L 7 AS 4478/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 3914/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4478/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 16. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine an den Kläger im April 2006 ausgezahlte Einkommensteuererstattung als Einkommen bei der Berechnung von Grundsicherungsleistungen zu berücksichtigen ist.

Der 1954 geborene Kläger befand sich vom 4. Februar 2005 bis 14. März 2006 in Haft. Mit am 15. März 2006 bei der Beklagten eingegangenem Antrag vom 10. März 2006 beantragte er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der vom Kläger unterzeichnete Formularantrag war als Anlage einem Schreiben des Diakonieverbandes, Psychosoziale Beratungs- und ambulante Behandlungsstelle für Suchtgefährdete und Suchtkranke vom 10. März 2006 beigefügt, mit dem für den Kläger Leistungen nach SGB II in Form von Krankenversicherungsschutz und Taschengeld zur Durchführung seiner geplanten Therapie beantragt wurden. Am 15. März 2006 trat er eine von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg für 12 Wochen bewilligte stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einer Therapieeinrichtung für Drogenabhängige des Drogenhilfe e. V an, die er am 30. August 2006 nach Abschluss der Therapie verlies. Mit Bescheid vom 18. September 2006 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld gemäß § 117 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ab dem 31. August 2006 für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen und einem täglichen Leistungsbetrag von 40,56 Euro. Ebenfalls am 18. September 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut Leistungen nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom 15. März 2006 beantragte der Drogenhilfe e. V. bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab Aufnahme des Klägers am 15. März 2006 für den Fall, dass er keinen Anspruch auf Übergangsgeld bzw. Therapienebenkosten gegenüber dem Sozialamt habe.

Ausweislich der vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Auszüge zu seinem Konto bei der Dresdner Bank (Nr. 451 / 05 828 727 00) wurde diesem Konto eine Steuererstattung des Finanzamts Aalen von 380,36 EUR für Einkommensteuer 2004 und 6069,16 EUR für Einkommensteuer 2005, insgesamt 6449,52 EUR gutgeschrieben. Die vorgelegten Kontoauszüge schließen mit einem Guthaben per 28. April 2006 von 3.977,36 Euro ab.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 10. März 2006 ab, weil er sich ab 4. April 2005 in der JVA und anschließend in Therapie befunden habe. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Juni 2006, eingegangen bei der Beklagten am 3. August 2006, unter Verweis auf die Rechtsprechung des Sozialgerichts Heilbronn und des Landessozialgerichts (LSG) Widerspruch ein, wonach Zeiten der Haft und der Therapie nicht zusammengerechnet werden könnten. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. August 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück Er sei zwar zulässig, aber unbegründet, denn nach § 7 Abs. 4 SGB II hätten Personen, die für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht seien, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung seien den vollstationären Einrichtungen gleichgestellt.

Hiergegen hat der Kläger am 17. August 2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben (S 6 AS 3436/06). Nachdem der Kläger erklärt hatte, nach Beendigung der Therapie am 31. August 2006 wieder in sein Haus in W. zurückkehren zu wollen, ist der Rechtsstreit durch Beschluss vom 2. Oktober 2006 zuständigkeitshalber an das Sozialgericht Ulm (SG) verwiesen worden. Mit Schriftsatz vom 2. März 2007 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und für die Zeit vom 1. August 2006 bis zur Entlassung aus der Therapieeinrichtung die Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge übernommen, die Gewährung weiterer Leistungen nach dem SGB II jedoch abgelehnt, weil die dem Kläger überwiesene Steuererstattung in Höhe von 6449,52 EUR als Einkommen für einen Zeitraum von 6 Monaten einzusetzen sei und somit kein Taschengeldanspruch bestehe. Mit Schriftsatz vom 1. Juni 2007 hat die Beigeladene zu 3. dem Kläger für die Zeit vom 15. bis 31. März 2006 dem Grunde nach Leistungen nach dem SGB II gewährt. Im Erörterungstermin vor dem SG am 4. Juni 2007 hat der Kläger die Teilanerkenntnisse der Beklagten und der Beigeladenen zu 3. angenommen, jedoch weiterhin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. April 2006 begehrt. Er hat geltend gemacht, er habe zwei Kinder, an die er noch in der Zeit in der Therapieeinrichtung von der Steuerrückerstattung etwa 2000 Euro an Unterhalt bezahlt habe. Außerdem habe er noch Zins und Tilgung für sein Haus zu zahlen gehabt.

Durch Gerichtsbescheid vom 16. August 2007 hat das SG die Klage wegen fehlender Hilfebedürftigkeit abgewiesen. Zum einen müsse sich der Kläger die Steuererstattung, zum anderen aufgrund der vollstationären Unterbringung in der Rehabilitationseinrichtung die Vollverpflegung dort als Einkommen anrechnen lassen. Auch Kosten für Strom und Warmwasserbereitung, die im Regelsatz enthalten seien, seien dem Kläger nicht entstanden. Würde nur der Anteil für Vollverpflegung in Höhe von 35 v. H. von der Regelleistung (345 Euro) abgezogen, verbliebe ein Bedarf von monatlich 224,25 Euro. Dies ergäbe in fünf Monaten (April bis August 2006) einen Regelleistungsbedarf von 1121,25 Euro. Selbst wenn diesem Bedarf als Kosten der Unterkunft noch die vom Kläger für das Haus in W. bezahlte Grundsteuer (27,90 Euro) und ein im Juni 2006 fälliger vierteljährlicher Beitrag für ein Hypothekendarlehen in Höhe von 707,50 Euro hinzugerechnet würden, läge der Gesamtbedarf (1856,65 Euro) unter der Steuererstattung. Dies gälte selbst dann, wenn von diesem Einkommen die vom Kläger behaupteten Unterhaltszahlungen an seine beiden Kinder in Höhe von 2000 Euro und die im streitgegenständlichen Zeitraum fälligen laufenden Zinszahlungen für das Haus in W. in Höhe von insgesamt 2304,65 Euro (5 x 214,44 Euro + 5 x 246,49 Euro) abgezogen würden (6449,52 Euro - 2000 Euro - 2304,65 Euro = 2144,87 Euro).

Gegen den ihm am 23. August 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. September 2007 Berufung beim LSG eingelegt, mit der er sich gegen die Anrechnung der Steuererstattung als Einkommen wendet. Diese sei vielmehr nur als Vermögen anzusehen.

Nachdem das Verfahren im Hinblick auf die beim Bundessozialgericht (BSG) zu dieser Rechtsfrage anhängigen Revisionsverfahren mit Beschluss vom 27. Juni 2008 zum Ruhen gebracht und durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 wieder angerufen worden ist, hat der Kläger trotz der ihm übersandten Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. September 2008 (B 4 AS 29/07 R) mitgeteilt, an der Berufung festzuhalten.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 16. August 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. April bis 30. August 2006 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und den Inhalt der Leistungsakte Bezug genommen.

Der Beigeladene zu 2. beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten des SG zum Klage- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 3 3913/06 ER) und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten hat der Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden. In Rechtssachen, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagert sind, kann zur Straffung und Beschleunigung des Verfahrens die Entscheidungskompetenz gemäß § 155 Abs. 3 und 4 SGG vom Senat auf den Berichterstatter verlagert werden (BSG, Urteil vom 8. November 2007 - B 9/9a SB 3/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr. 2). Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen - wie hier - der Rechtsprechung des BSG gefolgt werden soll und die Rechtssache auch aus anderen Gründen keine grundsätzliche Bedeutung hat (BSG, a. a. O.).

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch statthaft. Im Streit steht der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2006, mit dem der Antrag des Klägers vom 10. März 2006 abgelehnt worden ist, mit der durch das Teilanerkenntnis der Beklagten gefundenen Modifikation. Dabei ist davon auszugehen, dass der Antrag nicht beschränkt war auf Leistungen in Form von Krankenversicherungsschutz und Taschengeld. Der Kläger hat in dem von ihm unterzeichneten Formularantrag eine solche Einschränkung nicht vorgenommen. Soweit das nicht vom Kläger unterschriebene Schreiben des Diakonieverbandes Schwäbisch Hall vom 10. März 2006 als leistungsreduzierter Antrag ausgelegt werden müsste, ist nicht erkennbar, dass der Diakonieverband ermächtigt war, dem Antrag des Klägers widersprechende Erklärungen abzugeben. Dass der Kläger nicht lediglich Krankenversicherungsschutz und Taschengeld begehrte, ergibt sich auch aus dem - allerdings ebenfalls nicht vom Kläger unterzeichneten - Schreiben des Drogenhilfe Tübingen e. V. vom 15. März 2006, mit dem die Gewährung von Alg II ab Aufnahme in der Einrichtung an diesem Tage beantragt worden war. Im Erörterungstermin vor dem SG hat der Kläger nochmals bestätigt, die Regelleistung und Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli sowie die Regelleistung für August 2006 geltend zu machen. Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier noch (bis 31. März 2008) geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) maßgebliche Beschwerdewert von 500 Euro ist daher überschritten und die Berufung somit kraft Gesetzes gemäß § 143 SGG statthaft.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, denn er gehört nicht zum Kreis der berechtigten Personen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Es bedarf daher keiner Entscheidung darüber, ob einem Anspruch des Klägers auch § 7 Abs. 4 SGB II in der vom 1. April bis 31. Juli 2006 gültigen Fassung vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) bzw. in der ab 1. August 2006 gültigen Fassung vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) entgegensteht, wonach SGB II-Leistungen u. a. nicht erhält, wer für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Ebenso offen bleiben kann, welcher Leistungsträger für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vorliegend im streitgegenständlichen Zeitraum während des Aufenthalts des Klägers in der Therapieeinrichtung zuständig gewesen ist.

Im Ergebnis hat das SG zu Recht festgestellt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht hilfebedürftig war. Die vom SG vorgenommenen Abzüge bei der Ermittlung des Hilfebedarfs für die dem Kläger in der Therapieeinrichtung gewährte Vollverpflegung finden im Gesetz allerdings keine Stütze.

Berechtigter nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist nur, wer u. a. hilfebedürftig ist (Nr. 3). Die Hilfebedürftigkeit ist in § 9 SGB II geregelt und setzt u. a. voraus, dass der Antragsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Das Leistungsprinzip des SGB II ist somit bedarfsorientiert und folgt insoweit dem im Sozialhilferecht herrschenden Bedürftigkeitsprinzip (BT-Drucks. 15/1516, S. 44 f., 55). Bedürftigkeit besteht danach, wenn die Summe der Mittel, die dem Hilfebedürftigen zur Deckung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stehen, seinen Bedarf nicht erreicht (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Dieser ergibt sich nach § 19 Satz 1 SGB II aus den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Sicherung des Lebensunterhalts erfolgt durch die Gewährung der Regelleistung, die gemäß § 20 Abs. 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben umfasst. Diese Regelleistung ist vom Gesetzgeber in pauschalierter Höhe festgesetzt worden und wird nach § 20 Abs. 4 Satz 1 SGB II jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rente angepasst. Anders als im Recht der Sozialhilfe, wo von einer individualisierten Berücksichtigung der Bedarfslagen ausgegangen wird (vgl. § 9 Abs. 1 SGB XII) und es der Individualisierungsgrundsatz zulässt, die Leistungen der Sozialhilfe nach den Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs zu bemessen, ist nach dem Leistungssystem des SGB II eine individuelle Bedarfsermittlung bzw. abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht bzw. nur unter den engen Voraussetzungen des § 23 SGB II vorgesehen. Dies gilt sowohl zu Lasten, aber auch zu Gunsten des Empfängers von Grundsicherungsleistungen (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 22/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 11 (Krankenhausverpflegung)). Eine Kürzung der pauschalierten Regelleistung wegen anderweitiger kostenloser Bedarfsdeckung - hier durch Unterkunft und Verpflegung in der Therapieeinrichtung - ist daher nicht zulässig (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 9/08 R - (juris); Urteil vom 18. Juni 2008, a. a. O.). Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist somit hier von einer ungekürzten Regelleistung in Höhe von 345 Euro auszugehen.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Im streitbefangenen Zeitraum ist dem Kläger in der Therapieeinrichtung eine Unterkunft zur Verfügung gestellt worden, für die er selbst keine Kosten zu tragen hatte. Er war (und ist nach wie vor) jedoch Eigentümer eines ca. 1600 qm großen Hausgrundstücks mit einem aus vier Zimmern, Küche, Bad bestehenden, ca. 100 qm großen Wohngebäude in W., in dem er vor seiner Inhaftierung am 4. Februar 2005 wohnte. Unter dieser Anschrift ist der Kläger inzwischen wieder gemeldet. Für den Erwerb dieses Grundstücks hat der Kläger Fremdmittel in Anspruch genommen, woraus sich finanzielle Belastungen auch im streitgegenständlichen Zeitraum ergeben haben. Während er im Antrag vom 10. März 2006 keine Angaben zur Höhe dieser Aufwendungen gemacht hat, hat er in dem Fortzahlungsantrag vom 18. September 2006 angegeben, als Eigentümer eines eigenen Hauses Schuldzinsen ohne Tilgungsraten in Höhe von 214,08 Euro monatlich bezahlen zu müssen (vgl. Zusatzblatt 1: Zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung). Außerdem ergibt sich aus den Eintragungen im Formularantrag vom 18. September 2006 sowie dem vorgelegten Schreiben der Lebensversicherung AG vom 5. September 2009, dass er zur Absicherung des für den Erwerb des Grundstücks bei der Bank AG aufgenommenen Darlehens (Nr. ) eine als Tilgungssurrogat für das Darlehen abgetretene und verpfändete Lebensversicherung bei der Lebensversicherung AG (Nr. ) abgeschlossen hat, in die er monatlich 89,22 Euro einbezahlt (Zusatzblatt 3: Zur Feststellung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers Ziff. 2.5 und Ziff. 5 a). Da der Kläger im Antrag vom 18. September 2006 keine weiteren Zinsbelastungen im Zusammenhang mit den Kosten der Unterkunft angegeben hat, ist davon auszugehen, dass diese, aber keine weitergehenden Belastungen auch im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden haben. Soweit der Kläger ein Schreiben der Dresdner Bank vom 25. September 2006 vorgelegt hat, in dem weitere vom Kläger zu zahlende Zins- und Tilgungsleistungen genannt werden, handelt es sich hierbei demnach nicht um Darlehen, die im Zusammenhang mit der vom Kläger bewohnten Unterkunft stehen. Dies gilt auch für ein vom SG in Ansatz gebrachtes Hypothekendarlehen der A. (Vertrags-Nr.: ). Werden die vom Kläger eingezahlten Beiträge (89,22 Euro/Monat) in die Lebensversicherung bei der A. Lebensversicherung AG als Tilgungssurrogat für das zum Erwerb des Hausgrundstücks benötigte Darlehen anerkannt, müssen sie gleichwohl nicht in jedem Fall als Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. Tilgungsleistungen als Bestandteil der Finanzierungskosten eines vom Hilfebedürftigen selbst bewohnten Eigenheims sind vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige andernfalls gezwungen wäre, sein Haus aufzugeben (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 - SozR 4-4200 § 22 Nr 13). Der Hilfebedürftige muss deshalb vor einer Inanspruchnahme staatlicher Leistungen alles unternehmen, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen so niedrig wie möglich zu halten (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, a.a.O.). Gerade wenn - wie hier - die Tilgung durch Einzahlungen in eine Lebensversicherung erfolgt, die an den Darlehensgeber abgetreten ist, kann je nach Vertragsgestaltung die Beitragsleistung auch auf Antrag ruhend gestellt und dadurch für die Zeit des Bezugs von Grundsicherungsleistungen die Tilgung ausgesetzt werden. Nur wenn eine solche Möglichkeit nicht besteht, kann die durch die Übernahme der Tilgungsraten beim Hilfeempfänger mittels staatlicher Leistungen geschaffene Vermögensmehrung zur Vermeidung des drohenden Verlusts des geschützten Schonvermögens (vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) gerechtfertigt sein (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, a.a.O.). Der Kläger hat entsprechende Angaben zur Beitragslast bei der A. Lebensversicherung AG nicht gemacht, sodass schon nicht feststellbar ist, ob er von ihm zu erwartende Bemühungen zur Aussetzung der Beitragsverpflichtung unternommen hat.

Doch selbst wenn die Beitragszahlungen von monatlich 89,22 Euro als Tilgungsleistung und zusätzlich die als laufende Unterkunftskosten zu berücksichtigende Grundsteuer in Höhe von monatlich 4,65 Euro als Kosten der Unterkunft anerkannt würden, ergäbe sich kein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II. Denn seinem danach bestehenden Gesamtbedarf von 652,95 Euro monatlich (345 Euro + 214,08 Euro + 89,22 Euro + 4,65 Euro) ist die ihm am 6. April 2006 überwiesene Steuerrückerstattung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gegenüber zu stellen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der in § 11 Abs. 1 SGB II genannten hier nicht einschlägigen Sonderfälle als Einkommen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst nicht. Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkommensteuererstattung handelt es sich um Einkommen i. S. des § 11 SGB II und nicht um Vermögen i. S. des § 12 SGB II (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - (juris)). Es entspricht ständiger, im Sozialhilferecht schon durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geprägter Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1999 - 5 C 14/98 - FEVS 51, 51 unter Aufgabe der Identitätstheorie; BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - (juris)), dass bei der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen auf den tatsächlichen Zufluss abzustellen und danach zu fragen ist, ob nach Antragstellung wertmäßig etwas zugeflossen ist (dann Einkommen) oder ob der Wertzufluss bereits vor Antragstellung stattgefunden hatte (dann Vermögen). Hiervon kann - entgegen der im Schreiben des Klägers vom 23. Januar 2009 geäußerten Auffassung - auch nicht im Hinblick darauf abgewichen werden, dass im Falle der Einkommensteuererstattung die zu Grunde liegende Forderung zu einem früheren Zeitpunkt fällig gewesen wäre, wenn der Erstattungsberechtigte eine andere steuerrechtliche Disposition getroffen hätte. Denn die Steuererstattung gehört nicht zu den bereits erlangten Einkünften, mit denen Vermögen angespart wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 57/07 R - (juris)). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Erstattungsgläubiger, mithin der Kläger, die zu hoch entrichtete Steuer nicht freiwillig (und zinslos) "angespart", sondern schlicht nicht früher erhalten hat (ebenso: BVerwGE 108, 296, 301). Sowohl der Umstand, dass die Steuerrückerstattung nicht verzinst wird, als auch die weiteren steuerrechtlichen Dispositionsmöglichkeiten (Eintragung eines Freibetrages oder Wahl einer anderen Steuerklasse), zeigen, dass die Steuererstattung kein Rückfluss von Vermögen ist und es sich hierbei nicht um "Vermögensaufbau" handelt. Der Erstattungsbetrag bleibt vielmehr, was er bei einer anderen Wahl der Steuerklasse gewesen wäre, nämlich Einkommen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - a.a.O.; Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - a.a.O.).

Soweit der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 21. März 2007 geltend gemacht hat, mit der Steuererstattung Rückstände für Zins- und Ratenzahlungen wegen seines Hauses und Unterhaltsrückstände gegenüber seinen beiden Kindern beglichen und dadurch die Steuererstattung binnen weniger Tage verbraucht zu haben, ist dies schon angesichts der vorgelegten Auszüge seines Girokontos bei der Dresdner Bank (Konto-Nr.: 451/05 828 727 00), wonach er per 28. April 2006 noch über ein Guthaben von 3.977,36 Euro verfügte, nicht glaubhaft. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger aber auch aufgrund weiterer Umstände nicht durchdringen: Im Erörterungstermin vor dem SG hatte der Kläger zwar angegeben, zwei Kinder zu haben, aus den Verwaltungsakten ergibt sich dies jedoch so nicht. In dem am 10. März 2006 unterzeichneten Antragsformular hat der Kläger lediglich seine geschiedene Ehefrau Elise Regina Röllinghof als unterhaltspflichtige Angehörige außerhalb der Haushaltsgemeinschaft und im Antragsformular vom 19. September 2006 lediglich ein weiteres Kind Juao Vitu Röllinghof (geb. am 27. Dezember 2001) angegeben. Dies wird durch die vorgelegten Kontoauszüge bestätigt, wonach dem Kläger am 16. Februar, 16. März und 18. April 2006 von der Familienkasse Aalen jeweils für ein Kind Kindergeld in Höhe von 154 Euro überwiesen worden ist. Davon abgesehen, dass somit weder die tatsächliche Tilgung von Rückständen noch das grundsätzliche Bestehen von Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern nachgewiesen ist, könnten im Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden nicht vom Einkommen abgesetzt werden. Denn Einkommen ist zu förderst zur Sicherung des Lebensunterhalts des Hilfeempfängers einzusetzen, und zwar selbst dann, wenn er sich dadurch außerstande setzt, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 15; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Juni 2006 - L 29 B 314/06 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2007 - L 12 AS 12/06 - (beide juris)). Würden die nach seinem eigenen Vortrag für den Unterhalt seiner beiden Kinder im streitbefangenen Zeitraum erbrachten Unterhaltsleistungen in Höhe von 2.000 Euro von der erhaltenen Steuerrückerstattung abgezogen, verbliebe dem Kläger ein als Einkommen auf den gesamten Zeitraum vom 1. April bis 30. August 2006 anzurechnender und aufzuteilender Betrag von 4449,52 Euro.

Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" endet nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich über den so genannten "Verteilzeitraum". Dieser beginnt grundsätzlich gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Arbeitslosengeldverordnung (Alg II-V) i.d.F. vom 22. August 2005 (BGBl. I S. 2499) in dem Monat des Zuflusses der einmaligen Einnahme (Ausnahme: § 2 Abs. 3 Satz 2 Alg II-V) und erfasst zumindest den gesamten Bewilligungszeitraum, hier also den Zeitraum bis zum 30. August 2006. Während dieses Zeitraums bleibt die als Einkommen zu qualifizierende Einnahme Einkommen und wird nicht in dem, dem Monat des Zuflusses folgenden Monat zu Vermögen (BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - a.a.O.). Die einmalige Einnahme ist nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V als zu berücksichtigendes Einkommen und damit zur Deckung des Hilfebedarfs auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Wird das nach Abzug der behaupteten Unterhaltsleistungen verbleibende Einkommen von 4449,52 Euro auf den Bewilligungszeitraum vom 1. April bis 30. August 2006 verteilt, entfällt auf jeden Monat ein Betrag von 889,90 Euro, mit dem der Kläger seinen monatlichen Gesamtbedarf von 652,95 Euro im streitbefangenen Zeitraum selbst decken konnte. Da der Kläger somit seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften, nämlich aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern konnte, bestand für den streitbefangenen Zeitraum keine Hilfebedürftigkeit i.S. der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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