L 16 R 1955/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 97 R 2110/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1955/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe:

I.

Die Klägerin ist die Tochter der 1922 geborenen und 2003 verstorbenen H M (im Folgenden: Versicherte). Die Versicherte war in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit Wirkung vom 1. März 1971 in die freiwillige zusätzliche Alterversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) einbezogen worden, der sie bis 31. Juli 1982 angehörte. In ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger im Sinne von § 8 Abs. 3 AAÜG erteilte die Beklagte die Feststellungsbescheide gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG vom 24. Mai 1995 und 20. Februar 1997, in denen sie für die vorliegend streitigen Zeiträume vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 ein tatsächliches Entgelt von 11.146,67 Mark der DDR (M) und für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. März 1982 sowie vom 1. Mai 1982 bis 31. Juli 1982 eine tatsächliches Entgelt von jeweils 2.850,- M vormerkte. Auf den im Dezember 2001 gestellten Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2003 eine Änderung oder Rücknahme der Feststellungsbescheide vom 24. Mai 1995 sowie 20. Februar 1997 ab. Im sich anschließenden Klageverfahren bei dem Sozialgericht (SG) Berlin (- S 19 RA 2212/03 -) erteilte die Beklagte die Bescheide vom 2. Februar 2004 (Leistungszeiträume bis 30. Juni 1993) und vom 9. Februar 2004 (Leistungszeiträume ab 1. Juli 1993) in denen sie für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 auf der Grundlage einer Entgeltbescheinigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BWA) vom 1. Oktober 2003 nunmehr ein tatsächliches Arbeitsentgelt von 4.136,06 M vormerkte. Die Daten für das Kalenderjahr 1980 seien bereits in einem früheren Bescheid bindend festgestellt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung verpflichtete sich die Beklagte, diese Bescheide zu ändern und für die Kalenderjahre 1968 bis 1973 sowie 1976 bis 1978 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG "ohne Unterbrechung" festzustellen. Die Klägerin nahm dieses Teilanerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.

Mit Ausführungsbescheiden vom 14. Januar 2005 und 25. Januar 2005 stellte die Beklagte nunmehr Zugehörigkeitszeiten der Versicherten zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG für die in dem Teilanerkenntnis aufgeführten Zeiträume ohne Unterbrechungen fest. Die Daten für das Kalenderjahr 1980 und für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 blieben unverändert. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2005 zurück.

Das SG Berlin hat die auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung tatsächlicher Arbeitsentgelte der Versicherten in der Zeit vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 11.400,- M und für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 in Höhe von 5.700,- M gerichtete Klage mit Urteil vom 7. November 2008 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, da die Klägerin sich gegen Ausführungsbescheide der Beklagten wende. Die angefochtenen Bescheide vom 24. Januar 2005 und 25. Januar 2005 enthielten grundsätzlich keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X, sondern die Beklagte habe darin das im Verfahren S 19 RA 2212/03 abgegebene Teilanerkenntnis umgesetzt. Mit den Bescheiden habe sie der eingegangenen Verpflichtung entsprochen. Die Klägerin wende sich allerdings nicht gegen die Umsetzung der eingegangenen Verpflichtung, sondern mache neue Klageansprüche geltend. Auch in der Sache sei die Klage jedoch ohnehin unbegründet. Denn die von der Beklagten in den streitigen Zeiträumen vorgemerkten Daten seien zutreffend. Ausweislich der Entgeltbescheinigung des BWA habe die Versicherte in der Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 ein steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von 4.136,06 M erzielt. Dieser Betrag sei bereits durch die Feststellungsbescheide vom 2. Februar 2004 und 9. Februar 2004 verbindlich und bestandskräftig festgestellt worden. Auch das im Jahr 1980 erzielte Entgelt habe die Beklagte unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. Mai 1999 ( - B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr. 3) zutreffend festgestellt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Auf die Schriftsätze vom 18. Dezember 2008 und 6. März 2009 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2008 aufzuheben und die Be- klagte unter Änderung der Bescheide vom 14. Januar 2005 und 25. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Dezember 2005 zu verpflichten, für die Versicherte im Zeitraum vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 ein tatsächliches Arbeitsentgelt in Höhe von 11.400.- M und keine 6 Arbeitsausfalltage festzustellen sowie für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 ein tatsächliches Arbeitsentgelt in Höhe von 6.650,- M, hilfsweise 5.700,- M, und keine 87 Arbeitsausfalltage festzu- stellen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte des SG Berlin S 19 RA 2212/03, die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin, die als Mitglied der aus ihr und ihren drei Geschwistern G N, Dr. H J und U R bestehenden Erbengemeinschaft gemäß § 2039 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft berechtigt ist, Forderungen der Erbengemeinschaft im eigenen Namen klageweise geltend zu machen, ist nicht begründet. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Feststellung der im Berufungsantrag bezeichneten Daten ist bereits unzulässig.

Es fehlt an einer der gerichtlichen Überprüfung zugänglichen Verwaltungsentscheidung der Beklagten über die genannten Daten. Die von der Beklagten hierüber erstmals in den Bescheiden vom 24. Mai 1995 und 20. Februar 1997 getroffenen Feststellungen sind durch die Neufeststellungsbescheide vom 2. Februar 2004 und 9. Februar 2004 insoweit ersetzt worden und haben sich im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Soweit die Beklagte in den Bescheiden vom 2. Februar 2004 (für Leistungszeiträume bis 30. Juni 1993) und 9. Februar 2004 (für Leistungszeiträume ab 1 Juli 1993) für die Zeit vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 und vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 Daten im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 AAÜG vorgemerkt hat, sind diese Verwaltungsentscheidungen nach der insoweit abgegebenen Erledigungserklärung der Klägerin vom 17. Dezember 2004 (SG Berlin - S 19 RA 2212/03 -) in Bestandskraft erwachsen und damit für die Beteiligten und das Gericht bindend (vgl. § 77 SGG), und zwar ungeachtet dessen, ob die in Rede stehenden Datenfeststellungen materiell-rechtlich zutreffend sind. Soweit sich die Klägerin schließlich im hiesigen Verfahren gegen die das Teilanerkenntnis der Beklagten vom 17. Dezember 2004 ausführenden Bescheide vom 14. Januar 2005 und 25. Januar 2005 wendet, hat die Beklagte in diesen Bescheiden hinsichtlich der hier nur zu prüfenden Zeiträume vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 und vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 keine neue Verwaltungsentscheidung verlautbart, sondern lediglich das andere Zeiträume betreffende Teilanerkenntnis vom 17. Dezember 2004 umgesetzt. Die Beklagte wäre ohne entsprechende Aufhebungsentscheidung auch gar nicht befugt gewesen, die hinsichtlich der Zeiten vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 und vom 1. Januar 1982 bis 31. Juli 1982 eingetretene Bestandskraft ihrer Verwaltungsentscheidungen vom 2. Februar 2004 und 9. Februar 2004 außer Acht zu lassen.

Sofern das Klagebegehren als Antrag auf Überprüfung der Feststellungsbescheide vom 2. Februar 2004 und 9. Februar 2004 im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X anzusehen sein sollte, fehlt es bislang insoweit an einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung der Beklagten.

Angesichts der Unzulässigkeit des Klagebegehrens hatte der Senat nicht zu prüfen, ob in der Sache ein Anspruch auf die begehrten Feststellungen besteht. Indes ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger über die Vormerkung von Arbeitsausfalltagen (ATA) kraft Gesetzes nur dann zu befinden hat, wenn der Berechtigte oder die Person, von der sich die Berechtung ableitet, einem Sonderversorgungssystem gemäß Anlage 2 zum AAÜG angehört hat (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG). Dies war bei der Versicherten ersichtlich nicht der Fall. Im Übrigen hat der Versorgungsträger bei der Feststellung des tatsächlichen Arbeitsentgeltes den bundesdeutschen Begriff des Arbeitsentgeltes im Sinne von § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) zu Grunde zu legen, so dass alle zumindest im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielten Einnahmen, nicht aber Sozialleistungen wie das beitragsfreie Krankengeld der DDR (vgl. § 24 ff iVm §§ 3, 17 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977, GBl. I S. 373), als relevant in Betracht kommen. Der Versorgungsträger hat im Hinblick hierauf nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, im Rahmen der Feststellung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes nach § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG für ATA gegebenenfalls fiktiv ermitteltes Entgelt unberücksichtigt zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R -). Ausgehend hiervon sind Fehler bei der Feststellung des tatsächlichen Entgeltes der Versicherten in den streitigen Zeiträumen unter Berücksichtigung der Bescheinigung des BWA vom 1. Oktober 2003 und der Beitragsnachweiskarte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates nicht zu ersehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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