Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 88/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 60/09 ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts ist bei noch unsicherem Verfahrensausgang nur dann gerechtfertigt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass bei Fortzahlung der Urteilsrente ein nicht zu ersetzender Nachteil auf Seiten des Antragstellers entstehen würde. Allein die Befürchtung, die Rückforderung könne eventuell auf Schwierigkeiten stoßen, reicht nicht aus.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem mit der Berufung angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2007 wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Hauptsacheverfahren (L 2 U 214/08) ist streitig, ob ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung Folge des Arbeitsunfalls vom 17.07.2001 ist und dem Kläger Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren ist.
Der Kläger erlitt am 17.07.2001 einen Unfall, bei dem ihm der herunterklappende Verschlussknauf eines mit Sand gefüllten Rollcontainers auf den rechten Vorderfuß schlug. Die Durchgangsärzte äußerten aufgrund des Röntgenergebnisses den Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur des rechten Fußes. Im Gutachten vom 28.08.2002 kam der Chirurg Dr.G. unter Auswertung eines neurologischen Zusatzgutachtens des Dr.D. zum Ergebnis, bei dem Arbeitsunfall habe sich der Kläger lediglich eine Prellung des rechten Fußes zugezogen, die folgenlos ausheilte. Mit Bescheid vom 05.12.2002 erkannte der Beklagte zwar den Arbeitsunfall an, lehnte aber eine Rente ab, weil über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall keine MdE um wenigstens 20 v.H. vorgelegen habe. Im Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 blieb der Beklagte bei seiner Auffassung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 21.10.2003 beantragte der Kläger eine Überprüfung des Sachverhalts. Der Beklagte bat seinen Beratungsarzt Dr.B. um Stellungnahme. Dieser teilte mit, die jetzt vom Kläger geschilderten Beschwerden seien auf unfallunabhängige Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen. Demgegenüber stützte sich der Kläger auf ein Attest seines behandelnden Arztes Dr.M., der den radiologischen Nachweis für ein unfallbedingtes chronisches Schmerzsyndrom mit deutlich sympathischer Komponente diagnostizierte.
Mit Bescheid vom 17.12.2003 lehnte der Beklagte die Rücknahme der früheren Bescheide und eine Neufeststellung der Unfallfolgen ab. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004).
Mit der dagegen erhobenen Klage zum Sozialgericht Landshut verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Im vom Sozialgericht eingeholten Gutachten führte Dr.P. am 31.03.2006 aus, das chronische Schmerzsyndrom sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 17.07.2001 zurückzuführen. Wesentliche Ursache sei eine Nervenläsion bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule. Der vom Kläger benannte Neurochirurg Prof.Dr.R. kam in seinem Gutachten (gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) vom 29.09.2006 zum Ergebnis, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II sei Folge der Prellung des rechten Fußes infolge des Arbeitsunfalls. Es sei zu einer Schädigung der peripheren Nerven gekommen. Auf diesem Boden habe sich ein Schmerzsyndrom chronifizieren können. Die MdE betrage 20 v.H.
Mit Urteil vom 11.12.2007 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung als Folgen des Unfalls vom 17.07.2001 festzustellen und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren.
Dagegen legte der Beklagte am 08.05.2008 Berufung ein. Der Senat bestellte den Neurologen und Psychiater Dr.K. zum Sachverständigen. Dieser führte in seinem Gutachten vom 01.12.2008 aus, seiner Meinung nach sei nicht einmal die Diagnose eines chronischen regionalen Schmerzsyndroms Typ II gesichert. Es gäbe hierzu sehr widersprüchliche Befunde; insbesondere würden die Erstbefunde gegen die Annahme eines solchen Krankheitsbildes sprechen. Die über einen Zeitraum von sieben Jahren überschaubaren Befunde deuteten schwerpunktmäßig auf eine Bandscheibensymptomatik hin. Unfallbedingt handele es sich lediglich um einen Zustand nach Mittelfußprellung ohne Beteiligung peripherer Nerven. Die MdE liege unter 10 v.H.
Mit beim Senat am 23.01.2009 eingegangenem Schreiben beantragte der Beklagte die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Landshut am 11.12.2007 auszusetzen. Nach dem jetzt vorliegenden Gutachten des Dr.K. sei ein Anspruch auf Anerkennung eines komplexen regionalen chronischen Schmerzsyndroms Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes nicht zu begründen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Nach dem derzeitigen Stand habe das Berufungsverfahren offensichtlich Aussicht auf Erfolg. Hinzu komme, dass die vor endgültiger Klarstellung der Sach- und Rechtslage erbrachten Leistungen nur unter erschwerten Bedingungen vom Kläger zurückgefordert werden könnten. Beim Kläger dürfte die Rückerstattung aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, als verheirateter Museumswärter mit fünf Kindern, faktisch nur schwer realisierbar sein. Es sei zu erwarten, dass die Rückerstattung der erbrachten Leistungen für den Kläger eine besondere Härte bedeuten werde. Wenn die Vollstreckung ausgesetzt werde, müsse der Kläger hingegen keinen dauerhaften Nachteil befürchten. Im Falle der Bestätigung des Ersturteils würde er schließlich eine Rentennachzahlung samt Verzinsung erhalten.
Der Kläger erwiderte hierauf nicht.
Im Hauptsacheverfahren trug der Kläger vor, er beabsichtige eine erneute Antragstellung gemäß § 109 SGG. Der Senat teilte ihm mit, dass sein Recht aus § 109 SGG bereits verbraucht sei.
II.
Nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens sind die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts vom 11.12.2007 nicht erfüllt. Der nach § 199 Abs.2 SGG statthafte und zulässige Antrag ist nicht begründet.
Bei pflichtgemäßer Abwägung der Interessen beider Beteiligter ist ein nicht zu ersetzender Nachteil des Antragstellers infolge der Fortzahlung der Urteilsrente nicht zu begründen.
Gemäß § 154 Abs.2 SGG hat die Berufung eines Versicherungsträgers nur insoweit aufschiebende Wirkung, als Zahlungen vor Erlass des angefochtenen Urteils zu leisten sind. Für die Zeit nach Erlass des Urteils hat ein hierzu verurteilter Versicherungsträger Rente, sogenannte Urteilsrente zu zahlen. Wird das Ersturteil auf Berufung oder Revision aufgehoben, so hat der Kläger die vorläufigen Zahlungen wieder zurückzuerstatten. Nach § 199 Abs.2 SGG kann der Vorsitzende des für die Berufung zuständigen Senats die Vollstreckung aus dem Urteil durch einstweilige Anordnung aussetzen, soweit die Berufung gemäß § 154 Abs.2 SGG keine aufschiebende Wirkung hat.
Es kann dahinstehen, ob die Vorschrift ein sogenanntes Kompetenz-Kann oder ein Ermessens-Kann beinhaltet (BSG-Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 B). Denn jedenfalls sind über § 198 Abs.1 SGG die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Vollstreckung heranzuziehen, insbesondere § 719 Abs.1 in Verbindung mit § 707 ZPO. Danach ordnet das Gericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und zwar gegebenenfalls auch dann, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers dem entgegen steht. Dieser Rechtsgedanke ist im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden, weil § 199 Abs.2 SGG keine weiteren Voraussetzungen nennt und keine widersprechenden Grundsätze enthält. Demnach muss der Vollstreckungsschuldner, hier der Antragsteller, darlegen und glaubhaft machen, dass ihm durch die Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde, wenn auch ein überwiegendes Interesse des Gläubigers (hier des Antragsgegners) der Aussetzung entgegen steht. Ein nicht zu ersetzender Nachteil liegt nur vor, wenn der durch die Vollstreckung eintretende Schaden nachträglich nicht mehr rückgängig gemacht und nicht ausgeglichen werden kann (BSG a.a.O.).
Der Antragsteller führt zwar an, im Falle seines Obsiegens im Berufungsverfahren sei zu befürchten, dass die Rückforderung der erbrachten Leistungen auf Schwierigkeiten stoßen werde. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners seien der Gestalt, dass die Rückforderung für diesen eine unbillige Härte bedeuten könnten. In diesem Zusammenhang wird angegeben, der Antragsgegner sei Museumswärter, sei verheiratet und habe fünf Kinder.
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, das überwiegende Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollstreckung glaubhaft zu machen. Damit ist weder dargelegt, wie hoch das regelmäßige Einkommen des Antragsgegners ist, ob daneben Vermögen vorhanden ist und welchen Personen der Antragsgegner zum Unterhalt und gegebenenfalls in welcher Höhe verpflichtet ist. Der Antragsgegner hat sich zwar zum Vorbringen des Antragstellers nicht geäußert, jedoch allein sein Schweigen reicht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass bei Fortzahlung der Urteilsrente bis zur rechtskräftigen Entscheidung ein nicht zu ersetzender Nachteil auf Seiten des Antragstellers entstehen würde.
Es mag der Erfahrung des Antragstellers entsprechen, dass das Beitreiben einer zu Unrecht gezahlten Urteilsrente in vielen Fällen auf Schwierigkeiten stößt. Jedoch ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber dieser Umstand bekannt war. Ansonsten hätte er von dem Grundsatz abgesehen, dass die Berufung eines Versicherungsträgers gemäß
§ 154 Abs.2 SGG nur insoweit aufschiebende Wirkung hat, als es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden müssen und ansonsten kein Aufschub eintritt. Würde man bei bloßer Vermutung, die Rückforderung der Urteilsrente könne auf Schwierigkeiten stoßen, einem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus einem erstinstanziellen Urteil stattgeben, so würde dies zu einer Umkehr der vom Gesetzgeber eindeutig gewollten Rechtsfolge führen. Der Senat hält demnach daran fest, dass konkrete Gründe vorliegen und glaubhaft gemacht werden müssen, die einen nachträglich nicht wieder gutzumachenden Schaden vermuten lassen. Allein die bloße Möglichkeit und die unsubstantiierte Behauptung, bei einer eventuellen Rückforderung könne man auf Schwierigkeiten stoßen, reicht nicht aus.
Bei der gegenwärtigen Beweislage war dem Antrag nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar; sie kann aber jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs.2 Satz 3 SGG).
Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Hauptsacheverfahren (L 2 U 214/08) ist streitig, ob ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung Folge des Arbeitsunfalls vom 17.07.2001 ist und dem Kläger Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren ist.
Der Kläger erlitt am 17.07.2001 einen Unfall, bei dem ihm der herunterklappende Verschlussknauf eines mit Sand gefüllten Rollcontainers auf den rechten Vorderfuß schlug. Die Durchgangsärzte äußerten aufgrund des Röntgenergebnisses den Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur des rechten Fußes. Im Gutachten vom 28.08.2002 kam der Chirurg Dr.G. unter Auswertung eines neurologischen Zusatzgutachtens des Dr.D. zum Ergebnis, bei dem Arbeitsunfall habe sich der Kläger lediglich eine Prellung des rechten Fußes zugezogen, die folgenlos ausheilte. Mit Bescheid vom 05.12.2002 erkannte der Beklagte zwar den Arbeitsunfall an, lehnte aber eine Rente ab, weil über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall keine MdE um wenigstens 20 v.H. vorgelegen habe. Im Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 blieb der Beklagte bei seiner Auffassung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 21.10.2003 beantragte der Kläger eine Überprüfung des Sachverhalts. Der Beklagte bat seinen Beratungsarzt Dr.B. um Stellungnahme. Dieser teilte mit, die jetzt vom Kläger geschilderten Beschwerden seien auf unfallunabhängige Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen. Demgegenüber stützte sich der Kläger auf ein Attest seines behandelnden Arztes Dr.M., der den radiologischen Nachweis für ein unfallbedingtes chronisches Schmerzsyndrom mit deutlich sympathischer Komponente diagnostizierte.
Mit Bescheid vom 17.12.2003 lehnte der Beklagte die Rücknahme der früheren Bescheide und eine Neufeststellung der Unfallfolgen ab. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004).
Mit der dagegen erhobenen Klage zum Sozialgericht Landshut verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Im vom Sozialgericht eingeholten Gutachten führte Dr.P. am 31.03.2006 aus, das chronische Schmerzsyndrom sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 17.07.2001 zurückzuführen. Wesentliche Ursache sei eine Nervenläsion bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule. Der vom Kläger benannte Neurochirurg Prof.Dr.R. kam in seinem Gutachten (gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) vom 29.09.2006 zum Ergebnis, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II sei Folge der Prellung des rechten Fußes infolge des Arbeitsunfalls. Es sei zu einer Schädigung der peripheren Nerven gekommen. Auf diesem Boden habe sich ein Schmerzsyndrom chronifizieren können. Die MdE betrage 20 v.H.
Mit Urteil vom 11.12.2007 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung als Folgen des Unfalls vom 17.07.2001 festzustellen und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren.
Dagegen legte der Beklagte am 08.05.2008 Berufung ein. Der Senat bestellte den Neurologen und Psychiater Dr.K. zum Sachverständigen. Dieser führte in seinem Gutachten vom 01.12.2008 aus, seiner Meinung nach sei nicht einmal die Diagnose eines chronischen regionalen Schmerzsyndroms Typ II gesichert. Es gäbe hierzu sehr widersprüchliche Befunde; insbesondere würden die Erstbefunde gegen die Annahme eines solchen Krankheitsbildes sprechen. Die über einen Zeitraum von sieben Jahren überschaubaren Befunde deuteten schwerpunktmäßig auf eine Bandscheibensymptomatik hin. Unfallbedingt handele es sich lediglich um einen Zustand nach Mittelfußprellung ohne Beteiligung peripherer Nerven. Die MdE liege unter 10 v.H.
Mit beim Senat am 23.01.2009 eingegangenem Schreiben beantragte der Beklagte die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Landshut am 11.12.2007 auszusetzen. Nach dem jetzt vorliegenden Gutachten des Dr.K. sei ein Anspruch auf Anerkennung eines komplexen regionalen chronischen Schmerzsyndroms Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes nicht zu begründen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. Nach dem derzeitigen Stand habe das Berufungsverfahren offensichtlich Aussicht auf Erfolg. Hinzu komme, dass die vor endgültiger Klarstellung der Sach- und Rechtslage erbrachten Leistungen nur unter erschwerten Bedingungen vom Kläger zurückgefordert werden könnten. Beim Kläger dürfte die Rückerstattung aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, als verheirateter Museumswärter mit fünf Kindern, faktisch nur schwer realisierbar sein. Es sei zu erwarten, dass die Rückerstattung der erbrachten Leistungen für den Kläger eine besondere Härte bedeuten werde. Wenn die Vollstreckung ausgesetzt werde, müsse der Kläger hingegen keinen dauerhaften Nachteil befürchten. Im Falle der Bestätigung des Ersturteils würde er schließlich eine Rentennachzahlung samt Verzinsung erhalten.
Der Kläger erwiderte hierauf nicht.
Im Hauptsacheverfahren trug der Kläger vor, er beabsichtige eine erneute Antragstellung gemäß § 109 SGG. Der Senat teilte ihm mit, dass sein Recht aus § 109 SGG bereits verbraucht sei.
II.
Nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens sind die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts vom 11.12.2007 nicht erfüllt. Der nach § 199 Abs.2 SGG statthafte und zulässige Antrag ist nicht begründet.
Bei pflichtgemäßer Abwägung der Interessen beider Beteiligter ist ein nicht zu ersetzender Nachteil des Antragstellers infolge der Fortzahlung der Urteilsrente nicht zu begründen.
Gemäß § 154 Abs.2 SGG hat die Berufung eines Versicherungsträgers nur insoweit aufschiebende Wirkung, als Zahlungen vor Erlass des angefochtenen Urteils zu leisten sind. Für die Zeit nach Erlass des Urteils hat ein hierzu verurteilter Versicherungsträger Rente, sogenannte Urteilsrente zu zahlen. Wird das Ersturteil auf Berufung oder Revision aufgehoben, so hat der Kläger die vorläufigen Zahlungen wieder zurückzuerstatten. Nach § 199 Abs.2 SGG kann der Vorsitzende des für die Berufung zuständigen Senats die Vollstreckung aus dem Urteil durch einstweilige Anordnung aussetzen, soweit die Berufung gemäß § 154 Abs.2 SGG keine aufschiebende Wirkung hat.
Es kann dahinstehen, ob die Vorschrift ein sogenanntes Kompetenz-Kann oder ein Ermessens-Kann beinhaltet (BSG-Beschluss vom 06.08.1999 - B 4 RA 25/98 B). Denn jedenfalls sind über § 198 Abs.1 SGG die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Vollstreckung heranzuziehen, insbesondere § 719 Abs.1 in Verbindung mit § 707 ZPO. Danach ordnet das Gericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und zwar gegebenenfalls auch dann, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers dem entgegen steht. Dieser Rechtsgedanke ist im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden, weil § 199 Abs.2 SGG keine weiteren Voraussetzungen nennt und keine widersprechenden Grundsätze enthält. Demnach muss der Vollstreckungsschuldner, hier der Antragsteller, darlegen und glaubhaft machen, dass ihm durch die Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde, wenn auch ein überwiegendes Interesse des Gläubigers (hier des Antragsgegners) der Aussetzung entgegen steht. Ein nicht zu ersetzender Nachteil liegt nur vor, wenn der durch die Vollstreckung eintretende Schaden nachträglich nicht mehr rückgängig gemacht und nicht ausgeglichen werden kann (BSG a.a.O.).
Der Antragsteller führt zwar an, im Falle seines Obsiegens im Berufungsverfahren sei zu befürchten, dass die Rückforderung der erbrachten Leistungen auf Schwierigkeiten stoßen werde. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners seien der Gestalt, dass die Rückforderung für diesen eine unbillige Härte bedeuten könnten. In diesem Zusammenhang wird angegeben, der Antragsgegner sei Museumswärter, sei verheiratet und habe fünf Kinder.
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, das überwiegende Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollstreckung glaubhaft zu machen. Damit ist weder dargelegt, wie hoch das regelmäßige Einkommen des Antragsgegners ist, ob daneben Vermögen vorhanden ist und welchen Personen der Antragsgegner zum Unterhalt und gegebenenfalls in welcher Höhe verpflichtet ist. Der Antragsgegner hat sich zwar zum Vorbringen des Antragstellers nicht geäußert, jedoch allein sein Schweigen reicht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass bei Fortzahlung der Urteilsrente bis zur rechtskräftigen Entscheidung ein nicht zu ersetzender Nachteil auf Seiten des Antragstellers entstehen würde.
Es mag der Erfahrung des Antragstellers entsprechen, dass das Beitreiben einer zu Unrecht gezahlten Urteilsrente in vielen Fällen auf Schwierigkeiten stößt. Jedoch ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber dieser Umstand bekannt war. Ansonsten hätte er von dem Grundsatz abgesehen, dass die Berufung eines Versicherungsträgers gemäß
§ 154 Abs.2 SGG nur insoweit aufschiebende Wirkung hat, als es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden müssen und ansonsten kein Aufschub eintritt. Würde man bei bloßer Vermutung, die Rückforderung der Urteilsrente könne auf Schwierigkeiten stoßen, einem Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus einem erstinstanziellen Urteil stattgeben, so würde dies zu einer Umkehr der vom Gesetzgeber eindeutig gewollten Rechtsfolge führen. Der Senat hält demnach daran fest, dass konkrete Gründe vorliegen und glaubhaft gemacht werden müssen, die einen nachträglich nicht wieder gutzumachenden Schaden vermuten lassen. Allein die bloße Möglichkeit und die unsubstantiierte Behauptung, bei einer eventuellen Rückforderung könne man auf Schwierigkeiten stoßen, reicht nicht aus.
Bei der gegenwärtigen Beweislage war dem Antrag nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar; sie kann aber jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs.2 Satz 3 SGG).
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