Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 173/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3046/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Absatz 2 Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt, da es der Antragstellerin ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).
Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 29. Juli 2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 f.). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung. zu entscheiden (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, a.a.O., m.w.N.); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. November 2002, a.a.O., S. 1237; Beschluss vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krankengeld (Krg) gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage.
Die Prüfung nach den oben dargelegten Grundsätzen ergibt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden ist. Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller am 1. Oktober 2008 und darüber hinaus arbeitsunfähig war, erfordert die Gewährung von Krg, dass er noch in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Hier kommt, was das SG zu Recht ausgeführt hat, allein eine Versicherung als Bezieher von Arbeitslosengeld nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Betracht. Denn der seit 4. September 2007 arbeitsunfähig erkrankte Antragsteller hatte bis zum 9. Oktober 2007 noch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Seine Mitgliedschaft bestand daher nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur fort, solange er Anspruch auf Krg hatte oder dies bezogen hat.
Der Antragsteller hat Krg aber nur bis zum 30. September 2008 bezogen. Er hatte auch keinen Anspruch ab dem 1. Oktober 2008. Denn ein solcher Anspruch auf Krg setzt nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) voraus. Diese ist hier zuletzt durch Dr. Heine bis zum 30. September 2008 erfolgt. Erst am 1. Oktober 2008 suchte der Antragsteller Dr. H. erneut auf, der ab diesem Tag erneut AU bescheinigte. Auch mit dem Auszahlschein vom 2. Oktober 2008 hat Dr. H. ausdrücklich das Ende der AU zum 30. September 2008 bestätigt.
Durch die vorgelegten Atteste vom 29. Oktober 2008 und 9. Januar 2009 von Dr. H. dürften diese Bescheinigungen nach der gebotenen summarischen Prüfung kaum zu widerlegen seien. Denn der Beendigung der AU zum 30. September 2008 lag ein Gutachten des MDK, welches auf der persönlichen Untersuchung des Antragstellers beruhte, zugrunde. Dabei hatte sich der Antragsteller mit der Beendigung der AU und einer Einsetzbarkeit ab Oktober für eine der letzten Tätigkeit ähnlich gearteten Arbeit einverstanden erklärt. Die Einlassung des behandelnden Arztes, er habe dem Antragsteller am 1. Oktober 2008 die AU-Erstbescheinigung nur versehentlich ausgestellt, weil er gedacht habe, dieser benötige die Bescheinigung für das Arbeitsamt, ist wenig überzeugend, zumal der Antragsteller bereits aus dem Leistungsbezug von Arbeitslosengeld wegen Höchstbezugsdauer ausgeschieden war und deswegen einer Bescheinigung für das Arbeitsamt nicht bedurfte. Für die Richtigkeit dieser AU-Bescheinigung spricht auch, dass die depressive Erkrankung als Diagnose, die zuvor AU begründet hat, ab 1. Oktober 2008 nicht mehr genannt wird.
Ausgehend hiervon kann der neue Krg-Anspruch nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V frühestens am Folgetag beginnen, also am 2. Oktober 2008. Der Karenztag führt damit zur Unterbrechung der Voraussetzungen des Krg-Anspruchs, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 und B 1 KR 2/07 R) dem Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V entgegensteht.
Anhaltspunkte, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ausnahmsweise die unterbliebene ärztliche Feststellung der AU rückwirkend zuzulassen (vgl. zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr. 1), sind nicht ersichtlich. Der 1. Oktober 2008 war ein Mittwoch, so dass Ärzte für den Antragsteller erreichbar waren.
Der Kläger ist somit ab dem 1. Oktober 2008 nur als Rentenantragsteller bei der Antragsgegnerin versichert, d.h. ohne Anspruch auf Krg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Absatz 2 Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Vorliegend kommt, da es der Antragstellerin ersichtlich um die Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).
Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 29. Juli 2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 f.). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung. zu entscheiden (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, a.a.O., m.w.N.); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. November 2002, a.a.O., S. 1237; Beschluss vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krankengeld (Krg) gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage.
Die Prüfung nach den oben dargelegten Grundsätzen ergibt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden ist. Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller am 1. Oktober 2008 und darüber hinaus arbeitsunfähig war, erfordert die Gewährung von Krg, dass er noch in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Hier kommt, was das SG zu Recht ausgeführt hat, allein eine Versicherung als Bezieher von Arbeitslosengeld nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Betracht. Denn der seit 4. September 2007 arbeitsunfähig erkrankte Antragsteller hatte bis zum 9. Oktober 2007 noch Anspruch auf Arbeitslosengeld. Seine Mitgliedschaft bestand daher nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur fort, solange er Anspruch auf Krg hatte oder dies bezogen hat.
Der Antragsteller hat Krg aber nur bis zum 30. September 2008 bezogen. Er hatte auch keinen Anspruch ab dem 1. Oktober 2008. Denn ein solcher Anspruch auf Krg setzt nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) voraus. Diese ist hier zuletzt durch Dr. Heine bis zum 30. September 2008 erfolgt. Erst am 1. Oktober 2008 suchte der Antragsteller Dr. H. erneut auf, der ab diesem Tag erneut AU bescheinigte. Auch mit dem Auszahlschein vom 2. Oktober 2008 hat Dr. H. ausdrücklich das Ende der AU zum 30. September 2008 bestätigt.
Durch die vorgelegten Atteste vom 29. Oktober 2008 und 9. Januar 2009 von Dr. H. dürften diese Bescheinigungen nach der gebotenen summarischen Prüfung kaum zu widerlegen seien. Denn der Beendigung der AU zum 30. September 2008 lag ein Gutachten des MDK, welches auf der persönlichen Untersuchung des Antragstellers beruhte, zugrunde. Dabei hatte sich der Antragsteller mit der Beendigung der AU und einer Einsetzbarkeit ab Oktober für eine der letzten Tätigkeit ähnlich gearteten Arbeit einverstanden erklärt. Die Einlassung des behandelnden Arztes, er habe dem Antragsteller am 1. Oktober 2008 die AU-Erstbescheinigung nur versehentlich ausgestellt, weil er gedacht habe, dieser benötige die Bescheinigung für das Arbeitsamt, ist wenig überzeugend, zumal der Antragsteller bereits aus dem Leistungsbezug von Arbeitslosengeld wegen Höchstbezugsdauer ausgeschieden war und deswegen einer Bescheinigung für das Arbeitsamt nicht bedurfte. Für die Richtigkeit dieser AU-Bescheinigung spricht auch, dass die depressive Erkrankung als Diagnose, die zuvor AU begründet hat, ab 1. Oktober 2008 nicht mehr genannt wird.
Ausgehend hiervon kann der neue Krg-Anspruch nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V frühestens am Folgetag beginnen, also am 2. Oktober 2008. Der Karenztag führt damit zur Unterbrechung der Voraussetzungen des Krg-Anspruchs, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 12 und B 1 KR 2/07 R) dem Fortbestehen der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V entgegensteht.
Anhaltspunkte, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ausnahmsweise die unterbliebene ärztliche Feststellung der AU rückwirkend zuzulassen (vgl. zu den Voraussetzungen BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr. 1), sind nicht ersichtlich. Der 1. Oktober 2008 war ein Mittwoch, so dass Ärzte für den Antragsteller erreichbar waren.
Der Kläger ist somit ab dem 1. Oktober 2008 nur als Rentenantragsteller bei der Antragsgegnerin versichert, d.h. ohne Anspruch auf Krg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved