L 12 AS 3072/09 PKH-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 1527/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3072/09 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 26. Juni 2009 wegen Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit ab April 2009.

Der 1955 geborene Antragsteller ist selbstständig und erwarb 1994 mit Frau A. B. (B.) je zur Hälfte ein Hausgrundstück mit einer Fläche von 850 qm, Wohnfläche ca. 100 qm. Das Haus wird vom Antragsteller und B. bewohnt. Ab 1. Januar bis 30. Juni 2008 bezog der Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 347 EUR monatlich (Bescheid vom 14. Januar 2008). Bei Antragstellung gab er an, alleinstehend zu sein. Er erwarte Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit in Höhe von 300 bis 500 EUR und Ausgaben von 2000 bis 4000 EUR. Mit Schreiben vom 20. Juni 2009 gab der Antragsteller Einkünfte im ersten Quartal 2008 in Höhe von ca. 60 EUR an.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 23. Mai 2008 unter Vorlage betriebswirtschaftlicher Auswertungen bewilligte die Antragsgegnerin weiterhin vorläufig Leistungen für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2008 in Höhe von 143 EUR, wobei sie das Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit schätzte. Diesbezüglich ist vor dem Sozialgericht Ulm (SG) ein Klageverfahren anhängig (S 12 AS 4447/08).

Für den Folgezeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 wurden dem Antragsteller wiederum Leistungen in Höhe von 351 EUR vorläufig bewilligt (Bescheid vom 22. Dezember 2008). Diesbezüglich läuft vor dem SG ebenfalls ein Klageverfahren (S 12 AS 680/09).

Im März 2009 ließ die Antragsgegnerin durch die Sozialermittler H. und H. einen Hausbesuch durchführen. Dem hierüber gefertigten Aktenvermerk ist zu entnehmen, dass es sich um ein Einfamilienhaus mit neuem Anbau einer Doppelgarage handele. Der Antragsteller sei nicht zu Hause gewesen, B. sei im Garten angetroffen worden und habe angegeben, sie und der Antragsteller hätten das Haus gemeinsam gekauft, sie seien ein Paar und lebten schon lange Zeit in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen. Der Antragsteller sei selbstständig und verdiene nur sehr wenig. Sie habe genügend Geldmittel, um den Antragsteller zu versorgen, aber sie hätten einfach mal versuchen wollen, ob sie vom Staat Geld bekommen könnten. Was genau der Antragsteller beantragt habe, wisse sie nicht. Es sei sodann der Antragsteller vorgefahren und habe die Ermittler vom Grundstück verwiesen, nachdem ihm erklärt worden sei, um was es gehe.

Die Antragsgegnerin stellte daraufhin die Leistungen mit Schreiben vom 16. März 2009 vorläufig ein. Den hiergegen gerichteten Widerspruch verwarf sie als unzulässig. Das hiergegen gerichtete Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen S 12 AS 1475/09 geführt.

Mit Bescheid vom 22. April 2009 hob die Antragsgegnerin die Bewilligungen für die Zeit ab 1. Januar 2008 ganz auf und forderte einen Betrag in Höhe von 6.288,85 EUR zurück. Der Antragsteller lebe mit B. in eheähnlicher Gemeinschaft und sei nicht hilfebedürftig. Diesbezüglich ist ebenfalls ein Klageverfahren anhängig (S 12 AS 2137/09, Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2009).

Am 30. April 2009 hat der Antragsteller beim SG um einstweiligen Rechtsschutz ersucht für die Zeit ab 1. April 2009 und hierfür mit Schreiben vom 15. Mai 2009 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Am 25. Mai 2009 hat das SG einen Erörterungstermin durchgeführt, zu dem B. als Zeugin geladen war. Der Antragsteller hat angegeben, dass er und B. einmal ein Paar gewesen seien, jetzt jedoch nicht mehr. Auf den genauen Zeitpunkt wolle er sich nicht festlegen. Auf die konkrete Frage des SG nach Aufteilung und Zuschnitt der Wohnräume hat der Antragsteller keine Angaben gemacht. Eine Erklärung, dass er mit Vernehmung der B. einverstanden sei, auch wenn über seinen PKH-Antrag noch nicht entschieden sei, wollte der Antragsteller in dieser Form nicht abgeben, er hat angegeben, er stimme einer Vernehmung zu, wenn damit seine Leistungen nach dem SGB II weiter gewährt würden. Das SG hat daraufhin den Antragsteller um Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Benennung eines Anwalts gebeten und den Termin geschlossen. Am 19. Juni 2006 hat der Antragsteller die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben.

Mit Beschluss vom 26. Juni 2009 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. In der Sache sei der Antrag dahingehend auszulegen, dass er sich für die Zeit bis 30. Juni 2009 als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009 darstelle (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und für die Zeit ab 1. Juli 2009, für die keine Bewilligungsentscheidung vorliege, als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG).

Bei der im Rahmen des § 86b Abs. 1 SGG vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Interesse der Antragsgegnerin an der Vollziehung des Aufhebungsbescheids das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Nach summarischer Prüfung sprächen die weit überwiegenden Argumente für die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 22. April 2009. Gemäß § 45 Abs. 1, 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dürfe ein begünstigender Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Bewilligungsentscheidungen seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen gehabt habe, da er nicht hilfebedürftig gewesen sei. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB II sei bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. B. gehöre nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II zur Bedarfsgemeinschaft, es greife die Vermutung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II, da die Partner länger als ein Jahr zusammen lebten. Der Antragsteller habe eingeräumt, dass er und B. früher ein Paar gewesen seien. Auf einen Trennungszeitpunkt habe er sich nicht festlegen wollen, so dass bereits nicht glaubhaft gemacht sei, dass überhaupt eine Trennung erfolgt sei. Konkrete Angaben zum Zuschnitt zweier separater Wohnungen habe der Antragsteller im Erörterungstermin verweigert. Gegen das Bestehen separater Wohnungen spreche, dass es nur einen Briefkasten gebe. Aufgrund der eigenen Angaben von B. beim Hausbesuch im März 2009 sei davon auszugehen, dass ihr Einkommen zur Deckung ihres und des Bedarfs des Antragstellers ausreiche. Die Bewilligungsentscheidungen beruhten auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschangaben des Antragstellers, da dieser bei Antragstellung angegeben habe, er sei alleinstehend.

Für die Zeit ab 1. Juli 2009 komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht, weder Anordnungsgrund noch -anspruch seien glaubhaft gemacht.

Gegen den ihm am 27. Juni 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. Juli 2009 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Das einzige, was ihm vorgeworfen werden könne sei, dass keine zwei Briefkästen vorhanden seien, ansonsten stützten sich die Anschuldigungen nur auf Unwahrheiten. Eine eheähnliche Gemeinschaft mit B. bestehe nicht. Sie stelle für seine Versorgung kein Geld oder sonstige Unterstützungsleistungen zur Verfügung, es werde nicht zusammen gewirtschaftet. Es bestünden auch keine gemeinsamen Versicherungen und kein Zugriff auf die Konten bzw. das Bargeld des anderen. Teilungsgenehmigung und Abgeschlossenheitsbescheinigung für das Gebäude Z.str. lägen dem Gericht vor, womit auch dieser Vorwurf entkräftet sein sollte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 Sätze 1 und 2 SGG) ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG), sie ist indes nicht begründet. Das SG hat zurecht und mit zutreffender Begründung unter ausführlicher Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen den Antrag auf Gewährung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Der Senat verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen des SG und weist die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen. Soweit der Antragsteller auf die im Jahr 1994 vom Landratsamt A.-D.-Kreis ausgestellte Abgeschlossenheitsbescheinigung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 des Wohnungseigentumgsgesetzes (WEG) Bezug nimmt, ergibt sich daraus keine andere Beurteilung. Tatsächlich kann von einer wirksamen Aufteilung in Sondereigentum an zwei abgeschlossenen Wohneinheiten mangels Eintrag im Grundbuch (§ 4 Abs. 1 WEG) nicht ausgegangen werden. Nicht anders können auch die Ausführungen des Antragstellers verstanden werden, er könne doch seine Haushälfte nicht verkaufen, wenn die andere Hälfte nicht zum Verkauf stehe. Darüber hinaus sind allein maßgeblich die tatsächlichen Wohnverhältnisse. Angaben zum Zuschnitt des Hauses und ggf. Aufteilung der Nutzung einzelner Räume hat der Antragsteller im Erörterungstermin verweigert. Die Angaben von B. bei dem durchgeführten Hausbesuch lassen sich durch bloßes Bestreiten nicht entkräften. Am tatsächlichen Zusammenleben als Grundlage für die Vermutungswirkung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II bestehen nach alledem keine Zweifel.

Das SG ist auch nicht verpflichtet, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitere Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin B. durchzuführen. Die vorgenommene Interessenabwägung ist unter Berücksichtigung des eigenen Verhaltens und Vorbringens des Antragstellers nicht zu beanstanden.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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