L 11 KR 3738/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 3103/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3738/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2008 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid vom 01. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2005 abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ein nach § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) zur Abführung der Künstlersozialabgabe (KSA) verpflichtetes Unternehmen betreibt.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie, welches zwischen 2004 und 2008 zwischen 574 bis 649 Mitarbeiter beschäftigte. Sie gibt dreimal jährlich als "Mitarbeiter-Information" die "H. D." heraus, die in einem Umfang von 1680 Exemplaren (2004), zuletzt seit 2007 mit 1400 Exemplaren, erscheint. Die D. wird auch an Rentner verteilt (Anzahl der Betriebsrentner im Jahre 2009: 680). Die Klägerin verfügt über eine eigene Werbe-, Marketing- und PR-Abteilung. Die Mitarbeiterzeitung wird in eigener Regie unter Mitwirkung des Werbeateliers K., E., erstellt (Herstellung und Gestaltung), wobei die verwendeten Fotos ausschließlich von Mitarbeitern oder den verantwortlichen internen Redakteuren angefertigt werden. Ziel der Klägerin ist es, durch die Mitarbeiterzeitung die Mitarbeiter über die Vorgänge im Unternehmen, insbesondere auch über neue Produktionsabläufe, informiert zu halten, da sich gezeigt hat, dass die schwarzen Bretter von den Beschäftigten unzureichend genutzt werden.

Auf Anfrage seitens der Beklagten gab die Klägerin an, zum Zwecke des Unternehmens Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben (Fragebogen vom 26. Juli 2004). Die Klägerin legte hierzu Rechnungen der Werbeagentur K. vor, deren Rechnungssummen sich für die Gestaltung und Produktion der Mitarbeiterzeitung "D." im Jahre 2003 auf 6.419,61 EUR, 5.047,37 EUR und 5.099,45 EUR bezifferten (Bl. 18 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Erfassungsbescheid vom 1. Dezember 2004 stellte die beklagte K.kasse die Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG dem Grunde nach fest, weil sie Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es liege lediglich eine gelegentliche Auftragsvergabe vor. Eine regelmäßige und systematische Werbung finde hingegen nicht statt. Das Werbeatelier K. fertige lediglich die Werkszeitung, welche maximal dreimal pro Jahr erscheine. Dies sei eine reine Mitarbeiterzeitung, die nicht der Öffentlichkeit oder Werbung diene bzw. allgemein zugänglich sei. Auch die durchgeführten Betriebsfeiern seien nicht öffentlich, die Teilnehmerzahl belaufe sich in E. und B. F. höchstens auf 80 sowie in F. auf allenfalls 60 Mitarbeiter. Somit liege auch keine "größere" Betriebsfeier vor. Man beschäftige im Durchschnitt ca. 493 Mitarbeiter, lediglich unter Einschluss der Saisonmitarbeiter komme man auf die Zahl 650.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2005 setzte die Beklagte die KSA für die Jahre 2000 bis 2003 auf insgesamt 15.433,39 EUR fest. Dieser Festsetzung liege eine Schätzung zugrunde, da gezahlte Entgelte nicht bzw. nicht vollständig angegeben worden seien. Die Vorauszahlungen für Januar und Februar 2004 beliefen sich auf monatlich 329,52 EUR und für die Zeit von März 2004 bis Februar 2005 auf monatlich 410,17 EUR, so dass der aktuelle Kontostand im Soll 20.604,30 EUR betrage.

Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und meldete unter Vorbehalt die Entgelte mit 27.281,- EUR für das Jahr 2000, 31.697,- EUR für das Jahr 2001, 14.554,- EUR für das Jahr 2002 und 17.542,- EUR für das Jahr 2003 (Bl. 42 der Verwaltungsakte).

Mit weiterem Bescheid vom 17. März 2005 stellte die Beklagte daraufhin die Bemessungsgrundlage und die daraus resultierende KSA neu fest. Für das Jahr 2000 seien 1.091,24 EUR, für das Jahr 2001 1.236,18 EUR, für das Jahr 2002 553,05 EUR und für das Jahr 2003 666,60 EUR, d.h. insgesamt 3.547,07 EUR zu entrichten. Die Vorauszahlungen für Januar und Februar 2004 betrügen monatlich 46,09 EUR und ab März 2004 bis Februar 2005 monatlich 62,86 EUR, so dass der aktuelle Kontostand 3.983,49 EUR im Soll betrage (Bl. 46 f. der Leistungsakte). Der bisher erteilte Abrechnungsbescheid werde zurückgenommen. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 5. März 2005 rechnete die Beklagte die KSA für das Jahr 2004 ab und bezifferte die Abgabe auf 744,64 EUR sowie die Vorauszahlungen für März 2005 bis Februar 2006 mit 83,70 EUR, so dass der aktuelle Kontostand im Soll 4.090,99 EUR betrage (Bl. 51 a der Leistungsakte).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2005 wies die Beklagten die Widersprüche als unbegründet zurück. Das Unternehmen sei künstlersozialabgabepflichtig. Denn mit der Herausgabe der Zeitschrift werde eine Werbemaßnahme für das Unternehmen durchgeführt. Darunter sei die absichtliche und zwangfreie Form der Beeinflussung zu verstehen, die die Umworbenen für Werbeziele gewinnen solle, und zwar in erster Linie die Absatzwerbung als Unterfall der Wirtschaftswerbung. Abgabepflichtig sei nicht nur die direkte Werbung, also die unmittelbare Anpreisung der jeweiligen Produkte, sondern auch die indirekte Werbung oder "Öffentlichkeitsarbeit". Darunter seien alle Maßnahmen zu verstehen, die geeignet seien, ein Unternehmen in einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen oder seinen Namen und seinen Produkten ein positives Image zu verschaffen. Dies sei bei der Mitarbeiterzeitung der Fall, auch wenn sie zunächst nur an die Mitarbeiter gerichtet sei. Denn es gehe um die positive Darstellung in der Öffentlichkeit. Nach den Grundsätzen des Urheberrechts sei auch ein Öffentlichkeitsbezug gegeben. Es handele sich um ein großes Unternehmen, welches eine Zeitschrift mit einer Auflage von 1680 Exemplaren an mehrere hundert Mitarbeiter verteile. Soweit es um die Festsetzung der KSA ginge, so habe zunächst die Berechtigung bestanden, die Entgelte zu schätzen. Denn die notwendigen Meldungen für die Jahre 2000 bis 2003 seien trotz der Aufforderung mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 nicht rechtzeitig abgegeben worden. Deswegen habe sich die Bemessungsgrundlage an den Durchschnittsmeldungen aller Eigenwerbung betreibenden Unternehmen orientiert. Nach der nachgereichten Entgeltmeldung sei im Anschluss daran die Abrechnung unter Zugrundlegung dieser Entgeltmeldung und dem ("jeweilig") korrekten Vomhundertsatz ergangen. Eine Fehlerhaftigkeit bei der Berechnung sei nicht ersichtlich.

Mit ihrer dagegen am 24. Mai 2005 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie betreibe kein Unternehmen, welches zur KSA verpflichtet sei. Sie rechne weder zu den "klassischen Verwertern" noch erteile sie über einen gelegentlichen Umfang hinaus Aufträge an selbständige Künstler. Auch die beauftragte Werbeagentur K. sei kein Künstler. Die Werbeagentur werde nur gelegentlich für die Erstellung der Mitarbeiterzeitschrift beauftragt. Die Mitarbeiterzeitung stelle auch keine Werbe- oder Öffentlichkeitsarbeit dar. Denn der Kreis der Bezieher sei eng umgrenzt und klar bestimmt auf aktuelle und ehemalige Mitarbeiter. Der Inhalt richte sich daher gerade nicht an Dritte. Es werde lediglich über organisatorische und personelle Veränderungen, Dienstjubiläen, unternehmerische Weiter- und Fortbildung sowie Nachrichten der Unternehmensleitung berichtet. Die Anzahl der Exemplare orientiere sich an der Mitarbeiterzahl. Weil diese stetig sinkend sei, bestehe auch nur noch ein Bedarf an 1157 Exemplaren. Da die Druckerei Staffelpreise anbiete, biete sich zur Preisgestaltung die Abnahme einer höheren Anzahl von Exemplaren an. Auch die Betriebsfeiern richteten sich ausschließlich an Mitarbeiter und dienten deren persönlichen Verbundenheit.

Mit Urteil vom 24. Juli 2008, der Beklagten zugestellt am 30. Juli 2008, hat das SG den Erfassungsbescheid und den Bescheid vom 17. März 2005 aufgehoben. Der Bescheid vom 9. Februar 2005 sei durch den Bescheid vom 17. März 2005 zurückgenommen worden. Der Bescheid vom 5. April 2005 sei nicht mit einem Widerspruch angefochten worden. Die beiden aufgehobenen Bescheide seien rechtswidrig, denn die Klägerin sei zu Unrecht zur KSA herangezogen worden. Sie sei nicht typischerweise mit der Verwertung künstlerischer oder publizistischer Werke, sondern nur beiläufig damit befasst. Insbesondere verfolge sie im Zusammenhang mit der Mitarbeiterzeitung keine Einnahmeerzielungsabsicht oder irgendwelche finanziellen Interessen. Das Werbeatelier K. sei zwar als Publizist anzusehen, da es die Mitarbeiterzeitschrift gestalte. Dessen Beauftragung erfolge auch nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Regelmäßigkeit und/oder Dauerhaftigkeit und in nicht unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß. Die Auftragserteilung erfülle aber nicht das Erfordernis, dass Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit hiermit betrieben werde. Die Mitarbeiterzeitschrift "D." diene allein der Information der Mitarbeiter. Deren Anzahl belaufe sich auf ca. 500. Die Differenz zur Auflage von insgesamt 1157 Stück sei insofern unbeachtlich, als nicht ersichtlich sei, dass diese Exemplare konkret zur Öffentlichkeitsarbeit verwendet bzw. in Läden zur Mitnahme durch Kunden ausgelegt oder an Geschäftspartner verteilt würden. Insofern sei der Vortrag der Klägerin im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Herstellung glaubhaft und gehe mit dem gerichtsbekannten Umstand einher, dass die Preisgestaltung von Druckereien Staffelpreise vorsehe, d.h. je mehr Exemplare gedruckt würden, desto niedriger der Preis pro Exemplar angesetzt werde. Der Inhalt diene ausschließlich der Mitarbeiterinformation und enthalte keine bzw. zu vernachlässigende Inhalte für die Öffentlichkeit. Es ginge maßgeblich um unternehmensinterne Sachverhalte wie die Auftritte der Klägerin auf Messen, Weihnachtsmärkten, darstellende Berichte über Produkte, besondere (kulturelle) Ereignisse in Werken, Unternehmens- sowie Personalnachrichten. Dies werde auch durch das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Exemplar Nr. 1/2008 belegt. Dieses beinhalte Artikel über die Historie des Firmenlogos, das Firmenarchiv, die Datenverarbeitung bei der Klägerin, interne Schulungen und ähnliche rein firmeninterne Sachverhalte. Ein Interesse der dortigen Inhalte für Personen außerhalb des Unternehmens sei weder unmittelbar noch mittelbar zu erblicken. Deswegen stelle sich die D. als Mitarbeiterinformation dar, die einem quantitativ eng begrenzten Personenkreis ohne einen Bezug im Sinne eines Interesses für Kreise außerhalb des Unternehmens zugänglich gemacht werde. Ein beiläufiges Interesse von betriebsfremden Personen sei insofern rein zufällig und nicht ausreichend. Deswegen seien auch die hierfür anfallenden Kosten nicht abgabepflichtig.

Mit ihrer dagegen am 5. August 2008 eingelegten Berufung hat sich die Beklagte auf das Urteil des BSG vom 18. September 2008 (B 3 KS 1/08 R) berufen. Die Klägerin präsentiere in ihrer Zeitung neue Produkte und Verpackungen, berichte von Schulungen und Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter und Ähnlichem, wobei die Berichte ebenfalls vielfach bebildert seien. Diese "D." werde an die Mitarbeiter verteilt, die diese mit nach Hause nehmen könnten, so dass die Zeitung einem größeren Personenkreis zur Verfügung stehe, über den sie auch an Außenstehende gelangen könne. Bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme reiche aus, es sei unerheblich, ob im Einzelfall tatsächlich davon Gebrauch gemacht werde. Die Verteilung an Betriebsrentner stelle in diesem Zusammenhang eine Weitergabe an betriebsfremde Personen dar. Diese reiche für die Annahme der Öffentlichkeitsarbeit aus. Das SG habe bereits richtigerweise festgestellt, dass das Werbeatelier K. publizistisch tätig gewesen wäre und die erteilten Aufträge nicht nur gelegentlich stattgefunden hätten. Durch die Herausgabe der Mitarbeiterzeitschrift "D." werde somit eine verlegerische Tätigkeit im Rechtssinne ausgeübt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie zähle nicht zum Kreis derjenigen Unternehmen, deren Unternehmenszweck die Verwertung künstlerischer Leistungen sei. Erforderlich hierfür sei, dass zumindest einer von mehreren Unternehmenszwecken der einer Verlagstätigkeit wäre. Sie stelle Senf, Essig und Sauerkonserven her. Die Erzeugung und/oder Verteilung von Druckerzeugnissen gehöre daher gerade nicht zu ihren Aufgaben. Sämtliche im "Impressum" genannten Personen seien ihre Mitarbeiter, die sich nur nebenher um Mitarbeiterinformationen kümmerten. Mit der Mitarbeiterzeitung werde auch keine Imagepflege noch mit den Betriebsfeiern Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Die Mitarbeiterzeitung werde nur an Personen ausgegeben, die im unmittelbaren rechtlichen Bezug zum Unternehmen stünden, nämlich Mitarbeiter und Betriebsrentner. Die Betriebsrentner bezögen von dem Unternehmen eine Betriebsrente, so dass immer noch ein rechtlicher Bezug zum Unternehmen bestehe. Diese würden in jährlichem Turnus daran erinnert werden, dass für die Abrechnung der Betriebsrente die Übersendung der Lohnsteuerkarte an das Unternehmen erforderlich sei. Die Mitarbeiterinformation werde auch nicht an die Mitarbeiter verschickt, die nicht unmittelbar vom Arbeitsverhältnis in einen Altersrentenbezug wechselten. Ob sie die Mitarbeiterinformation per Post oder auf andere Weise erhielten, sei unerheblich. Es fehle auch an einer Einnahmeerzielungsabsicht durch die Mitarbeiterinformation. Das SG habe zutreffend in der mündlichen Verhandlung geäußert, dass die Klägerin bei einer Verteilung der Mitarbeiterinformation an außenstehende Dritte riskiere, ihr Image in der Öffentlichkeit zu verschlechtern, mithin allenfalls eine negative Werbung für das Unternehmen zu erreichen. Auch diese zeige, dass die "D." nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei. Der Mitarbeiterzeitung fehle die professionelle Gestaltung, ihre Verbreitung sei nicht Verwendungszweck. Bei der Bewertung der Betriebsfeiern müsse auf die Teilnehmerzahl abgestellt werden. Diese sei rückläufig und liege deutlich unter 100 Personen, liege damit unterhalb der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgebildeten Schwelle. Ehepaare der Mitarbeiter oder Personen des öffentlichen oder politischen Lebens nähmen an den Betriebsfeiern nicht teil. Die Klägerin hat dem Senat weitere Mitarbeiterzeitungen zur Akte gegeben und die Anzahl Mitarbeiter für die Jahre 2004 bis 2008 dargestellt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2009 hat der Senat mit Beschluss das Verfahren hinsichtlich der angefochtenen KSA-Bescheide abgetrennt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst. Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Streitgegenstand ist nach dem Abtrennungsbeschluss des Senats nur noch die Künstlersozialversicherungspflicht dem Grunde nach.

Rechtsgrundlage für die Einbeziehung eines Unternehmers in den Kreis der abgabepflichtigen Verwerter künstlerischer und publizistischer Werke oder Leistungen - und damit auch für die Abgabepflichtigkeit der Klägerin - ist § 24 KSVG. Für die Zeit bis zum 30. Juni 2001 ist § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KSVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 20.12.1988 (BGBl. I 2606) maßgebend (a.F.). Für die Zeit ab 01. Juli 2001 ist dagegen § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 des 2. KSVG-Änderungsgesetzes vom 13. Juni 2001 (BGBl. I 1027) einschlägig (n.F.). Andere Tatbestände des § 24 KSVG kommen ersichtlich nicht in Betracht. Insbesondere wird ein Unternehmen der Nahrungsindustrie durch die Herausgabe einer Mitarbeiterzeitung nicht zu einem "Verlag" im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 KSVG. Die Verbreitung von Druckerzeugnissen zu Werbezwecken und zur Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen fällt nicht unter den Begriff "sonstige Verlage" (BSG SozR 4 - 5425 § 24 Nr. 6).

Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KSVG a.F. sind zur KSA Unternehmer verpflichtet, die "für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Satz 1 Nr. 7 genannten Unternehmen entspricht und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen". Der damit in Bezug genommene § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG a.F. regelt die Abgabepflicht von Unternehmen, die "Werbung (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) für Dritte" betreiben. Durch die Bezugnahme wird zugleich dargestellt, dass der Begriff "Werbung" in § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KSVG a.F. nicht nur die herkömmliche Werbung, also die Reklame, sondern - bis zum 30. Juni 2001 - stets auch die "Öffentlichkeitsarbeit" umfasst. Die Voraussetzungen dieses Abgabentatbestandes sind bei der Klägerin erfüllt.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG n.F. sind zur KSA Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und damit nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Mit Wirkung ab 01. Juli 2001 ist also das Erfordernis entfallen, dass die Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit eines der in Satz 1 Nr. 7 genannten Unternehmen entsprechen muss. Zugleich hat der Gesetzgeber den Begriff der "Werbung" enger gefasst und ihn nunmehr auf die werbende Tätigkeit im Sinne der Reklame beschränkt. Inhaltlich hat sich dadurch aber keine Änderung ergeben, weil zur Erfüllung des Tatbestandes von Anfang an Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gleichgestellt waren und daher nicht genau abgegrenzt werden muss, ob eine Maßnahme ihrer Natur und ihrem Zweck nach eher der Werbung (Reklame) oder eher der Öffentlichkeitsarbeit zuzurechnen ist. Auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG n.F. sind hier erfüllt.

Die Klägerin betreibt mit ihren Mitarbeiterzeitungen, die dreimal jährlich erscheinen, zumindest auch Öffentlichkeitsarbeit (vgl. zum Folgenden Urteil des BSG vom 18. September 2008 - B 3 KS 1/08 R, zitiert nach juris).

Denn die Mitarbeiterzeitung "H. D." dient - auch - der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin. Ihr Zweck besteht nicht nur in der internen Vermittlung von Informationen. Der Senat hat sich insoweit durch die Vorlage der Mitarbeiterzeitungen ein Bild verschaffen können. Mit der bebilderten, leicht lesbaren Aufmachung der Zeitung findet die Klägerin - vergleichbar dem Sachverhalt, wie er der Entscheidung des BSG vom 18. September 2008 (a.a.O.) zugrunde lag - eine Plattform, einen humanen Umgang mit den Mitarbeitern und deren Einbindung in die Geschäftsphilosophie zu präsentieren. So wird über Betriebsfeste und konzerninterne Aktionen wie z.B. eine M.-Diät berichtet, die Bezug zu den firmeneigenen Produkten haben, aber auch die Personalpolitik das Unternehmens positiv zeigen. In der Mitarbeiter-Information Nr. 1/2004 wird ein Mitarbeiterportrait von A. S. dargestellt, bei der Präsentation des neuen Sprechers der Geschäftsführung D. W., Mitarbeiter-Information Nr. 3/2004, wird der Bezug seiner Familie zu Firmenprodukten hergestellt, so dass das Unternehmen aus der Anonymität heraustritt. Die Klägerin präsentiert in ihrer Zeitung neue Produkte und Verpackungen, berichtet von Schulungen und Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter und Ähnlichem (z.B. zum Industriemeister oder zur Exportsachbearbeiterin, Mitarbeiter-Information Nr. 2/2004), wobei auch diese Berichte vielfach bebildert sind. Weiter wird über Auftritte der Klägerin auf Messen, Weihnachtsmärkten und besondere (kulturelle) Ereignisse in Werken ebenso wie über Unternehmens- sowie Personalnachrichten berichtet. Die jeweils verwendeten Fotografien sind von den Mitarbeitern selbst gefertigt, so dass durch ihre Einbindung die corporate identity verstärkt wird.

Dieser Prozess wird, wie in dem vom BSG entschiedenen Fall, nicht nur intern kommuniziert, sondern dadurch einem unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht, dass die Mitarbeiter die Zeitschrift nach Hause mitnehmen und weiterreichen können. Dadurch wird der Verwendungszweck nicht auf das Unternehmen intern begrenzt, wenn auch der Zweck der Mitarbeiterzeitung nicht in erster Linie der Werbung bei der Kundschaft dient. Maßgebend ist allein der eingetretene Publizitätseffekt, der durch die Zirkulation bei den Mitarbeitern sowie deren Familien, Freunden und Bekannten eintritt. Dieser wird auch dadurch erreicht, dass die Druckauflage auch an die ausgeschiedenen Mitarbeiter, die beträchtliche Anzahl von Betriebsrentnern, verteilt wird und damit insgesamt die Anzahl der aktiven Mitarbeiter auch deswegen, und nicht allein wegen der Staffelpreise, deutlich übersteigt. Wie das BSG in der genannten Entscheidung ausgeführt hat, ist hierbei der Begriff der "Öffentlichkeit" einer Information sehr weit zu fassen und schon die Bestimmung und konkrete Möglichkeit zur Verbreitung bei einer nicht von vornherein feststehenden, unbestimmten Mehrzahl von Menschen ausreichend (so bereits BSG SozR 4 - 5425 § 2 Nr. 7). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Mitarbeiterzeitung als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin eingestuft und die redaktionelle Mitarbeit als publizistische Tätigkeit gesehen hat.

Nach § 2 Satz 1 KSVG ist danach Künstler, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Dem Kunstbegriff im Sinne des KSVG ist eine eigenschöpferische Leistung immanent, für die angesichts des Zwecks der KSV, nämlich Schutz gerade auch des weniger erfolgreichen Künstlers, ein relativ geringes Niveau ausreicht (BSG SozR 3 - 5425 § 2 Nr. 13). Als Publizist im Sinne des KSV-Rechts bezeichnet § 2 Satz 2 KSVG wiederum denjenigen, der als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Leitbild publizistischer Tätigkeit ist das Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten. Der Begriff des Publizisten ist weit auszulegen (BSG SozR 3 - 5425 § 2 Nr. 12) und beschränkt sich nicht auf "eigenschöpferische Wortgestaltung" oder die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sogenannten Massenkommunikationsmitteln (z.B. Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren), sondern umfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3 - 5425 § 2 Nr. 12). Dabei ist zwar die eigenhändige Mitwirkung der Regelfall, die publizistische Tätigkeit ist aber dann nicht ausgeschlossen, wenn eine Person sich zur Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes verpflichtet und dabei trotz der Mitarbeit von Dritten (Angestellte, freie Mitarbeiter) die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk inne hat, also jedenfalls die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuern oder korrigierend Einfluss zu nehmen.

Dies ist bei der "H. D." der Fall. Die Klägerin hat eine gemischte künstlerisch-publizistische Leistung erbracht. Die eigentlichen Informationen werden nämlich von Mitarbeitern der Klägerin erstellt, die auch die Fotografien anfertigen. Nach der vorgelegten Abrechnung mit der Werbeagentur K. obliegt dieser lediglich die Gestaltung der jeweiligen Beiträge, die Produktion der Mitarbeiterzeitschrift und deren Verpackung in Kartons.

Das SG hat weiter zutreffend festgestellt, dass die Klägerin mit der Werbeagentur in ständiger Geschäftsbeziehung stand, nämlich dreimal jährlich die Mitarbeiterzeitung mit ihr herausgab. Dies erfüllt den Tatbestand der "nicht nur gelegentlichen" Auftragserteilung an selbständige Künstler oder Publizisten. Auch das für die Zeit bis zum 30. Juni 2001 zusätzlich erforderliche Tatbestandsmerkmal einer Eigenwerbung des Unternehmens, die nach Art und Umfang der Tätigkeit der in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG a.F. genannten Unternehmen entspricht, ist bei der Klägerin erfüllt. Ein vergleichbarer Umfang ist schon dann gegeben, wenn ein Eigenwerbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreibendes Unternehmen mit gewisser Regelmäßigkeit - wie die Klägerin - Aufträge dieser Art erteilt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved