Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 24 AS 33482/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 881/09 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 02. April 2009 für das Verfahren S 24 AS 33482/08 vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt S G gewährt. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 24 AS 33482/08) wendet sich der am 1979 geborene Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2008. Mit diesem Bescheid hob die Beklagte die dem Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung und des Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 17. Juni 2005 bis zum 30. November 2006 vollständig und für Dezember 2006 teilweise (in Höhe von 218,99 EUR) auf und forderte die Erstattung von insgesamt 10.261,03 EUR.
Hintergrund ist folgender: Auf dem Zusatzblatt 3 zu seinem Erstantrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) vom 17. Juni 2005 hatte der Kläger als Vermögen nur ein Girokontoguthaben von 1.942,- EUR angegeben. Nachdem die Beklagte ihm darauf bzw. auf entsprechende Folgeanträge Alg II bewilligt hatte (ab dem 01. Mai 2006 hatte sie nur noch Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie den Zuschlag nach § 24 SGB II gewährt, weil der Kläger seitdem Einkommen aus einem geförderten Beschäftigungsverhältnis erzielt hatte), erfuhr sie Anfang 2007 durch einen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, dass der Kläger über ein Konto bei der Landesbank Berlin verfügte, aus dem im Jahr 2005 ein Kapitalertrag von 126,- EUR erzielt worden war. Der Kläger, hierzu bzw zu einer möglichen Leistungsaufhebung-/Erstattung angehört, gab an, das Sparguthaben habe seinen Eltern zugestanden. Diese hätten ihn in Zeiten, in denen er wenig Geld gehabt habe, häufig finanziell unterstützt; insgesamt hätten sie ihm etwa 20.000,- EUR geliehen. Man habe mündlich vereinbart, dass dieses Geld zurückzuzahlen sei, sobald er dazu finanziell in der Lage sei und die Eltern selbst wieder Geld benötigten. Im März 2005, also lange vor Beginn seines Alg II-Bezuges, mit dem er damals nicht gerechnet habe, habe er das Konto zum Zwecke der Darlehenstilgung gekündigt, da seine Eltern das Geld für ihr im Jahr 2002 gekauftes Eigenheim gebraucht hätten. Das Guthaben habe er ua aus einer ihm zwischenzeitlich (ab November 2002) bewilligten Berufsunfähigkeitsrente angespart; im März 2005 habe er die letzte der vierteljährlichen Rentenzahlungen erhalten. Als Nachweis legte er eine Bescheinigung der Berliner Sparkasse vom 29. März 2005 vor, wonach das Sparkonto mit einem Guthaben von 15.857,44 EUR unter Beachtung der dreimonatigen Kündi-gungsfrist zum 29. Juni 2005 gekündigt worden und eine vorschussfreie Verfügung ab dem 30. Juni 2005 möglich sei (Bl 94 der Leistungsakte der Beklagten (LA)). Die Beklagte ging gleichwohl davon aus, dass es sich um Vermögen des Klägers gehandelt habe, das vorrangig zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einzusetzen gewesen sei, und erließ den angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Vortrag wiederholt, es habe sich um ihm nur darlehensweise zur Verfügung gestelltes Geld seiner Eltern gehandelt, das er diesen inzwischen zurückgezahlt habe.
Das SG Berlin hat mit Beschluss vom 02. April 2009 die Gewährung von Prozesskosten¬hilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der - wie der Kläger - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf seinen Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechts¬verfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mit dieser Bestimmung wird der Gesetzgeber seiner Verpflichtung gerecht, die aus Art 3 Abs 1 Grundgesetz grundrechtlich gesicherte Rechtsschutzgleichheit zu gewährleisten, die beinhaltet, den Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise zu eröffnen, insbesondere dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen (BVerfGE 81, 347 f). Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn § 114 ZPO von den Fachgerichten in einer Weise ausgelegt und angewandt wird, die Restriktionen vermeidet, die in Ansehung der dargestellten Zielvorstellung ver¬fassungs¬rechtlich unzulässig sind. Dazu gehört es, die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht zu überspannen, insbesondere die Prüfung schwieriger Sach- und Rechtsfragen nicht in das PKH-Verfahren vorzuverlagern, und bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs 2 ZPO) Un¬gleichheiten entgegenzuwirken, deren Ausmaß nach den Fähigkeiten der Beteiligten und dem Streit¬stoff variieren können (vgl BVerfG, Beschlüsse vom 30. August 2006 – 1 BvR 955/06 – und vom 18. Dezember 2001 - 1 BvR 391/01 - juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hat das SG der Klage zu Unrecht hinreichende Erfolgsaussichten abgesprochen. Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid begegnet jedenfalls in zweierlei Hinsicht rechtlichen Bedenken, die es nach den aufgezeigten Kriterien rechtfertigen, dem Kläger zur Durchführung des Klageverfahrens im Wege der PKH einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Dies gilt zum einen für die Frage, ob dem Kläger das ihm von der Beklagten im Rahmen der Bedarfsberechnung zugerechnete Vermögen im gesamten Aufhebungszeitraum auch tatsächlich zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stand (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 12 Rdnr 21). Die Beklagte ist insofern offenbar davon ausgegangen, dass der Kläger durchgehend über einen Vermögensbetrag verfügte, der den Freibetrag von insgesamt 5.950,- EUR überstieg (5.200,- EUR Grundfreibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. zzgl. 750,- Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, vgl die Berechnung der Beklagten Bl 98 der LA; zu beachten ist allerdings, dass sich der Grundfreibetrag des Klägers mit der Vollendung des 27. Lebensjahres im März 2006 auf 5.400,- EUR erhöhte, hingegen ab August 2006 wegen der gesetzlichen Reduzierung des Freibetrages pro vollendetem Lebensjahr von 200,- EUR auf 150,- EUR nur noch 4.050,- EUR betrug). Abgesehen davon, dass die Beklagte insofern keine näheren Ermittlungen angestellt hat, vielmehr ohne weiteres den unverminderten Bestand des von der Berliner Sparkasse unter dem 29. März 2005 bescheinigten Guthabens von 15.857,44 EUR sowie des vom Kläger bei erstmaliger Alg II-Antragstellung angegebenen Girokontoguthabens von 1.942,- EUR unterstellt hat, legt der – insofern von einer schriftlichen Erklärung seines Vaters gestützte (vgl. Bl. 109 der LA) - Vortrag des Klägers nahe, dass ihm das Sparguthaben (sofern man es ihm überhaupt jedenfalls zu Beginn des Leistungsbezugs zurechnen konnte, dazu unten) zumindest ab Anfang Juli 2005 wegen Zahlung an die Eltern nicht mehr zur Verfügung stand. Die vorliegende Problematik der Anrechnung von Vermögen nach § 12 SGB II – Erspartes wird nicht dadurch zu Einkommen, dass es abgehoben wird (vgl etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. März 2005 – B 7a/7 AL 10/04 R – juris Rdnr 15; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr 6) – ist nicht zu verwechseln mit der Problematik der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen als Einkommen i.S.v. § 11 SGB II, die nach § 2 Abs. 4 Satz 3 der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung im Wege "normativen Zuflusses" (also grundsätzlich unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen) auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen sind (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Eine Berücksichtigung von fiktivem Vermögen sieht das SGB II nicht vor. Selbst wenn ein Hilfebedürftiger Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder einen höheren Anspruch auf Alg II herbeizuführen, kann es lediglich nach § 31 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu einer Leistungsabsenkung (wobei gleichzeitig der Anspruch auf den Zuschlag nach § 24 SGB II entfällt) oder nach Maßgabe des § 34 SGB II zu Ersatzansprüchen hinsichtlich der erbrachten Leistungen kommen (vgl. Mecke, aaO).
Zudem stellt sich ernsthaft die Frage, ob dem Kläger das Sparguthaben im Aufhebungszeitraum jemals (jedenfalls zu dessen Beginn) zugerechnet werden konnte. Sein mit der erwähnten Erklärung seines Vaters untermauerter Vortrag, er habe das Sparkonto im März 2005 gekündigt, um eine Darlehensschuld gegenüber seinen Eltern in Höhe von etwa 20.000,- EUR zu erfüllen, lässt es jedenfalls als denkbar erscheinen, dass er das Guthaben (ggfs. nebst Zinsanspruch) seitdem nur noch treuhänderisch (im Wege einer verdeckten Treuhand) für seine Eltern verwaltete oder die Forderung gegen die Bank gar an seine Eltern abgetreten hatte. In beiden Fällen schiede eine Berücksichtigung des Sparguthabens als Vermögen des Klägers bei der Ermittlung seiner Leistungsberechtigung ab dem 17. Juni 2005 aus; für den Fall der (verdeckten) Treuhand, bei dem dem Treuhänder das Vermögensrecht übertragen und nur im Innenverhältnis nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung eingeschränkt ist, folgt dies aus der Überlegung, dass es einem Hilfebedürftigen nicht zugemutet werden kann, sein Vermögen in einer von der Rechtsordnung missbilligten und zudem strafbewehrten (§ 266 Strafgesetzbuch) Weise zu verwerten (vgl. Mecke, aaO, Rdnr 28). Ob ein Hilfebedürftiger einen als Vermögen zu berücksichtigenden Anspruch hat oder einer berücksichtigungsfähigen Verpflichtung ausgesetzt ist, beurteilt sich allein nach bürgerlichem Recht, wonach etwa die Publizität eines Treuhandkontos für das Widerspruchsrecht des Treugebers nach § 771 ZPO keine Voraussetzung ist. Allerdings sind an den Nachweis einer Forderungsabtretung oder Treuhandvereinbarung gerade im vorliegenden hilferechtlichen Zusammenhang im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Zur Klärung der Frage, ob und ggfs. mit welchem Inhalt der Kläger mit seinen Eltern entsprechende Vereinbarungen getroffen hat oder ob es sich bei seinem diesbezüglichen Vortrag um eine Schutzbehauptung handelt, wird das SG den Sachverhalt näher aufzuklären und alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen haben. Dabei liegt es nahe, den Kläger zunächst zur Vorlage von Auszügen aus dem Sparbuch heranzuziehen, um die Kontobewegungen ab dem Zeitpunkt nachzuvollziehen, zu dem die vorschussfreie Verfügung möglich war. Sollten sich trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im Rahmen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides trägt. Allerdings kann eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein, wenn in der Sphäre des Hilfebedürftigen liegende Umstände nicht aufklärbar sind (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 13. September 2006 – B 11a AL 19/06 R – juris; Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 04. September 2008 – 5 C 12/08 und 5 C 30/07 – jeweils mwN).
Erscheint nach alledem ein Erfolg des Klägers im Klageverfahren nicht fern liegend, war der Beschluss des SG vom 02. April 2009 aufzuheben und dem Kläger für das erstinstanzliche Verfahren PKH unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu gewähren.
Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe:
I.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 24 AS 33482/08) wendet sich der am 1979 geborene Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2008. Mit diesem Bescheid hob die Beklagte die dem Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung und des Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 17. Juni 2005 bis zum 30. November 2006 vollständig und für Dezember 2006 teilweise (in Höhe von 218,99 EUR) auf und forderte die Erstattung von insgesamt 10.261,03 EUR.
Hintergrund ist folgender: Auf dem Zusatzblatt 3 zu seinem Erstantrag auf Arbeitslosengeld II (Alg II) vom 17. Juni 2005 hatte der Kläger als Vermögen nur ein Girokontoguthaben von 1.942,- EUR angegeben. Nachdem die Beklagte ihm darauf bzw. auf entsprechende Folgeanträge Alg II bewilligt hatte (ab dem 01. Mai 2006 hatte sie nur noch Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie den Zuschlag nach § 24 SGB II gewährt, weil der Kläger seitdem Einkommen aus einem geförderten Beschäftigungsverhältnis erzielt hatte), erfuhr sie Anfang 2007 durch einen Datenabgleich mit dem Bundeszentralamt für Steuern, dass der Kläger über ein Konto bei der Landesbank Berlin verfügte, aus dem im Jahr 2005 ein Kapitalertrag von 126,- EUR erzielt worden war. Der Kläger, hierzu bzw zu einer möglichen Leistungsaufhebung-/Erstattung angehört, gab an, das Sparguthaben habe seinen Eltern zugestanden. Diese hätten ihn in Zeiten, in denen er wenig Geld gehabt habe, häufig finanziell unterstützt; insgesamt hätten sie ihm etwa 20.000,- EUR geliehen. Man habe mündlich vereinbart, dass dieses Geld zurückzuzahlen sei, sobald er dazu finanziell in der Lage sei und die Eltern selbst wieder Geld benötigten. Im März 2005, also lange vor Beginn seines Alg II-Bezuges, mit dem er damals nicht gerechnet habe, habe er das Konto zum Zwecke der Darlehenstilgung gekündigt, da seine Eltern das Geld für ihr im Jahr 2002 gekauftes Eigenheim gebraucht hätten. Das Guthaben habe er ua aus einer ihm zwischenzeitlich (ab November 2002) bewilligten Berufsunfähigkeitsrente angespart; im März 2005 habe er die letzte der vierteljährlichen Rentenzahlungen erhalten. Als Nachweis legte er eine Bescheinigung der Berliner Sparkasse vom 29. März 2005 vor, wonach das Sparkonto mit einem Guthaben von 15.857,44 EUR unter Beachtung der dreimonatigen Kündi-gungsfrist zum 29. Juni 2005 gekündigt worden und eine vorschussfreie Verfügung ab dem 30. Juni 2005 möglich sei (Bl 94 der Leistungsakte der Beklagten (LA)). Die Beklagte ging gleichwohl davon aus, dass es sich um Vermögen des Klägers gehandelt habe, das vorrangig zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einzusetzen gewesen sei, und erließ den angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Vortrag wiederholt, es habe sich um ihm nur darlehensweise zur Verfügung gestelltes Geld seiner Eltern gehandelt, das er diesen inzwischen zurückgezahlt habe.
Das SG Berlin hat mit Beschluss vom 02. April 2009 die Gewährung von Prozesskosten¬hilfe (PKH) mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet.
Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) ist einem Beteiligten, der - wie der Kläger - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf seinen Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechts¬verfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Mit dieser Bestimmung wird der Gesetzgeber seiner Verpflichtung gerecht, die aus Art 3 Abs 1 Grundgesetz grundrechtlich gesicherte Rechtsschutzgleichheit zu gewährleisten, die beinhaltet, den Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise zu eröffnen, insbesondere dem Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen (BVerfGE 81, 347 f). Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn § 114 ZPO von den Fachgerichten in einer Weise ausgelegt und angewandt wird, die Restriktionen vermeidet, die in Ansehung der dargestellten Zielvorstellung ver¬fassungs¬rechtlich unzulässig sind. Dazu gehört es, die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht zu überspannen, insbesondere die Prüfung schwieriger Sach- und Rechtsfragen nicht in das PKH-Verfahren vorzuverlagern, und bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs 2 ZPO) Un¬gleichheiten entgegenzuwirken, deren Ausmaß nach den Fähigkeiten der Beteiligten und dem Streit¬stoff variieren können (vgl BVerfG, Beschlüsse vom 30. August 2006 – 1 BvR 955/06 – und vom 18. Dezember 2001 - 1 BvR 391/01 - juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hat das SG der Klage zu Unrecht hinreichende Erfolgsaussichten abgesprochen. Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid begegnet jedenfalls in zweierlei Hinsicht rechtlichen Bedenken, die es nach den aufgezeigten Kriterien rechtfertigen, dem Kläger zur Durchführung des Klageverfahrens im Wege der PKH einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Dies gilt zum einen für die Frage, ob dem Kläger das ihm von der Beklagten im Rahmen der Bedarfsberechnung zugerechnete Vermögen im gesamten Aufhebungszeitraum auch tatsächlich zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stand (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 12 Rdnr 21). Die Beklagte ist insofern offenbar davon ausgegangen, dass der Kläger durchgehend über einen Vermögensbetrag verfügte, der den Freibetrag von insgesamt 5.950,- EUR überstieg (5.200,- EUR Grundfreibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. zzgl. 750,- Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, vgl die Berechnung der Beklagten Bl 98 der LA; zu beachten ist allerdings, dass sich der Grundfreibetrag des Klägers mit der Vollendung des 27. Lebensjahres im März 2006 auf 5.400,- EUR erhöhte, hingegen ab August 2006 wegen der gesetzlichen Reduzierung des Freibetrages pro vollendetem Lebensjahr von 200,- EUR auf 150,- EUR nur noch 4.050,- EUR betrug). Abgesehen davon, dass die Beklagte insofern keine näheren Ermittlungen angestellt hat, vielmehr ohne weiteres den unverminderten Bestand des von der Berliner Sparkasse unter dem 29. März 2005 bescheinigten Guthabens von 15.857,44 EUR sowie des vom Kläger bei erstmaliger Alg II-Antragstellung angegebenen Girokontoguthabens von 1.942,- EUR unterstellt hat, legt der – insofern von einer schriftlichen Erklärung seines Vaters gestützte (vgl. Bl. 109 der LA) - Vortrag des Klägers nahe, dass ihm das Sparguthaben (sofern man es ihm überhaupt jedenfalls zu Beginn des Leistungsbezugs zurechnen konnte, dazu unten) zumindest ab Anfang Juli 2005 wegen Zahlung an die Eltern nicht mehr zur Verfügung stand. Die vorliegende Problematik der Anrechnung von Vermögen nach § 12 SGB II – Erspartes wird nicht dadurch zu Einkommen, dass es abgehoben wird (vgl etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. März 2005 – B 7a/7 AL 10/04 R – juris Rdnr 15; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr 6) – ist nicht zu verwechseln mit der Problematik der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen als Einkommen i.S.v. § 11 SGB II, die nach § 2 Abs. 4 Satz 3 der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung im Wege "normativen Zuflusses" (also grundsätzlich unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen) auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen sind (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R – juris). Eine Berücksichtigung von fiktivem Vermögen sieht das SGB II nicht vor. Selbst wenn ein Hilfebedürftiger Vermögen in der Absicht vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder einen höheren Anspruch auf Alg II herbeizuführen, kann es lediglich nach § 31 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu einer Leistungsabsenkung (wobei gleichzeitig der Anspruch auf den Zuschlag nach § 24 SGB II entfällt) oder nach Maßgabe des § 34 SGB II zu Ersatzansprüchen hinsichtlich der erbrachten Leistungen kommen (vgl. Mecke, aaO).
Zudem stellt sich ernsthaft die Frage, ob dem Kläger das Sparguthaben im Aufhebungszeitraum jemals (jedenfalls zu dessen Beginn) zugerechnet werden konnte. Sein mit der erwähnten Erklärung seines Vaters untermauerter Vortrag, er habe das Sparkonto im März 2005 gekündigt, um eine Darlehensschuld gegenüber seinen Eltern in Höhe von etwa 20.000,- EUR zu erfüllen, lässt es jedenfalls als denkbar erscheinen, dass er das Guthaben (ggfs. nebst Zinsanspruch) seitdem nur noch treuhänderisch (im Wege einer verdeckten Treuhand) für seine Eltern verwaltete oder die Forderung gegen die Bank gar an seine Eltern abgetreten hatte. In beiden Fällen schiede eine Berücksichtigung des Sparguthabens als Vermögen des Klägers bei der Ermittlung seiner Leistungsberechtigung ab dem 17. Juni 2005 aus; für den Fall der (verdeckten) Treuhand, bei dem dem Treuhänder das Vermögensrecht übertragen und nur im Innenverhältnis nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung eingeschränkt ist, folgt dies aus der Überlegung, dass es einem Hilfebedürftigen nicht zugemutet werden kann, sein Vermögen in einer von der Rechtsordnung missbilligten und zudem strafbewehrten (§ 266 Strafgesetzbuch) Weise zu verwerten (vgl. Mecke, aaO, Rdnr 28). Ob ein Hilfebedürftiger einen als Vermögen zu berücksichtigenden Anspruch hat oder einer berücksichtigungsfähigen Verpflichtung ausgesetzt ist, beurteilt sich allein nach bürgerlichem Recht, wonach etwa die Publizität eines Treuhandkontos für das Widerspruchsrecht des Treugebers nach § 771 ZPO keine Voraussetzung ist. Allerdings sind an den Nachweis einer Forderungsabtretung oder Treuhandvereinbarung gerade im vorliegenden hilferechtlichen Zusammenhang im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Zur Klärung der Frage, ob und ggfs. mit welchem Inhalt der Kläger mit seinen Eltern entsprechende Vereinbarungen getroffen hat oder ob es sich bei seinem diesbezüglichen Vortrag um eine Schutzbehauptung handelt, wird das SG den Sachverhalt näher aufzuklären und alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen haben. Dabei liegt es nahe, den Kläger zunächst zur Vorlage von Auszügen aus dem Sparbuch heranzuziehen, um die Kontobewegungen ab dem Zeitpunkt nachzuvollziehen, zu dem die vorschussfreie Verfügung möglich war. Sollten sich trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im Rahmen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides trägt. Allerdings kann eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein, wenn in der Sphäre des Hilfebedürftigen liegende Umstände nicht aufklärbar sind (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 13. September 2006 – B 11a AL 19/06 R – juris; Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 04. September 2008 – 5 C 12/08 und 5 C 30/07 – jeweils mwN).
Erscheint nach alledem ein Erfolg des Klägers im Klageverfahren nicht fern liegend, war der Beschluss des SG vom 02. April 2009 aufzuheben und dem Kläger für das erstinstanzliche Verfahren PKH unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu gewähren.
Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
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