L 4 KR 5949/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 2168/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5949/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen endgültig auf EUR 33.961,12 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten zuletzt noch, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) vom 01. September 2005 bis 11. April 2006 an den Versicherten G. B. (G.B.) zu erstatten.

Der am 1950 geborene G.B. ist bei der Beklagten versichert. Er war seit 15. September 1997 als Bauschlosser bei der K. GmbH in L. beschäftigt. Nachdem die GmbH im Januar 2005 Insolvenz angemeldet hatte, hatte der Insolvenzverwalter G.B. zum 31. Juli 2005 das Arbeitsverhältnis gekündigt (Schreiben vom 02. Juni 2005). Aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 20. Juni 2005 waren sich die Parteien jenes Rechtsstreits einig, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung zum 31. August 2005 beendet war.

Wegen eines Herzinfarkts war G.B. seit 13. Oktober 2004 arbeitsunfähig krank. Nach Entgeltfortzahlung gewährte ihm die Beklagte ab 26. November 2004 (bis zum 31. August 2005) Krankengeld (Krg) nach einem ungekürzten Regelentgelt von kalendertäglich EUR 91,85. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRVBW) führte beim Kläger vom 04. bis 25. November 2004 eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der Reha-Klinik H.-K. durch. Im Entlassungsbericht des Prof. Dr. B. vom 28. Dezember 2004 wurden als Diagnosen Zustand nach subcutanem Hinterwandinfarkt (14. Oktober 2004) und Zustand nach PTCA/2-fach Stenting der RCA bei coronarer 2-Gefäßerkrankung genannt. Zur Leistungsbeurteilung wurde ausgeführt, dass bei guter kardialer Leistungsbreite und gut eingestellter arterieller Hypertonie die Entlassung als arbeitsunfähig zur weiteren Rekonvaleszenz bis voraussichtlich 14. Januar 2005 erfolgt sei. Danach sei der Kläger wieder für die bisherige Tätigkeit leistungsfähig, soweit schwere Anteile vermieden werden könnten. Die DRVBW gewährte dem Kläger, nachdem sein Rentenantrag ursprünglich abgelehnt worden war (Bescheid vom 16. Februar 2005), im Wege des Vergleichs vom 09. Februar 2007 aufgrund eines am 24. Januar 2005 eingetretenen Leistungsfalls ab 01. Februar 2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Ausführungsbescheid vom 19. März 2005), wobei es wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze nicht zu einer Rentenzahlung kam. Nach dem stationären Heilverfahren war ursprünglich ab Februar 2005 eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers vorgeschlagen worden (vgl. Stellungnahme Dr. W.-K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg [MDK] vom 05. Januar 2005), zu der es jedoch nicht kam, weil die Arbeitgeberfirma in Insolvenz gegangen war. Nach dem Gutachten des Dr. J.-K. vom MDK vom 27. Juni 2005 bestanden folgende Diagnosen: fortbestehende Belastungsdyspnoe und Stenokardien bei Zustand nach Hinterwandinfarkt mit PTCA und Stent und KHK mit mittelgradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion. Es wurde festgestellt, dass G.B. sich schwerer körperlicher Tätigkeit nicht mehr zur Verfügung stellen könne. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) für die bisherige Arbeitsstelle seien gegeben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Steigen auf Leitern und Gerüste und ohne schweres Tragen und ohne Stress durchgeführt werden. Die Beklagte hatte G.B. dann am 14. Juli 2005 aufgefordert, erneut einen Antrag auf medizinische Rehabilitation zu stellen. Dieser Antrag wurde von der DVBW mit Bescheid vom 03. August 2005 abgelehnt. Arbeitsunfähigkeit war bei G.B. bis zum 31. August 2005 bescheinigt worden, weshalb die Beklagte bis dahin Krg gewährte.

Am 15. August 2005 meldete sich G.B. bei der Agentur für Arbeit W. zum 01. September 2005 arbeitslos und beantragte Alg. Er war bereit, sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Im Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin, Sozialmedizin vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit Dr. A. vom 13. Oktober 2005 wurden als Gesundheitsstörungen aufgeführt Aufbrauchserscheinungen im Bereich des Halte- und Bewegungsapparats, Durchblutungsstörungen des Herzens, erhöhter Blutdruck und Sprachstörung nach Stimmbandoperation. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne G.B. vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten ausüben. Auszuschließen seien jedoch Tätigkeiten in Zwangshaltung sowie Belastungen durch Zeitdruck, Akkord, Nacht- oder Wechselschicht. Auf Leitern und Gerüsten könne er nicht mehr eingesetzt werden. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Schlossers sei G.B. dauerhaft leistungsunfähig. Er sei in diesem Sinne arbeitsunfähig krank gemäß dem SGB V. Die Agentur für Arbeit bewilligte G.B. Alg ab 01. September 2005 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von EUR 90,42. Diese Leistung kam für September 2005 in Höhe von EUR 1.306,20 zur Auszahlung. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2005 hob die Agentur für Arbeit W. die Bewilligung von Alg ab 01. September 2005 wieder auf. Anspruch auf Alg habe u.a. nur, wer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe. Dazu gehöre auch, dass der Arbeitnehmer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben könne. Aufgrund der Feststellungen ihres Ärztlichen Dienstes werde G.B. für bis zu sechs Monaten für leistungs- und arbeitsunfähig angesehen. Die zuständige Krankenkasse habe zwar Arbeitsfähigkeit festgestellt und ihn auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen. Bei Eintritt der Arbeitslosigkeit habe jedoch Arbeitsunfähigkeit bestanden, sodass G.B. nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08. Februar 2000 (B 1 KR 11/99 R = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4) würden für die Beurteilung des Leistungsvermögens hier die Anforderungen an den letzten Arbeitsplatz maßgebend sein. Hierfür bestehe aus ärztlicher Sicht weiterhin Arbeitsunfähigkeit im Sinne des SGB V. Dagegen legte G.B. Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, sein behandelnder Arzt habe ihm am 31. August 2005 Arbeitsfähigkeit bescheinigt, weshalb die Zahlung von Krg seitens der Beklagten mit dem 31. August 2005 geendet habe. Die Krankenkasse habe keine Arbeitsfähigkeit festgestellt, sondern sein Arzt. Er sei auch nicht durch die Krankenkasse an die Agentur für Arbeit verwiesen worden. Es bestehe daher ein Anspruch auf Alg (Schreiben vom 02. November 2005 und Schriftsätze seiner Bevollmächtigten vom 07. November und 13. Dezember 2005). Diesem Widerspruch half die Agentur für Arbeit W. mit Bescheid vom 08. Februar 2006 ab. G.B. wurde dann auch ab Oktober 2005 bis Oktober 2007 vorläufig Alg gewährt (vgl. auch Bescheid vom 02. November 2006).

Mit am 27. Oktober 2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben forderte die Klägerin diese auf, an sie für September 2005 EUR 1.306,20 zu erstatten. Die Zahlungen für Alg seien deswegen zu erstatten, da G.B. Krg zu beanspruchen gehabt habe. Mit Schreiben vom 04. November 2005 lehnte die Beklagte die Erstattung ab. Die Arbeitsunfähigkeit des G.B. habe mit dem 31. August 2005 geendet. Sie (die Beklagte) habe weder Arbeitsfähigkeit festgestellt noch G.B. an die Agentur für Arbeit verwiesen. Die Klägerin bestand mit Schreiben vom 08. Februar 2006 auf der Erstattung. G.B. sei weniger als sechs Monate nicht leistungsfähig. Da längere Arbeitsunfähigkeit bestanden habe und die Arbeitslosigkeit erst bei bestehender Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei, könne G.B. nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des BSG würden für die Beurteilung des Leistungsvermögens die Anforderungen des letzten Arbeitsplatzes gelten. Hierfür bestehe aus ärztlicher Sicht nach den vorliegenden Unterlagen weiterhin Arbeitsunfähigkeit im Sinne des SGB V. Dem widersprach die Beklagte erneut mit Schreiben vom 14. Februar 2006.

Am 19. Juni 2007 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage gegen die Beklagte. Sie begehrte die Erstattung von Alg-Leistungen für G.B. seit September 2005 in Höhe von EUR 1.306,20 monatlich. Die Zahlungen für die Zeit von September 2006 bis Oktober 2007 wurden mit EUR 18.286,80 beziffert. Die Beklagte sei nach § 103 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erstattungspflichtig. G.B. habe sich zum 01. September 2005 arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt, die ihm auch ab 01. September 2005 bewilligt worden seien. Nach den Feststellungen ihres Ärztlichen Dienstes sei G.B. jedoch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit arbeitsunfähig im Sinne des SGB V gewesen. Beurteilungskriterium für die Arbeitsunfähigkeit sei nämlich hier der letzte Arbeitsplatz und nicht der allgemeine Arbeitsmarkt. Der Zustand, dass G.B. nicht mehr als Bauschlosser tätig sein könne, sei noch während des Arbeitsverhältnisses eingetreten. Die Tatsache, dass er sich der Arbeitsverwaltung im Rahmen seines Restleistungsvermögens zur Verfügung gestellt und dass eine weitere, ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht dokumentiert sei, da das Restleistungsvermögen eine mehr als kurzzeitige Tätigkeit zulasse, ändere an dem Anspruch auf Krg nichts. Das Krg behalte seine Lohnersatzfunktion, solange die Unfähigkeit zur Verrichtung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit andauere. Allein die Bereitschaft, eine dem verbliebenen Restleistungsvermögen entsprechende Arbeit aufzunehmen, beseitige deshalb nicht den für den Anspruch auf Krg maßgebenden Bezug zur früheren Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15. November 1984 - 3 RK 21/83) entfalle die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten nicht dadurch, dass er sich nach Beendigung seines bisherigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos melde und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stelle. Die Beklagte trat der Leistungsklage entgegen. Bei G.B. sei das Ende der Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt auf dem Auszahlungsschein mitgeteilt worden. Ab 01. September 2005 sei er bei ihr durch den Arbeitslosengeldbezug krankenversichert gewesen. Der Anspruch auf Krg entstehe nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit dem Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Er setze grundsätzlich die vorherige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Nach den vorliegenden Unterlagen sei jedoch nach dem 31. August 2005 keine weitere Arbeitsunfähigkeit durch den behandelnden Arzt gemeldet worden. Auch G.B. habe keine weitere Zahlung von Krg geltend gemacht; er gehe ab 01. September 2005 von Arbeitsfähigkeit aus. Im Übrigen müsse die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit gemeldet werden, um ein Ruhen des Anspruchs auf Krg auszuschließen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Auch dieser Bestimmung sei nicht genügt worden. Auch aus der Akte der Klägerin könnten Hinweise über festgestellte Arbeitsunfähigkeit über den 31. August 2005 hinaus nicht entnommen werden. Mit Urteil vom 30. November 2007 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin das ab 01. September 2005 für G. B. geleistete Alg dem Grunde nach zu erstatten. Die Beklagte hatte danach die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Erstattungsanspruch sei begründet, denn nach Überzeugung der Kammer habe G.B. ab 01. September 2005 Anspruch auf Krg gegen die Beklagte gehabt. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei hier weiterhin die Tätigkeit als Bauschlosser gewesen, die G.B. ab 01. September 2005 nicht mehr habe ausüben können. Der Anspruch auf Krg sei dem Grunde nach gegeben gewesen und nicht durch den Bezug von Alg ausgeschlossen worden. Wegen des Bezugs von Alg ruhe der Anspruch auf Krg nämlich nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V nur, soweit der Anspruch auf Alg für die Dauer der Leistungsfortzahlung von sechs Wochen bestehe. Die Arbeitsunfähigkeit des G.B. sei auch nicht dadurch entfallen, dass er sich nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos gemeldet und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe. Letztlich könne die Beklagte ihrer Leistungsverpflichtung auch nicht entgegenhalten, dass G.B. die Arbeitsunfähigkeit nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gemeldet habe. Die Meldung stelle eine Obliegenheit des Versicherten dar, deren Einhaltung grundsätzlich strikt zu beachten sei. In der Rechtsprechung sei aber anerkannt, dass die Krankenkasse sich dann nicht darauf berufen könne, wenn das Krg zu Unrecht wegen Arbeitsmeldung eingestellt worden sei (Urteil des BSG vom 08. Februar 2000 = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4). Dieses Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 09. Dezember 2007 zugestellt.

Am 17. Dezember 2007 hat die Beklagte dagegen Berufung eingelegt. Der Erstattungsanspruch, den das SG bejaht habe, bestehe nicht, denn das SG habe die §§ 46, 48, 49 SGB V nicht ausreichend berücksichtigt und bewertet. Der Anspruch auf Krg entstehe von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Die Arbeitsunfähigkeit müsse der Krankenkasse innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit gemeldet werden. Der vom Arzt festgelegte Endzeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit sei auch zugleich das vorläufige Ende des Anspruchs auf Krg. Wenn der Versicherte keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beibringe, ende der Anspruch auf Krg mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Der Anspruch auf Krg setze grundsätzlich die vorherige vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Die Arbeitsunfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Zahlung von Krg sei der Krankenkasse zu belegen. Das Gesetz gehe grundsätzlich davon aus, dass der durch Arbeitsunfähigkeit betroffene Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternehme, um eine mögliche Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Deshalb könne ein Versicherter, der das Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit akzeptiere und über Monate hinweg Leistungen wegen Arbeitslosigkeit beziehe, die er bei Arbeitsunfähigkeit nicht erhalten dürfte, mit der nachträglichen Behauptung, er sei die ganze Zeit über zu Unrecht als arbeitslos statt als arbeitsunfähig behandelt worden, nicht mehr gehört werden. Die fehlende Feststellung oder Meldung der Arbeitsunfähigkeit könne ihm nur dann ausnahmsweise nicht entgegengehalten werden, wenn er seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan habe, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung behindert werde. Insoweit verweise sie auf das Urteil des BSG vom 08. November 2005 (B 1 KR 30/04 R). Der Klägerin stünden keine weitergehenden Rechte als dem Mitglied selbst zu. Da G.B. das Ende der Arbeitsunfähigkeit akzeptiert habe und Leistungen wegen Arbeitslosigkeit seit September 2005 aufgrund des eigenen Antrags bezogen habe, ohne gegen die Einstellung des Krg vorzugehen, könne sie den Erstattungsanspruch nicht erfüllen. Hier sei das Ende der Arbeitsunfähigkeit durch einen Vertragsarzt festgestellt und vom Versicherten akzeptiert worden. Dies sei ohne ihr Zutun erfolgt. Eine Prüfung der weiteren eventuellen Arbeitsunfähigkeit sei ihr nicht möglich gewesen, da G.B. keine Einwände gegen das Ende der Zahlung von Krg erhoben habe. Dieses Ende sei von ihm widerspruchslos hingenommen und bis zum heutigen Tag bei ihr nicht beanstandet worden. Die Klägerin habe auch das Ende des Anspruchs auf Krg im Rahmen des § 48 SGB V nicht beachtet. Daraus würde sich ergeben, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch spätestens mit dem Leistungsende nach der genannten Bestimmung enden würde. Der Anspruch auf Krg wäre hier mit dem 11. April 2006 erschöpft gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die hier fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Versicherten sei nicht dadurch entfallen, dass er sich nach Beendigung des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos gemeldet und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe. Wenn die Beklagte das Krg zu Unrecht wegen Arbeitslosmeldung einstelle, so könne sie dem nachträglich erhobenen Leistungsbegehren nicht entgegenhalten, der Versicherte habe das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nicht im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V "gemeldet". Auch nach dem Urteil des BSG vom 08. November 2005 (B 1 KR 30/04 R) komme ein rückwirkender Anspruch auf Krg bei fehlerhafter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durchaus in Betracht. Die Unrichtigkeit der ärztlichen Beurteilung könne auch durch die nachträgliche Einschätzung eines anderen ärztlichen Gutachters nachgewiesen werden und der Versicherte könne ausnahmsweise rückwirkend Krg beanspruchen. G.B. habe sich arbeitslos gemeldet, um sozial abgesichert zu sein. Der Beklagten sei auch frühzeitig bekannt gewesen, dass G.B. im Sinne des SGB V nicht arbeitsfähig gewesen sei. Es könne nicht angenommen werden, dass sich die Beklagte auf einen rein formalen Standpunkt stelle. Nach der Intension des Gesetzes hätten Fälle ausgeschlossen werden sollen, in denen ein größerer Zeitablauf zu verzeichnen sei und die Beklagte in der Tat nachträglich keine Chance gehabt habe, die Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Anders liege der Fall hier. Alles habe sich in einem engen zeitlichen Rahmen und für die Beklagte nachvollziehbar abgespielt. Denn aus ihren (der Klägerin) Unterlagen gehe hervor, dass der Ärztliche Dienst der Krankenkassen gewusst habe, dass sich G.B. zum 01. September 2005 arbeitslos melden werde. Die Klägerin hat die bei ihr vorliegenden "VerBis-Auszüge" vorgelegt. Ferner hat sie die an G.B. in der Zeit von September 2005 bis Oktober 2007 geleisteten Zahlungen für Alg auf insgesamt EUR 33.961,12 beziffert (Schriftsatz vom 02. April 2008) sowie den geltend gemachten Erstattungsanspruch dann mit Schriftsatz vom 08. Juli 2009 auf die Zeit vom 01. September 2005 bis 11. April 2006 begrenzt und die für diesen Zeitraum geleisteten Zahlungen mit EUR 12.260,64 beziffert.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von ihnen vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG aufgrund der übereinstimmenden Zustimmungserklärungen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft, denn der für die Zeit ab 01. September 2005 geltend gemachte Erstattungsanspruch für das an G.B. gezahlte Alg übersteigt den Betrag von EUR 5.000,00 (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung), und zulässig. Sie ist auch begründet. Der Klägerin steht ein Erstattungsanspruch für die Zeit vom 01. September 2005 bis 11. April 2006 (Erschöpfung des Anspruchs auf Krg), auf den die Klägerin den erhobenen Erstattungsanspruch im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08. Juli 2009 begrenzt hat, nicht zu. Das SG hätte der hier zulässigerweise wegen der Gleichordnung der Beteiligten erhobenen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG nicht stattgeben dürfen.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch besteht schon dem Grunde nach nicht. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, sofern der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X).

Die Klägerin hat an G.B. aufgrund seiner Arbeitslosmeldung zum 01. September 2005 ab diesem Tag Alg, berechnet auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von EUR 90,42 in Höhe von monatlich EUR 1.306,20 gezahlt. Ab 01 September 2005 hatte G.B. keinen Anspruch auf Krg. Denn eine vertragsärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit bei G.B. lag ab 01. September 2005 nicht mehr vor und dieser hatte sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung gestellt.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehung des streitigen Anspruchs auf Krg bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krg hat (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 44 Nrn. 12 und 14, ständige Rechtsprechung). G.B. war bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 13. August 2004 als versicherungspflichtig Beschäftigter versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Er war damals als Schlosser beschäftigt. Für die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten ist die bisherige Tätigkeit auch nach dem Verlust des Arbeitsplatzes während anschließender Zeit der Arbeitslosigkeit maßgebend (BSG SozR 3-2500 § 44 Nr. 9). Das Entstehen des Anspruchs auf Krg setzt abgesehen von hier nicht gegebenen stationären Behandlungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit (vertrags-)ärztlich festgestellt wird. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch (erst) von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Ohne diese Feststellung kann grundsätzlich kein Anspruch entstehen. Dabei sollen Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen nachträgliche Behauptungen und rückwirkende Bescheinigungen beitragen könnten. Die Vorschrift ist nicht als bloße Zahlungsvorschrift zu verstehen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 44 Nr.10; SozR 4-2500 § 44 Nr. 12). Der Versicherte muss auf die vertragsärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hinwirken und die entsprechende Bescheinigung der Krankenkasse vorlegen. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Krg müssen bei zeitlich befristeter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und dementsprechender Gewährung von Krg für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 06. November 2008 - B 1 KR 37/07 R - Rdnr. 20). Für die hier streitige Zeit ab 01. September 2005 war Arbeitsunfähigkeit ärztlicherseits nicht mehr festgestellt worden. G.B. hatte bereits im Widerspruchsverfahren wegen des Aufhebungsbescheids der Klägerin vom 26. Oktober 2005 im Schreiben vom 02. November 2005 darauf hingewiesen, dass der ihn behandelnde Arzt am 31. August 2005 bescheinigt habe, dass er nicht mehr arbeitsunfähig sei. Daraus entnimmt der Senat, dass insoweit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab 01. September 2005 nicht vorgelegen hat und bei der Beklagten auch nicht eingereicht wurde. G.B. hat mithin bei der Beklagten einen Anspruch auf Krg ab 01. September 2005 nicht geltend gemacht. Auch die Klägerin selbst hat nicht vorgetragen, dass G.B. fortbestehende Arbeitsunfähigkeit über den 31. August 2005 hinaus am 31. August 2005 bescheinigt worden sei. Darauf, dass Dr. A. am 13. Oktober 2005 dauerhaft Leistungsunfähigkeit des G.B. für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schlosser angenommen hat, kann sich die Klägerin nicht berufen.

Zwar hat das BSG im Urteil vom 08. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R (SozR 3-2500 § 49 Nr. 4) bestätigt, dass Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten nicht dadurch entfällt, dass er sich nach Beendigung seines bisherigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos meldet und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt. Ferner hat das BSG darin entschieden: Hatte die Krankenkasse das Krg zu Unrecht wegen der Arbeitslosmeldung eingestellt, so kann sie dem nachträglich erhobenen Leistungsbegehren nicht entgegenhalten, der Versicherte habe das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nicht im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V "gemeldet". Es soll in einer solchen Situation für den Versicherten nicht nachteilig sein, wenn er die Entscheidung der Krankenkasse zunächst unwidersprochen hinnimmt. Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherten soll danach im Rahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V vermieden werden. Zwar könnte hier angenommen werden, dass die Entscheidung des den Kläger behandelnden Arztes, die Arbeitsunfähigkeit zum 31. August 2005 zu beenden, auch durch die Beurteilung des Dr. J.-K. im Gutachten vom 27. Juni 2006, wonach der Kläger lediglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte körperliche Tätigkeiten mit bestimmten weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten könne, bestimmt worden seien. Auch wenn die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des G.B. ab 01. September 2005 sich nach den Anforderungen seiner Tätigkeit als Schlosser gerichtet hätte und der nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar war, kann sich die Klägerin auf diese bloße unrichtige Beurteilung des Maßstabs der Arbeitsunfähigkeit und des entsprechenden Vergleichsberufs jedoch nicht berufen. Denn G.B. selbst hatte der Annahme von Arbeitsfähigkeit ab 01. September 2005 nicht widersprochen. Er selbst hat ersichtlich nichts unternommen, um (rückwirkend) auch ab 01. September 2005 weiterhin Krg zu erhalten. Er hatte nicht etwa ursprünglich alles für die Anspruchsentstehung ab 01. September 2005 erforderliche und ihm zumutbare unternommen und er hat nicht den Anspruch unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis vom (möglichen) tatsächlichen Bestehen der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse geltend gemacht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08. November 2005 - B 1 KR 30/04 R -). Insoweit hatte G.B. keine Initiative dazu ergriffen, eine nachträgliche Korrektur der möglicherweise objektiven Fehlbeurteilungen von Vertragsarzt und MDK zu erreichen. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass G.B. gehindert gewesen sein könnte, die möglicherweise fortbestehende Arbeitsunfähigkeit ab 01. September 2005 rechtzeitig vor Ablauf des attestierten Endzeitpunkts der Arbeitsunfähigkeit am 31. August 2000 feststellen zu lassen. Den Umstand, dass es G.B. unterlassen hat, fortbestehende Arbeitsunfähigkeit ab 01. September 2005 feststellen zu lassen, muss sich auch die Klägerin entgegenhalten lassen. Darauf kann sich auch, wie geschehen, die Beklagte berufen. Darauf, dass schon der von der Beklagten hinzugezogene Dr. J.-K. vom MDK im Gutachten vom 27. Juni 2005 festgestellt hatte, dass G.B. sich schwerer körperlicher Tätigkeit nicht mehr zur Verfügung stellen könne, was ersichtlich die Tätigkeit als Schlosser ausschloss, kann sich die Klägerin nicht berufen.

Danach war das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Streitwert wird endgültig für beide Instanzen auf EUR 33.961,12 festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf §§ 63 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 des Gerichtskostengesetz (GKG). Die Klägerin hatte beim SG sinngemäß begehrt, die gesamten von ihr an G.B. gezahlten Alg-Leistungen erstattet zu erhalten, mithin für die Zeit vom 01. September 2005 bis 30. Oktober 2007. Die für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen hat sie auf EUR 33.961,12 beziffert. Das SG hatte die Beklagte zur uneingeschränkten Erstattung dem Grunde nach verurteilt, mithin zur Erstattung aller gezahlter Leistungen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Klägerin hat erst im Laufe des Berufungsverfahrens den geltend gemachten Erstattungsbetrag auf EUR 12.260,64 begrenzt und damit ihre zunächst erhobene weitergehende Klage zurückgenommen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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