Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AL 919/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 45/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kurzarbeitergeld für das Personal einer Arztpraxis
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Januar 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 3.678,62 EUR zu zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Mitarbeiter des Klägers ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht.
Der Kläger praktiziert seit 1991 als niedergelassener Chirurg in eigener Praxis. Er ist Facharzt für Chirurgie und Durchgangsarzt. Am 23. Oktober 2002 reichte der Kläger eine Anzeige über Arbeitsausfall als Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer bei der Beklagten ein. Er zeigte an, dass die regelmäßig betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung vom 1. Oktober 2002 bis voraussichtlich gegebenenfalls März 2003 für den Gesamtbetrieb herabgesetzt werde. Der Arbeitsausfall beruhe darauf, dass er durch einen Schlaganfall vorübergehend nicht voll einsatzfähig sei und nur stundenweise in der Praxis tätig sein könne. Aus diesem Grund könnten auch die Arbeitnehmer nicht voll eingesetzt werden. Zur Vermeidung bzw. Verminderung des Arbeitsausfalles sei die Gewährung von Urlaub/Resturlaub bereits im September 2002 ausgeschöpft worden.
Mit Bescheid vom 1. November 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kurzarbeitergeld mit der Begründung ab, der eingetretene Arbeitsausfall sei vermeidbar. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18. November 2002 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis. Der Schlaganfall sei unvorhersehbar und nicht abwendbar gewesen. So habe ihn der Schlaganfall am 21. August 2002 unvorhergesehen getroffen und er sei mit einer Gehirnblutung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Anschließend sei er in die Reha-Klinik nach Bad D. verlegt worden, wo er am 7. Oktober 2002 entlassen worden sei. Seit 4. November 2002 sei er stundenweise arbeitsfähig. Da im August 2002 noch nicht absehbar gewesen sei, wie lange sein Ausfall dauern würde, habe man versucht, den Arbeitsausfall der Mitarbeiter über Urlaub und Abbummeln der Überstunden zu vermeiden. Insgesamt seien acht Arbeitsplätze sowie die Existenz des Arbeitgebers gefährdet gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus: Ein Arbeitsausfall sei erheblich, wenn er auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe. Unter einem unabwendbaren Ereignis sei allgemein ein Ereignis zu verstehen, welches unter den gegebenen nach der Besonderheit des Falles zu berücksichtigenden Umständen auch durch die äußerste diesen Umständen angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt weder abzuwehren noch seine schädlichen Folgen zu vermeiden seien. Hingegen gelte ein Arbeitsausfall als vermeidbar, wenn er auf betriebsorganisatorischen Gründen beruhe. Der vorübergehende nicht volle Einsatz des Klägers infolge eines Schlaganfalles sei den betriebsorganisatorischen Gründen zuzuordnen.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19. Dezember 2002 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Er hat beantragt, an ihn 1.852,87 EUR wegen Kurzarbeitergeld für den Abrechnungsmonat Oktober 2002, 1.141,84 EUR für den Abrechnungsmonat November 2002 und 676,91 EUR für den Monat Dezember 2002 zu zahlen. Hierzu hat er im Einzelnen eine Aufstellung, der beschäftigten Mitarbeiter, der von diesen zu leistenden, der geleisteten und der ausgefallenen Stunden, der Ausfallquote, dem Sollentgelt, dem Istentgelt, der Leistungsgruppe sowie der rechnerischen Leistungssätze nach den pauschalierten Nettoentgelten und dem auszuzahlenden Kurzarbeitergeld eingereicht. Danach erfüllten alle Mitarbeiterinnen die Ausfallquote von mindestens 10 %.
Auszugsweise stellen sich die Angaben wie folgt dar: Oktober 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 420,27 EUR A 2 793,46 EUR 200,47 EUR 592,99 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 565,97 EUR A 2 571,29 EUR 267,29 EUR 304,00 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 465,57 EUR A 2 653,05 EUR 219,56 EUR 433,49 EUR H. , M. 1.176,76 EUR 0,00 A 2 522,39 EUR - 522,39 EUR
November 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 537,15 EUR A 2 793,46 EUR 257,74 EUR 535,72 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 1.128,03 EUR A 2 571,29 EUR 502,50 EUR 68,79 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 1.409,57 EUR A 2 653,05 EUR 587,24 EUR 65,81 EUR H. , M. 1.175,97 EUR 587,97 EUR A 2 522,39 EUR 276,83 EUR 245,56 EUR H. , J. 971,45 EUR 485,93 EUR A 2 455,06 EUR 229,10 EUR 225,96 EUR
Dezember 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 829,83 EUR A 2 793,46 EUR 391,39 EUR 402,07 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 1.182,87 EUR A 2 571,29 EUR 522,39 EUR 48,90 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 1428,45 EUR A 2 653,05 EUR 592,13 EUR 60,92 EUR H. , M. 1.175,97 EUR 935,49 EUR A 2 522,39 EUR 440,14 EUR 82,25 EUR H. , J. 971,45 EUR 772,73 EUR A 2 455,06 EUR 372,29 EUR 82,77 EUR
Für weitere Einzelheiten und die genauen Ausfallquoten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Zur Begründung des Anspruchs hat der Kläger ausgeführt: Der Arbeitsausfall der Arbeitnehmer sei nicht vermeidbar gewesen, da er nicht auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht habe. Der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis. Unter einem unabwendbaren Ereignis seien insbesondere notstandsähnliche Situationen, welche von außen auf den Betrieb einwirken, zu verstehen. Hierzu zähle auch der Ausfall des Betriebsleiters. So habe das Bundessozialgericht eine auf einem Verkehrsunfall beruhende Krankheit des Betriebsleiters als unabwendbares Ereignis angesehen. Ein Betriebsausfall aufgrund einer Hirnblutung des Berufsträgers in einer Einzelpraxis könne und müsse nicht einkalkuliert werden. Gegen ein solches Ereignis könne auch keine Vorsorge getroffen werden. So könne er nicht einen "Reservearzt" beschäftigen, der in diesem extrem seltenen Fall parat stehe und einspringen könne. Im Zeitraum der Erkrankung des Klägers sei auch kein persönlicher Vertreter für eine Facharztvertretung verfügbar gewesen. Auch bei äußerster Sorgfalt und Umsicht sei es für den Kläger daher nicht möglich gewesen, Vorsorge für eine kurzfristige, schwerwiegende Krankheit zu treffen. Eine Unvermeidbarkeit sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn es theoretisch eine Möglichkeit gäbe, sich gegen das Risiko zu versichern.
Mit Urteil vom 31. Januar 2006 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger sei es zumutbar gewesen, einen Arztvertreter zu bestellen. Es sei gerichtsbekannt, dass in zahlreichen Fachzeitschriften Fachärzte ihre Dienste für Praxisvertretungen anböten. Insofern sei der Arbeitsausfall im Zusammenhang mit dem Schlaganfall des Klägers nicht unvermeidbar gewesen. Für die Fälle eines Praxisvertreters sei auch eine Haftpflichtversicherung gegeben.
Gegen dieses ihm am 24. März 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. April 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Einstellung eines Vertreters müsse wirtschaftlich möglich sein. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Vergütung eines weiteren Arztes könne die Praxis wirtschaftlich nicht tragen, selbst wenn die Einstellung temporär wäre. Insbesondere in einer Krankheitsphase, wenn er keine Einnahmen erziele, könne er die Vergütung eines weiteren Arztes nicht tragen. Er habe sich umfangreich bemüht, kurzfristig einen Praxisvertreter zu finden. Nach der Auskunft der örtlichen kassenärztlichen Vereinigung sei im betreffenden Zeitraum kein Vertreter verfügbar gewesen. Auch in den von ihm abonnierten einschlägigen Zeitschriften "Der Chirurg" und "Das Gesundheitswesen" habe er keine Interessenten für eine Vertretung gefunden. Eine eigene Anzeige sei wegen der langen Vorlaufzeit bis zum Abdruck für die kurzfristige Suche nicht erfolgversprechend gewesen. Bei der hiesigen berufsgenossenschaftlichen Klinik "B. " sei eine Anfrage nach einem Vertreter negativ beantwortet worden. Bereits unmittelbar nach Eintritt der Erkrankung habe er über seine Ehefrau den ihm bekannten Facharzt für Chirurgie Dr. N. , der sich im Vorruhestand befindet, angesprochen. Dieser habe sich zur Praxisvertretung bereit erklärt und die Stelle auch unmittelbar angetreten. Er habe jedoch nach zehn Tagen erklärt, dass er die Vertretung nicht weiter fortführen könne, weil er sich den Anforderungen nicht gewachsen fühle. Nach der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts käme Kurzarbeitergeld für Kleinunternehmen oder Einzelpraxen nie in Betracht, da jeder Arbeitsausfall des Betriebsleiters vermeidbar sei. Er habe jedoch keinen Praxisvertreter gefunden. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Praxisstandort des Klägers nicht besonders attraktiv sei. Privatliquidationen kämen so gut wie nicht vor. Aus diesen Gründen wäre der Kläger auch nicht in der Lage gewesen, den Vergütungsvorstellungen eines Vertreters der alten Bundesländer zu entsprechen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kurzarbeitergeld für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 3.678,62 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie verweist darauf, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, sich als Selbständiger gegen das Risiko der Krankheit zu versichern. Bei der Prüfung, ob eine Vertretung möglich gewesen ist, sei nicht nur der Blick auf die Region H. zu werfen. Da hier überhaupt keine Vorkehrungen zur Vertretung getroffen seien, komme die Gewährung von Kurzarbeitergeld nicht in Betracht. Es wäre dem Kläger zumutbar gewesen, sich im Vorfeld mit einer Art von Praxisvertretung zu befassen, um im Ernstfall kurzfristig reagieren zu können. Der Kläger hätte eine Praxisausfallversicherung in Höhe des Umsatzausfalles abschließen können, um den Schaden zu begrenzen.
Der Berichterstatter hat eine Auskunft bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt zu der Möglichkeit von kurzfristigen Vertretungen im Kammerbezirk eingeholt. In ihrem Schreiben vom 1. Februar 2008 hat die Ärztekammer Sachsen-Anhalt ausgeführt, dass Bedenken gegen die Einstellung eines Vertreters nicht bestünden soweit dieser die gleichen Qualifikationen wie der Praxisinhaber habe. Es gebe zunehmend Ärzte, die ihren Unterhalt nur aus der Übernahme von Vertretungen bestritten. Wie groß der Anteil der Fachärzte für Chirurgie hieran sei und damit auch, wie groß die Wahrscheinlichkeit, für die betroffene Praxis einen Vertreter zu finden, einzuschätzen sei, könne schwer beurteilt werden. Nach ihren sonstigen Erfahrungen für ihren Zuständigkeitsbereich würden sie eher geringe Erfolgsaussichten erwarten. Auf eine entsprechende Anfrage hat die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KV Sachsen-Anhalt) mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 geantwortet, dass Vertretungen für mehrere Monate zulässig seien und hiergegen bei einer Vertretung durch einen fachgleichen Facharzt keine Bedenken bestünden. Sie führe aus Servicegründen eine so genannte "Vertreterliste", auf der sich potentielle Interessenten für die Übernahme einer persönlichen Vertretung registrieren lassen könnten. Aktuell befänden sich hierauf zwei Chirurgen. Einer habe sich im Juni 2005 und ein weiterer im März 2007 registrieren lassen. Im Januar 2002 habe keine Registrierung eines Chirurgen vorgelegen. Dazu, ob die in Fachzeitschriften gesuchten Praxisvertretungen sich auch auf Facharztpraxen für Chirurgie bezögen, könne keine Aussage gemacht werden.
Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, dass der Abschluss einer Praxisausfallversicherung für den Umsatzausfall wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen sei. Die Beiträge stiegen mit dem Lebensalter. Nach einer von ihm durchgeführten Recherche sei es mit Vollendung des 50. Lebensjahres regelmäßig nicht mehr möglich, eine abschlussbereite Versicherung zu finden. Zudem ergebe sich eine monatliche Beitragslast in Höhe von ca. 400,00 EUR allein schon bei einer Versicherung an der unteren Grenze des zu versichernden Risikos.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2002 ist rechtswidrig. Der Kläger hat als Prozessstandschafter für seine Arbeitnehmer deren Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 3.678,62 EUR gegen die Beklagte geltend gemacht.
Es handelt sich um eine Anfechtungs- und Leistungsklage. Lehnt die Arbeitsagentur schon auf die Anzeige des Arbeitsausfalls trotz des üblichen zweistufigen Verwaltungsverfahrens, bei dem auf der ersten Stufe eine Entscheidung über die allgemeinen und betrieblichen Voraussetzungen und auf der zweiten Stufe eine Entscheidung über den Leistungsantrag getroffen wird, die Leistung gänzlich ab, ist ausschließlich die Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige und zulässige Klageart (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 1995 – 7 RAr 28/94 – SozR 3-4100 § 64 Nr. 2). In diesem Fall liegt bereits im Widerspruch gegen den negativen Anerkennungsbescheid der erforderliche Leistungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 RAr 24/88 – SozR 4100 § 72 Nr. 11). Durch seinen Widerspruch vom 18. November 2002 hat der Kläger damit einen Leistungsantrag gestellt.
Nach § 169 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderungsrecht (SGB III) haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, die betrieblichen Voraussetzungen und die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt (nunmehr Arbeitsagentur) angezeigt worden ist. Dabei ist ein Arbeitsausfall nach § 170 Abs. 1 SGB III erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgeltes betroffen ist, wobei Auszubildende nicht mitzuzählen sind. Dem einzelnen Arbeitnehmer fehlt die Befugnis, seinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld geltend zu machen; dies macht sein Arbeitgeber als gesetzlicher Prozessstandschafter für ihn (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 15/04 R). Der Arbeitgeber hat nach dem System des SGB III den Arbeitsausfall anzuzeigen, dem Arbeitsamt die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nachzuweisen, und dieses innerhalb einer Ausschlussfrist zu beantragen (gem. §§ 169 Nr. 4, 173 Abs. 1 Satz 2, 320 Abs. 1, 323 Abs. 2 Satz 1, 325 Abs. 3 SGB III). Daneben kann nur noch die Betriebsvertretung den Arbeitsausfall anzeigen und den Antrag auf Kurzarbeitergeld stellen (gem. §§ 173 Abs. 1 Satz 2, 323 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Es lag ein erheblicher Arbeitsausfall im Sinne dieser Regelung vor.
Die Erkrankung des Klägers ist als unabwendbares Ereignis zu charakterisieren. Zur Vorgängervorschrift im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat der Regierungsentwurf ein unabwendbares Ereignis wie folgt beschrieben: "Jedes objektiv feststellbare Ereignis, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden war"; in einem solchen Fall "soll dem Betrieb die eingearbeitete Belegschaft erhalten bleiben, damit er alsbald nach Wegfall der Ursachen für den Arbeitsausfall die Produktion wieder voll aufnehmen kann" (Regierungsentwurf zum AFG 1969 BT-Drucks. V/2291 zu § 59 Abs. 1 Nr. 1 - S. 70). Die Aufzählung in § 170 Abs. 3 SGB III, wonach ein unabwendbares Ereignis insbesondere vorliegt, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht oder durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind, stellt keine abschließende Aufzählung solcher Ereignisse dar. Unter einem Ereignis ist ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen zu verstehen. Vielmehr kommen auch Unglücksfälle wie Tierseuchen, Explosionen usw. in Betracht. Auch der Verkehrsunfall des Betriebsleiters kann diesen Erfordernissen genügen (BSG, Urteil vom 21. Februar 1991 – 7 RAr 20/90 – zitiert nach juris). Die plötzliche unvorhergesehene Erkrankung des Klägers als Arzt in einer Einzelpraxis erfüllt ebenfalls diese Voraussetzungen. Die Erkrankung und die daraus resultierende nur stundenweise bestehende Arbeitsfähigkeit bewirkt unmittelbar, dass geringere Einnahmen durch Abrechnung von weniger ärztlichen Leistungen (gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. gegenüber dem Privatpatienten) erzielt werden können. Dadurch werden unmittelbar Anteile der Arbeitskraft der dem Arzt zuarbeitenden Kräfte in der Praxis entbehrlich und es entstehen Arbeitsausfälle.
Der Arbeitsausfall war auch nur vorübergehend. Der Kläger arbeitete bereits wieder stundenweise im Betrieb und konnte ab Januar 2003 die Arbeit wieder voll aufnehmen.
Der Arbeitsausfall war auch unvermeidbar. Nach § 170 Abs. 4 SGB III ist eine Arbeitsausfall unvermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt dabei insbesondere ein Arbeitsausfall, 1. der überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht, 2. bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder 3. bei der Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.
Zutreffend verweist der Kläger darauf, dass er im Vorfeld keine Vorkehrungen gegen einen längeren Arbeitsausfall durch eine schwere Erkrankung treffen konnte. Bei einer Einzelpraxis wäre ein "abrufbereiter" Kollege als Vertreter für nicht vorhersehbare, selten auftretende schwere Erkrankungen nicht kalkulierbar und nicht finanzierbar gewesen. Der Abschluss einer Versicherung gegen das Risiko des Arbeitsausfalles würde den Arbeitsausfall selbst nicht verhindern. Eine solche Versicherung könnte nur eine finanzielle Absicherung darstellen, um die Folgen des Arbeitsausfalles für die Arbeitnehmer zu mildern. Den Eintritt des Arbeitsausfalles würde ein solcher finanzieller Ausgleich nicht betreffen. Nur wenn mit der erlösten Versicherungssumme ein Vertreter bezahlt würde, könnte der Arbeitsausfall verhindert werden. Dies betrifft die später folgende Prüfung der Gegenmaßnahmen durch die Übernahme der Arztstelle durch einen Vertreter nach dem Beginn der Erkrankung. Im Übrigen verweist der Kläger auch zu Recht darauf, dass es wirtschaftlich kaum verkraftbar wäre, den gesamten Lohnausfall aller Arbeitnehmer durch eine solche Versicherung abzudecken. Die Versicherungsbeiträge dürften das Maß für ein nur selten auftretendes Risiko übersteigen.
Der Kläger hat auch nach dem Entstehen des Arbeitsausfalles alles in seiner Macht Stehende getan, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu beenden. Es gab keine geeigneten und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen der "Gegensteuerung". Insbesondere stand kein Fachkollege als Vertreter für die Arztstelle zur Verfügung. Dies steht für den Senat nach den Stellungnahmen der Ärztekammer, der KV Sachsen-Anhalt und der dargestellten vergeblichen Eigenbemühungen des Klägers fest. Bereits im August und September 2002 hatten die Arbeitnehmer ihren Resturlaub genommen und Überstunden abgebaut. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz, bestand auch nicht die Möglichkeit, einen Vertreter für die Arztstelle zu finden, worauf der Kläger verwiesen werden könnte. Eine solche Vertretung wäre nach § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten durch einen fachgleichen Facharzt bis zur Dauer von drei Monaten ohne weitere Genehmigung zulässig. Auch in der Berufshaftpflichtversicherung wäre der Vertreter nach Auskunft des Klägers mitversichert. Es gibt grundsätzlich auch Ärzte, die Vertretungen von Einzelarztpraxen übernehmen würden. Im vorliegenden Fall stand ein solcher Vertreter für eine chirurgische Einzelpraxis in H. kurzfristig jedoch nicht zur Verfügung. Der Kläger hat alles Zumutbare unternommen, um einen solchen Vertreter zu gewinnen. So hat er als Durchgangsarzt bei der örtlichen berufsgenossenschaftlichen Klinik vergeblich nachgefragt, ob dort tätige Ärzte in Teilzeit die Vertretung übernehmen könnten. Ein Fachkollege, der sich bereits in Vorruhestand befand, Dr. N. , hatte sich bereit erklärt, die Vertretung zu übernehmen, war jedoch bereits nach einigen Tagen der Belastung nicht gewachsen. Ein Vertreter für eine Chirurgische Praxis war auch auf der sog. Vertreterliste, die Interessenten für eine Vertretung einer Arztstelle in Sachsen-Anhalt benennt, nicht aufgeführt. Die KV berichtete, dass im Jahr 2002 kein Chirurg auf dieser Liste, welche aus Servicegründen geführt wird, gestanden hat. Der Kläger hat auch glaubhaft versichert, die einschlägigen Fachzeitschriften ("Der Chirurg" und "Deutsches Gesundheitswesen") auf Inserate für eine Vertretung erfolglos durchgesehen zu haben. Auch die Ärztekammer Sachsen-Anhalt sah nur geringe Erfolgsaussichten, in Fachzeitschriften einen solchen Interessenten für eine Vertretung zu finden. Der Umstand, dass sich auf der Vertreterliste für Sachsen-Anhalt keine Chirurgen haben registrieren lassen, zeigt möglicherweise auch, dass eine solche Vertretung in den "neuen" Bundesländern weniger attraktiv ist. Dies beruht auch auf dem geringeren Anteil an Privatliquidationen als in den "alten" Bundesländern und dem damaligen 10 % Abschlag bei den Gebühren.
Der Arbeitausfall hat auch zu einem Entgeltausfall von 1/10 bei mindestens 1/3 der Arbeitnehmer geführt. In den Monaten Oktober 2002 bis Dezember 2002 hatten jeweils alle Arbeitnehmer einen Ausfall von mindestens 10 % ihres Entgeltes. Der geringste Ausfall lag bei der Arbeitnehmerin B. im Dezember 2002 mit einer Ausfallquote von 11,36 % vor (Soll-Entgelt 1.334,47 EUR bei einem Ist-Entgelt von 1.182,87 EUR).
Im Betrieb ist mindestens regelmäßig ein Arbeitnehmer beschäftigt, so dass die betrieblichen Voraussetzungen nach § 171 SGB III vorliegen.
Daneben erfüllen die betreffenden Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen nach § 172 SGB III. Diese sind erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder aufgelöst ist und die Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen sind. Die betreffenden Arbeitnehmer haben ihrer Arbeitsverhältnisse fortgesetzt, und sind nicht als Unterhaltsgeldbezieher als Teilnehmer an einer beruflichen Weiterbildung oder als Bezieher von Krankengeld vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die betreffenden Arbeitnehmer an einer vom Arbeitsamt geforderten Vermittlung nicht mitgewirkt hätten (§ 172 Abs. 3 SGB III).
Für den begehrten Bezugszeitraum lag bereits eine Anzeige des Arbeitsausfalls vor. Der Kläger hat den Arbeitsausfall am 23.Oktober 2002 der Beklagten angezeigt. Da die Gewährung von Kurzarbeitergeld frühestens mit dem ersten Tag des Kalendermonats, in dem die Anzeige eingegangen ist, beginnt, hat der Kläger den Anspruch ab dem 1. Oktober 2002.
Den geforderten Antrag auf Kurzarbeitergeld innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des Anspruchszeitraums, für den Kurzarbeitergeld beantragt wird, nach §§ 323 Abs 2, 325 Abs. 3 SGB III hat der Kläger durch seinen Widerspruch gewahrt. Wie oben dargestellt liegt bereits im Widerspruch gegen den negativen Anerkennungsbescheid der erforderliche Leistungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 Rar 24/88 – SozR 4100 § 72 Nr. 11). Das Fehlen eines gesonderten Bescheides und eines diesbezüglichen Vorverfahrens über diesen Antrag ist unerheblich, da der Anspruch insgesamt abgelehnt wurde. In dem durchgeführten Vorverfahren ist die Leistungsablehnung selbst enthalten.
Die Höhe des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld ergibt sich aus §§ 178, 179 SGB III. Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld nicht den erhöhten Leistungssatz erfüllen, 60 % der Nettolohndifferenz im Anspruchszeitraum. Diese Nettolohndifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt. Nach der Tabelle zur Berechnung des Winterausfallgeldes und des Kurzarbeitergeldes in der SGB III- Leistungsentgeltverordnung 2002 können unter Beachtung der Leistungsgruppe die jeweiligen rechnerischen Leistungssätze für das Sollentgelt und das Istentgelt ermittelt werden. Die Differenz hieraus stellt das zu zahlende Kurzarbeitergeld dar. Das sich für die einzelnen Monate entsprechend zu errechnende Kurzarbeitergeld für die einzelnen Arbeitnehmer hat das Steuerberatungsbüro des Klägers in den Aufstellungen zutreffend errechnet.
Danach war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 SGG bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung eines Einzelfalles auf gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob für die Mitarbeiter des Klägers ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht.
Der Kläger praktiziert seit 1991 als niedergelassener Chirurg in eigener Praxis. Er ist Facharzt für Chirurgie und Durchgangsarzt. Am 23. Oktober 2002 reichte der Kläger eine Anzeige über Arbeitsausfall als Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld für seine Arbeitnehmer bei der Beklagten ein. Er zeigte an, dass die regelmäßig betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung vom 1. Oktober 2002 bis voraussichtlich gegebenenfalls März 2003 für den Gesamtbetrieb herabgesetzt werde. Der Arbeitsausfall beruhe darauf, dass er durch einen Schlaganfall vorübergehend nicht voll einsatzfähig sei und nur stundenweise in der Praxis tätig sein könne. Aus diesem Grund könnten auch die Arbeitnehmer nicht voll eingesetzt werden. Zur Vermeidung bzw. Verminderung des Arbeitsausfalles sei die Gewährung von Urlaub/Resturlaub bereits im September 2002 ausgeschöpft worden.
Mit Bescheid vom 1. November 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kurzarbeitergeld mit der Begründung ab, der eingetretene Arbeitsausfall sei vermeidbar. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18. November 2002 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis. Der Schlaganfall sei unvorhersehbar und nicht abwendbar gewesen. So habe ihn der Schlaganfall am 21. August 2002 unvorhergesehen getroffen und er sei mit einer Gehirnblutung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Anschließend sei er in die Reha-Klinik nach Bad D. verlegt worden, wo er am 7. Oktober 2002 entlassen worden sei. Seit 4. November 2002 sei er stundenweise arbeitsfähig. Da im August 2002 noch nicht absehbar gewesen sei, wie lange sein Ausfall dauern würde, habe man versucht, den Arbeitsausfall der Mitarbeiter über Urlaub und Abbummeln der Überstunden zu vermeiden. Insgesamt seien acht Arbeitsplätze sowie die Existenz des Arbeitgebers gefährdet gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus: Ein Arbeitsausfall sei erheblich, wenn er auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe. Unter einem unabwendbaren Ereignis sei allgemein ein Ereignis zu verstehen, welches unter den gegebenen nach der Besonderheit des Falles zu berücksichtigenden Umständen auch durch die äußerste diesen Umständen angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt weder abzuwehren noch seine schädlichen Folgen zu vermeiden seien. Hingegen gelte ein Arbeitsausfall als vermeidbar, wenn er auf betriebsorganisatorischen Gründen beruhe. Der vorübergehende nicht volle Einsatz des Klägers infolge eines Schlaganfalles sei den betriebsorganisatorischen Gründen zuzuordnen.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19. Dezember 2002 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Er hat beantragt, an ihn 1.852,87 EUR wegen Kurzarbeitergeld für den Abrechnungsmonat Oktober 2002, 1.141,84 EUR für den Abrechnungsmonat November 2002 und 676,91 EUR für den Monat Dezember 2002 zu zahlen. Hierzu hat er im Einzelnen eine Aufstellung, der beschäftigten Mitarbeiter, der von diesen zu leistenden, der geleisteten und der ausgefallenen Stunden, der Ausfallquote, dem Sollentgelt, dem Istentgelt, der Leistungsgruppe sowie der rechnerischen Leistungssätze nach den pauschalierten Nettoentgelten und dem auszuzahlenden Kurzarbeitergeld eingereicht. Danach erfüllten alle Mitarbeiterinnen die Ausfallquote von mindestens 10 %.
Auszugsweise stellen sich die Angaben wie folgt dar: Oktober 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 420,27 EUR A 2 793,46 EUR 200,47 EUR 592,99 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 565,97 EUR A 2 571,29 EUR 267,29 EUR 304,00 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 465,57 EUR A 2 653,05 EUR 219,56 EUR 433,49 EUR H. , M. 1.176,76 EUR 0,00 A 2 522,39 EUR - 522,39 EUR
November 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 537,15 EUR A 2 793,46 EUR 257,74 EUR 535,72 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 1.128,03 EUR A 2 571,29 EUR 502,50 EUR 68,79 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 1.409,57 EUR A 2 653,05 EUR 587,24 EUR 65,81 EUR H. , M. 1.175,97 EUR 587,97 EUR A 2 522,39 EUR 276,83 EUR 245,56 EUR H. , J. 971,45 EUR 485,93 EUR A 2 455,06 EUR 229,10 EUR 225,96 EUR
Dezember 2002 Name Sollentgelt Istentgelt LG Leistungssatz (Soll) Leistungssatz (Ist) Auszuzahlendes KUG W. , B. 2.147,43 EUR 829,83 EUR A 2 793,46 EUR 391,39 EUR 402,07 EUR B. , K. 1.334,47 EUR 1.182,87 EUR A 2 571,29 EUR 522,39 EUR 48,90 EUR M. , A. 1.636,13 EUR 1428,45 EUR A 2 653,05 EUR 592,13 EUR 60,92 EUR H. , M. 1.175,97 EUR 935,49 EUR A 2 522,39 EUR 440,14 EUR 82,25 EUR H. , J. 971,45 EUR 772,73 EUR A 2 455,06 EUR 372,29 EUR 82,77 EUR
Für weitere Einzelheiten und die genauen Ausfallquoten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Zur Begründung des Anspruchs hat der Kläger ausgeführt: Der Arbeitsausfall der Arbeitnehmer sei nicht vermeidbar gewesen, da er nicht auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht habe. Der Arbeitsausfall beruhe auf einem unabwendbaren Ereignis. Unter einem unabwendbaren Ereignis seien insbesondere notstandsähnliche Situationen, welche von außen auf den Betrieb einwirken, zu verstehen. Hierzu zähle auch der Ausfall des Betriebsleiters. So habe das Bundessozialgericht eine auf einem Verkehrsunfall beruhende Krankheit des Betriebsleiters als unabwendbares Ereignis angesehen. Ein Betriebsausfall aufgrund einer Hirnblutung des Berufsträgers in einer Einzelpraxis könne und müsse nicht einkalkuliert werden. Gegen ein solches Ereignis könne auch keine Vorsorge getroffen werden. So könne er nicht einen "Reservearzt" beschäftigen, der in diesem extrem seltenen Fall parat stehe und einspringen könne. Im Zeitraum der Erkrankung des Klägers sei auch kein persönlicher Vertreter für eine Facharztvertretung verfügbar gewesen. Auch bei äußerster Sorgfalt und Umsicht sei es für den Kläger daher nicht möglich gewesen, Vorsorge für eine kurzfristige, schwerwiegende Krankheit zu treffen. Eine Unvermeidbarkeit sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn es theoretisch eine Möglichkeit gäbe, sich gegen das Risiko zu versichern.
Mit Urteil vom 31. Januar 2006 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger sei es zumutbar gewesen, einen Arztvertreter zu bestellen. Es sei gerichtsbekannt, dass in zahlreichen Fachzeitschriften Fachärzte ihre Dienste für Praxisvertretungen anböten. Insofern sei der Arbeitsausfall im Zusammenhang mit dem Schlaganfall des Klägers nicht unvermeidbar gewesen. Für die Fälle eines Praxisvertreters sei auch eine Haftpflichtversicherung gegeben.
Gegen dieses ihm am 24. März 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. April 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Einstellung eines Vertreters müsse wirtschaftlich möglich sein. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Vergütung eines weiteren Arztes könne die Praxis wirtschaftlich nicht tragen, selbst wenn die Einstellung temporär wäre. Insbesondere in einer Krankheitsphase, wenn er keine Einnahmen erziele, könne er die Vergütung eines weiteren Arztes nicht tragen. Er habe sich umfangreich bemüht, kurzfristig einen Praxisvertreter zu finden. Nach der Auskunft der örtlichen kassenärztlichen Vereinigung sei im betreffenden Zeitraum kein Vertreter verfügbar gewesen. Auch in den von ihm abonnierten einschlägigen Zeitschriften "Der Chirurg" und "Das Gesundheitswesen" habe er keine Interessenten für eine Vertretung gefunden. Eine eigene Anzeige sei wegen der langen Vorlaufzeit bis zum Abdruck für die kurzfristige Suche nicht erfolgversprechend gewesen. Bei der hiesigen berufsgenossenschaftlichen Klinik "B. " sei eine Anfrage nach einem Vertreter negativ beantwortet worden. Bereits unmittelbar nach Eintritt der Erkrankung habe er über seine Ehefrau den ihm bekannten Facharzt für Chirurgie Dr. N. , der sich im Vorruhestand befindet, angesprochen. Dieser habe sich zur Praxisvertretung bereit erklärt und die Stelle auch unmittelbar angetreten. Er habe jedoch nach zehn Tagen erklärt, dass er die Vertretung nicht weiter fortführen könne, weil er sich den Anforderungen nicht gewachsen fühle. Nach der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts käme Kurzarbeitergeld für Kleinunternehmen oder Einzelpraxen nie in Betracht, da jeder Arbeitsausfall des Betriebsleiters vermeidbar sei. Er habe jedoch keinen Praxisvertreter gefunden. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Praxisstandort des Klägers nicht besonders attraktiv sei. Privatliquidationen kämen so gut wie nicht vor. Aus diesen Gründen wäre der Kläger auch nicht in der Lage gewesen, den Vergütungsvorstellungen eines Vertreters der alten Bundesländer zu entsprechen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kurzarbeitergeld für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 3.678,62 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie verweist darauf, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, sich als Selbständiger gegen das Risiko der Krankheit zu versichern. Bei der Prüfung, ob eine Vertretung möglich gewesen ist, sei nicht nur der Blick auf die Region H. zu werfen. Da hier überhaupt keine Vorkehrungen zur Vertretung getroffen seien, komme die Gewährung von Kurzarbeitergeld nicht in Betracht. Es wäre dem Kläger zumutbar gewesen, sich im Vorfeld mit einer Art von Praxisvertretung zu befassen, um im Ernstfall kurzfristig reagieren zu können. Der Kläger hätte eine Praxisausfallversicherung in Höhe des Umsatzausfalles abschließen können, um den Schaden zu begrenzen.
Der Berichterstatter hat eine Auskunft bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt zu der Möglichkeit von kurzfristigen Vertretungen im Kammerbezirk eingeholt. In ihrem Schreiben vom 1. Februar 2008 hat die Ärztekammer Sachsen-Anhalt ausgeführt, dass Bedenken gegen die Einstellung eines Vertreters nicht bestünden soweit dieser die gleichen Qualifikationen wie der Praxisinhaber habe. Es gebe zunehmend Ärzte, die ihren Unterhalt nur aus der Übernahme von Vertretungen bestritten. Wie groß der Anteil der Fachärzte für Chirurgie hieran sei und damit auch, wie groß die Wahrscheinlichkeit, für die betroffene Praxis einen Vertreter zu finden, einzuschätzen sei, könne schwer beurteilt werden. Nach ihren sonstigen Erfahrungen für ihren Zuständigkeitsbereich würden sie eher geringe Erfolgsaussichten erwarten. Auf eine entsprechende Anfrage hat die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KV Sachsen-Anhalt) mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 geantwortet, dass Vertretungen für mehrere Monate zulässig seien und hiergegen bei einer Vertretung durch einen fachgleichen Facharzt keine Bedenken bestünden. Sie führe aus Servicegründen eine so genannte "Vertreterliste", auf der sich potentielle Interessenten für die Übernahme einer persönlichen Vertretung registrieren lassen könnten. Aktuell befänden sich hierauf zwei Chirurgen. Einer habe sich im Juni 2005 und ein weiterer im März 2007 registrieren lassen. Im Januar 2002 habe keine Registrierung eines Chirurgen vorgelegen. Dazu, ob die in Fachzeitschriften gesuchten Praxisvertretungen sich auch auf Facharztpraxen für Chirurgie bezögen, könne keine Aussage gemacht werden.
Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, dass der Abschluss einer Praxisausfallversicherung für den Umsatzausfall wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen sei. Die Beiträge stiegen mit dem Lebensalter. Nach einer von ihm durchgeführten Recherche sei es mit Vollendung des 50. Lebensjahres regelmäßig nicht mehr möglich, eine abschlussbereite Versicherung zu finden. Zudem ergebe sich eine monatliche Beitragslast in Höhe von ca. 400,00 EUR allein schon bei einer Versicherung an der unteren Grenze des zu versichernden Risikos.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2002 ist rechtswidrig. Der Kläger hat als Prozessstandschafter für seine Arbeitnehmer deren Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 3.678,62 EUR gegen die Beklagte geltend gemacht.
Es handelt sich um eine Anfechtungs- und Leistungsklage. Lehnt die Arbeitsagentur schon auf die Anzeige des Arbeitsausfalls trotz des üblichen zweistufigen Verwaltungsverfahrens, bei dem auf der ersten Stufe eine Entscheidung über die allgemeinen und betrieblichen Voraussetzungen und auf der zweiten Stufe eine Entscheidung über den Leistungsantrag getroffen wird, die Leistung gänzlich ab, ist ausschließlich die Anfechtungs- und Leistungsklage die richtige und zulässige Klageart (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 1995 – 7 RAr 28/94 – SozR 3-4100 § 64 Nr. 2). In diesem Fall liegt bereits im Widerspruch gegen den negativen Anerkennungsbescheid der erforderliche Leistungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 RAr 24/88 – SozR 4100 § 72 Nr. 11). Durch seinen Widerspruch vom 18. November 2002 hat der Kläger damit einen Leistungsantrag gestellt.
Nach § 169 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderungsrecht (SGB III) haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, die betrieblichen Voraussetzungen und die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt (nunmehr Arbeitsagentur) angezeigt worden ist. Dabei ist ein Arbeitsausfall nach § 170 Abs. 1 SGB III erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgeltes betroffen ist, wobei Auszubildende nicht mitzuzählen sind. Dem einzelnen Arbeitnehmer fehlt die Befugnis, seinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld geltend zu machen; dies macht sein Arbeitgeber als gesetzlicher Prozessstandschafter für ihn (BSG, Urteil vom 25. Mai 2005 – B 11a/11 AL 15/04 R). Der Arbeitgeber hat nach dem System des SGB III den Arbeitsausfall anzuzeigen, dem Arbeitsamt die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nachzuweisen, und dieses innerhalb einer Ausschlussfrist zu beantragen (gem. §§ 169 Nr. 4, 173 Abs. 1 Satz 2, 320 Abs. 1, 323 Abs. 2 Satz 1, 325 Abs. 3 SGB III). Daneben kann nur noch die Betriebsvertretung den Arbeitsausfall anzeigen und den Antrag auf Kurzarbeitergeld stellen (gem. §§ 173 Abs. 1 Satz 2, 323 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Es lag ein erheblicher Arbeitsausfall im Sinne dieser Regelung vor.
Die Erkrankung des Klägers ist als unabwendbares Ereignis zu charakterisieren. Zur Vorgängervorschrift im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat der Regierungsentwurf ein unabwendbares Ereignis wie folgt beschrieben: "Jedes objektiv feststellbare Ereignis, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden war"; in einem solchen Fall "soll dem Betrieb die eingearbeitete Belegschaft erhalten bleiben, damit er alsbald nach Wegfall der Ursachen für den Arbeitsausfall die Produktion wieder voll aufnehmen kann" (Regierungsentwurf zum AFG 1969 BT-Drucks. V/2291 zu § 59 Abs. 1 Nr. 1 - S. 70). Die Aufzählung in § 170 Abs. 3 SGB III, wonach ein unabwendbares Ereignis insbesondere vorliegt, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht oder durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind, stellt keine abschließende Aufzählung solcher Ereignisse dar. Unter einem Ereignis ist ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen zu verstehen. Vielmehr kommen auch Unglücksfälle wie Tierseuchen, Explosionen usw. in Betracht. Auch der Verkehrsunfall des Betriebsleiters kann diesen Erfordernissen genügen (BSG, Urteil vom 21. Februar 1991 – 7 RAr 20/90 – zitiert nach juris). Die plötzliche unvorhergesehene Erkrankung des Klägers als Arzt in einer Einzelpraxis erfüllt ebenfalls diese Voraussetzungen. Die Erkrankung und die daraus resultierende nur stundenweise bestehende Arbeitsfähigkeit bewirkt unmittelbar, dass geringere Einnahmen durch Abrechnung von weniger ärztlichen Leistungen (gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. gegenüber dem Privatpatienten) erzielt werden können. Dadurch werden unmittelbar Anteile der Arbeitskraft der dem Arzt zuarbeitenden Kräfte in der Praxis entbehrlich und es entstehen Arbeitsausfälle.
Der Arbeitsausfall war auch nur vorübergehend. Der Kläger arbeitete bereits wieder stundenweise im Betrieb und konnte ab Januar 2003 die Arbeit wieder voll aufnehmen.
Der Arbeitsausfall war auch unvermeidbar. Nach § 170 Abs. 4 SGB III ist eine Arbeitsausfall unvermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt dabei insbesondere ein Arbeitsausfall, 1. der überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht, 2. bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder 3. bei der Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.
Zutreffend verweist der Kläger darauf, dass er im Vorfeld keine Vorkehrungen gegen einen längeren Arbeitsausfall durch eine schwere Erkrankung treffen konnte. Bei einer Einzelpraxis wäre ein "abrufbereiter" Kollege als Vertreter für nicht vorhersehbare, selten auftretende schwere Erkrankungen nicht kalkulierbar und nicht finanzierbar gewesen. Der Abschluss einer Versicherung gegen das Risiko des Arbeitsausfalles würde den Arbeitsausfall selbst nicht verhindern. Eine solche Versicherung könnte nur eine finanzielle Absicherung darstellen, um die Folgen des Arbeitsausfalles für die Arbeitnehmer zu mildern. Den Eintritt des Arbeitsausfalles würde ein solcher finanzieller Ausgleich nicht betreffen. Nur wenn mit der erlösten Versicherungssumme ein Vertreter bezahlt würde, könnte der Arbeitsausfall verhindert werden. Dies betrifft die später folgende Prüfung der Gegenmaßnahmen durch die Übernahme der Arztstelle durch einen Vertreter nach dem Beginn der Erkrankung. Im Übrigen verweist der Kläger auch zu Recht darauf, dass es wirtschaftlich kaum verkraftbar wäre, den gesamten Lohnausfall aller Arbeitnehmer durch eine solche Versicherung abzudecken. Die Versicherungsbeiträge dürften das Maß für ein nur selten auftretendes Risiko übersteigen.
Der Kläger hat auch nach dem Entstehen des Arbeitsausfalles alles in seiner Macht Stehende getan, um den Arbeitsausfall zu vermeiden oder zu beenden. Es gab keine geeigneten und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen der "Gegensteuerung". Insbesondere stand kein Fachkollege als Vertreter für die Arztstelle zur Verfügung. Dies steht für den Senat nach den Stellungnahmen der Ärztekammer, der KV Sachsen-Anhalt und der dargestellten vergeblichen Eigenbemühungen des Klägers fest. Bereits im August und September 2002 hatten die Arbeitnehmer ihren Resturlaub genommen und Überstunden abgebaut. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz, bestand auch nicht die Möglichkeit, einen Vertreter für die Arztstelle zu finden, worauf der Kläger verwiesen werden könnte. Eine solche Vertretung wäre nach § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten durch einen fachgleichen Facharzt bis zur Dauer von drei Monaten ohne weitere Genehmigung zulässig. Auch in der Berufshaftpflichtversicherung wäre der Vertreter nach Auskunft des Klägers mitversichert. Es gibt grundsätzlich auch Ärzte, die Vertretungen von Einzelarztpraxen übernehmen würden. Im vorliegenden Fall stand ein solcher Vertreter für eine chirurgische Einzelpraxis in H. kurzfristig jedoch nicht zur Verfügung. Der Kläger hat alles Zumutbare unternommen, um einen solchen Vertreter zu gewinnen. So hat er als Durchgangsarzt bei der örtlichen berufsgenossenschaftlichen Klinik vergeblich nachgefragt, ob dort tätige Ärzte in Teilzeit die Vertretung übernehmen könnten. Ein Fachkollege, der sich bereits in Vorruhestand befand, Dr. N. , hatte sich bereit erklärt, die Vertretung zu übernehmen, war jedoch bereits nach einigen Tagen der Belastung nicht gewachsen. Ein Vertreter für eine Chirurgische Praxis war auch auf der sog. Vertreterliste, die Interessenten für eine Vertretung einer Arztstelle in Sachsen-Anhalt benennt, nicht aufgeführt. Die KV berichtete, dass im Jahr 2002 kein Chirurg auf dieser Liste, welche aus Servicegründen geführt wird, gestanden hat. Der Kläger hat auch glaubhaft versichert, die einschlägigen Fachzeitschriften ("Der Chirurg" und "Deutsches Gesundheitswesen") auf Inserate für eine Vertretung erfolglos durchgesehen zu haben. Auch die Ärztekammer Sachsen-Anhalt sah nur geringe Erfolgsaussichten, in Fachzeitschriften einen solchen Interessenten für eine Vertretung zu finden. Der Umstand, dass sich auf der Vertreterliste für Sachsen-Anhalt keine Chirurgen haben registrieren lassen, zeigt möglicherweise auch, dass eine solche Vertretung in den "neuen" Bundesländern weniger attraktiv ist. Dies beruht auch auf dem geringeren Anteil an Privatliquidationen als in den "alten" Bundesländern und dem damaligen 10 % Abschlag bei den Gebühren.
Der Arbeitausfall hat auch zu einem Entgeltausfall von 1/10 bei mindestens 1/3 der Arbeitnehmer geführt. In den Monaten Oktober 2002 bis Dezember 2002 hatten jeweils alle Arbeitnehmer einen Ausfall von mindestens 10 % ihres Entgeltes. Der geringste Ausfall lag bei der Arbeitnehmerin B. im Dezember 2002 mit einer Ausfallquote von 11,36 % vor (Soll-Entgelt 1.334,47 EUR bei einem Ist-Entgelt von 1.182,87 EUR).
Im Betrieb ist mindestens regelmäßig ein Arbeitnehmer beschäftigt, so dass die betrieblichen Voraussetzungen nach § 171 SGB III vorliegen.
Daneben erfüllen die betreffenden Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen nach § 172 SGB III. Diese sind erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder aufgelöst ist und die Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen sind. Die betreffenden Arbeitnehmer haben ihrer Arbeitsverhältnisse fortgesetzt, und sind nicht als Unterhaltsgeldbezieher als Teilnehmer an einer beruflichen Weiterbildung oder als Bezieher von Krankengeld vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die betreffenden Arbeitnehmer an einer vom Arbeitsamt geforderten Vermittlung nicht mitgewirkt hätten (§ 172 Abs. 3 SGB III).
Für den begehrten Bezugszeitraum lag bereits eine Anzeige des Arbeitsausfalls vor. Der Kläger hat den Arbeitsausfall am 23.Oktober 2002 der Beklagten angezeigt. Da die Gewährung von Kurzarbeitergeld frühestens mit dem ersten Tag des Kalendermonats, in dem die Anzeige eingegangen ist, beginnt, hat der Kläger den Anspruch ab dem 1. Oktober 2002.
Den geforderten Antrag auf Kurzarbeitergeld innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten nach Ablauf des Anspruchszeitraums, für den Kurzarbeitergeld beantragt wird, nach §§ 323 Abs 2, 325 Abs. 3 SGB III hat der Kläger durch seinen Widerspruch gewahrt. Wie oben dargestellt liegt bereits im Widerspruch gegen den negativen Anerkennungsbescheid der erforderliche Leistungsantrag (vgl. BSG, Urteil vom 16. August 1989 – 7 Rar 24/88 – SozR 4100 § 72 Nr. 11). Das Fehlen eines gesonderten Bescheides und eines diesbezüglichen Vorverfahrens über diesen Antrag ist unerheblich, da der Anspruch insgesamt abgelehnt wurde. In dem durchgeführten Vorverfahren ist die Leistungsablehnung selbst enthalten.
Die Höhe des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld ergibt sich aus §§ 178, 179 SGB III. Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld nicht den erhöhten Leistungssatz erfüllen, 60 % der Nettolohndifferenz im Anspruchszeitraum. Diese Nettolohndifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt. Nach der Tabelle zur Berechnung des Winterausfallgeldes und des Kurzarbeitergeldes in der SGB III- Leistungsentgeltverordnung 2002 können unter Beachtung der Leistungsgruppe die jeweiligen rechnerischen Leistungssätze für das Sollentgelt und das Istentgelt ermittelt werden. Die Differenz hieraus stellt das zu zahlende Kurzarbeitergeld dar. Das sich für die einzelnen Monate entsprechend zu errechnende Kurzarbeitergeld für die einzelnen Arbeitnehmer hat das Steuerberatungsbüro des Klägers in den Aufstellungen zutreffend errechnet.
Danach war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 SGG bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung eines Einzelfalles auf gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung.
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