurde.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 05. März 2009 aufzuheben und die Beklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, bei ihm die medizinische Versorgung durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nur im Falle akuter Erkrankung oder bei Schmerzzuständen durch Aushändigung einer Versichertenkarte sicherzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Von der DRVB habe sie (die Beklagte) bislang keine Beträge zur Tilgung des Beitragsrückstands erhalten. Der Kläger habe bisher bei ihr noch keine Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen oder Schmerzzustände erhalten. Sofern dies notwendig sei, müsse sich der Kläger mit ihr in Verbindung setzen. Danach werde über den jeweils vorliegenden Einzelfall entschieden.

Zur weiteren Darstellung auch des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wegen einstweiligem Rechtsschutz sowie die Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig. Sie ist nicht nach § 173 Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Soweit sich der Kläger in der Hauptsache mit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 wendet, mit dem wegen Beitragsrückständen ab 15. September 2008 das grundsätzliche Ruhen der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt worden ist, und sich auf Hilfebedürftigkeit beruft, ohne dass allerdings derzeit das Widerspruchsverfahren - wie das SG sieht auch der Senat das Schreiben des Klägers vom 04. Oktober 2008 als Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 an - mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheids durchgeführt worden wäre, wäre die Berufung nach § 144 SGG nicht ausgeschlossen.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Kläger kann nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Aushändigung einer Versichertenkarte verlangen, um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu Lasten der Beklagten derzeit nicht nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen in Anspruch nehmen zu können. Dies hat das SG im Ergebnis zutreffend entschieden.

Ersichtlich erstrebt der Kläger, indem er die einstweilige Aushändigung einer Versichertenkarte begehrt, dies, um als Folge der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs (der noch nicht beschieden worden ist) bzw. seiner Klage gegen den Ruhensbescheid vom 10. September 2008 seine medizinische Versorgung sicherstellen zu können. Hinsichtlich des Ruhensbescheids nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V entfiel die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers vom 04. Oktober 2008 gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2008 nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG, denn nach dem in § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V nach Satz 1 auch in Bezug genommenen § 16 Abs. 2 Satz 4 KSVG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Ruhensbescheid keine aufschiebende Wirkung. Mithin gilt § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, wonach das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen kann. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind bezogen auf den Antrag auf Aushändigung einer Versichertenkarte - einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Kläger kann weder die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage begehren noch im Wege der einstweiligen Anordnung die Aushändigung einer Versichertenkarte verlangen.

Auch der Senat erachtet die Erfolgsausichten der Klage (abgesehen von der derzeit fehlenden Durchführung des Widerspruchsverfahrens mit Erlass eines Widerspruchsbescheids, was noch nachholbar wäre) als offen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Beklagte zu Recht die Ansicht vertritt, dass trotz weiterbestehender Zahlungsrückstände das Ruhen des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB V nur dann endet bzw. nicht eintritt, wenn die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II bzw. des SGB XII durch eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Stelle nachgewiesen ist. Der Kläger hat sich bislang geweigert, Leistungen nach dem SGB XII zu beantragen. Selbst wenn die Hilfebedürftigkeit auch auf andere Weise nachgewiesen werden könnte, könnte dafür allein der Hinweis auf die Rentenzahlbeträge bzw. auf den vom Kläger der Beklagten eingereichten Einkommensfragebogen vom 18. April 2005, in dem lediglich die Rente des Klägers angegeben ist, bzw. auf die Ablegung einer eidesstattlichen Versicherung im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht genügen. Die Verwendung der Zahlungen der AG sind nicht nachgewiesen. Ferner hat der Kläger hinsichtlich sonstiger Vermögenswerte in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 15. April 2007 zum Klageverfahren S 2 KR 2639/05 auf Schadensersatzforderungen in Höhe von EUR 700.000,00 hingewiesen. Im Hinblick auf die danach gebotene Interessenabwägung vermag der Senat nicht zu bejahen, dass dem Kläger im Sinne eines Anordnungsgrundes schwere und unzumutbare Nachteile drohen. Zwar ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Herzkatheterberichten des Herz-Zentrums B. vom 29. und 30. Mai sowie des (unvollständigen) Arztbriefs vom 03. Juni 2008 (stationäre Behandlung vom 28. bis 30. Mai 2008, dass beim Kläger eine symptomatische koronare Herzerkrankung sowie Hyperlipidämie und arterielle Hypertonie vorliegen. Jedoch berücksichtigt der Senat, dass sich das Ruhen der Leistungsansprüche nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V gerade nicht auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände bezieht und dass der Kläger ersichtlich jedenfalls derartige Leistungen bei der Beklagten seit 15. September 2008 bzw. seit der Rückgabe der Versichertenkarte an die Beklagte mit Schreiben vom 04. November 2008 nicht beantragt hat. Insoweit hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 08. Mai 2009 vorgetragen, dass der Kläger bisher noch keine Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erhalten habe. Auch der Kläger selbst hat nicht vorgetragen, dass ihm Leistungen wegen einer akuten Erkrankung (Verschlechterung seiner Herzerkrankung) oder wegen Schmerzzuständen durch die Beklagte verweigert worden wären. Mithin ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

Danach war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der (weiteren) Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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