Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 8589/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4208/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm eine ambulante Photodynamische Therapie (PDT) als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger ist am 1961 geboren. Er ist Mitglied der Beklagten. 1981 wurde bei ihm erstmals das Basalzellnävus-Syndrom (Basal cell nevus syndrome, BCNS, "Gorlin-Goltz-Syndrom") diagnostiziert. Hierbei treten bereits im frühen Erwachsenenalter multiple Basaliome auf der Haut auf, bei dem Kläger vor allem an Bauch und Rücken. Diese Basaliome können operativ mit der Folge von Narbenbildungen entfernt werden. Kleinere und flachere Basaliome werden auch durch mit der PDT behandelt, hierbei werden Photosensibilatoren angewandt und die betroffenen Stellen mit kaltem Rotlicht mit einer Wellenlänge von 620 bis 780 nm (Nanometern) bestrahlt. Weiterhin können Basaliome mit Imiquimod, einer selbst aufzutragenden Salbe, bekämpft werden, die eine Entzündung verursacht und die Abwehrkräfte der Zellen in der Umgebung des Basalioms stärkt. Bei dem Kläger wurden seit 1985 wiederholt Basaliome entfernt, zum Teil operativ an der Universitätsklinik Regensburg mit der Folge von Narbenbildungen. Der Kläger ist berufstätig und als schwer behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt.
Am 04. Mai 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der Aufwendungen für künftige ambulante PDT. Er legte ein Attest der Ärztin für Dermatologie Dr. M. vom 23. April 2007 vor, die ausführte, die PDT sei seit einigen Jahren auch im niedergelassenen Bereich verfügbar. Sie (Dr. M.) führe die PDT seit ca. vier Jahren durch. Er sei bekannt, dass die PDT keine Kassenleistung sei, jedoch halte sie bei dem schweren und langfristig immer wieder behandlungsbedürftigen Krankheitsbild diese Behandlung als Alternative zu Operationen bzw. der Behandlung mit Imiquimod unbedingt erforderlich. Bei dem Kläger seien aktuell 30 Basaliome vorhanden. Jedes Areal müsse zweimal im Abstand einer Woche behandelt werden. Weiter legte der Kläger die zwischen ihr und Dr. M. geschlossene (nicht unterschriebene) Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten vom 23. April 2007 vor, wonach eine Behandlung EUR 208,81 koste zuzüglich (handschriftlicher Zusatz) "medizinische Kosten" von ca. EUR 40,00 pro Behandlung. Schließlich reichte der Kläger ein Attest seiner Ehefrau, der Ärztin für Allgemeinmedizin J., vom 26. April 2007 ein, die ausführte, das BCNS umfasse außer der Fülle von Basaliomen noch andere schwerwiegende Symptome wie Keratozysten an Ober- und Unterkiefer. Auch Blindheit auf einem Auge und neurologische Symptome wie essentieller Tremor und leichten Ataxie seien durch das neurokutane Syndrom bedingt. Der Kläger habe bereits mehrere große tiefe Operationen mit bis zu dreiwöchigen stationären Aufenthalten gehabt. Die Basaliome müssten zwingend entfernt werden. Die kombinierte Behandlung mit einer ambulanten PDT sei preiswerter als eine stationäre Behandlung.
Die Beklagte holte die medizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), Dr. H., vom 24. Mai 2007 ein. Danach handle es sich bei der PDT um eine neue Behandlungsmethode, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Es sei bislang nicht durch umfangreiche Studien gesichert, dass diese Therapie konventionellen Verfahren gleichwertig oder überlegen sei. Zur Behandlung komme primär eine Excision (operative Entfernung) in Betracht. Diese gewährleiste in der Regel die vollständige Entfernung. Die PDT könne tiefer sitzende Tumorzellnester mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht erreichen. Eine lebensbedrohliche Erkrankung sei nicht festzustellen. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Juni 2007 eine Kostenbeteiligung an der PDT ab.
Der Kläger erhob am 02. Juli 2007 Widerspruch. Er trug vor, er leide an einer sehr seltenen Erkrankung, die einen Spezialfall darstelle. Es sei durchaus vorgesehen, dass die Beklagte bei einer (teil)stationären PDT die Kosten übernehme. Durch ständige Operationen würde sich der Anteil gesunder Haut verringern, wodurch gesundheitliche Risiken entstehen könnten. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des MDK, Dr. T., vom 04. September 2007 ein. Hierin wurde ausgeführt, die PDT sei eine neue Behandlungsmethode, über die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) noch nicht entschieden habe. Die Erkrankung sei nicht lebensbedrohlich und es sei auch nicht mit einer schweren irreversiblen Behinderung oder mit Pflegebedürftigkeit zu rechnen. Neben einer Excision, einer Kyrochirurgie und einer Röntgen-Bestrahlung komme eine stationäre PDT in Betracht. Auf dieser Grundlage wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch am 26. Oktober 2007 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 02. November 2007 zugestellt.
Der Kläger erhob am 28. November 2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die PDT sei eine effektive Therapie. Hierzu legte er die erste Seite eines Aufsatzes in einer US-amerikanischen medizinischen Zeitschrift über die ersten Richtlinien über die Anwendung der PDT bei nichtmelanomen Hautkrebsen vor, an deren Entwicklung u.a. ein Arzt des Universitätsklinikums R. beteiligt war. Weiterhin führte er aus, die von der Beklagten benannten alternativen Behandlungen hätten gravierende Nachteile. Eine Röntgenbestrahlung provoziere weitere Basaliome. Eine Operation, auch eine Kyrochirurgie, sei zwar möglich, jedoch wegen der Vielzahl der Basaliome mit erheblichem Hautverlust und starker Narbenbildung verbunden, außerdem könnten durch Schädigungen tiefer liegender Schichten schmerzhafte und nur langsam abheilende Geschwüre entstehen. Imiquimod-Creme reiche nicht aus, da sie gleichzeitig nur auf bis zu fünf Stellen angewandt werden könne. Wegen der Seltenheit seiner Krankheit sei es fraglich, ob eine wissenschaftliche Auswertung der Therapieformen überhaupt möglich sei. Ein solche sei auch nicht unbedingt erforderlich. Rezidive könnten auch bei anderen Therapien nicht vermieden werden. Die PDT sei in mehreren Kliniken verbreitet. Er benötige jedoch eine ambulante Behandlung, da er bei einer längeren Krankschreibung und weiteren Fehlzeiten um seinen Arbeitsplatz fürchte. Auch sei eine ambulante PDT preiswerter. Weder er noch sein behandelnder Arzt könnten eine Prüfung der PDT durch den GBA erreichen. Er werde seit 2001 mit der PDT behandelt, dennoch habe der GBA bislang nicht über diese Therapieform entschieden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 22. Juli 2008 wies das SG die Klage ab und lehnte auch den Antrag des Klägers, die Sprungrevision zuzulassen, ab. Der Kläger könne keine Versorgung mit einer ambulanten PDT verlangen. Der GBA habe nicht festgestellt, dass diese Therapie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspreche. Nach Nrn. 8 und 11 der Anlage I der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie) sei die PDT im ambulanten Bereich nur zur Behandlung bestimmter Augenerkrankungen zugelassen. Eine Behandlung des beim Kläger vorliegenden Gorlin-Goltz-Syndroms mittels ambulanter PDT gehört daher nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die PDT im Rahmen einer stationären Versorgung zu den Leistungen gehöre, die eine Krankenkasse schulde, begründe keine Leistungspflicht für eine ambulante Versorgung. Im ambulanten Bereich gelte für neue Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Stationär könnten sie erbracht werden, solange der GBA keine negative Stellungnahme abgegeben habe. Diese Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt. Der Gesetzgeber stufe die Gefahr zweifelhafter und unwirksamer Maßnahmen im Krankenhausbereich geringer ein als bei niedergelassenen Ärzten. Liege keine positive Empfehlung des GBA vor, sei auch jede Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall ausgeschlossen. Zur Zulassung der Sprungrevision führte das SG aus, die aufgeworfenen Rechtsfragen seien höchstrichterlich geklärt.
Gegen das Urteil, das ihm am 31. Juli 2008 zugestellt wurde, hat der Kläger am 27. August 2008 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen. Er behauptet, er habe im Januar 2008 einen epileptischen Anfall erlitten, den wahrscheinlich zwei Hirntumore verursacht hätten. Diese seien entfernt worden. Zur Vermeidung weiterer Tumorbildungen nehme er nun auch Orfiril ein, das Wechselwirkungen mit der Imiquimod-Creme haben könne. Es liege hier auch ein Systemversagen vor, weil die Erkrankung selten sei und der GBA bislang keine Entscheidung getroffen habe, obwohl die PDT bereits seit sieben Jahren angewandt werde. Seine behandelnde Ärztin Dr. M. praktiziere nicht mehr, sodass die streitige Behandlung ggf. ein anderer Arzt durchführen müsse.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 05. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2007 zu verurteilen, ihm als Sachleistung eine ambulante Photodynamische Therapie zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidung.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten zuletzt unter dem 13. Mai 2009 darauf hingewiesen, dass der Senat durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter über die Berufung entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme zuletzt bis zum 30. Mai 2009 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält, sie daher zurückweist und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Sie war auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden und daher hier anwendbaren Fassung zulassungsbedürftig. Der Kläger ist aus dem Urteil des SG um mehr als EUR 750,00 beschwert. Nach der Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten vom 23. April 2007 mit seiner früheren Ärztin, die er im Antragsverfahren vorgelegt hat, kostet eine einzelne ambulante PDT EUR 208,81 zuzüglich (handschriftlicher Zusatz) jeweils EUR 40,00 "medizinische Kosten". Die Versorgung mit dieser Behandlung hat er für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen beantragt. In dem Erörterungstermin vor dem SG hat er konkreter angegeben, zurzeit seien bis zu fünf Behandlungen notwendig. Damit liegt die Beschwer bei ca. EUR 1.250,00.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat seine Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung mit einer ambulanten PDT.
Dass Dr. M., die die begehrte Therapie durchführen sollte, nicht mehr praktiziert und daher ein anderer Arzt beauftragt werden müsste, steht einer Entscheidung nicht entgegen, da der Kläger abstrakt eine bestimmte Behandlung als Sachleistung begehrt und sich nicht auf einen bestimmten behandelnden Arzt beschränkt hat, er insbesondere keinen Kostenerstattungsanspruch für bereits durchgeführte Behandlungen geltend macht.
1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die ärztliche Behandlung umfasst nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V alle Tätigkeiten des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind. Jedoch unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (ständige Rechtsprechung, BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
Ausnahmsweise kann in Fällen extrem seltener Krankheiten, die im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können, eine Ausnahme von dem Erfordernis der Empfehlung durch den GBA in Betracht kommen kann (vgl. dazu z. B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1).
Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise auch dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden.
2. Bei der vom Kläger begehrten ambulanten PDT zur Behandlung des BCNS handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Sie ist nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten ist (vgl. hierzu z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten. Denn nach dieser Vereinbarung sollte die Abrechnung auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfolgen.
Der GBA hat zur ambulanten PDT bei Basiliomen noch keine positive Empfehlung abgegeben. Nach Nr. 8 und Nr. 11 der Anlage I zur Methode-Richtlinie ist die PDT im ambulanten Bereich nur zur Behandlung bestimmter Augenerkrankungen zugelassen, nämlich bei altersabhängiger exsudativer (feuchter) Makuladegeneration und bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (übermäßige Gefäßneubildung in der Netzhaut). Eine Behandlung der BCNS des Klägers, einer Hautkrankheit, ist nicht erfasst (vgl. auch zur ambulanten PDT mit dem Medikament Metvix: Urteil des Senats vom 26. Oktober 2007 - L 4 KR 6072/06 -; zur ambulanten PDT mit dem Medikament Visudyne: BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1 und Urteil des Senats vom 27. April 2006 - L 4 KR 1755/04 -).
Ein so genannter Seltenheitsfall liegt nicht vor. Die BCNS ist eine bekannte Krankheit, die - wie die vom Kläger selbst vorgelegten medizinischen Unterlagen zeigen - erforscht und mit mehreren Therapien, darunter auch einer PDT im stationären Rahmen, behandelt wird. Sie tritt zurzeit regelmäßig mit mehr als 300 Fällen in zehn Jahren auf (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 209).
Ein Systemversagen ist nicht gegeben. Der GBA hat sich mit der ambulanten PDT mehrfach beschäftigt. Nr. 11 Methode-Richtlinie wurde zuletzt mit Beschluss vom 16. August 2007 (veröffentlicht im Bundesanzeiger - BAnz-Nr. 207 vom 07. November 2007, S. 7938; vgl. auch www.gba.de) geändert. Zu dieser Zeit war - auch nach den Angaben des Klägers - die (stationäre) PDT bei BCNS bereits seit längerem bekannt. Gleichwohl hat der GBA eine ambulante Behandlung nicht zugelassen. Des Weiteren vermag der Senat nicht festzustellen, dass die formalen Voraussetzungen für die Durchführung eines entsprechenden Prüfungsverfahrens gegeben sind, weil ein entsprechender Antrag zur Prüfung beim GBA nicht vorliegt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 26. Oktober 2007 - L 4 KR 6072/06 -).
3. Auch auf die Rechtsprechung des BVerfG kann sich der Kläger nicht berufen.
Trotz fehlender Anerkennung durch den GBA kann eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehen. Dies ist der Fall, wenn für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, wenn für eine neue Behandlungsmethode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, BVerfGE 115, 25). Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach (z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) setzt ein Anspruch voraus, dass (1) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegt, (2) bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und (3) bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die allgemeinen, weiteren Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Katalogs der Leistungen bleiben hierbei unberührt (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
Die beim Kläger vorliegende BCNS ist keine Krankheit, die lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verläuft. Weiterhin stehen mehrere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung, die von der Beklagten erbracht werden können. Selbst wenn - wie der Kläger vorträgt - eine Röntgenbestrahlung und auch die operative Entfernung der Basaliome wegen unzumutbarer Hautschädigungen ausschiede und wenn eine Behandlung mit der Imiquimod-Creme zurzeit ausscheidet, weil Wechselwirkungen zu dem gleichzeitig benutzten Psychopharmakon Orfiril bestehen, bleibt zumindest die stationäre Durchführung der PDT. Der Kläger selbst räumt ein, dass diese stationäre Behandlung den gleichen Erfolg hätte wie eine ambulante. Ob diese alternative Behandlung für den Kläger mit zusätzlichen Belastungen verbunden wäre - er trägt insoweit vor, er müsse längere Zeit seinem Arbeitsplatz fernbleiben -, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ist eine Erstattung nicht anerkannter neuer Behandlungsmethoden nur unter den genannten, engen Voraussetzungen möglich, es muss ein Fall vorliegen, in dem auch objektiv überhaupt keine andere geeignete Therapie zur Verfügung steht. Im Übrigen hält der Senat die notwendigen stationären Aufenthalte auch nicht für unzumutbar. Der Kläger hat die stationäre Behandlung in der Vergangenheit, nämlich in den Jahren 2000 und 2001, bereits durchgeführt. Nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin vor dem SG und dem Attest seiner Ehefrau vom 26. April 2007 sind die Behandlungen nur in größeren zeitlichen Abständen notwendig, da nicht alle Basaliome mit der PDT behandelt werden können. Krankenhausaufenthalte in diesem Umfang gefährden nicht den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.
4. Keinen Erfolg kann der Kläger mit seinem Vorbringen haben, eine ambulante PDT sei preiswerter als die alternativ in Betracht kommenden stationäre Durchführung. Denn sonst könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B -; Urteil des Senats vom 06. Juni 2008 - L 4 KR 2055/06 -).
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm eine ambulante Photodynamische Therapie (PDT) als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger ist am 1961 geboren. Er ist Mitglied der Beklagten. 1981 wurde bei ihm erstmals das Basalzellnävus-Syndrom (Basal cell nevus syndrome, BCNS, "Gorlin-Goltz-Syndrom") diagnostiziert. Hierbei treten bereits im frühen Erwachsenenalter multiple Basaliome auf der Haut auf, bei dem Kläger vor allem an Bauch und Rücken. Diese Basaliome können operativ mit der Folge von Narbenbildungen entfernt werden. Kleinere und flachere Basaliome werden auch durch mit der PDT behandelt, hierbei werden Photosensibilatoren angewandt und die betroffenen Stellen mit kaltem Rotlicht mit einer Wellenlänge von 620 bis 780 nm (Nanometern) bestrahlt. Weiterhin können Basaliome mit Imiquimod, einer selbst aufzutragenden Salbe, bekämpft werden, die eine Entzündung verursacht und die Abwehrkräfte der Zellen in der Umgebung des Basalioms stärkt. Bei dem Kläger wurden seit 1985 wiederholt Basaliome entfernt, zum Teil operativ an der Universitätsklinik Regensburg mit der Folge von Narbenbildungen. Der Kläger ist berufstätig und als schwer behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt.
Am 04. Mai 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der Aufwendungen für künftige ambulante PDT. Er legte ein Attest der Ärztin für Dermatologie Dr. M. vom 23. April 2007 vor, die ausführte, die PDT sei seit einigen Jahren auch im niedergelassenen Bereich verfügbar. Sie (Dr. M.) führe die PDT seit ca. vier Jahren durch. Er sei bekannt, dass die PDT keine Kassenleistung sei, jedoch halte sie bei dem schweren und langfristig immer wieder behandlungsbedürftigen Krankheitsbild diese Behandlung als Alternative zu Operationen bzw. der Behandlung mit Imiquimod unbedingt erforderlich. Bei dem Kläger seien aktuell 30 Basaliome vorhanden. Jedes Areal müsse zweimal im Abstand einer Woche behandelt werden. Weiter legte der Kläger die zwischen ihr und Dr. M. geschlossene (nicht unterschriebene) Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten vom 23. April 2007 vor, wonach eine Behandlung EUR 208,81 koste zuzüglich (handschriftlicher Zusatz) "medizinische Kosten" von ca. EUR 40,00 pro Behandlung. Schließlich reichte der Kläger ein Attest seiner Ehefrau, der Ärztin für Allgemeinmedizin J., vom 26. April 2007 ein, die ausführte, das BCNS umfasse außer der Fülle von Basaliomen noch andere schwerwiegende Symptome wie Keratozysten an Ober- und Unterkiefer. Auch Blindheit auf einem Auge und neurologische Symptome wie essentieller Tremor und leichten Ataxie seien durch das neurokutane Syndrom bedingt. Der Kläger habe bereits mehrere große tiefe Operationen mit bis zu dreiwöchigen stationären Aufenthalten gehabt. Die Basaliome müssten zwingend entfernt werden. Die kombinierte Behandlung mit einer ambulanten PDT sei preiswerter als eine stationäre Behandlung.
Die Beklagte holte die medizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), Dr. H., vom 24. Mai 2007 ein. Danach handle es sich bei der PDT um eine neue Behandlungsmethode, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Es sei bislang nicht durch umfangreiche Studien gesichert, dass diese Therapie konventionellen Verfahren gleichwertig oder überlegen sei. Zur Behandlung komme primär eine Excision (operative Entfernung) in Betracht. Diese gewährleiste in der Regel die vollständige Entfernung. Die PDT könne tiefer sitzende Tumorzellnester mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht erreichen. Eine lebensbedrohliche Erkrankung sei nicht festzustellen. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. Juni 2007 eine Kostenbeteiligung an der PDT ab.
Der Kläger erhob am 02. Juli 2007 Widerspruch. Er trug vor, er leide an einer sehr seltenen Erkrankung, die einen Spezialfall darstelle. Es sei durchaus vorgesehen, dass die Beklagte bei einer (teil)stationären PDT die Kosten übernehme. Durch ständige Operationen würde sich der Anteil gesunder Haut verringern, wodurch gesundheitliche Risiken entstehen könnten. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des MDK, Dr. T., vom 04. September 2007 ein. Hierin wurde ausgeführt, die PDT sei eine neue Behandlungsmethode, über die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) noch nicht entschieden habe. Die Erkrankung sei nicht lebensbedrohlich und es sei auch nicht mit einer schweren irreversiblen Behinderung oder mit Pflegebedürftigkeit zu rechnen. Neben einer Excision, einer Kyrochirurgie und einer Röntgen-Bestrahlung komme eine stationäre PDT in Betracht. Auf dieser Grundlage wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch am 26. Oktober 2007 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 02. November 2007 zugestellt.
Der Kläger erhob am 28. November 2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die PDT sei eine effektive Therapie. Hierzu legte er die erste Seite eines Aufsatzes in einer US-amerikanischen medizinischen Zeitschrift über die ersten Richtlinien über die Anwendung der PDT bei nichtmelanomen Hautkrebsen vor, an deren Entwicklung u.a. ein Arzt des Universitätsklinikums R. beteiligt war. Weiterhin führte er aus, die von der Beklagten benannten alternativen Behandlungen hätten gravierende Nachteile. Eine Röntgenbestrahlung provoziere weitere Basaliome. Eine Operation, auch eine Kyrochirurgie, sei zwar möglich, jedoch wegen der Vielzahl der Basaliome mit erheblichem Hautverlust und starker Narbenbildung verbunden, außerdem könnten durch Schädigungen tiefer liegender Schichten schmerzhafte und nur langsam abheilende Geschwüre entstehen. Imiquimod-Creme reiche nicht aus, da sie gleichzeitig nur auf bis zu fünf Stellen angewandt werden könne. Wegen der Seltenheit seiner Krankheit sei es fraglich, ob eine wissenschaftliche Auswertung der Therapieformen überhaupt möglich sei. Ein solche sei auch nicht unbedingt erforderlich. Rezidive könnten auch bei anderen Therapien nicht vermieden werden. Die PDT sei in mehreren Kliniken verbreitet. Er benötige jedoch eine ambulante Behandlung, da er bei einer längeren Krankschreibung und weiteren Fehlzeiten um seinen Arbeitsplatz fürchte. Auch sei eine ambulante PDT preiswerter. Weder er noch sein behandelnder Arzt könnten eine Prüfung der PDT durch den GBA erreichen. Er werde seit 2001 mit der PDT behandelt, dennoch habe der GBA bislang nicht über diese Therapieform entschieden.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 22. Juli 2008 wies das SG die Klage ab und lehnte auch den Antrag des Klägers, die Sprungrevision zuzulassen, ab. Der Kläger könne keine Versorgung mit einer ambulanten PDT verlangen. Der GBA habe nicht festgestellt, dass diese Therapie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspreche. Nach Nrn. 8 und 11 der Anlage I der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie) sei die PDT im ambulanten Bereich nur zur Behandlung bestimmter Augenerkrankungen zugelassen. Eine Behandlung des beim Kläger vorliegenden Gorlin-Goltz-Syndroms mittels ambulanter PDT gehört daher nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die PDT im Rahmen einer stationären Versorgung zu den Leistungen gehöre, die eine Krankenkasse schulde, begründe keine Leistungspflicht für eine ambulante Versorgung. Im ambulanten Bereich gelte für neue Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Stationär könnten sie erbracht werden, solange der GBA keine negative Stellungnahme abgegeben habe. Diese Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt. Der Gesetzgeber stufe die Gefahr zweifelhafter und unwirksamer Maßnahmen im Krankenhausbereich geringer ein als bei niedergelassenen Ärzten. Liege keine positive Empfehlung des GBA vor, sei auch jede Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall ausgeschlossen. Zur Zulassung der Sprungrevision führte das SG aus, die aufgeworfenen Rechtsfragen seien höchstrichterlich geklärt.
Gegen das Urteil, das ihm am 31. Juli 2008 zugestellt wurde, hat der Kläger am 27. August 2008 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen. Er behauptet, er habe im Januar 2008 einen epileptischen Anfall erlitten, den wahrscheinlich zwei Hirntumore verursacht hätten. Diese seien entfernt worden. Zur Vermeidung weiterer Tumorbildungen nehme er nun auch Orfiril ein, das Wechselwirkungen mit der Imiquimod-Creme haben könne. Es liege hier auch ein Systemversagen vor, weil die Erkrankung selten sei und der GBA bislang keine Entscheidung getroffen habe, obwohl die PDT bereits seit sieben Jahren angewandt werde. Seine behandelnde Ärztin Dr. M. praktiziere nicht mehr, sodass die streitige Behandlung ggf. ein anderer Arzt durchführen müsse.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 05. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2007 zu verurteilen, ihm als Sachleistung eine ambulante Photodynamische Therapie zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidung.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten zuletzt unter dem 13. Mai 2009 darauf hingewiesen, dass der Senat durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter über die Berufung entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme zuletzt bis zum 30. Mai 2009 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält, sie daher zurückweist und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Sie war auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden und daher hier anwendbaren Fassung zulassungsbedürftig. Der Kläger ist aus dem Urteil des SG um mehr als EUR 750,00 beschwert. Nach der Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten vom 23. April 2007 mit seiner früheren Ärztin, die er im Antragsverfahren vorgelegt hat, kostet eine einzelne ambulante PDT EUR 208,81 zuzüglich (handschriftlicher Zusatz) jeweils EUR 40,00 "medizinische Kosten". Die Versorgung mit dieser Behandlung hat er für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen beantragt. In dem Erörterungstermin vor dem SG hat er konkreter angegeben, zurzeit seien bis zu fünf Behandlungen notwendig. Damit liegt die Beschwer bei ca. EUR 1.250,00.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat seine Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung mit einer ambulanten PDT.
Dass Dr. M., die die begehrte Therapie durchführen sollte, nicht mehr praktiziert und daher ein anderer Arzt beauftragt werden müsste, steht einer Entscheidung nicht entgegen, da der Kläger abstrakt eine bestimmte Behandlung als Sachleistung begehrt und sich nicht auf einen bestimmten behandelnden Arzt beschränkt hat, er insbesondere keinen Kostenerstattungsanspruch für bereits durchgeführte Behandlungen geltend macht.
1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die ärztliche Behandlung umfasst nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V alle Tätigkeiten des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind. Jedoch unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (ständige Rechtsprechung, BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
Ausnahmsweise kann in Fällen extrem seltener Krankheiten, die im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können, eine Ausnahme von dem Erfordernis der Empfehlung durch den GBA in Betracht kommen kann (vgl. dazu z. B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1).
Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise auch dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden.
2. Bei der vom Kläger begehrten ambulanten PDT zur Behandlung des BCNS handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Sie ist nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten ist (vgl. hierzu z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Vereinbarung über gewünschte Privatbehandlung bei GKV-Versicherten. Denn nach dieser Vereinbarung sollte die Abrechnung auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfolgen.
Der GBA hat zur ambulanten PDT bei Basiliomen noch keine positive Empfehlung abgegeben. Nach Nr. 8 und Nr. 11 der Anlage I zur Methode-Richtlinie ist die PDT im ambulanten Bereich nur zur Behandlung bestimmter Augenerkrankungen zugelassen, nämlich bei altersabhängiger exsudativer (feuchter) Makuladegeneration und bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (übermäßige Gefäßneubildung in der Netzhaut). Eine Behandlung der BCNS des Klägers, einer Hautkrankheit, ist nicht erfasst (vgl. auch zur ambulanten PDT mit dem Medikament Metvix: Urteil des Senats vom 26. Oktober 2007 - L 4 KR 6072/06 -; zur ambulanten PDT mit dem Medikament Visudyne: BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1 und Urteil des Senats vom 27. April 2006 - L 4 KR 1755/04 -).
Ein so genannter Seltenheitsfall liegt nicht vor. Die BCNS ist eine bekannte Krankheit, die - wie die vom Kläger selbst vorgelegten medizinischen Unterlagen zeigen - erforscht und mit mehreren Therapien, darunter auch einer PDT im stationären Rahmen, behandelt wird. Sie tritt zurzeit regelmäßig mit mehr als 300 Fällen in zehn Jahren auf (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 209).
Ein Systemversagen ist nicht gegeben. Der GBA hat sich mit der ambulanten PDT mehrfach beschäftigt. Nr. 11 Methode-Richtlinie wurde zuletzt mit Beschluss vom 16. August 2007 (veröffentlicht im Bundesanzeiger - BAnz-Nr. 207 vom 07. November 2007, S. 7938; vgl. auch www.gba.de) geändert. Zu dieser Zeit war - auch nach den Angaben des Klägers - die (stationäre) PDT bei BCNS bereits seit längerem bekannt. Gleichwohl hat der GBA eine ambulante Behandlung nicht zugelassen. Des Weiteren vermag der Senat nicht festzustellen, dass die formalen Voraussetzungen für die Durchführung eines entsprechenden Prüfungsverfahrens gegeben sind, weil ein entsprechender Antrag zur Prüfung beim GBA nicht vorliegt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 26. Oktober 2007 - L 4 KR 6072/06 -).
3. Auch auf die Rechtsprechung des BVerfG kann sich der Kläger nicht berufen.
Trotz fehlender Anerkennung durch den GBA kann eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehen. Dies ist der Fall, wenn für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, wenn für eine neue Behandlungsmethode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, BVerfGE 115, 25). Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach (z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) setzt ein Anspruch voraus, dass (1) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegt, (2) bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und (3) bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die allgemeinen, weiteren Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Katalogs der Leistungen bleiben hierbei unberührt (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
Die beim Kläger vorliegende BCNS ist keine Krankheit, die lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verläuft. Weiterhin stehen mehrere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungen zur Verfügung, die von der Beklagten erbracht werden können. Selbst wenn - wie der Kläger vorträgt - eine Röntgenbestrahlung und auch die operative Entfernung der Basaliome wegen unzumutbarer Hautschädigungen ausschiede und wenn eine Behandlung mit der Imiquimod-Creme zurzeit ausscheidet, weil Wechselwirkungen zu dem gleichzeitig benutzten Psychopharmakon Orfiril bestehen, bleibt zumindest die stationäre Durchführung der PDT. Der Kläger selbst räumt ein, dass diese stationäre Behandlung den gleichen Erfolg hätte wie eine ambulante. Ob diese alternative Behandlung für den Kläger mit zusätzlichen Belastungen verbunden wäre - er trägt insoweit vor, er müsse längere Zeit seinem Arbeitsplatz fernbleiben -, ist unerheblich. Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ist eine Erstattung nicht anerkannter neuer Behandlungsmethoden nur unter den genannten, engen Voraussetzungen möglich, es muss ein Fall vorliegen, in dem auch objektiv überhaupt keine andere geeignete Therapie zur Verfügung steht. Im Übrigen hält der Senat die notwendigen stationären Aufenthalte auch nicht für unzumutbar. Der Kläger hat die stationäre Behandlung in der Vergangenheit, nämlich in den Jahren 2000 und 2001, bereits durchgeführt. Nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin vor dem SG und dem Attest seiner Ehefrau vom 26. April 2007 sind die Behandlungen nur in größeren zeitlichen Abständen notwendig, da nicht alle Basaliome mit der PDT behandelt werden können. Krankenhausaufenthalte in diesem Umfang gefährden nicht den Bestand eines Arbeitsverhältnisses.
4. Keinen Erfolg kann der Kläger mit seinem Vorbringen haben, eine ambulante PDT sei preiswerter als die alternativ in Betracht kommenden stationäre Durchführung. Denn sonst könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B -; Urteil des Senats vom 06. Juni 2008 - L 4 KR 2055/06 -).
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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