L 9 R 5483/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 R 7498/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5483/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.11.2005.

Der am 29.11.1959 geborene Kläger hat vom 1.7.1981 bis 31.12.1983 Former gelernt und diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Vom 26.8.1986 bis 16.6.1988 hat er eine Ausbildung zum Staatlich geprüften Techniker - Fachrichtung Gießereitechnik - absolviert und vom 30.5. bis 22.6.1988 an einem Refa-Lehrgang Gießerei teilgenommen. Nach seinen Angaben war er bis 30.9.1989 als Gießereileiter beschäftigt. Danach arbeitete er als Lagerarbeiter, wobei er nach einem Bandscheibenvorfall eine Ausbildung als Fachkraft zur Lagerwirtschaft absolvierte. Zuletzt war er vom 10.1.2000 bis zu seiner Erkrankung am 26.1.2004 bei der B. A. B. GmbH & Co. MO.llspielwarenfabrik als Lagerarbeiter/Lagerleiter beschäftigt. Bei dieser Tätigkeit hatte er Waren im Lager einzuräumen, zu kommissionieren, zu verpacken sowie Pakete vom Band in Rollcontainern zu stapeln. Nach Einschätzung seines Arbeitgebers in der Auskunft vom 21.6.2005 handelte es sich dabei um eine Tätigkeit mit einer Anlernzeit von drei Monaten. Ab 8.3.2004 erhielt der Kläger Krankengeld bzw. Übergangsgeld; seit 18.8.2005 bezog er Arbeitslosengeld und nunmehr erhält er neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit Arbeitslosengeld II.

Vom 8.7. bis 29.7.2004 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in den Fachkliniken H ... Prof. Dr. H. nannte im Entlassungsbericht vom 4.8.2004 folgende Diagnosen: • Zustand nach sequestriertem Bandscheibenvorfall L5/S1 links, Operation am 15.6.2004 • Zustand nach zervikaler Fusion 1998 • Hyperurikämie • Schrumpfniere links, entließ den Kläger als arbeitsunfähig und führte aus, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen, auch eine Tätigkeit als Lagerarbeiter, könne der Kläger sechs Stunden und mehr verrichten.

Am 4.4.2005 beantragte der Kläger, bei dem nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch ein Grad der Behinderung von 50 seit 1.8.2004 anerkannt ist (Bescheid des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 15.9.2005), wegen Bandscheibenoperationen, Kniebeschwerden, Diabetes und Schrumpfniere die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger auf internistischem und orthopädischem Gebiet gutachterlich untersuchen (Gutachten der Internistin Dr. R. vom 12.5.2005 und des Chirurgen Dr. G. vom 9.6.2005). Die Internistin Dr. R. führte aus, eine wesentliche Leistungseinschränkung liege aus internistischer Sicht nicht vor. Der Kläger sei in der Lage, mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck sechs Stunden und mehr auszuüben, auch seine letzte Tätigkeit als Lagerleiter. Dr. G. gelangte unter Mitberücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet zum Ergebnis, der Kläger sei nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien langes Stehen, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten sowie Heben und Tragen von Lasten über 10 kg.

Mit Bescheid vom 24.6.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 7.7.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15.5.2006 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Grund eines Leistungsfalls vom 26.1.2004. Sie führte aus, vom 1.2.2004 bis 31.8.2005 werde die Rente in voller Höhe und ab 1.9.2005 wegen des Hinzuverdienstes (Bezug von Arbeitslosengeld) nicht gezahlt.

Mit Schreiben vom 14.6.2006 nahm der Kläger den Widerspruch die Zeit vom 1.2.2004 bis 31.10.2005 betreffend zurück. Für die Zeit ab 1.11.2005 begehrte er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er im November 2005 einen weiteren Bandscheibenvorfall erlitten habe und in seinem zuletzt ausgeübten Beruf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.9.2006 wies die Beklagte nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme bei Dr. G. vom 10.4.2006 den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht mit Bescheid vom 15.5.2006 stattgegeben worden war.

Hiergegen hat der Kläger am 11.10.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.11.2005 weiterverfolgte. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers, die Nervenärztin Dr. N., den Internisten Dr. A. sowie den Orthopäden Dr. O. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört (Auskünfte vom 16. und 20.11. sowie 19.12.2006) und danach ein neurologisch-psychiatrisches sowie - auf Antrag des Klägers - ein orthopädisches Gutachten eingeholt.

Dr. G.-P. hat im vom Amts wegen eingeholten Gutachten vom 13.3.2008 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Rezidivierende Lumbago • Sensomotorisches Wurzelreizsyndrom L5/S1 bei operiertem Bandscheibenvorfall 2004 sowie kernspintomographisch nachgewiesenen kleinen linken mediolateralen Bandscheibenvorfall L4/5 • Polyneuropathie der Beine ohne Tiefensensibilitätsataxie. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken sowie gleichförmige Körperhaltungen.

Der Orthopäde Dr. O. hat in dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten vom 30.6.2008 folgende Diagnosen gestellt: • Funktionsschwäche der Schulter-Nackenmuskulatur bei Zustand nach SpondylO.se C6/7 (Versteifungsoperation 1996) mit Belastungsschwäche der Schulter-Nackenmuskulatur • Schwäche der Rumpfmuskulatur bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 Juni 2004 mit Rezidivprolaps L4/5 mit deutlicher Belastungsschwäche des Achsenorgans mit Teillähmung des linken Beines bei Fußhebung und -senkung von 2/5 der Normkraft • Neurologisch gesicherte Zunahme der Schwäche des linken Beines seit Januar 2006, überlagert durch eine diabetische Polyneuropathie • Chondropathie patellae bei Dysplasie beidseits mit Belastungsschwäche der unteren Extremitäten • Zur Zeit Innenmeniskusläsion links mit Belastungsschwäche des linken Beines. Dr. O. ist zum Ergebnis gelangt, der Kläger sei noch "3-6 6 Stunden einsetzbar" für leichte Tätigkeiten. Wegen der dauerhaften Gesundheitsstörungen am Bewegungsapparats an zwei Wirbelsäulenabschnitten mit Lähmung des linken Beines sei dem Kläger eine mehr als sechsstündige tägliche Arbeit nicht mehr zumutbar.

Die Beklagte hat eine ärztliche Stellungnahme von Dr. G., Arzt für Allgemein- und Sozialmedizin, vom 13.8.2008 vorgelegt, der ausführt, eine körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung ohne Akkordarbeit, Körperzwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten könne der Kläger täglich noch mindestens sechs Stunden verrichten. Grundsätzliche Zweifel an einem mindestens sechsstündigen Leistungsbild ergäben sich auch aus den Angaben zum Lebensalltag im nervenärztlichen Gutachten nicht.

Mit Urteil vom 23.10.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Das SG folge insoweit den Ausführungen von Dr. R., Dr. G. und Dr. G.-P ... Nicht zu folgen vermöge das SG demgegenüber Dr. N. und Dr. O. im Hinblick auf deren Einschätzung, dass der Kläger nur noch drei bis sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten leistungsfähig sei. Dr. N. habe die quantitative Einschränkung schon nicht sozialmedizinisch nachvollziehbar begründet. Sofern die Beteiligten darüber stritten, ob Dr. O. überhaupt von einem herabgesetzten quantitativen Leistungsvermögen ausgehe, gehe das SG zunächst davon aus, dass Dr. O. den Kläger nicht mehr für vollschichtig leistungsfähig für leichte Tätigkeiten halte. Er begründe seine Einschätzung eines herabgesetzten quantitativen Leistungsvermögens damit, dass Gesundheitsstörungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen, und nicht nur in einem Abschnitt. Hierzu nehme er Bezug auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit. Dies sei für das SG nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Begutachtung zur Erwerbsfähigkeit sei nicht auf die Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte abzustellen, sondern es müsse konkret auf die körperliche Leistungsfähigkeit abgestellt und das Restleistungsvermögen ermittelt werden. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 29.10.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.11.2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, die vom SG durchgeführten Ermittlungen hätten zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Dr. N. und Dr. O. hätten sein Leistungsvermögen mit drei bis sechs Stunden eingeschätzt. Das SG sei jedoch den Gutachten gefolgt, die ihn für weitergehend leistungsfähig gehalten hätten. Bei unterschiedlichen Auffassungen von Fachärzten hätte für das SG Anlass bestanden, weiter zu ermitteln.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2008 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 24. Juni 2005 und 15. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. November 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, sie verweise auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Sie habe dem Kläger mit Bescheid vom 21.1.2009 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Berufsfindung/Arbeitserprobung bewilligt. Die Beklagte hat den Ergebnisbericht des Berufsförderungswerks Bad Wildbad über die in der Zeit vom 16.2. bis 20.2.2009 durchgeführte medizinische, sozialpsychologische und berufliche Diagnostik vom 19.3.2009 vorgelegt.

Mit Verfügung vom 3.6.2009 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nach Stellungnahme des Klägers hat der Senat mit Verfügung vom 25.6.2009 dem Kläger mitgeteilt, es verbleibe bei den bisherigen Hinweisen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.11.2005 an Stelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 3.6.2009 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung ergibt sich insbesondere nicht auf Grund des Ergebnisberichts des Berufsförderungswerks Bad Wildbad vom 19.3.2009.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass auf Grund der von der Beklagten und dem SG durchgeführten Beweiserhebungen auch nach Überzeugung des Senats der Sachverhalt umfassend aufgeklärt ist. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, das SG hätte angesichts abweichender Leistungsbeurteilungen der behandelnden Ärzte Dr. N. und Dr. O. weiter ermitteln müssen, ist dies nicht zutreffend. Vielmehr entscheidet das Gericht gem. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung würdigt das Gericht die einzelnen Beweismittel nach der Überzeugungskraft der jeweiligen Beweismittel, wobei es die ureigenste Aufgabe des Gerichts ist, sich mit einander widersprechenden Beweisergebnissen auseinander zu setzen. Dies hat das SG getan und nachvollziehbar und überzeugend begründet, warum es den Beurteilungen von Dr. N. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 16.11.2006 und Dr. O. im Gutachten vom 30.6.2008 nicht gefolgt ist. Darüber hinaus hat das SG zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass Dr. O. von einem Leistungsvermögen des Klägers unter sechs Stunden (drei bis unter sechs Stunden) ausgegangen ist, obwohl dieser in seinem Gutachten zu Punkt 3a (S. 7 des Gutachtens) ausführt, der Kläger sei noch "3-6 6 Stunden" einsetzbar und weiter unten zu diesem Punkt ausführt, ein vollschichtiges, d. h. mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen sei nicht mehr gegeben. Auch unter Punkt 3b führt er aus, dem Kläger sei auf Grund seiner Gesundheitsstörungen eine mehr als sechsstündige tägliche Arbeit nicht mehr zumutbar. Unabhängig von diesen Widersprüchlichkeiten hat das SG zutreffend dargelegt, dass nicht maßgebend ist, dass zwei Wirbelsäulenabschnitte des Klägers beeinträchtigt sind. Maßgebend allein ist vielmehr, welche Funktionseinschränkungen daraus resultieren und ob körperlich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich möglich sind. Darüber hinaus ist die Frage, ob eine volle Erwerbsminderung vorliegt, nicht nur eine medizinische, sondern vorrangig eine Rechtsfrage, über die vom Gericht zu entscheiden ist.

Soweit der Kläger auf die Beurteilung von Dr. N. abstellt, ist darauf hinzuweisen, dass ihre Einschätzung einer nur noch 3-6 stündigen Leistungsfähigkeit durch die umfassende gutachterliche Beurteilung von Dr. Göhlich-Posininsky widerlegt ist. Im Übrigen steht bei behandelnden Ärzten auch nicht die objektive gutachterliche Beurteilung des Leistungsvermögens des Versicherten im Vordergrund, sondern die Therapie. Die Einholung von sachverständigen Zeugenaussagen dient deswegen im Wesentlichen dazu, abzuklären, ob weiterer Ermittlungsbedarf auf Grund der angegebenen Diagnosen und sonstiger Einschätzungen besteht. So war die Beurteilung von Dr. N. auch Anlass für die Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Dr. G.-P., wofür ansonsten nach Aktenlage kein Anlass bestanden hätte.

Durch die medizinischen, sozialpsychologischen und berufsdiagnostischen Untersuchungen im Berufsförderungswerk Bad Wildbad werden die bisher erhobenen Befunde bzw. die bisherigen Beurteilungen von Professor Dr. H., Dr. R., Dr. G., Dr. G.-P. und Dr. G. im Wesentlichen bestätigt. Unerheblich ist, dass die medizinischen und sozialmedizinischen Untersuchungen im Berufsförderungswerks nur kurze Zeit dauerten, zumal der Kläger während des dreitätigen Aufenthalts bei verschiedenen Tätigkeiten und in unterschiedlichen Situationen beobachtet werden konnte und im Ergebnis nichts dagegen sprach, dass der Kläger leichte körperliche Arbeiten im Bewegungswechsel noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass - nach dem Grundsatz Rehabilitation vor Rente - durch eine aktivierende rehabilitative Unterstützung unter gleichzeitiger Bekämpfung des metabolischen Syndroms (Übergewicht, hoher Blutdruck, Diabetes II), wozu der Kläger allerdings motiviert sein müsste, eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit noch möglich wäre. Dem Bericht entnimmt der Senat auch, dass der Kläger im Rahmen der Arbeitserprobung ruhig und konzentriert arbeitete, eine schnelle Auffassungsgabe und sehr gute Merkfähigkeit zeigte und im Kontakt offen, freundlich und kooperativ war. Auch bei der Anamnese wirkte er offen, ruhig und mitteilsam und im Gespräch freundlich und aufgeschlossen. Das stimmt mit den Feststellungen von Dr. G.-P. überein, die beim Kläger keine Hinweise für eine depressive Herabgestimmtheit, eine hirnorganische Symptomatik O.r eine psychotische Desintegration fand. Die im Bericht angedeuteten psychiatrischen Auslenkungen (etwa die vom Kläger explizit geäußerte Bereitschaft, alle seine Energie und Intelligenz dem Kampf um die Vollrente zu widmen) sind im Rahmen der von der gerichtlichen Sachverständigen beschriebenen - insbesondere in Anbetracht der finanziellen Situation - frustrierten Persönlichkeit zu sehen, wobei im übrigen jedoch die Frustrationstoleranz nicht wesentlich erniedrigt war. Entscheidend für den Senat ist somit, dass sich aus dem Bericht des Berufsförderungswerks keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beurteilungen, die dem Urteil des SG zu Grunde liegen, unzutreffend wären. Für weitere Ermittlungen bestand daher kein Anlass.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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