L 3 AL 3371/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 3547/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3371/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Verrechnung eines Teils seines Arbeitslosengelds (Alg) mit von ihm zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträgen der Beigeladenen zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids

Dem 1968 geborenen geschiedenen Kläger, der zwei Kinder hat, hatte die Beklagte zunächst ab 05.10.2005 Alg für 360 Tage bewilligt. Nachdem der Kläger ab 01.11.2005 einer selbständigen Tätigkeit nachging und sich hierfür aus dem Leistungsbezug abgemeldet hatte, wurde ihm ab dem Zeitpunkt seiner erneuten Arbeitslosmeldung am 23.05.2006 Alg in Höhe von 40,41 EUR täglich nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 102,35 EUR täglich für 333 Tage weiterbewilligt. In der Zeit vom 01.11.2005 bis 15.04.2006 war der Kläger bei der Beigeladenen freiwillig kranken- und pflegeversichert. Im Januar 2006 betrug der Krankenversicherungsbeitrag 253,58 EUR, der Pflegeversicherungsbeitrag 31,24 EUR, ab Februar 2006 belief sich der Krankenversicherungsbetrag auf 332,66 EUR und der Pflegeversicherungsbeitrag auf 40,98 EUR. Nachdem der Kläger die Beiträge nicht mehr entrichtete, beendete die Beigeladene die freiwillige Mitgliedschaft zum 15.04.2006 und forderte vom Kläger die Bezahlung der rückständigen Beiträge (Schreiben vom 07.03.2006, 21.03.2006, 04.04.2006 und 21.04.2006).

Mit Schreiben vom 26.06.2006 wandte sich die Beigeladene an die Beklagte und bat um Verrechnung der für die Zeit vom 01.01.2006 bis 15.04.2006 rückständigen Sozialversicherungsbeiträge des Klägers einschließlich Säumniszuschläge und eventueller Kosten in Höhe von 1.420,51 EUR mit derzeitigen oder künftigen Geldleistungen und Überweisung der Beiträge auf eines ihres Konten.

Im Rahmen der Anhörung des Klägers wegen der beabsichtigten Verrechnung übersandte der Kläger eine Aufstellung seiner Belastungen und Einkünfte ohne Belege.

Mit Bescheid vom 02.08.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach § 52 i.V.m. § 51 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) könnten Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig werde. Für die Forderung der AOK Baden-Württemberg werde in diesem Rahmen ab 01.08.2006 von seinen Leistungen ein Betrag von 20,25 EUR täglich einbehalten und an den Gläubiger überwiesen. Die an den Kläger bewilligte Leistung werde deshalb nur noch entsprechend gekürzt ausgezahlt.

Mit Änderungsbescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.08.2006 Alg in Höhe von 40,50 EUR täglich für 264 Tage. Vom täglichen Leistungsbetrag werde auf Grund der Verrechnung vom 01.08.2006 bis 10.10.2006 ein Betrag in Höhe von 20,25 EUR täglich und am 11. 10.2006 ein Betrag in Höhe von 3,01 EUR täglich an die AOK Schramberg ausgezahlt. Die Anweisung eines Betrags in Höhe von 607,50 EUR an die AOK erfolgte am 25.08.2006.

Seinen gegen die Verrechnung erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass diese rechtswidrig sei, weil er, wie sich aus seiner Auflistung ergebe, durch die Verrechnung unter die Sozialhilfegrenze falle. Er sei zwei Kindern und seiner geschiedenen Frau gegenüber unterhaltspflichtig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe zwar eine Aufstellung über die bestehenden Verbindlichkeiten und die laufenden Kosten für die Bestreitung des Lebensunterhalts sowie über das vorhandene Familieneinkommen vorgelegt, er habe jedoch keinen Nachweis beigebracht, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) werde. Auch eine Bescheinigung des zuständigen kommunalen Trägers, aus der die Höhe des Bedarfs für den Lebensunterhalt hervorgehe, sei nicht vorgelegt worden. Nach Aktenlage sei deshalb davon auszugehen, dass bei ihm durch die Verrechnung in Höhe von täglich 20,25 EUR Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II nicht eingetreten sei. Das öffentliche Interesse an der Verrechnung überwiege das Interesse des Klägers. Die Verrechnung sei nach Grund und Höhe nicht ermessensfehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich.

Am 06.09.2006 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass der Kläger die Beitragsschuld inzwischen bezahlt und sich das Verrechnungsersuchen damit erledigt habe.

Hierauf bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 18.09.2006 Alg ab 01.08.2006 für 264 Tage mit einem Leistungsbetrag in Höhe von 40,50 EUR täglich. Vom täglichen Leistungsbetrag werde vom 01.08.2006 bis 31.08.2006 ein Betrag in Höhe von auf 20,25 EUR täglich an die AOK Schramberg gezahlt; ab 01.09.2006 werde Alg ungekürzt ausgezahlt.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 25.09.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, die er nicht begründete.

Mit Beschluss vom 24.07.2007 hat das SG die AOK - Die Gesundheitskasse der Bezirksdirektion Rottweil - zum Verfahren beigeladen.

Die Beklagte hat sich dahingehend geäußert, dass sie, nachdem ihr von der Beigeladenen mitgeteilt worden sei, dass die Forderungen beglichen worden seien, keine weitere Verrechnung vorgenommen habe.

Die Beigeladene hat auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe ermessensfehlerfrei dem Verrechnungsersuchen der Beigeladenen in Höhe von täglich 20,25 EUR mit Wirkung ab dem 01.08.2006 gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) entsprochen. Einen Nachweis dafür, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig werde, habe der Kläger trotz entsprechender Aufforderung der Beklagten nicht erbracht. Die von ihm vorgelegte Aufstellung über seine Ausgaben genüge hierfür nicht. Außerdem habe er insbesondere eine Bescheinigung des zuständigen kommunalen Trägers, aus der die Höhe des Bedarfs für den Lebensunterhalt hervorgehe, nicht vorgelegt. Die Beklagte habe auch beachtet, dass die Entscheidung über die Verrechnung in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liege. Fehler bei der Ausübung des Ermessens seien nicht ersichtlich. Der Gerichtsbescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass er mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 16.06.2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 16.07.2008 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung äußert er Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 51 Abs. 2 SGB I und weist darauf hin, dass die Beigeladene die zur Verrechnung gestellten Sozialversicherungsbeiträge bereits anderweitig erhalten habe. Im Juni 2006 sei eine Kontenpfändung in Höhe von 465,00 EUR bzw. 445,00 EUR durchgeführt worden, im August 2006 seien 607,50 EUR verrechnet worden und Anfang September 2006 sei eine weitere Kontenpfändung in Höhe von 566,51 EUR erfolgt. Bevor der streitgegenständliche Bescheid erlassen worden sei, sei also bereits ein Großteil der Forderung bezahlt gewesen. Im Übrigen sei das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen zu unbestimmt gewesen, da die geschuldeten Beträge nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt worden seien. Die Beigeladene habe die rückständigen Krankenversicherungsbeiträge auch der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg gegenüber geltend gemacht. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Beigeladenen an die Deutsche Rentenversicherung vom 20.11.2007 und dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 01.10.2008. Danach habe sich die Forderung der Beigeladenen auf 403,14 EUR ermäßigt. Insgesamt sei festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides zu verrechnende Beiträge nicht mehr offengestanden hätten. Dies hätte die Beklagte bei Erlass des Widerspruchsbescheids berücksichtigen müssen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 05. Juni 2008 und die Bescheide vom 02. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. September 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Sie äußert sich dahingehend, dass die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Aufrechung und Verrechnung vom Bundessozialgericht bisher nie bezweifelt worden sei. Die vom Kläger behaupteten weiteren Zahlungen (465,00 EUR, 445,00 EUR und 566,51 EUR) an die Beigeladene habe diese nach ihren Ausführungen nicht erhalten. Von einem unbestimmten Verrechnungsersuchen könne nicht die Rede sein. Der Punkt "eventuelle Kosten" sei hinreichend erläutert worden.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Sie trägt vor, sie habe am 28.06.2008 eine Zahlung in Höhe von 300,00 EUR, am 11.08.2008 in Höhe von 175,00 EUR, am 30.08.2008 in Höhe von 300,00 EUR, am 31.08.2008 eine Zahlung der Beklagten in Höhe von 607,50 EUR und am 04.09.2008 eine weitere Zahlung in Höhe von 91,51 EUR, also insgesamt in Höhe von 1.474,01 EUR erhalten. Mit Schreiben vom 05.09.2008 habe sie der Beklagten mitgeteilt, dass sich das Verrechnungsersuchen erledigt habe. Den Erhalt weiterer Zahlungen hat sie bestritten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten und der Beigeladenen vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Berufungssumme nicht erreicht ist.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung unter anderem dann der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1. bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 EUR nicht übersteigt.

Die Regelung der Nr. 1 greift hier ein. Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Verrechnung seines Alg mit rückständigen Krankenversicherungsbeiträgen. Abzustellen ist insoweit nicht auf den Betrag, der ursprünglich verrechnet werden sollte. Den Wert des Beschwerdegegenstands bildet, auch wenn der Kläger keine Zahlungsklage erhebt, nur der tatsächlich verrechnete Betrag, denn nur insoweit ist der Kläger durch die Verrechnung beschwert. Nachdem nur 607,50 EUR verrechnet worden sind, ist die Berufungssumme nicht erreicht.

Die demnach erforderliche Zulassung im Gerichtsbescheid des SG liegt nicht vor. Zwar enthält die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Gerichtsbescheids den Hinweis darauf, er könne mit der Berufung angefochten werden. Nach dem oben Gesagten war diese Rechtsmittelbelehrung jedoch fehlerhaft. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung stellt keine Entscheidung des SG über die Zulassung der Berufung im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG dar (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdnr. 40). Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde im Sinne des § 145 SGG kommt nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R - in www.juris.de).

Die nach alledem unzulässige Berufung gegen des Gerichtsbescheid des SG vom 05.06.2008 ist damit gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Hilfsweise wird darauf hingewiesen, dass die Berufung auch nicht begründet wäre.

Gegenstand des Verfahrens wäre nach § 95 SGG - sofern (wie hier) ein Vorverfahren stattgefunden hat - der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, den er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Ursprünglicher Bescheid ist hier zum einen der (Verrechnungs-) Bescheid vom 02.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2006, mit dem die Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers mit einer Forderung der Beigeladenen verrechnet hat. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte gleichzeitig die Auszahlung von Alg in Höhe des verrechneten Betrags abgelehnt. Diese Verfügung korrespondiert mit dem Änderungsbescheid vom 02.08.2006, Alg nur in Höhe des nicht verrechneten Betrags auszuzahlen. Die Bescheide stellen insoweit eine einheitliche rechtliche Regelung dar (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a/7 AL 48/04 R - m.w.N.). Der Änderungsbescheid war deshalb Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und des Verfahrens vor dem SG. Ebenfalls Gegenstand des Verfahrens ist gemäß § 86 SGG der weitere Änderungsbescheid der Beklagten vom 18.09.2006, mit dem die Beklagte nach Erlass des Widerspruchsbescheids, aber vor Klageerhebung den ursprünglichen Änderungsbescheid vom 02.08.2006 ab dem 01.08.2006 im Hinblick auf die Dauer der Verrechnung ersetzt hat.

Da die Verrechnung in diesen Bescheiden geregelt ist, könnte der Kläger sein Begehren nicht mit einer Feststellungsklage verfolgen. Mit der Feststellungsklage kann nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zwar die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses und damit grundsätzlich auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verrechnung begehrt werden. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 23.08.2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.09.2006 existieren jedoch die Verrechnung regelnde Verwaltungsakte. In diesem Fall ist die Feststellungsklage subsidiär, der Kläger muss sein Begehren mit der Anfechtung der die Verrechnung regelnden Bescheide und damit mit der Anfechtungsklage verfolgen (Keller in Meyer-Ladewig, a.a.O. § 55 Rd. 3d, 19 m.w.N.).

Der Kläger könnte sein Ziel auch nicht mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG erreichen. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Die Zulassung dieser Klageart, die nicht den Voraussetzungen der Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG unterliegt (vgl. BSG, SozR 4100 § 19 Nr. 5; SozR 3-1500, § 116 Nr. 6), dient der Prozessökonomie. Mit ihr soll verhindert werden, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiter verfolgen kann, um die Früchte der bisherigen Prozessführung gebracht wird. In diesem Rahmen geht es demnach um die (deklaratorische) Klärung der Frage, ob der nicht mehr wirksame und auch nicht mehr rückgängig zu machende Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war. Das nach Abs. 1 Satz 3 erforderliche Interesse ist ebenso wie das berechtigte Interesse bei § 55 Abs. 1 SGG eine Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Keller a.a.O., § 131 Rn. 10). Voraussetzung dieser Klageart ist demnach, dass der Verwaltungsakt nicht mehr wirksam und auch nicht mehr rückgängig zu machen ist. Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger könnte sein Ziel mit der Aufhebung der Bescheide vom 02.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids in der Fassung des Änderungsbescheids erreichen.

Die damit allein zulässige Anfechtungsklage wäre unbegründet.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) für eine Verrechnung lagen im vorliegenden Fall vor. Nach dieser Norm kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger - hier die Beklagte im Hinblick auf das dem Kläger zustehende Alg - mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträger - hier der Beigeladenen - dessen Ansprüche gegen den Berechtigten - hier den rückständigen Krankenversicherungsbeiträgen - mit der ihm obliegenden Geldleistung - dem Alg - verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann bei Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird, aufgerechnet werden. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Diese Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 02.08.2006, aber auch des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2006 vor. Den Beitragsansprüchen der Beigeladenen standen keine Einreden entgegen, sie waren zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht erfüllt. Die Beklagte hat den verrechneten Zahlbetrag für den Monat August 2006 in Höhe von 607,50 EUR erst am 25.08.2006 an die Beigeladene angewiesen. Auch durch sonstige Zahlungen war die Beitragsschuld zu diesem Zeitpunkt, wie sich aus der Aufstellung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 11.09.2008 (Bl. 16 der LSG-Akte) auf die verwiesen wird, ergibt, noch nicht erloschen. Dies wird auch nicht durch die Ausführungen des Klägers widerlegt. 607,50 EUR, auf die der Kläger die Begleichung der Schuld u.a. stützt, wurden nicht Anfang August, sondern erst am 25.08.2006 und damit nach Erlass des Widerspruchsbescheids an die Beigeladene angewiesen. Die Ermächtigung der Beigeladenen wurde erst mit Schriftsatz vom 05.09.2006 widerrufen. Ursprünglich war die Ermächtigung der Beigeladenen auch hinreichend bestimmt. Eine weitere Aufschlüsselung der Kosten war nicht notwendig. Die Verrechnung scheiterte auch nicht daran, dass der Kläger dadurch hilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch oder Zweites Buch geworden wäre. Es kann dahingestellt bleiben, ob für den Nachweis des Eintritts der Hilfebedürftigkeit eine Bescheinigung des Grundleistungsträger hätte beigebracht werden müssen, denn auch mit Hilfe der vorgelegten Aufstellung ohne jegliche Belege ist die Hilfebedürftigkeit bereits nicht nachgewiesen.

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verrechnung bestehen nicht. Dies wurde auch vom Kläger nicht näher erläutert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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