Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 111/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Die Berufung wird nicht zugelassen. 4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 58,49 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Leistung der ärztlichen Behandlungs-kosten für den bei der Beklagten familienversicherten C. S. im März 2000.
Der Versicherte C. S. ist Mitglied der Beklagten. Denn seit dem 1. August 1998 ist er dort gemäß § 10 SGB X familienversichert über das Mitglied der Beklagten Frau H. S. Der Versicherte wurde im Gesundheitszentrum - der Beigeladenen zu 2) - im März 2000 behandelt. Abrechnungstechnisch wurde der Patient fehlerhaft dem Bereich "SVA-AOK" zugeordnet. Es ist nicht mehr aufklärbar, wieso in diesem Fall die fehlerhafte Zuordnung der Abrechnung des Patienten zustande gekommen ist. Die Klägerin hat aufgrund der fehlerhaften Zuordnung die Behandlungskosten übernommen.
Am 3. September 2001 meldete sie bei der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Behand-lungskosten gemäß §§ 102 ff. SGB X an. Die Beklagte lehnt die Erstattung unter Hinweis auf die von ihr erteilte Kopfpauschale in dem streitigen Quartal ab.
Am 5. Juni 2005 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht und verfolgte ihr Begehren fort. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Anspruch auf Erstattung gemäß § 105 SGB X sei nicht durch Erfüllung der Kopfpauschale gemäß § 85 Abs. 1 SGB V untergegangen. Es sei zwar richtig, dass damit alle Sachleistungen der vertragsärztlichen Versorgung abgegolten würden. § 85 Abs. 1 SGB V und die entsprechenden Zahlungen der Gesamtvergütung hätten jedoch nur befreiende Wirkung in der Rechtsbeziehung der Krankenkasse zur kassenärztlichen Vereinigung – der Beigeladenen zu 1) – bzw. zum Vertragsarzt. Auch das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 24. November 1998 zum Aktenzeichen B 1 KR 21/96 R klargestellt, dass dem Erstattungsbegehren nicht entgegengehalten werden könne, dass die Kasse mit der Überweisung der Gesamtvergütung für die vertragsärztlichen Behandlungen im Quartal ihre Leistungspflicht gegenüber den Betroffenen erfüllt habe. Das Bundessozialgericht stelle vielmehr fest, Krankenkasse mit der Entrichtung der Gesamtvergütung an die kassenärztliche Vereinigung keine Leistung an den Versicherten im Sinne des § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X erbringe. Der Klägerin seien daher die Leistungen, die sie im Sinne des § 105 SGB X als unzuständiger Leistungsträger erbracht habe, zu erstatten. Auch der "Abrechungsfehler" führe nicht dazu, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch beseitigt werde. Es sei auch unerheblich aus welchem Grund das ambulante Gesundheitszentrum – die Beigeladene zu 2) - die Abrechnung zu Lasten der Klägerin vorgenommen habe. Die Zahlung der Kopfpauschale stelle jedenfalls keine konkrete Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I dar, da es sich bei diesem Berechnungsakt nicht um die jeweilige Leistung, sondern einen pauschalen Berechnungsfaktor handele. Die Kopfpauschale werde nicht in Bezug auf die tatsächlich durchgeführte Behandlung geleistet. Da die Beklagte jedoch keine eigene Sozialleistung erbracht habe, sei auch ein Ausschlusstatbestand für einen Erstattungsanspruch nicht gegeben. Auch der Vortrag der Beigeladenen zu 1) könne nicht überzeugen, da ein Ausschluss nach § 111 SGB X nicht gegeben sei. Gemäß § 48 Abs. 3 des Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) könnten sonst den Antrag auf Schadensersatz der Beigeladenen gegenüber geltend machen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1) zusichere, dass der zuständige Kostenträger nicht festgestellt werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, da der Kostenträger ermittelbar ist. Im Übrigen sei auch nicht die Regelung des Absatz 3 Nr. 3 des BMV-Ä einschlägig, denn die Schadensregulierung über die Beigeladene zu 1) würde daran scheitern, dass nach den Mitteilungen nicht mehr nachvollziehbar sei, sowie eine fehlerhafte Zuordnung entstanden sei. § 48 Abs. 3 BMV-Ä gelte jedoch nur für Fälle, in denen der Vertragsakt eine fehlerhafte Zuordnung vorgenommen habe. Daraus folge, dass Lese- und Übertragungsfehler davon nicht erfasst seien. Es sei auch unbeachtlich ob der Betrag im Falle einer Korrektur unter die budgetierte Gesamtvergütung falle.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die für Herrn C. S. geleisteten ärztlichen Behandlungskosten von 58,49 EUR (114,40 DM) zu erstatten.
2. die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt in der Sache vor, sie habe für das streitige Quartal die Kopfpauschale gemäß § 35 Abs. 1 SGB V für das Mitglied H. S. an die kassenärztliche Vereinigung entrichtet. Damit sei auch die ambulante ärztliche Behandlung des mitversicherten C. S. abgeholten. Die Beklagte könne daher nach dem Kopfpauschalensystem nicht mit verifizierbaren Kosten belastet werden. Bei dem vom Gesundheitszentrum abgerechneten Kosten handele es sich um budgetierte Leistungen, die mit in die Gesamtvergütung einfließen. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundessozialgerichts beziehe sich auf § 104 SGB X im Rahmen eines Erstattungsanspruches eines Sozialhilfeträgers gegenüber einer Krankenkasse. Die ambulanten ärztlichen Leistungen werden bei diesen Leistungsträgern nach unterschiedlichen Berechnungsmodellen abgewickelt, sodass ein Erstattungsanspruch durch den zuständigen Leistungsträger vorzunehmen sei. Hier handele es sich jedoch um eine Erstattung im Rahmen der Kopfpauschale. Die Grundvergütung werde durch die Mitgliederzahl der jeweiligen Kasse geteilt, wobei anspruchsberechtigte Familienangehörige keine Berücksichtigung fänden. Bei der Klägerin seien demnach für den Versicherten mangels einer bestehenden Mitgliedschaft keine bezifferbaren Aufwendungen entstanden. Dies ergebe sich auch so aus dem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 1994 (S 3 KR 554/94). Da mitversicherte Familienmitglieder bei der Berechnung der Kopfpauschale gerade keinen Anspruch hätten, sei unter den Krankenkassen grundsätzlich kein Erstattungsanspruch für vertragsärztliche Leistungen, die für einen Familienangehörigen erbracht worden seien, anzunehmen.
Die Beigeladenen zu 1) stellt keinen Antrag.
In der Sache trägt sie vor, das Klagebegehren der Klägerin sei nicht nachvollziehbar. Denn die Richtigstellung der eventuell fehlerhaften Kassenzuordnung hätte auf Antrag der Klägerin durch die Beigeladene zu 1) durch Korrektur der Kassenzuordnung und Änderung der Leistungsnachweise der Krankenkasse im Folgemonat auf der Grundlage des § 48 Abs. 3 BMV-Ä erfolgen können. Danach seien die Krankenkassen berechtigt, Anträge auf Schadensersatz an die Beigeladenen zu 1) zu stellen, wenn in der Abrechnung ein falscher Kostenträger angegeben worden sei. Dies gelte auch für die besonderen Kostenträger, um den es sich auch hier handele analog. Die Krankenkassen seien auch aufgrund der ihn übermittelten Daten in der Lage zu prüfen, ob sie für die ihn gegenüber abgerechneten Versicherten leistungspflichtig sind. Sie erhalten dazu gemäß § 3 des Datenträgeraustauschvertrages einen Datensatz zur Prüfung der Leistungspflicht, welche die Versicherungsnummer des Patienten beinhaltet. Das gelte gleichermaßen für die entsprechenden besonderen Kostenträger. Die Beklagte habe daher die Korrektur der fehlerhaften Kassenzuordnung richtig beschrieben. Die Klägerin müsste einen Berichtigungsantrag an die kassenärztliche Vereinigung stellen und werde dann um die 114,40 DM (58,49 EUR) entlastet, während die Beklagte mit dem gleichen Betrag belastet werde, der aber unter die budgetierte Gesamtvergütung falle und als Verrechnung im Formblatt 3 kein erneuten Zahlungsfluss durch die Beklagte auslöse.
Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam hat die Beigeladene nochmals erklärt, dass eine Korrektur über die Beigeladene zu 1) möglich gewesen wäre. Sie hätte die Zuordnung, wie bereits in den Schriftsätzen ausgeführt, korrigieren können.
Die Beigeladenen zu 2) stellt keinen Antrag.
In der Sache trägt sie vor, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, wieso es zu der fehlerhaften Abrechnung gekommen sei.
Mit Beschluss vom 24. März 2005 sind die Beigeladene zu 1) und 2) beigeladen worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie das Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten für C. S. (nachfolgend Patient) im Gesundheitszentrum im März 2000 in Höhe von 58,49 EUR.
Denn der Klägerin fehlt es schon an einem Rechtsschutzbedürfnis für die beim Sozialgericht anhängig gemachte Klage. Denn nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1), den diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam am 19. September 2006 nochmals bekräftigt hat, hätte die Klägerin die falsche Abrechnung gegenüber der Beigeladenen zu 1) durch einen Korrekturantrag bei der Beigeladenen im Sinne des § 48 BMV-Ä stellen können.
Die Beigeladene zu 1) hätte dann die Klägerin mit dem Berichtigungsantrag um die 58,49 EUR entlastet und die Beklagte mit dem gleichen Betrag belastet. Aufgrund der budgetierten Gesamtvergütung wäre jedoch kein erneuter Zahlungsfluss durch die Beklagte ausgelöst.
Diese Korrektur der Kassenzuordnung hätte die Klägerin im Folgequartal vornehmen können. Wenn nunmehr aufgrund des abgelaufenen Zeitraums eine solche Korrektur durch die Beigeladene zu 1) nicht mehr erfolgt, führt dies jedoch nicht dazu, dass ein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin für die Inanspruchnahme der Sozialgerichte entsteht. Denn es liegt allein im Verantwortungsbereich der Klägerin selbst den Korrekturantrag bei der Beigeladenen zu 1) zu stellen, wäre sie mit diesem nicht durchgedrungen, hätte sie diesen Anspruch mit Hilfe der Sozialgerichte durchsetzen können.
Dies eröffnet ihr jedoch nicht die Möglichkeit diesen Anspruch gegenüber der Beklagten im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen. Denn auch für eine Klagebefugnis bei der allgemeinen Leistungsklage ist Voraussetzung, dass die Klägerseite nicht einfacher zu ihrem Recht kommen kann. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.
Dies gilt auch obwohl die Beklagte mitteilt, dass § 48 BMV-Ä nicht direkt auf den hier vorliegenden Fall zutrifft. Denn die Beigeladene zu 1) und auch die Beklagte haben ausdrücklich dargelegt, dass eine entsprechende Korrektur möglich ist. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigt.
Wenn die Klägerin also einen entsprechenden Fall gerichtlich überprüfen lassen will, kann sie dies erst, wenn ein entsprechender Korrekturantrag durch die Beigeladene zu 1) abgelehnt worden wäre, was hier nicht eben gerade anhand der vorgenannten Mitteilung nicht der Fall ist.
Nur unabhängig davon ist ergänzend vorzulegen, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. November 1998 zum Aktenzeichen B 1 KR 21/96 R, die sich mit einem Erstattungsan-spruch des Sozialhilfeträgers gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung auseinandersetzt, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. Denn der dort erstattungsberechtigte Sozialhilfeträgers steht außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenkassen und wird entgegen der Krankenkassen - die noch über Beiträge der Versicherten finanziert werden - aus Steuermitteln finanziert, sodass ihm gegenüber auch die Entrichtung der Gesamtvergütung an die kassenärztliche Vereinigung, die durch die Krankenkasse erfolgt ist, nicht entgegengehalten werden kann.
Etwas anderes muss allerdings im System der gesetzlichen Krankenversicherungen gelten, wonach die nach Kopfpauschalen berechnete Gesamtvergütung anhand der durchschnittlichen Mitgliederzahl im streitigen Zeitraum ermittelt wird und damit mit Entrichtung der Gesamtvergütung der Anspruch gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung und den Ärzten mit befreiender Wirkung erfolgt ist.
Auch befasst sich das Urteil des Bundessozialgerichts mit einem Versicherten, der zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend in die Leistungspflicht der Krankenkasse einbezogen worden ist. Auch dies ist hier ebengerade nicht der Fall. Denn hier ist nicht eine Rückwirkung durch eine Änderung des Versichertenstatus entstehende Leistungspflicht der Beklagten eingetreten, die Beklagte hat vielmehr die Gesamtvergütung, ausgehend von ihrem versicherten Mitglied – der Mutter des Patienten – für den Patienten gezahlt und daher auch ihren Leistungsanspruch gegenüber ihrem Versicherten erbracht, sodass auch ihm Rahmen der §§ 102 ff. SGB X kein weiterer Anspruch der Klägerin besteht.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m.154 Abs. 1 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstands folgt aus §§ 25 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 13 GKG (a.F.)
Die Berufung war nicht zuzulassen, da ein Fall des § 144 SGG nicht vorliegt. Das Gericht weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, da die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. November 1998 auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar ist. Auch grund-sätzliche Bedeutung ist aufgrund der im Urteil genannten klageabweisenden Gründe nicht erkennbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Leistung der ärztlichen Behandlungs-kosten für den bei der Beklagten familienversicherten C. S. im März 2000.
Der Versicherte C. S. ist Mitglied der Beklagten. Denn seit dem 1. August 1998 ist er dort gemäß § 10 SGB X familienversichert über das Mitglied der Beklagten Frau H. S. Der Versicherte wurde im Gesundheitszentrum - der Beigeladenen zu 2) - im März 2000 behandelt. Abrechnungstechnisch wurde der Patient fehlerhaft dem Bereich "SVA-AOK" zugeordnet. Es ist nicht mehr aufklärbar, wieso in diesem Fall die fehlerhafte Zuordnung der Abrechnung des Patienten zustande gekommen ist. Die Klägerin hat aufgrund der fehlerhaften Zuordnung die Behandlungskosten übernommen.
Am 3. September 2001 meldete sie bei der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Behand-lungskosten gemäß §§ 102 ff. SGB X an. Die Beklagte lehnt die Erstattung unter Hinweis auf die von ihr erteilte Kopfpauschale in dem streitigen Quartal ab.
Am 5. Juni 2005 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht und verfolgte ihr Begehren fort. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Anspruch auf Erstattung gemäß § 105 SGB X sei nicht durch Erfüllung der Kopfpauschale gemäß § 85 Abs. 1 SGB V untergegangen. Es sei zwar richtig, dass damit alle Sachleistungen der vertragsärztlichen Versorgung abgegolten würden. § 85 Abs. 1 SGB V und die entsprechenden Zahlungen der Gesamtvergütung hätten jedoch nur befreiende Wirkung in der Rechtsbeziehung der Krankenkasse zur kassenärztlichen Vereinigung – der Beigeladenen zu 1) – bzw. zum Vertragsarzt. Auch das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 24. November 1998 zum Aktenzeichen B 1 KR 21/96 R klargestellt, dass dem Erstattungsbegehren nicht entgegengehalten werden könne, dass die Kasse mit der Überweisung der Gesamtvergütung für die vertragsärztlichen Behandlungen im Quartal ihre Leistungspflicht gegenüber den Betroffenen erfüllt habe. Das Bundessozialgericht stelle vielmehr fest, Krankenkasse mit der Entrichtung der Gesamtvergütung an die kassenärztliche Vereinigung keine Leistung an den Versicherten im Sinne des § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X erbringe. Der Klägerin seien daher die Leistungen, die sie im Sinne des § 105 SGB X als unzuständiger Leistungsträger erbracht habe, zu erstatten. Auch der "Abrechungsfehler" führe nicht dazu, dass der geltend gemachte Erstattungsanspruch beseitigt werde. Es sei auch unerheblich aus welchem Grund das ambulante Gesundheitszentrum – die Beigeladene zu 2) - die Abrechnung zu Lasten der Klägerin vorgenommen habe. Die Zahlung der Kopfpauschale stelle jedenfalls keine konkrete Sozialleistung im Sinne des § 11 SGB I dar, da es sich bei diesem Berechnungsakt nicht um die jeweilige Leistung, sondern einen pauschalen Berechnungsfaktor handele. Die Kopfpauschale werde nicht in Bezug auf die tatsächlich durchgeführte Behandlung geleistet. Da die Beklagte jedoch keine eigene Sozialleistung erbracht habe, sei auch ein Ausschlusstatbestand für einen Erstattungsanspruch nicht gegeben. Auch der Vortrag der Beigeladenen zu 1) könne nicht überzeugen, da ein Ausschluss nach § 111 SGB X nicht gegeben sei. Gemäß § 48 Abs. 3 des Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) könnten sonst den Antrag auf Schadensersatz der Beigeladenen gegenüber geltend machen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1) zusichere, dass der zuständige Kostenträger nicht festgestellt werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, da der Kostenträger ermittelbar ist. Im Übrigen sei auch nicht die Regelung des Absatz 3 Nr. 3 des BMV-Ä einschlägig, denn die Schadensregulierung über die Beigeladene zu 1) würde daran scheitern, dass nach den Mitteilungen nicht mehr nachvollziehbar sei, sowie eine fehlerhafte Zuordnung entstanden sei. § 48 Abs. 3 BMV-Ä gelte jedoch nur für Fälle, in denen der Vertragsakt eine fehlerhafte Zuordnung vorgenommen habe. Daraus folge, dass Lese- und Übertragungsfehler davon nicht erfasst seien. Es sei auch unbeachtlich ob der Betrag im Falle einer Korrektur unter die budgetierte Gesamtvergütung falle.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die für Herrn C. S. geleisteten ärztlichen Behandlungskosten von 58,49 EUR (114,40 DM) zu erstatten.
2. die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt in der Sache vor, sie habe für das streitige Quartal die Kopfpauschale gemäß § 35 Abs. 1 SGB V für das Mitglied H. S. an die kassenärztliche Vereinigung entrichtet. Damit sei auch die ambulante ärztliche Behandlung des mitversicherten C. S. abgeholten. Die Beklagte könne daher nach dem Kopfpauschalensystem nicht mit verifizierbaren Kosten belastet werden. Bei dem vom Gesundheitszentrum abgerechneten Kosten handele es sich um budgetierte Leistungen, die mit in die Gesamtvergütung einfließen. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundessozialgerichts beziehe sich auf § 104 SGB X im Rahmen eines Erstattungsanspruches eines Sozialhilfeträgers gegenüber einer Krankenkasse. Die ambulanten ärztlichen Leistungen werden bei diesen Leistungsträgern nach unterschiedlichen Berechnungsmodellen abgewickelt, sodass ein Erstattungsanspruch durch den zuständigen Leistungsträger vorzunehmen sei. Hier handele es sich jedoch um eine Erstattung im Rahmen der Kopfpauschale. Die Grundvergütung werde durch die Mitgliederzahl der jeweiligen Kasse geteilt, wobei anspruchsberechtigte Familienangehörige keine Berücksichtigung fänden. Bei der Klägerin seien demnach für den Versicherten mangels einer bestehenden Mitgliedschaft keine bezifferbaren Aufwendungen entstanden. Dies ergebe sich auch so aus dem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 1994 (S 3 KR 554/94). Da mitversicherte Familienmitglieder bei der Berechnung der Kopfpauschale gerade keinen Anspruch hätten, sei unter den Krankenkassen grundsätzlich kein Erstattungsanspruch für vertragsärztliche Leistungen, die für einen Familienangehörigen erbracht worden seien, anzunehmen.
Die Beigeladenen zu 1) stellt keinen Antrag.
In der Sache trägt sie vor, das Klagebegehren der Klägerin sei nicht nachvollziehbar. Denn die Richtigstellung der eventuell fehlerhaften Kassenzuordnung hätte auf Antrag der Klägerin durch die Beigeladene zu 1) durch Korrektur der Kassenzuordnung und Änderung der Leistungsnachweise der Krankenkasse im Folgemonat auf der Grundlage des § 48 Abs. 3 BMV-Ä erfolgen können. Danach seien die Krankenkassen berechtigt, Anträge auf Schadensersatz an die Beigeladenen zu 1) zu stellen, wenn in der Abrechnung ein falscher Kostenträger angegeben worden sei. Dies gelte auch für die besonderen Kostenträger, um den es sich auch hier handele analog. Die Krankenkassen seien auch aufgrund der ihn übermittelten Daten in der Lage zu prüfen, ob sie für die ihn gegenüber abgerechneten Versicherten leistungspflichtig sind. Sie erhalten dazu gemäß § 3 des Datenträgeraustauschvertrages einen Datensatz zur Prüfung der Leistungspflicht, welche die Versicherungsnummer des Patienten beinhaltet. Das gelte gleichermaßen für die entsprechenden besonderen Kostenträger. Die Beklagte habe daher die Korrektur der fehlerhaften Kassenzuordnung richtig beschrieben. Die Klägerin müsste einen Berichtigungsantrag an die kassenärztliche Vereinigung stellen und werde dann um die 114,40 DM (58,49 EUR) entlastet, während die Beklagte mit dem gleichen Betrag belastet werde, der aber unter die budgetierte Gesamtvergütung falle und als Verrechnung im Formblatt 3 kein erneuten Zahlungsfluss durch die Beklagte auslöse.
Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam hat die Beigeladene nochmals erklärt, dass eine Korrektur über die Beigeladene zu 1) möglich gewesen wäre. Sie hätte die Zuordnung, wie bereits in den Schriftsätzen ausgeführt, korrigieren können.
Die Beigeladenen zu 2) stellt keinen Antrag.
In der Sache trägt sie vor, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, wieso es zu der fehlerhaften Abrechnung gekommen sei.
Mit Beschluss vom 24. März 2005 sind die Beigeladene zu 1) und 2) beigeladen worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie das Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten für C. S. (nachfolgend Patient) im Gesundheitszentrum im März 2000 in Höhe von 58,49 EUR.
Denn der Klägerin fehlt es schon an einem Rechtsschutzbedürfnis für die beim Sozialgericht anhängig gemachte Klage. Denn nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 1), den diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam am 19. September 2006 nochmals bekräftigt hat, hätte die Klägerin die falsche Abrechnung gegenüber der Beigeladenen zu 1) durch einen Korrekturantrag bei der Beigeladenen im Sinne des § 48 BMV-Ä stellen können.
Die Beigeladene zu 1) hätte dann die Klägerin mit dem Berichtigungsantrag um die 58,49 EUR entlastet und die Beklagte mit dem gleichen Betrag belastet. Aufgrund der budgetierten Gesamtvergütung wäre jedoch kein erneuter Zahlungsfluss durch die Beklagte ausgelöst.
Diese Korrektur der Kassenzuordnung hätte die Klägerin im Folgequartal vornehmen können. Wenn nunmehr aufgrund des abgelaufenen Zeitraums eine solche Korrektur durch die Beigeladene zu 1) nicht mehr erfolgt, führt dies jedoch nicht dazu, dass ein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin für die Inanspruchnahme der Sozialgerichte entsteht. Denn es liegt allein im Verantwortungsbereich der Klägerin selbst den Korrekturantrag bei der Beigeladenen zu 1) zu stellen, wäre sie mit diesem nicht durchgedrungen, hätte sie diesen Anspruch mit Hilfe der Sozialgerichte durchsetzen können.
Dies eröffnet ihr jedoch nicht die Möglichkeit diesen Anspruch gegenüber der Beklagten im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen. Denn auch für eine Klagebefugnis bei der allgemeinen Leistungsklage ist Voraussetzung, dass die Klägerseite nicht einfacher zu ihrem Recht kommen kann. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.
Dies gilt auch obwohl die Beklagte mitteilt, dass § 48 BMV-Ä nicht direkt auf den hier vorliegenden Fall zutrifft. Denn die Beigeladene zu 1) und auch die Beklagte haben ausdrücklich dargelegt, dass eine entsprechende Korrektur möglich ist. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigt.
Wenn die Klägerin also einen entsprechenden Fall gerichtlich überprüfen lassen will, kann sie dies erst, wenn ein entsprechender Korrekturantrag durch die Beigeladene zu 1) abgelehnt worden wäre, was hier nicht eben gerade anhand der vorgenannten Mitteilung nicht der Fall ist.
Nur unabhängig davon ist ergänzend vorzulegen, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. November 1998 zum Aktenzeichen B 1 KR 21/96 R, die sich mit einem Erstattungsan-spruch des Sozialhilfeträgers gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung auseinandersetzt, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. Denn der dort erstattungsberechtigte Sozialhilfeträgers steht außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenkassen und wird entgegen der Krankenkassen - die noch über Beiträge der Versicherten finanziert werden - aus Steuermitteln finanziert, sodass ihm gegenüber auch die Entrichtung der Gesamtvergütung an die kassenärztliche Vereinigung, die durch die Krankenkasse erfolgt ist, nicht entgegengehalten werden kann.
Etwas anderes muss allerdings im System der gesetzlichen Krankenversicherungen gelten, wonach die nach Kopfpauschalen berechnete Gesamtvergütung anhand der durchschnittlichen Mitgliederzahl im streitigen Zeitraum ermittelt wird und damit mit Entrichtung der Gesamtvergütung der Anspruch gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung und den Ärzten mit befreiender Wirkung erfolgt ist.
Auch befasst sich das Urteil des Bundessozialgerichts mit einem Versicherten, der zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend in die Leistungspflicht der Krankenkasse einbezogen worden ist. Auch dies ist hier ebengerade nicht der Fall. Denn hier ist nicht eine Rückwirkung durch eine Änderung des Versichertenstatus entstehende Leistungspflicht der Beklagten eingetreten, die Beklagte hat vielmehr die Gesamtvergütung, ausgehend von ihrem versicherten Mitglied – der Mutter des Patienten – für den Patienten gezahlt und daher auch ihren Leistungsanspruch gegenüber ihrem Versicherten erbracht, sodass auch ihm Rahmen der §§ 102 ff. SGB X kein weiterer Anspruch der Klägerin besteht.
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m.154 Abs. 1 VwGO.
Der Wert des Streitgegenstands folgt aus §§ 25 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 13 GKG (a.F.)
Die Berufung war nicht zuzulassen, da ein Fall des § 144 SGG nicht vorliegt. Das Gericht weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, da die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. November 1998 auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar ist. Auch grund-sätzliche Bedeutung ist aufgrund der im Urteil genannten klageabweisenden Gründe nicht erkennbar.
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