Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3408/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1560/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1959 geborene Kläger kam im August 1968 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Nach seinen Angaben brach er eine Lehre als Kfz-Mechaniker ab und arbeitete als Lackierer, Abfüller, Lagerarbeiter und LKW-Fahrer sowie zwischenzeitlich als selbstständiger Betreiber einer Diskothek. Sein letztes Arbeitsverhältnis als Lagerist und LKW-Fahrer endete zum 31.12.2002.
Vom 3.12. bis 23.12.2003 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Markgräferland-Klinik Bad Bellingen. Die dortigen Ärzte entließen den Kläger als arbeitsunfähig und führten aus, als Lager- und Transportarbeiter sei der Kläger lediglich unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen könne er täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten. Nach dem Bezug von Kranken- und Übergangsgeld erhielt der Kläger vom 23.3.2004 bis 16.9.2005 Arbeitslosengeld und seit 17.9.2005 Arbeitslosengeld II.
Am 24.11.2005 beantragte der Kläger, bei dem ein Grad der Behinderung von 60 ab 4.10.2001 festgestellt ist, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von dem Internisten Dr. B. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 28.12.2005 folgende Diagnosen: • Halswirbelsäulen(HWS)-Schulter-Arm-Syndrom links mit mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung • Belastungsabhängige Lumboischialgie links bei Fehlbildung im Bereich des Rückenmarks • Depressionsneigung (Dysthymie) mit somatoformer Schmerzstörung • Diätpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2b bei mäßigem Übergewicht • Chronische Perianalfistel • Migräneneigung • Wiederkehrende Nesselsucht (Urticaria). Als Lager- und Transportarbeiter sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte, rückengerechte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne Überkopfarbeiten des linken Armes und ohne häufige Drehbewegungen der HWS könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 10.1.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 18.1.2006 ließ die Beklagte den Kläger vom Neurologen und Psychiater Dr. Sch. begutachten. Dieser stellte im Gutachten vom 8.3.2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Normvariante der Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und einer Vielzahl von psychosomatischen Beschwerden und Ängsten • Multifaktoriell, vorwiegend jedoch persönlichkeitsbedingte sowie reaktive Depressivität von derzeit leichtgradiger bis bestenfalls mittelgradiger Ausprägung • Zervikales Reizsyndrom nach zervikaler Operation ohne radikuläre neurologische Ausfälle. Tätigkeiten als Hilfsarbeiter sowie körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer Belastung der Halswirbelsäule sowie mit geistig-psychischem Stress. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.9.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers, den Neurologen und Psychiater Dr. D., den Orthopäden Dr. D., die Ärztin für Allgemeinmedizin und Innere Medizin Dr. G. und den Neurologen Dr. F. sowie den Dipl. Psych. und Päd. F. als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 25.1., 18.1., 6.2., 15.10. und 25.9.2007) und beauftragte den Arzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. mit der Erstattung eines Gutachtens.
Dr. Sch. stellte beim Kläger im Gutachten vom 21.12.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet • Depressive Störung leichten Ausmaßes bei prädisponierender depressiv veranlagter Persönlichkeitsstruktur • Medikamenten-Noncompliance • Anamnestisch Benzodiazepinabusus
sowie auf sonstigem Gebiet • Degeneratives Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndrom mit sensibler L5-Radikulopathie links ohne relevante Funktionseinschränkungen • HWS-Syndrom mit Zustand nach Operation im HWS-Bereich und persistierender sensibler Störung im Segment C 6 links. Er führte aus, die Laborwerte zeigten, dass die Psychopharmaka auf keinen Fall wie angegeben eingenommen würden. Weder Citalopram noch Mirtazapin ließen sich im Blut nachweisen, obwohl der Kläger behauptet hatte, beide Medikamente am Morgen eingenommen zu haben. Die Tätigkeit als Lagerarbeiter und Kraftfahrer sei nicht mehr leidensgerecht. Der Kläger sei jedoch durchaus in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten acht Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit vermehrtem Heben und Tragen, mit Zwangshaltungen und vermehrten emotionalen Belastungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.2.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Er sei weiterhin in der Lage, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Das SG stütze sich auf das Gutachten von Dr. Sch. und die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden Dr. D ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 4.3.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2.4.2008 Berufung unter Vorlage von Befundberichten des Klinikums am Plattenwald vom 18.2., 7.3. und 14.3.2008 eingelegt und vorgetragen, auf Grund seines angegriffenen Gesundheitszustandes sei ihm die Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr möglich. So habe der Neurologe Dr. F. in seiner Zeugenauskunft vom 15.10.2007 ausgeführt, er sei in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Nicht akzeptabel sei für ihn auch, dass der Aussage seines behandelnden Dipl. Psych. und Dipl. Päd. F. vom 25.9.2007 nicht Rechnung getragen worden sei, der eine Erwerbstätigkeit nicht mehr für möglich halte. Seine Ärztin Dr. G. habe in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 6.2.2006 (gemeint: 2007) auf Grund der Chronizität seiner Leiden eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2005 eine - zeitlich befristete - Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, den mit der Berufungsbegründung vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, dass inzwischen eine diagnostische Arthroskopie sowie eine Innenmeniskusteilresektion erfolgt sei. Diese Berichte erlaubten keine Rückschlüsse auf eine rentenrelevante Einschränkung des Leistungsvermögens. Auch die Berufungsbegründung enthalte keine Gesichtspunkte, die sie veranlassen würde, die Richtigkeit der Entscheidung des SG in Zweifel zu ziehen.
Der Kläger hat weitere Arztbriefe des Klinikums am Plattenwald vom 21.7.2008, des Neurologen Dr. F. vom 21.7.2008, der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Kaiserstraße vom 25.9.2006, 7.7. und 15.12.2008, des Dipl. Psych. F. vom 4.8.2008 sowie der Klinik Dr. R. vom 26.9.2008 über einen stationären Aufenthalt vom 11.8. bis 19.9.2008 und Bescheinigungen von Dr. G. vom 5.2.2009 und Dipl. Psych. F. vom 29.1.2009 vorgelegt.
Die Beklagte hat hierzu eine ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Sozialmedizin MUDr. H. vom 8.1.2009 vorgelegt, die ausführt, aus dem - widersprüchlichen - Entlassungsbericht der Klinik Dr. R. ergäben sich keine Hinweise auf eine schwere und therapieresistente psychische Störung, die eine dauerhafte Leistungsunfähigkeit begründen könnte. Die empfohlene weitere Rehabilitationsbehandlung habe nicht stattgefunden. Sie gehe - wie in ihrer Stellungnahme vom 12.7.2007 - weiterhin von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus.
Der Neurologe und Psychiater Dr. D. hat unter dem 4.5.2009 mitgeteilt, seit Dezember 2007 sei eine Verschlechterung im Sinne eines zunehmenden Rückzugs vom sozialen Umfeld bei zunehmenden Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich eingetreten. Beim Kläger handle es sich um eine anhaltende weitgehend therapieresistente chronisch-depressive Verstimmung zum Teil somatoformer Ausgestaltung und mit unterhalten durch psychosoziale Belastungsfaktoren.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hat. Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen des Dr. Sch. und Dr. D. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen und der sachverständigen Zeugenaussage des Neurologen und Psychiater Dr. D. keine wesentliche dauerhafte Verschlechterung des Leistungsvermögen des Klägers ableiten lässt, die leichte, geistig einfache Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausschließen würde. Auf orthopädischem Gebiet erfolgte am 14.3.2008 eine diagnostische Arthroskopie sowie eine Innenmeniskusteilresektion rechts und am 1.8.2008 eine subtotale Innenmeniskus-Entfernung am rechten Kniegelenk. Aus diesem operativen Eingriff resultieren keine dauerhaften Leistungseinschränkungen. Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten und beigezogenen ärztlichen Unterlagen, die das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet betreffen, ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die das Absinken des Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden täglich auf Dauer belegen würden. Zwar wurde in der Klinik Dr. R., in der der Kläger vom 11.8. bis 19.9.2008 stationär behandelt wurde, eine schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen bei paranoider Persönlichkeit diagnostiziert. Befunde, die diese Diagnose bzw. eine wesentliche Verschlimmerung belegen könnten, werden im Entlassungsbericht vom 26.9.2008 jedoch nicht dargelegt. Die dortigen Ärzte haben beim Kläger, der über trübe Gedanken, Schlaflosigkeit, Albträume und Verfolgungsängste klagte, eine starre Mimik, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, depressives Grübeln sowie Angst festgestellt und eine halluzinatorische Symptomatik nicht ausgeschlossen. Während des stationären Aufenthalts zeigte sich der Kläger handwerklich begabt sowie ausgesprochen ausdauernd und geduldig, wobei er in der Ergotherapie durch ausgesprochen sauberes und gründliches Arbeiten auffiel. Er konnte von dem therapeutischen Aufenthalt profitieren, wenn auch die Besserung nicht dazu führte, dass sich der Kläger arbeitsfähig fühlte. Dementsprechend empfahlen die Ärzte eine Reha-Behandlung, die von der Beklagten schon am 16.7.2007 vorgeschlagen worden war und von der Psychiaterin Dr. H. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 8.1.2009 erneut - nach Abschluss des Verfahrens - für sinnvoll erachtet wurde. Gegen eine wesentliche dauerhafte Verschlechterung auf psychiatrischem Gebiet sprechen auch die von Dr. D. genannten Diagnosen (Dysthymia ICD 10: F 34.1, sonstige depressive Störung ICD 10: F 32.8, kombinierte Persönlichkeitsstrukturproblematik ICD 10: F 60.8) und seine Beurteilung, beim Kläger handle es sich um eine anhaltende weitgehend therapieresistente chronisch-depressive Verstimmung zum Teil somatoformer Ausgestaltung (ICD 10: F 34.1), mit unterhalten durch psychosoziale Belastungsfaktoren. Soweit sich der Kläger zur Stützung seines Begehrens auf die Äußerungen des Dipl. Psych. und Dipl. Päd. F. vom 25.9.2007 beruft, handelt es sich bei diesem um keinen Arzt. Die Ärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und Dr. Sch. haben weder die von Herrn F. gestellte Diagnose noch seine Beurteilung des Leistungsvermögens bestätigen können. Bei der Ärztin Dr. G., auf die sich der Kläger ebenfalls beruft, handelt es sich um keine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie. Der Umstand, dass die Leiden beim Kläger langandauernd bzw. chronisch sind, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte Arbeiten auf Dauer. Darüber hinaus wurde die Einschätzung von Dr. G. von den Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und Dr. Sch., die für die Beurteilung von depressiven und Schmerzstörungen fachlich kompetenter sind, nicht geteilt. Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1959 geborene Kläger kam im August 1968 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Nach seinen Angaben brach er eine Lehre als Kfz-Mechaniker ab und arbeitete als Lackierer, Abfüller, Lagerarbeiter und LKW-Fahrer sowie zwischenzeitlich als selbstständiger Betreiber einer Diskothek. Sein letztes Arbeitsverhältnis als Lagerist und LKW-Fahrer endete zum 31.12.2002.
Vom 3.12. bis 23.12.2003 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Markgräferland-Klinik Bad Bellingen. Die dortigen Ärzte entließen den Kläger als arbeitsunfähig und führten aus, als Lager- und Transportarbeiter sei der Kläger lediglich unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen könne er täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten. Nach dem Bezug von Kranken- und Übergangsgeld erhielt der Kläger vom 23.3.2004 bis 16.9.2005 Arbeitslosengeld und seit 17.9.2005 Arbeitslosengeld II.
Am 24.11.2005 beantragte der Kläger, bei dem ein Grad der Behinderung von 60 ab 4.10.2001 festgestellt ist, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von dem Internisten Dr. B. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 28.12.2005 folgende Diagnosen: • Halswirbelsäulen(HWS)-Schulter-Arm-Syndrom links mit mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung • Belastungsabhängige Lumboischialgie links bei Fehlbildung im Bereich des Rückenmarks • Depressionsneigung (Dysthymie) mit somatoformer Schmerzstörung • Diätpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2b bei mäßigem Übergewicht • Chronische Perianalfistel • Migräneneigung • Wiederkehrende Nesselsucht (Urticaria). Als Lager- und Transportarbeiter sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte, rückengerechte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne Überkopfarbeiten des linken Armes und ohne häufige Drehbewegungen der HWS könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 10.1.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 18.1.2006 ließ die Beklagte den Kläger vom Neurologen und Psychiater Dr. Sch. begutachten. Dieser stellte im Gutachten vom 8.3.2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Normvariante der Persönlichkeit mit histrionischen Zügen und einer Vielzahl von psychosomatischen Beschwerden und Ängsten • Multifaktoriell, vorwiegend jedoch persönlichkeitsbedingte sowie reaktive Depressivität von derzeit leichtgradiger bis bestenfalls mittelgradiger Ausprägung • Zervikales Reizsyndrom nach zervikaler Operation ohne radikuläre neurologische Ausfälle. Tätigkeiten als Hilfsarbeiter sowie körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderer Belastung der Halswirbelsäule sowie mit geistig-psychischem Stress. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.9.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte.
Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers, den Neurologen und Psychiater Dr. D., den Orthopäden Dr. D., die Ärztin für Allgemeinmedizin und Innere Medizin Dr. G. und den Neurologen Dr. F. sowie den Dipl. Psych. und Päd. F. als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 25.1., 18.1., 6.2., 15.10. und 25.9.2007) und beauftragte den Arzt für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. mit der Erstattung eines Gutachtens.
Dr. Sch. stellte beim Kläger im Gutachten vom 21.12.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet • Depressive Störung leichten Ausmaßes bei prädisponierender depressiv veranlagter Persönlichkeitsstruktur • Medikamenten-Noncompliance • Anamnestisch Benzodiazepinabusus
sowie auf sonstigem Gebiet • Degeneratives Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndrom mit sensibler L5-Radikulopathie links ohne relevante Funktionseinschränkungen • HWS-Syndrom mit Zustand nach Operation im HWS-Bereich und persistierender sensibler Störung im Segment C 6 links. Er führte aus, die Laborwerte zeigten, dass die Psychopharmaka auf keinen Fall wie angegeben eingenommen würden. Weder Citalopram noch Mirtazapin ließen sich im Blut nachweisen, obwohl der Kläger behauptet hatte, beide Medikamente am Morgen eingenommen zu haben. Die Tätigkeit als Lagerarbeiter und Kraftfahrer sei nicht mehr leidensgerecht. Der Kläger sei jedoch durchaus in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten acht Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit vermehrtem Heben und Tragen, mit Zwangshaltungen und vermehrten emotionalen Belastungen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.2.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Er sei weiterhin in der Lage, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Das SG stütze sich auf das Gutachten von Dr. Sch. und die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden Dr. D ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 4.3.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 2.4.2008 Berufung unter Vorlage von Befundberichten des Klinikums am Plattenwald vom 18.2., 7.3. und 14.3.2008 eingelegt und vorgetragen, auf Grund seines angegriffenen Gesundheitszustandes sei ihm die Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr möglich. So habe der Neurologe Dr. F. in seiner Zeugenauskunft vom 15.10.2007 ausgeführt, er sei in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Nicht akzeptabel sei für ihn auch, dass der Aussage seines behandelnden Dipl. Psych. und Dipl. Päd. F. vom 25.9.2007 nicht Rechnung getragen worden sei, der eine Erwerbstätigkeit nicht mehr für möglich halte. Seine Ärztin Dr. G. habe in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 6.2.2006 (gemeint: 2007) auf Grund der Chronizität seiner Leiden eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2005 eine - zeitlich befristete - Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, den mit der Berufungsbegründung vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, dass inzwischen eine diagnostische Arthroskopie sowie eine Innenmeniskusteilresektion erfolgt sei. Diese Berichte erlaubten keine Rückschlüsse auf eine rentenrelevante Einschränkung des Leistungsvermögens. Auch die Berufungsbegründung enthalte keine Gesichtspunkte, die sie veranlassen würde, die Richtigkeit der Entscheidung des SG in Zweifel zu ziehen.
Der Kläger hat weitere Arztbriefe des Klinikums am Plattenwald vom 21.7.2008, des Neurologen Dr. F. vom 21.7.2008, der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Kaiserstraße vom 25.9.2006, 7.7. und 15.12.2008, des Dipl. Psych. F. vom 4.8.2008 sowie der Klinik Dr. R. vom 26.9.2008 über einen stationären Aufenthalt vom 11.8. bis 19.9.2008 und Bescheinigungen von Dr. G. vom 5.2.2009 und Dipl. Psych. F. vom 29.1.2009 vorgelegt.
Die Beklagte hat hierzu eine ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Sozialmedizin MUDr. H. vom 8.1.2009 vorgelegt, die ausführt, aus dem - widersprüchlichen - Entlassungsbericht der Klinik Dr. R. ergäben sich keine Hinweise auf eine schwere und therapieresistente psychische Störung, die eine dauerhafte Leistungsunfähigkeit begründen könnte. Die empfohlene weitere Rehabilitationsbehandlung habe nicht stattgefunden. Sie gehe - wie in ihrer Stellungnahme vom 12.7.2007 - weiterhin von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus.
Der Neurologe und Psychiater Dr. D. hat unter dem 4.5.2009 mitgeteilt, seit Dezember 2007 sei eine Verschlechterung im Sinne eines zunehmenden Rückzugs vom sozialen Umfeld bei zunehmenden Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich eingetreten. Beim Kläger handle es sich um eine anhaltende weitgehend therapieresistente chronisch-depressive Verstimmung zum Teil somatoformer Ausgestaltung und mit unterhalten durch psychosoziale Belastungsfaktoren.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hat. Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen des Dr. Sch. und Dr. D. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Ergänzend ist auszuführen, dass sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen und der sachverständigen Zeugenaussage des Neurologen und Psychiater Dr. D. keine wesentliche dauerhafte Verschlechterung des Leistungsvermögen des Klägers ableiten lässt, die leichte, geistig einfache Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausschließen würde. Auf orthopädischem Gebiet erfolgte am 14.3.2008 eine diagnostische Arthroskopie sowie eine Innenmeniskusteilresektion rechts und am 1.8.2008 eine subtotale Innenmeniskus-Entfernung am rechten Kniegelenk. Aus diesem operativen Eingriff resultieren keine dauerhaften Leistungseinschränkungen. Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten und beigezogenen ärztlichen Unterlagen, die das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet betreffen, ergeben sich keine neuen Gesichtspunkte, die das Absinken des Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden täglich auf Dauer belegen würden. Zwar wurde in der Klinik Dr. R., in der der Kläger vom 11.8. bis 19.9.2008 stationär behandelt wurde, eine schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen bei paranoider Persönlichkeit diagnostiziert. Befunde, die diese Diagnose bzw. eine wesentliche Verschlimmerung belegen könnten, werden im Entlassungsbericht vom 26.9.2008 jedoch nicht dargelegt. Die dortigen Ärzte haben beim Kläger, der über trübe Gedanken, Schlaflosigkeit, Albträume und Verfolgungsängste klagte, eine starre Mimik, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, depressives Grübeln sowie Angst festgestellt und eine halluzinatorische Symptomatik nicht ausgeschlossen. Während des stationären Aufenthalts zeigte sich der Kläger handwerklich begabt sowie ausgesprochen ausdauernd und geduldig, wobei er in der Ergotherapie durch ausgesprochen sauberes und gründliches Arbeiten auffiel. Er konnte von dem therapeutischen Aufenthalt profitieren, wenn auch die Besserung nicht dazu führte, dass sich der Kläger arbeitsfähig fühlte. Dementsprechend empfahlen die Ärzte eine Reha-Behandlung, die von der Beklagten schon am 16.7.2007 vorgeschlagen worden war und von der Psychiaterin Dr. H. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 8.1.2009 erneut - nach Abschluss des Verfahrens - für sinnvoll erachtet wurde. Gegen eine wesentliche dauerhafte Verschlechterung auf psychiatrischem Gebiet sprechen auch die von Dr. D. genannten Diagnosen (Dysthymia ICD 10: F 34.1, sonstige depressive Störung ICD 10: F 32.8, kombinierte Persönlichkeitsstrukturproblematik ICD 10: F 60.8) und seine Beurteilung, beim Kläger handle es sich um eine anhaltende weitgehend therapieresistente chronisch-depressive Verstimmung zum Teil somatoformer Ausgestaltung (ICD 10: F 34.1), mit unterhalten durch psychosoziale Belastungsfaktoren. Soweit sich der Kläger zur Stützung seines Begehrens auf die Äußerungen des Dipl. Psych. und Dipl. Päd. F. vom 25.9.2007 beruft, handelt es sich bei diesem um keinen Arzt. Die Ärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und Dr. Sch. haben weder die von Herrn F. gestellte Diagnose noch seine Beurteilung des Leistungsvermögens bestätigen können. Bei der Ärztin Dr. G., auf die sich der Kläger ebenfalls beruft, handelt es sich um keine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie. Der Umstand, dass die Leiden beim Kläger langandauernd bzw. chronisch sind, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines unter sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte Arbeiten auf Dauer. Darüber hinaus wurde die Einschätzung von Dr. G. von den Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. und Dr. Sch., die für die Beurteilung von depressiven und Schmerzstörungen fachlich kompetenter sind, nicht geteilt. Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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