Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 253/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 79/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten vom 05. April 2006 wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Schulter(teil)steife links (so genannte Frozen shoulder, im Folgenden: FS) als Folge eines Ereignisses vom 30. April 2002 sowie die Gewährung von Entschädigungsleistungen.
Laut Anzeige ihres Arbeitsgebers vom 12. August 2002 erlitt die 1945 geborene Klägerin am 30. April 2002 (Dienstag) gegen 10.15 Uhr einen Unfall. Gemäß ihren eigenen - der Unfallanzeige beigefügten - Angaben vom 21. Mai 2002 befand sie sich mit einem Pkw des Typs Nissan Micra auf dem Weg von ihrem Wohnsitz zum Sitz des Arbeitgebers in F. Die von ihr befahrene Pstrasse in F habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden. Außerdem habe es zuvor sehr stark geregnet, so dass die Straße voll Wasser gestanden habe, wodurch die vorhandenen Schlaglöcher nicht mehr sichtbar gewesen seien. Man sei "von einem Loch in das nächste" gefahren. Ein Schlagloch war den Angaben zufolge so tief, dass sie mit ihrem linken Ellenbogen auf die an der Innenseite der Tür befindliche Armauflage aufschlug. Erst am Abend habe sie leichte Schmerzen im Schultergelenk gespürt. Die Schmerzen hätten immer weiter zugenommen und die Beweglichkeit des Arms abgenommen, so dass sie am 06. Mai 2002 (Montag) erstmals den Arzt habe aufsuchen müssen. Eine Unfallmeldung bei der Polizei sei nicht erfolgt, da zwar der Aufprall des Ellenbogens auf der Armauflage sehr heftig gewesen, jedoch ihr und dem Auto auf den ersten Blick nichts geschehen sei (so die ergänzenden Angaben der Klägerin gegenüber ihrer Krankenkasse - der TK - vom 26. Juni 2002). Nach dem Ereignis setzte sie ihren Weg fort und fuhr weiter zu ihrer Arbeitsstelle in F und später wieder nach Hause.
Die Beklagte holte zunächst ein Vorerkrankungsverzeichnis von der TK betreffend Erkrankungen der oberen Extremitäten sowie einen Befundbericht des erstbehandelnden Allgemeinmediziners Dr. L vom Oktober 2002 ein. Darin schilderte dieser den Verdacht auf eine Schulterläsion/Rotatorenmanschettenläsion nach Prellung. Dem Befundbericht waren ein MRT-Befund des linken Schultergelenks vom 10. Juni 2002 ("mäßige Arthrose im AC-Gelenk, ansonsten unauffälliges MRT des linken Schultergelenks ohne Anhalt für ein Impingement"), ein Röntgenbefund der HWS vom 27. Juni 2002 ("Steilhaltung der HWS im Segment C6/7 und Verdacht auf Gefügelockerung in C 5/6 und C 4/5. Uncarthrose aller HWS-Segmente. Noch keine auffällige Abflachung von Zwischenwirbelräumen.") sowie ein Arztbrief des Dr. S vom Mai 2002 (Diagnose: Tendinitis calcarea der linken Schulter aufgrund Sonografie vom 06. Mai 2002) beigefügt.
Nachdem der beratende Facharzt für Chirurgie Dr. H einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Tendinitis calcarea und dem Unfallereignis verneint hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06. Februar 2003 einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.
In ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch gab die Klägerin an, sie habe unmittelbar nach dem Einfahren in ein sehr großes Schlagloch einen starken Schmerz in der linken Schulter verspürt. Die Schmerzen hätten anschließend zugenommen und die Beweglichkeit abgenommen. Am Montag, den 06. Mai 2002 sei sie aufgrund der Bewegungseinschränkung der linken Schulter nicht mehr in der Lage gewesen, ein Auto selbst zu lenken. Am 06. Dezember 2002 sei sie an der Schulter wegen eines subacromialen Impingements operiert worden.
Die Beklagte zog zunächst den Operations- sowie den Entlassungsbericht des Krankenhauses M-O GmbH bei. Im OP-Bericht vom 09. Dezember 2002 fand sich die Diagnose "subacromiales Impingement-Syndrom II° linkes Schultergelenk, sekundäre FS". Außerdem zog die Beklagte unter anderem Berichte der Schulter-Sprechstunde des V Klinikum H vom 04. Juli 2002, 02. Oktober 2002 und 20. März 2003, einen MRT-Befund der linken Schulter vom 15. Oktober 2002 (Ergebnis: "Läsion im Ansatz der Supraspinatussehne ohne sicheren Nachweis einer Unterbrechung der Grenzflächen. Verschmälerte acromio-humerale Distanz. Geringe fettige Degeneration des Musculus supra- und infraspinatus. Deutliche Arthrose im AC-Gelenk.") sowie einen Bericht des Orthopäden Dr. H vom 29. Juli 2003 bei.
Anschließend veranlasste die Beklagte die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. J. Im Rahmen der Begutachtung am 07. November 2003 gab die Klägerin an, unmittelbar nach dem Unfall starke Schmerzen im linken Ellenbogen mit nachfolgender Schmerzausstrahlung bis in die HWS-Region verspürt zu haben. Die Schmerzen im Ellenbogenbereich seien am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen. Stattdessen seien zunehmend Schmerzen im Bereich der linken Schulter in den Vordergrund getreten. Äußerliche Verletzungszeichen waren der Klägerin nicht erinnerlich. Zunächst habe sie eine Selbstbehandlung (Ruhigstellung, Kühlung) durchgeführt. Die Erstbehandlung beim Arzt habe in einer orthetischen Ruhigstellung und Ultraschalltherapie bestanden. Nach Erstellung eines MRT sei mit Krankengymnastik begonnen worden. In dem Gutachten vom 13. November 2003 gelangte Dr. J zu dem Schluss, bei der Klägerin bestehe eine aktivierte Acromioclaviculargelenkarthrose (AC-Gelenkarthrose) links sowie ein Zustand nach operativ versorgter FS und subacromialem Impingementsyndrom bei Bursitis subacromialis. Es sprächen mehr Gründe dafür als dagegen, dass die bei der Klägerin eingetretene FS links durch das angeschuldigte Ereignis verursacht und das subacromiale Impingementsyndrom wesentlich mitverursacht worden seien. Denn letzteres habe bis zum Unfallereignis keine Erkrankung dargestellt. Es habe vielmehr lediglich eine synergistisch zur traumatischen Exposition wirkende Anlage dargestellt. Die wesentliche Bedeutung komme dem Unfallereignis als dem eigentlichen Krankheitsauslöser zu. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei für die Zeit vom 06. Mai 2002 bis April 2003 zu bejahen. Unfallunabhängig bestünden die aktivierte Arthrose des AC-Gelenks links sowie cervicale Funktionsstörungen bei Uncovertebralarthrose. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 v. H. einzuschätzen.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. H vom 06. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ereignis sei nicht geeignet gewesen, die festgestellten Gesundheitsstörungen herbeizuführen. Die Tatsache, dass vor dem Unfall Beschwerdefreiheit bestanden habe, genüge nicht, um den ursächlichen Zusammenhang zu begründen. Eine – von Dr. J angenommene – erhebli-che indirekte Gewalteinwirkung auf die linke Schulter sei nicht nachzuvollziehen. So habe die Klägerin ursprünglich im Gegensatz zu ihren Angaben bei Dr. J nicht von einem bis in die HWS ausstrahlenden Schmerz berichtet. Hingegen sei eine degenerative Erkrankung der HWS bekannt. Eine Prellmarke oder andere Verletzungen des Ellenbogens seien nicht angeführt worden. Weiterhin spreche gegen eine unfallbedingte Verursachung, dass die MRT-Untersuchung sechs Wochen nach dem Unfall keinen Hinweis für eine Verletzung der betroffenen Schulter ergeben habe. Nachweislich lägen aber eine HWS-Uncarthrose mit leichter Osteochondrose sowie eine AC-Gelenkarthrose vor. Beide Erkrankungsbilder begünstigten das Zustandekommen einer Bursitis subacromialis.
Mit ihrer hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sowohl Dr. H als auch Dr. J hätten bestätigt, dass das beim Unfallereignis erlittene Anpralltrauma geeignet gewesen sei, ihre Beschwerden hervorzurufen. Dr. J habe festgestellt, dass die bei ihr latent vorhandenen Anlagen keinen Krankheitswert besessen hätten und daher das Unfallereignis wesentliche Ursache für die Funktionsstörungen der linken Schulter sei. Sie habe vor dem Unfall keine Beschwerden in der linken Schulter gehabt und sich auch nie in Behandlung wegen derartiger Beschwerden befunden. Im Übrigen lasse der von ihr geschilderte Geschehensablauf eine erhebliche Einwirkung am Ellenbogen durch den Aufprall gerade auch unter Berücksichtigung der normalen Fahrgeschwindigkeit eines Pkws als sehr wahrscheinlich erscheinen. Schon geringe Geschwindigkeiten von 10-20 km/h wirkten sich dahingehend aus, dass erheblich höhere Kräfte freiwürden als bei einem stehenden Fahrzeug. Sie sei in dem Schlagloch stecken geblieben und nicht darüber hinweg gefahren.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2006 hat das SG eine Augenscheinseinnahme des Fahrzeugs der Klägerin vorgenommen. Dabei wurde folgendes festgehalten: "Auf die Tür aufgesetzt zeigt sich die Armlehne, die ungepolstert aus Plastik ist. Es handelt sich bei dem Fahrzeug um einen blauen Nissan Micra. Es zeigt sich, dass sich der Arm der Klägerin beim Festhalten des Lenkrads etwa in einem Abstand von gut 10 cm über der Armlehne befindet. Dieser 10 cm-Abstand gilt dann, wenn das Lenkrad oben angefasst wird. Dann ist es sogar etwas mehr, wird das Lenkrad unten angefasst, ist es weniger bis hin zum Auflegen des Armes auf die Armlehne. Der Augenschein ergibt, dass die Klägerin bei einem Schlagloch mit dem linken Arm nicht an der Armlehne (mit dem Arm zwischen Körper und Armlehne) vorbei kommt, sondern auf die Armlehne aufschlägt, sei es, dass sich der Arm gegen die Armlehne oder die Armlehne gegen den Arm bewegt, weil das Auto federt."
Durch Urteil vom selben Tag hat das SG die Beklagte antragsgemäß unter Änderung des Bescheids vom 06. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2004 verurteilt, das posttraumatische Frozen-shoulder-Syndrom als Unfallfolge anzuerkennen und zu entschädigen. Zur Begründung hat sich die Kammer auf das Gutachten von Dr. J sowie die Augenscheinseinnahme gestützt. Nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme habe so gut wie ausgeschlossen werden können, dass die Klägerin bei einem plötzlichen unfallartigen Ruck zwischen Körper und Armlehne vorbei mit dem Ellenbogen ins Leere stoße. Die Klägerin habe nachvollziehbar geschildert, dass sie in ein relativ tiefes Schlagloch gefahren sei, in welchem sie dann stecken geblieben sei. Dies sei mit einem plötzlichen Ruck verbunden, der auch erhebliche Energie entfalten könne, wenn der Ellenbogen ungebremst auf die Armlehne treffe. Somit habe nach Auffassung der Kammer ein ausreichendes Trauma im Sinne der Schilderungen von Dr. H und Dr. J vorgelegen. Ausschlaggebend sei weiterhin, dass bisher bei der Klägerin keine Schulterbeschwerden aufgetreten seien, was durch die Auskunft ihrer Krankenkasse zumindest für die Zeit ab 1998 bewiesen sei.
Gegen das am 13. März 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. April 2006 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung der Beklagten. Entgegen der vordergerichtlichen Entscheidung handele es sich bei den vorliegenden Schultergelenkbeschwerden nicht um Folgen des Unfalls vom 30. April 2002. Tatsächliche Anhaltspunkte für das Einwirken gravierender Kräfte während des Unfalls fänden sich im gesamten Aktenverlauf nicht. Die Tatsache, dass die Beschwerden am primär betroffenen linken Ellenbogen bereits am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen seien, spreche eindeutig gegen die Annahme eines erheblichen Anpralltraumas. Auch der Umstand, dass das Fahrzeug der Klägerin weder im Bereich der Armlehne noch im Bereich des im Schlagloch stecken gebliebenen Rads Schäden aufgewiesen habe, stütze die Grundvoraussetzung der erheblichen Energie nicht. Dr. H habe sich mit der Tatsache nicht vorhandener äußerer Verletzungszeichen auseinander gesetzt und unter Bezugnahme auf anerkannte unfallmedizinische Fachliteratur darauf hingewiesen, dass bei einer primär vorliegenden Stauchung im Ellenbogenbereich dortige Beschwerden oder Verletzungszeichen eine Minimalvoraussetzung darstellten, um darüber hinaus vorliegende Weichteilverletzungen der Schulter als Folge zu diskutieren. Darüber hinaus seien bei der Klägerin eine unfallunabhängige Tendinitis calcarea, degenerative Veränderungen des AC-Gelenks und ein subacromiales Impingement nachgewiesen. Weder die röntgenologischen Untersuchungen noch die Arthroskopie hätten unfallbedingte Verletzungen im Bereich des linken Schultergelenks erbracht. Das Unfallereignis habe lediglich ein Anlassgesche-hen für die Auslösung akuter Erscheinungen einer bereits vorbestehenden und leicht ansprechbaren Krankheitsanlage im linksseitigen Schulterbereich dargestellt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die aus ihrer Sicht überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Ergänzend trägt sie vor, dass sie an der rechten Schulter bisher keine Beschwerden habe, weshalb davon auszugehen sei, dass die linksseitigen Beschwerden tatsächlich unfallbedingt seien. Im Übrigen seien die Schmerzen im Ellenbogenbereich noch lange Zeit spürbar gewesen, jedoch nicht so gravierend wie die Schmerzen im Schultergelenk gewesen. Sie betont nochmals, dass sie vor dem Unfall keinerlei Beschwerden gehabt habe.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. W-R mit der Untersuchung der Klägerin und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem am 08. August 2006 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin lägen folgende Veränderungen im Bereich der oberen Extremitäten vor: 1. Tendinitis calcarea beide Schultern 2. Zustand nach Acromioplastik linkes Schultergelenk 3. AC-Gelenkarthrose beidseits 4. Schultersteife links 5. chronisch degenerative HWS-Veränderungen mit Uncovertebralarthrosen der Etagen HWK 4-6 und geringer Gefügelockerung des Segments C 6/7.
Keine dieser Veränderungen sei Folge des Ereignisses vom 30. April 2002. Durch das Aufschlagen des Ellenbogens auf die Armlehne sei es zu einer Stauchung des Ellenbogens bzw. auch der Schulter gekommen. Als Folge einer inneren Schadensanlage habe sich reaktiv eine Schulterteilsteife mit nachfolgender subacromialer Enge entwickelt. Ursächlich hierfür seien die erkennbare Veränderung an der Muskelmanschette (Kalkmetaplasie am Ansatz der Supraspinatussehne) und am Schultereckgelenk. Primärer Schadensort sei der Ellenbogen und nicht das Schultergelenk gewesen. Entsprechende Veränderungen bei schwerer Krafteinwirkung hätten dort gefunden werden müssen. Jedoch sei es hier zu einer raschen Remission der lokalen Beschwerden gekommen, Prellmarken an den Weichteilen seien nicht zu erkennen gewesen. Strukturschäden am Schultergelenk bzw. an den angrenzenden Weichteilen seien durch Sonografie sowie Röntgen- und MRT-Untersuchungen ausgeschlossen worden. Ein erforderlicher sofortiger Funktionsverlust der Schulter nach dem Unfall sei nicht eingetreten. Die heute bestehenden erkennbaren Funktionsdefizite seien gering. Aufgrund einer Ellenbogen-/Schulterkontusion habe für maximal zwei Wochen Behandlungsbedürftigkeit bestanden.
Die Klägerin kritisiert das Gutachten eingehend und macht erneut Ausführungen zur Wesentlichkeit des Ursachenzusammenhangs. Der Sachverständige habe sich nicht hinreichend mit der Bewertung von Dr. J auseinander gesetzt. Insbesondere moniert sie, der Sachverständige widerspreche dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Danach sei festgestellt, dass der angewinkelte linke Arm sich beim Fahren auf der ungepolsterten Armlehne aus Plastik befinde, wenn das Lenkrad unten angefasst werde. Beim Fahren in das Schlagloch hätten sich automatisch Kraft und Bewegung des Autos direkt in ihre Schulter übertragen. Darüber hinaus sei es irrelevant, wenn der Sachverständige nach nunmehr über vier Jahre nach dem Unfall eine beiderseitige Tendinits calcarea sowie eine AC-Gelenkarthrose feststelle. Zum Unfallzeitpunkt habe ein derartiger Befund nicht vorgelegen.
Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W-R veranlasst. In seiner Stellungnahme vom 04. Dezember 2006 hat dieser unter anderem darauf verwiesen, dass es unabhängig von der Frage der Sitzposition der Klägerin im Pkw an einem fixierenden Gegenhalten der Schulter fehle. Ein Ausweichen nach oben sei aufgrund der Anatomie der Schulter jederzeit möglich. Eine strukturelle Schulterschädigung aufgrund des Ereignisses sei durch die MRT-Untersuchung vom 10. Juni 2002 ausgeschlossen. Im Rahmen dieser Untersuchung habe sich eine mäßige AC-Gelenkarthrose ohne Aktivierungszeichen gefunden. Auf weitere Kritik der Klägerin hat der Sachverständige am 29. Januar 2007 eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben, in deren Rahmen er von seiner bisherigen Beurteilung jedoch nicht abgewichen ist.
Die Klägerin legt anschließend ergänzend dar, dass ihr Arm aufgrund der beengten Verhältnisse im Fahrzeug wie in einem Schraubstock zwischen Lenkrad, Armlehne und Schultergelenk festgestellt gewesen sei, während ihr Körper nach vorne geschnellt sei. Dies entspreche der Situation bei einem Treppensturz mit Festhalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat sodann den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. L mit der Untersuchung der Klägerin und der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 10. Okto-ber 2007 zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestehe eine fibrosierte Bursitis subacromialis mit sekundärer Schultersteife links. Die sekundäre FS sei mit Wahrscheinlichkeit durch das Ereignis vom 30. April 2002 verursacht worden. Das Krankheitsbild der Kapsulitis adhäsiva oder FS sei ein eigenständiges Krankheitsbild, wobei die Ätiologie sehr multivariant sein könne. Genaueste wissenschaftliche Belege, weshalb es zur Schrumpfung des Schultergelenkkapselvolumens komme, stünden aus. Es werde unterschieden zwischen einer primären und einer sekundären FS. Die bildgebende Diagnostik versage bei derartigen Krankheitsbildern vollständig. Auch hier habe die klinische Diagnose nicht durch Röntgen-, Sonografie- oder MRT-Befunde untermauert werden können. Der veränderte und verdickte Schleimbeutel sei nicht Krankheitsursache und auch nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen, vielmehr sei er sekundäres Folgeereignis der FS. Eine posttraumatische FS im engeren Sinne, d. h. ein Zustand nach massiven strukturellen Veränderungen wie z. B. Brüchen im Oberarmkopfnahen Bereich oder Schulterluxationen, liege hier nicht vor. Eine Schulterluxation sei durch die Röntgenuntersuchung vom 06. Mai 2002 ausgeschlossen worden. Initialereignis der sekundären FS sei hier das Kontusionsereignis, welches über eine indirekte Fortleitung der Kraft durch einen massiven Ellenbogenanprall auf das Schultergelenk ursächlich für die FS verantwortlicht gemacht werden könne. Wissenschaftliche Grundlagen zur Entstehung dieser Formen der Schultereinsteifung steckten noch in den Kinderschuhen. Häufig seien sie bei Diabetikern, bei Patienten eines bestimmten HLA-Status, bei Patienten mit bestimmten Chromosomenapparationen bzw. Veränderungen im Kollagengerüst zu beobachten. Alle diese Dinge seien bei der Klägerin auszuschließen. Dies sei letztlich aber nicht beweisend dafür, dass das Unfallereignis nicht den Prozess der FS in Gang gesetzt habe. Arbeitsunfähigkeit habe ab dem 06. Mai 2002 für mehr als 72 Wochen bestanden. Eine Therapiebedürftigkeit sei aus Sicht der Klägerin bis zum Januar 2004 gegeben. Die MdE betrage vom 01. Mai 2002 bis zum 04. Dezember 2002 40 v. H., vom 05. Dezember 2002 bis zum 12. Dezember 2002 100 v. H., vom 13. Dezember 2002 bis zum 31. Januar 2004 40 v. H. und vom 01. Dezember 2004 bis zum 17. Juli 2007 – dem Untersuchungstag – 20 v. H ...
Die Beklagte meint, das Gutachten des Dr. L erfülle nicht die Mindestanforderungen eines im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zu fordernden wissenschaftlichen Gutachtens. Der Sachverständige begründe seine Schlussfolgerungen allein mit seinen persönlichen Erfahrungen und nicht mit wissenschaftlichen Belegen. Im Übrigen sei eine - von Dr. L angenommene – Verletzung der Schultergelenkkapsel durch die MRT-Untersuchung vom 15. Oktober 2002 ausgeschlossen worden. Ebenso wenig sei es im Rahmen des Unfalls vom 30. April 2002 zu einem – von Dr. L weiterhin angenommenen – massiven Kontusionsereignis gekommen. Es habe sich somit um ein "Minorereignis" gehandelt, welches, wie Dr. L selber in seinem Gutachten ausführe, als beliebiges Gelegenheitsereignis geeignet gewesen sei, den Krankheitsverlauf in Gang zu setzen.
In einer vom Senat angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 21. Januar 2008 hat Dr. W-R Dr. L insbesondere insoweit kritisiert, als dieser das Vorliegen einer AC-Gelenkarthrose für irrelevant für die Krankheitsentwicklung der Klägerin halte. Hierzu hat er sich auf die Ausführungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit" bezogen. Im vorliegenden Fall habe im Rahmen der vorgenommenen Diagnostik weder an den Weichteilen noch innerhalb des Gelenks ein Verletzungskorrelat etwa in Form einer Schwellung oder eines Hämarthros aufgedeckt werden können. Eine direkte Verletzung der Schulter, auch in Form eines direkten Anpralltraumas, habe nicht stattgefunden. Leichtgradige Zerrungen und Prellungen der Schulter führten in der Regel nach der unfallmedizinischen Standardliteratur nur dann zu einer Schultersteife, wenn verletzungsbedingte Schmerzen zu einer länger anhaltenden Schonung bzw. Ruhigstellung des Schultergelenks führten.
Der Senat hat die Akten des Landgerichts (LG) Berlin zum Rechtsstreit mit der privaten Unfallversicherung (Az.: 7 O 296/04) eingesehen und hieraus insbesondere das fachchirurgisches Gutachten des Dr. H vom 27. Juni 2005, die fachchirurgische Stellungnahme desselben Arztes vom 11. September 2005, das Protokoll der öffentlichen Sitzung des LG Berlin vom 18. Mai 2006, das Urteil des LG Berlin vom 13. Juli 2006, das orthopädisch-rheumatologische Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. S vom 13. Juni 2007, die Stellungnahme desselben Arztes vom 23. Juli 2007, das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Kammergerichts (KG) Berlin vom 12. Oktober 2007 sowie das Urteil des KG Berlin vom 23. November 2007 in den Rechtsstreit eingeführt.
Die Klägerin ist der Auffassung, aus den im Rahmen des Zivilrechtsstreits erstellten Gutachten ergebe sich, dass der Unfall ursächlich für die Verletzung der linken Schulter gewesen sei. Altersgerechte Vorschäden seien nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte verweist demgegenüber darauf, dass sowohl Dr. H als auch Prof. Dr. S unmittelbar an den Unfall anschließende posttraumatische Schäden im Gelenkbereich ausgeschlossen und auf degenerative Vorschäden hingewiesen hätten. Soweit im Rahmen des zivilrechtlichen Streits eine prozentuale Aufteilung der Schadensanteile erfolgt sei, sei dies im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht möglich.
Der Senat hat zwei weitere Auskünfte der TK zu Vorerkrankungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin eingeholt (Auskünfte vom 03. März und 29. Mai 2009).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 hat der Senat die Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L gehört. Auf das Protokoll sowie dessen Anlagen 1 bis 3 wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat – entgegen der Ansicht des SG - keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Verletztengeld, Verletztenrente etc.).
Der Anspruch der Klägerin scheitert bereits daran, dass das – behauptete - Ereignis vom 30. April 2002 keinen Arbeitsunfall i. S. v. § 8 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) darstellt.
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (so genannter Wegeunfall). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Ent-stehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG vom 04. September 2007, - B 2 U 28/06 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 m. w. N.).
Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, in Juris m. w. N.). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestandes nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale.
Es mag hier dahin gestellt bleiben, ob ein Arbeitsunfall bereits deshalb nicht festzustellen wäre, weil das äußere Ereignis nicht nachgewiesen ist. Für die von der Klägerin geschilderten Ereignisse vom 30. April 2002 existieren nämlich weder Zeugen noch urkundliche Beweise. Zeugen z. B. in Gestalt von Mitfahrern oder Passanten gab es nicht, eine Unfallmeldung bei der Polizei hat nicht stattgefunden, eine Vorstellung in einer Kfz-Werkstatt ist mangels Schadens am Fahrzeug ebenfalls nicht erfolgt. Auch ist im Arztbrief des Orthopäden Dr. S der 29. April 2002 als Unfalltag benannt worden.
Vorliegend fehlt es jedenfalls am erforderlichen Nachweis eines Gesundheitserstschadens. Ausweislich der – nicht objektivierbaren - Angaben der Klägerin war primärer Schadensort ihr linkes Ellenbogengelenk. Nur hier hat der Aufprall auf die Armlehne der Fahrertür stattgefunden. Ein Anstoßen mit dem Kopf oder der Schulter an Fahrzeugteilen unmittelbar ist nicht vorgetragen worden. Ein Körperschaden im Bereich des Ellenbogengelenks ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin selber gab hierzu zunächst lediglich initiale Schmerzen an, die am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen seien. In einer späteren Version hat sie fortdauernde, offensichtlich aber nur untergeordnete, Schmerzen behauptet. Äußere Verletzungen in diesem Bereich oder Prellmarken sind ihr – so ihre Angaben bei Dr. J – nicht erinnerlich. Im Übrigen sind weder äußere Verletzungszeichen noch Schädigungen des Gelenks, der Weichteile oder Knorpel bzw. Bänder medizinisch dokumentiert. Die Klägerin hat sich erst circa eine Woche nach dem Ereignis in medizinische Behandlung begeben. Eine Vorstellung beim Durchgangsarzt, was bei Angabe eines Wegeunfalls im Rahmen der Be-handlung durch den behandelnden Arzt Dr. L oder durch Dr. S eigentlich hätte veranlasst werden müssen, ist nie erfolgt. In der Folge sind lediglich Befunde betreffend die Schulter erhoben und nur diesbezüglich Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Allein aufgrund dieser Umstände ist bereits zu bezweifeln, dass bei dem von der Klägerin geschilderten Aufprall größere Kräfte gewirkt haben, ansonsten hätte es zu sichtbaren und andauernden Schäden im Bereich des Ellenbogens kommen müssen. Soweit der Sachverständige Dr. W-R in seinem Gutachten von einer Ellenbogenprellung ausgeht, handelt es sich um eine bloße Annahme aufgrund des von der Klägerin beschriebenen Unfallhergangs und der angegebenen Schmerzen. Ein entsprechender Erstbefund fehlt. Eine solche Prellung (d. h. Schädigung von Organen oder Körperteilen durch direkte, stumpfe Gewalt von außen ohne sichtbare Verletzungen der Haut) wäre aber in jedem Fall folgenlos ausgeheilt.
Ein direktes Anpralltrauma der linken Schulter (etwa an der Tür) wird – wie schon erwähnt - von der Klägerin nicht behauptet. Die Klägerin argumentiert vielmehr mit einer fortgeleiteten Krafteinwirkung. Es habe eine starke Krafteinwirkung durch den Aufprall des Ellenbogens auf die Armlehne stattgefunden, welche – ungedämpft – über das Ellenbogengelenk an das Schultergelenk fortgeleitet worden sei. Dort habe dies zu einer "kranialen Subluxation des Humeruskopfes mit Quetschung des subacromialen Gewebes und Dehnungs- bzw. Scherkraftreiz auf die Kapsel-Bandstrukturen" geführt (so Dr. J auf S. 10 seines Gutachtens).
Abgesehen davon, dass bereits das erste Glied der Argumentationskette der Klägerin - die starke Krafteinwirkung bzw. das "massive Kontusionsereignis" – angesichts der fehlenden Schäden am Ellenbogengelenk sowie am Fahrzeug, angesichts der dem Straßenzustand angemessenen anzunehmenden geringen Fahrgeschwindigkeit, angesichts der tatsächlichen Dämpfung des Aufpralls durch Federung des Pkws bzw. des Fahrersitzes sowie im Körper durch Knorpel und Bänder, angesichts der Beschleunigungshemmung durch den Sicherheitsgurt sowie letztlich angesichts der Anatomie der Schulter, die nach oben nicht fixiert war und jederzeit ausweichen konnte, nicht plausibel ist, fehlt es am Nachweis eines Primärschadens an der Schulter. Ent-scheidend ist nicht so sehr die Frage, ob überhaupt ein Reiz irgendwelcher Art auf das Schultergelenk eingewirkt hat, sondern ob strukturelle Schäden zeitnah zum Unfall nachgewiesen sind. Demzufolge ist es auch nicht von Bedeutung, ob – wie die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptet hat – eine dreifache Krafteinwirkung stattgefunden hat. Da die Klägerin sich erst ca. eine Woche nach dem behaupteten Ereignis in Behandlung begeben hat, muss sich die Nachweisführung stützen auf die folgenden zeitnächsten Befunde: - Sonografie vom 06. Mai 2002 - Röntgenbilder der linken Schulter vom 06. Mai 2002 - MRT des linken Schultergelenks vom 10. Juni 2002 - Röntgenbilder der HWS vom 27. Juni 2002. Die Sonografie war laut dem Brief des Dr. S vom 06. Mai 2002 bis auf Kalk in der Supraspinatussehne unauffällig. Verletzungszeichen wurden von ihm nicht festgestellt, die Bizepssehne war unauffällig. Die Röntgenbilder der linken Schulter vom 06. Mai 2002 ergaben laut der Nachbefundung von Dr. L (S. 9 seines Gutachtens) weder eine wesentliche kraniale Dezentrierung noch nennenswerte degenerative Veränderungen am Oberarmkopf oder an der Gelenkpfanne. Der acromiohumerale Abstand war dezent verringert. Am AC-Gelenk waren kaudale Osteophyten i. S. einer initialen AC-Gelenkarthrose nachweisbar. Im Bereich des Tuberculum majus fand sich eine 3 mm kalkdichte Verschattung i. S. einer Tendinosis calcarea Typ Gärtner III. Im MRT der linken Schulter vom 10. Juni 2002 zeigte sich gemäß dem Befund vom 11. Juni 2002 eine mäßige Arthrose im AC-Gelenk. Ansonsten war das MRT unauffäl-lig. Es fanden sich keine Anhaltspunkte für ein Impingement, eine Schädigung der Rotatorenmanschette (RM), eine Bursitis, eine Verletzung der Schultergelenkkapsel oder des Labrum glenoidale. In seiner Nachbefundung bestätigt Dr. L dies (S. 9 seines Gutachtens), sieht jedoch darüber hinaus im Bereich der Ansatzzone der Sehne des Supraspinatus eine hyperintense Zone i. S. einer kleinsten bursaseitigen Partialruptur. Prof. Dr. S hat im Rahmen seines für das KG Berlin erstellten Gutachtens nach Aktenlage das MRT ebenfalls nachbefundet. Er fand in seinem Gutachten vom 13. Juni 2007 einen leichten Hochstand des Oberarmkopfs, eine sehr kleine Bursa subac-romialis und einen so genannten Neer-Sporn, d. h. eine degenerative knöcherne Ausziehung am AC-Gelenk.
Hinsichtlich der Schlussfolgerungen hieraus sind sich die Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L einig. Auch die weiteren medizinischen Sachverständigen Dr. J, Dr. H (für das LG Berlin) und Prof. Dr. S (für das KG Berlin) sind zu keinen anderen Schlussfolgerungen gelangt. Danach sind eindeutige traumatische Veränderungen - insbesondere durch die MRT-Untersuchung vom 10. Juni 2002 - nicht nachweisbar. Die MRT-Aufnahme zeigt keinen Schultergelenkerguss, keine traumatische Veränderung der RM, keinen vermehrten Flüssigkeitssaum um die Bizepssehne, keine knöchernen Verletzungsfolgen am großen und kleinen Knorren. Auch am Schulterdach selbst besteht ein unauffälliger Befund. Es ergibt sich kein Hinweis auf eine Verletzung der Gelenkkapsel oder des so genannten Labrum glenoidale. Einblutungen in die Gelenkkapsel bestehen nicht. Eine Schultergelenkluxation ist bereits durch die Röntgenuntersuchung vom 06. Mai 2002 ausgeschlossen worden. Jedoch sind in der MRT-Aufnahme vom 10. Mai 2002 degenerative Veränderungen zu erkennen, nämlich ein leichter Hochstand des Oberarmkopfes sowie ein Neer-Sporn. Darüber hinaus zeigt sich in den Röntgenbildern des linken Schultergelenks im Bereich des Tuberculum majus eine 3 mm dichte Kalkverschattung i. S. einer Tendinosis calcarea Typ Gärtner III, welche ebenfalls nicht traumatisch ist.
Im Übrigen fehlt es nach den Angaben der Klägerin an einem sofortigen Funktionsverlust als Hinweis auf eine strukturelle Schädigung der Schulter. Schließlich konnten bei der OP am 06. Dezember 2002 ebenfalls keine Verletzungen der Schultergelenksstrukturen einschließlich der Bänder und Weichteile nachgewiesen werden. Eine Schädigung bzw. Veränderung (z. B. i. S. einer Schrumpfung) der Schultergelenkkapsel wurde nicht beschrieben. Zudem zeigen die vorliegenden medizinischen Berichte des Dr. L vom Oktober 2002, des Dr. S von Mai 2002, des Krankenhaus M-O vom 12. Dezember 2002 sowie der Schulter-Sprechstunde des V Klinikum H vom 04. Juli 2002 und 02. Oktober 2002 kein klares Muster einer spezifischen aktiven bzw. passiven Bewegungseinschränkung der linken Schulter, wie es für eine FS typisch ist.
Die von Dr. L diagnostizierte sekundäre FS – d. h. Schultersteife – stellt selbst keinen Primärschaden – insbesondere keine "Verletzung" wie die Klägerin meint - dar, wie sich bereits aus den Ausführungen des Dr. L in seinem Gutachten ergibt. Die FS stellt nach den übereinstimmenden Bekundungen der Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L vielmehr eine reaktive Erkrankung dar.
Der Begriff der Schultersteife fasst Erkrankungen zusammen, deren Leitsymptom die aktive und passive Bewegungseinschränkung ist. Im Allgemeinen versteht man darunter das zyklische Krankheitsbild der kapsulären Schultersteife oder "FS" bzw. "adhäsi-ven Kapsulitis". Es handelt sich um eine eigenständige Erkrankung mit regelmäßigem Verlauf. Tritt die Erkrankung ohne Hinweis auf weitere Ursachen auf, liegt eine primäre oder genuine Schultersteife vor. Sind dagegen Ursachen, seien sie exogen oder endogen, erkennbar, welche in irgendeiner Art und Weise die Bewegungseinschränkung des Schultergelenks beeinflusst oder hervorgerufen haben, liegt eine sekundäre Form vor. Diese Ursachen liegen z. B. in der Immobilisation nach Verletzungen oder Eingriffen, in mechanischen Störungen (z. B. durch die Blockierung einer bestimmten Bewegung des Schultergelenks), in überschießender Narbenbildung, schmerzbedingten Schonhaltungen oder anderen Läsionen. Ebenso sind Schultersteifen bei systemischen Problemen wie Stoffwechselstörungen, Infekten, Omarthrosen usw. möglich (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, "Die eingesteifte Schulter" in Der Orthopäde 2008 Vol. 37: 1065-1072; V. Echtermeyer, "Praxisbuch Schulter", 2004, S. 167). Sie kann zudem im Rahmen von Erkrankungen des Subacromialraums oder der RM eintreten (vgl. V. Echtermeyer, a. a. O., S. 167). In der medizinischen Literatur wird weiterhin beschrieben, dass der Bewegungsverlust aus Schmerzen vergesellschaftet mit jeglichem krankhaften Zustand der Schulter resultieren kann (vgl. Joseph C. Tauro, M. D., and Melyssa Paulson, M. D., in Arthroscopy: The Journal of Arthros-copic and Related Surgery; Vol. 24, No. 8, 2008: 949-955).
Die FS entwickelt sich klinisch laut den Bekundungen der Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L typischerweise in drei Phasen. Beginnend mit einer leichtgradigen Synovitis mit Schmerzen und noch geringer Bewegungseinschränkung entwickelt sich eine proliferative Synovitis und zunehmende Kapsulitis mit Schrumpfung und Verklebung des Gelenkrezessus. Schließlich nimmt die Synovitis ab und der Gelenkraum ist deutlich verkleinert. Die Phasen werden wie folgt beschrieben: Stadium des "Einfrierens": In dieser Zeit steht ein diffuser Schulterschmerz im Vordergrund, der weniger belastungsabhängig als dauerhaft ist. Zunehmend wird eine Schonhaltung eingenommen und es entwickelt sich eine aktive und passive Bewegungseinschränkung. Stadium des "Gefrorenseins". Unter zunehmender konzentrischer Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit lässt die Schmerzsymptomatik allmählich nach. Stadium des "Auftauens": In dieser Phase kommt es langsam zu einer Besserung der Schultergelenksbeweglichkeit mit weiterer Schmerzabnahme. (alles zitiert aus: V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167f).
Das typische Merkmal der Schultersteife ist die aktive und passive Einschränkung der glenohumeralen Beweglichkeit. Bei der häufigsten primären oder genuinen Form der kapsulären Schultersteife (FS) liegt eine Einschränkung aller Bewegungsrichtungen vor. Die klinische Testung zeigt vorrangig eine Innenrotations-, Abduktions- und eine Außenrotationsstörung. Gleiche Befunde zeigen systemische sekundäre Formen. Mechanische Alterationen weichen von dieser Vorgabe häufig ab. Abhängig von der auslösenden mechanischen Störung liegt dann ein anderes Muster der Beweglichkeitseinschränkung vor. Sind sekundäre, nichtentzündliche Ursachen für die Schultersteife bedeutend, sind die klinischen Beweglichkeitseinschränkungen nicht in allen Ebenen in gleichem Maße ausgeprägt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.).
Da ein Gesundheitserstschaden irgendeiner Art - und sei es auch lediglich ein unspezifischer seröser Erguss im linken Schultergelenk – nicht i. S. d. Vollbeweises nachgewiesen ist, kommt es auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung von 24. Juni 2009 erneut problematisierte Frage der Geeignetheit des Unfallhergangs für den Eintritt eines Gesundheitsschadens gar nicht an. Hinzu kommt, dass der Unfallhergang nicht mehr objektiv rekonstruierbar ist und die Angaben der Klägerin sowohl zum Hergang als auch zur anschließenden Beschwerdeentwicklung wechselhaft sind.
Selbst wenn man jedoch einen Gesundheitserstschaden (z. B. in Form einer Prellung des linken Schultergelenks) hier als nachgewiesen annähme, hätte die Klägerin dennoch keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar wäre dann ein Arbeits- bzw. Wegeunfall i. s. d. § 8 SGB VII zu bejahen, es fehlte dann jedoch an der haftungsausfüllenden Kausalität, denn die diagnostizierte sekundäre FS links wäre nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die erlittene Prellung zurückzuführen.
Hierbei sollen Zweifel an der Diagnose einer FS zum Zeitpunkt der Operation am 06. Dezember 2002 hintan gestellt beleiben. Solche bestehen immerhin, denn spezifische Funktionstests für eine FS bzw. spezifische Funktionseinschränkungen sind nicht aktenkundig. Weder in den Berichten der Schulter-Sprechstunde noch in den Berichten des Krankenhauses M-O sind diese zu finden. Dies ist auch von Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 kritisiert worden. Im Bericht der Schulter-Sprechstunde vom 04. Juli 2002 ist nur der Verdacht auf eine sekundäre FS geäußert worden. Zu-dem beschreibt der OP-Bericht vom 06. Dezember 2002 keine Schrumpfung der Gelenkkapsel, die jedoch – wie oben dargelegt - charakteristisch für eine FS sein soll.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Arbeitsunfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens, z. B. bei einem Sprunggelenksbruch, der zu einer Versteifung führt, oder direkt, z. B. bei einer Amputationsverletzung, ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Be-dingung bestehen.
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/07 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; stRspr vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 sowie vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesund-heitsschadens abgeleitet werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis we-sentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. u. a. BSG in SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Anm. 1.3.6.1). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursa-che(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSG in SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 75; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – a. a. O.).
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als sol-chem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG in SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).
Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Es gilt der allgemeine beweisrechtliche Grundsatz, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (vgl. BSG in SozR 3850 § 51 Nr. 9; BSG in SozR 1500 § 128 Nr. 31; BSG in SozR 3-3850 § 52 Nr. 1; Rauschelbach, MedSach 2001, 97; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 2.3.4.3).
Ausgangsbasis für die Feststellung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnistandes müssen die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein (vgl. u. a. Fritze, Ärztliche Begutachtung, 6. Aufl 2001, Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl. 2005; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O.; Ludolph/Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, 2004; Rompe/Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 5. Aufl. 2009). Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen sowie andere aktuelle Veröffentlichungen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Die verschiedenen Veröffentlichungen sind jeweils kritisch zu würdigen.
Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.; BSG SozR Nr. 33 zu § 128 SGG). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand stellt die wissenschaftliche Grundlage dar, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind (vgl. BSG in SozR Nr. 61 zu § 542 RVO). Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das objektivierte individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Ver-sicherten abgestellt werden. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – a. a. O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereig-nis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG in SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; Urteil vom 07. September 2004 - B 2 U 34/03 R – und vom 02. April 2009 -, jeweils in Juris). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegrün-denden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt die hinreichende Wahr-scheinlichkeit.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das bei der Klägerin aufgetretene Krankheitsbild einer FS bzw. steifen Schulter auf die – unterstellte – Prellung der Schulter zurückzuführen ist.
Für die Entstehung einer FS werden in der medizinischen Wissenschaft vielfältige Ur-sachen diskutiert. So sind die Ursachen der primären FS nach wie vor unbekannt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167). Die Häufigkeit der primären Schultersteife wird mit 2–5% in der Bevölkerung angege-ben. Das Vorkommen wird im Altersbereich von 40–70 Jahren mit einem statistischen Höhepunkt bei 56 Jahren angesiedelt, eine Seitenpräferenz besteht nicht. Allerdings besteht eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Erkrankung bei der Nichtgebrauchsschulter. Die Erkrankung tritt bei Frauen etwas häufiger auf als bei Männern. Die Chance, ein beidseitiges Vorkommen zu erfahren, liegt bei ca. 20–30% bzw. 6-17% (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Massoud, "Frozen shoulder" in BMJ 2005; 331: 1453-1456). Auffällig häufig ist die Erkrankung beispielsweise mit einem Diabetes mellitus, einer Fettstoffwechselstörung, hormoneller Umstellung, Schilddrüsenfunktionsstörungen vergesellschaftet (vgl. V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167). Diskutiert werden u. a. auch genetische Prädispositionen. Häufungen werden z. B. zudem bei der Dupuytren´schen Erkrankung, bei Parkinson-Erkrankung oder bei koronaren Erkrankungen beobachtet (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Massoud, a. a. O.). Wie Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 ohne Quellenangabe ausführt, ist im Übrigen im Prinzip jedes Gelegenheitsereignis geeignet, den Krankheitsverlauf in Gang zu setzen. Darüber hinaus sollen nach den Angaben des Dr. L – übereinstim-mend mit Dr. W-R - im Rahmen seiner Befragung am 24. Juni 2009 auch kleinere mechanische Irritationen als Auslöser für eine FS in der Literatur beschrieben werden, wobei nicht näher beschrieben wird, welche Ausprägung eine solche mechanische Irritation erreichen muss. Dr. L hat hierzu erklärt, ein nächtliches "Verliegen" reiche nicht aus, eine im Rahmen eines operativen Eingriffs wie einer Gelenkspiegelung durchgeführte Flüssigkeitsauffüllung unter Umständen – abhängig vom jeweiligen Patienten – schon.
Vorliegend kommt die – unterstellte – Prellung der Schulter als eine von mehreren Auslösern für eine FS in Betracht. Denn anhand des von den Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L in ihren Gutachten bzw. ergänzenden Stellungnahmen vom 08. August 2006, 04. Dezember 2006, 29. Januar 2007, 10. Oktober 2007 und 21. Januar 2008 sowie in der Anhörung vom 24. Juni 2009 wiedergegebenen aktuellen wissenschaftli-chen Erkenntnisstandes, der sich nach den Angaben des Dr. L derzeit auf deutsch-sprachigem Gebiet u. a. in dem oben bereits zitierten Aufsatz von A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, "Die eingesteifte Schulter" in Der Orthopäde 2008 Vol. 37: 1065-1072, wieder findet, können bereits kleinere mechanische Irritationen eine FS verursachen. Allerdings gibt es keine nähere wissenschaftlich begründete Festlegung dazu, was eine kleinere mechanische Irritation ist. Das von Dr. Langeführte Beispiel der Auffüllung eines Gelenks mit Flüssigkeit im Rahmen einer Arthroskopie stellt im-merhin bereits einen invasiven Eingriff dar. Dr. W-R hat im Rahmen seiner Anhörung am 24. Juni 2009 die im Rahmen des behaupteten Ereignisses von der Klägerin angenommenen Krafteinwirkungen sämtlich für geeignete kleinere mechanische Irritationen gehalten. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 ausgeführt, im Prinzip sei jedes Gelegenheitsereignis geeignet, das Krankheitsbild der FS in Gang zu setzen. In dem oben zitierten Aufsatz von Joseph C. Tauro, M. D., and Melyssa Paulson, M. D., in Arthroscopy: The Journal of Arthroscopic and Related Surgery, Vol. 24, No. 8, 2008: 949-955, wird jeglicher mit Schmerzen vergesellschafteter krankhafter Zustand für geeignet gehalten, eine FS in Gang zu setzen. Dementsprechend hat Dr. L bei seiner Anhörung am 24. Juni 2009 auch die bei der Klägerin vor dem behaupteten Ereignis bereits vorhandene AC-Gelenkarthrose sowie die Kalkmetaplasie für geeignet erachtet, zu einer FS zu führen. Damit wird hier nicht mehr unterscheidbar, welches exogene und auch möglicherweise alltägliche Ereignis oder welche endogene Anlage einen Ursachenbeitrag geleistet haben könnte. Die mögliche Bedeutung einer hier lediglich unterstellten Prellung des linken Schultergelenks sinkt hier auf eine bloße Gelegenheitsursache ab. Das Ereignis wäre demnach nur ein möglicher Auslöser, nicht jedoch Ursache der FS i. S. d. Theorie von der wesentlichen Bedingung.
Dass der – unterstellten – Prellung der Schulter/des Schultergelenks nicht die wesentliche Bedeutung für die Verursachung des Krankheitsbildes einer FS zukommen kann, ergibt sich aus den bei der Klägerin bestehenden unfallunabhängigen Veränderungen am Schultergelenk (AC-Gelenkarthrose), der Supraspinatussehne (Kalkmetaplasie) und der HWS unterhalb von C4 (Röntgenbefund vom 02. Juli 2002: Verdacht auf Gefügelockerung in C5/6 und C4/5, Uncarthrose aller HWS-Segmente). Schließlich sind laut Schönberger/Mehrtens/Valentin 80-90% der schmerzhaften Schultersteifen Folge degenerativer Veränderungen in der Umgebung des Schultergelenks bzw. deren Nebengelenken: Omarthrose, bakterielle und traumatische Gelenkentzündungen, Knochen- und Weichteiltumore, zervikale Fernwirkung als Folge von Irritationen der zervikalen Nervenwurzeln unterhalb C4 meist nach zervikalen Bandscheibenvorfällen, Al-godystrophien, CTS (Anm. 8.4.3.1). Auf die Relevanz degenerativer Veränderungen der HWS insoweit, als von ihnen Segmente betroffen sind, die das Schultergelenk innervieren, hat Dr. W-R in der Anhörung vom 24. Juni 2009 explizit hingewiesen. Verletzungen des Schultergelenks und Schultergürtels sollen an zweiter Stelle Ursache der Schultersteife sein, wobei vor allem knöcherne Verletzungen am oberen Ende des Oberarms und im Bereich des Schulterblatts sowie Verletzungen des Schultergelenks und des AC-Gelenks in Betracht kommen. Daneben bewirken auch schwere Weichteilverletzungen in Form von Quetschungen durch Verschüttung oder Verbrennungen eine Schultersteife (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.4.3.2).
Leichtgradige Zerrungen und Prellungen der Schulter – eine schwere Verletzung oder eine gravierende Prellung mit einem Erguss, der noch im sechs Wochen später durchgeführten MRT nachweisbar gewesen wäre, lagen wie bereits festgestellt nicht vor - führen hingegen in der Regel nur dann zu einer Schultersteife, wenn verletzungsbedingte Schmerzen zu einer längeren anhaltenden Schonung bzw. Ruhigstellung des Schultergelenks Anlass sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.4.3.2). Zwar ergibt sich aus den Unterlagen (siehe hier insbesondere die Darstellung des Behandlungsablaufs bei Dr. H auf S. 3 seines Gutachtens vom 27. Juni 2005) in der Tat eine stark verzögerte Aufnahme der Mobilisation und das Unterbleiben der Einnahme von Schmerzmitteln. Andererseits jedoch war die Klägerin zum Zeitpunkt des angegebenen Ereignisses 56,5 Jahre alt und demgemäß in eben dem Alter, in dem die FS – auch ohne erkennbare Ursache als primäre FS - gehäuft auftritt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Mas-soud, a. a. O.). Darüber hinaus hat sie nach ihren Angaben zwei Schilddrüsen-Operationen durchgemacht (vgl. die anamnestischen Angaben bei Dr. J, Dr. H, Dr. W-R und Dr. L) und nimmt deswegen L-Thyroxin ein (vgl. die anamnestischen Angaben bei Dr. H und Dr. L). Weiterhin ist bei ihr 1996 eine gynäkologische Totaloperation durchgeführt worden (vgl. u. a. die anamnestischen Angaben bei Dr. W-R und Dr. L). Damit kommen als weitere ursächliche oder begünstigende Faktoren für eine FS bei der Klägerin eine Schilddrüsenfunktionsstörung, eine hormonelle Umstellung, das Alter sowie ihr Geschlecht in Betracht. Soweit Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2002 andere Ursachenfaktoren also das behauptete Ereignis als nichtexistent oder untergeordnet ausgeschlossen hat, kann dies im Lichte des Vorstehenden und seiner Bekundungen während der Anhörung einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Eine wesentliche (Mit-) Ursächlichkeit des behaupteten Ereignisses bzw. der hier lediglich unterstellten Schultergelenksprellung für die FS kann bei wertender Be-trachtung nicht bejaht werden.
Im Rahmen dieser – hypothetischen - Erwägungen spielt die Frage des – letztlich nicht mehr klärbaren - Unfallhergangs keine Rolle. Denn eine durch das behauptete Unfallereignis verursachte Prellung ist zur Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität unterstellt worden.
Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin ist somit nicht zu begründen.
Soweit die Klägerin die Ablehnung der von ihr anlässlich der Anhörung der Sachver-ständigen Dr. W-R und Dr. L gestellten Fragen 1, 2 und 4 des Fragenkatalogs in An-lage 3 zum Protokoll gerügt hat, greift dies nicht durch. Das Fragerecht der Klägerin nach §§ 116, 118 SGG, §§ 402, 397 ZPO ist Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 12. April 2000 – B 9 VS 2/99 R -, in SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Die gestellten Fragen müssen gemäß § 116 Satz 2 SGG objektiv sachdienlich sein (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 12. April 2000, a. a. O.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Randnr. 12f zu § 118). Sachdienlichkeit ist insbesondere zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rah-men des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits beantwortet sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. m. w. N.). Auch Suggestivfragen sind nicht zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Randnr. 5 zu § 116). Die Frage 1 des Fragenkatalogs in Anlage 2 zum Protokoll vom 24. Juni 2009 war nicht sachdienlich, weil sie bereits zuvor während der Anhörung der Sach-verständigen beantwortet worden war. Die Fragen 2 und 4 waren nicht sachdienlich, da es sich um medizinische Fragen ohne Bezug zum Beweisthema handelte.
Weitere Anträge bzw. Beweisanträge hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Ver-handlung am 24. Juni 2009 nicht gestellt.
Nach alldem war der Berufung stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Schulter(teil)steife links (so genannte Frozen shoulder, im Folgenden: FS) als Folge eines Ereignisses vom 30. April 2002 sowie die Gewährung von Entschädigungsleistungen.
Laut Anzeige ihres Arbeitsgebers vom 12. August 2002 erlitt die 1945 geborene Klägerin am 30. April 2002 (Dienstag) gegen 10.15 Uhr einen Unfall. Gemäß ihren eigenen - der Unfallanzeige beigefügten - Angaben vom 21. Mai 2002 befand sie sich mit einem Pkw des Typs Nissan Micra auf dem Weg von ihrem Wohnsitz zum Sitz des Arbeitgebers in F. Die von ihr befahrene Pstrasse in F habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden. Außerdem habe es zuvor sehr stark geregnet, so dass die Straße voll Wasser gestanden habe, wodurch die vorhandenen Schlaglöcher nicht mehr sichtbar gewesen seien. Man sei "von einem Loch in das nächste" gefahren. Ein Schlagloch war den Angaben zufolge so tief, dass sie mit ihrem linken Ellenbogen auf die an der Innenseite der Tür befindliche Armauflage aufschlug. Erst am Abend habe sie leichte Schmerzen im Schultergelenk gespürt. Die Schmerzen hätten immer weiter zugenommen und die Beweglichkeit des Arms abgenommen, so dass sie am 06. Mai 2002 (Montag) erstmals den Arzt habe aufsuchen müssen. Eine Unfallmeldung bei der Polizei sei nicht erfolgt, da zwar der Aufprall des Ellenbogens auf der Armauflage sehr heftig gewesen, jedoch ihr und dem Auto auf den ersten Blick nichts geschehen sei (so die ergänzenden Angaben der Klägerin gegenüber ihrer Krankenkasse - der TK - vom 26. Juni 2002). Nach dem Ereignis setzte sie ihren Weg fort und fuhr weiter zu ihrer Arbeitsstelle in F und später wieder nach Hause.
Die Beklagte holte zunächst ein Vorerkrankungsverzeichnis von der TK betreffend Erkrankungen der oberen Extremitäten sowie einen Befundbericht des erstbehandelnden Allgemeinmediziners Dr. L vom Oktober 2002 ein. Darin schilderte dieser den Verdacht auf eine Schulterläsion/Rotatorenmanschettenläsion nach Prellung. Dem Befundbericht waren ein MRT-Befund des linken Schultergelenks vom 10. Juni 2002 ("mäßige Arthrose im AC-Gelenk, ansonsten unauffälliges MRT des linken Schultergelenks ohne Anhalt für ein Impingement"), ein Röntgenbefund der HWS vom 27. Juni 2002 ("Steilhaltung der HWS im Segment C6/7 und Verdacht auf Gefügelockerung in C 5/6 und C 4/5. Uncarthrose aller HWS-Segmente. Noch keine auffällige Abflachung von Zwischenwirbelräumen.") sowie ein Arztbrief des Dr. S vom Mai 2002 (Diagnose: Tendinitis calcarea der linken Schulter aufgrund Sonografie vom 06. Mai 2002) beigefügt.
Nachdem der beratende Facharzt für Chirurgie Dr. H einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Tendinitis calcarea und dem Unfallereignis verneint hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06. Februar 2003 einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.
In ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch gab die Klägerin an, sie habe unmittelbar nach dem Einfahren in ein sehr großes Schlagloch einen starken Schmerz in der linken Schulter verspürt. Die Schmerzen hätten anschließend zugenommen und die Beweglichkeit abgenommen. Am Montag, den 06. Mai 2002 sei sie aufgrund der Bewegungseinschränkung der linken Schulter nicht mehr in der Lage gewesen, ein Auto selbst zu lenken. Am 06. Dezember 2002 sei sie an der Schulter wegen eines subacromialen Impingements operiert worden.
Die Beklagte zog zunächst den Operations- sowie den Entlassungsbericht des Krankenhauses M-O GmbH bei. Im OP-Bericht vom 09. Dezember 2002 fand sich die Diagnose "subacromiales Impingement-Syndrom II° linkes Schultergelenk, sekundäre FS". Außerdem zog die Beklagte unter anderem Berichte der Schulter-Sprechstunde des V Klinikum H vom 04. Juli 2002, 02. Oktober 2002 und 20. März 2003, einen MRT-Befund der linken Schulter vom 15. Oktober 2002 (Ergebnis: "Läsion im Ansatz der Supraspinatussehne ohne sicheren Nachweis einer Unterbrechung der Grenzflächen. Verschmälerte acromio-humerale Distanz. Geringe fettige Degeneration des Musculus supra- und infraspinatus. Deutliche Arthrose im AC-Gelenk.") sowie einen Bericht des Orthopäden Dr. H vom 29. Juli 2003 bei.
Anschließend veranlasste die Beklagte die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. J. Im Rahmen der Begutachtung am 07. November 2003 gab die Klägerin an, unmittelbar nach dem Unfall starke Schmerzen im linken Ellenbogen mit nachfolgender Schmerzausstrahlung bis in die HWS-Region verspürt zu haben. Die Schmerzen im Ellenbogenbereich seien am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen. Stattdessen seien zunehmend Schmerzen im Bereich der linken Schulter in den Vordergrund getreten. Äußerliche Verletzungszeichen waren der Klägerin nicht erinnerlich. Zunächst habe sie eine Selbstbehandlung (Ruhigstellung, Kühlung) durchgeführt. Die Erstbehandlung beim Arzt habe in einer orthetischen Ruhigstellung und Ultraschalltherapie bestanden. Nach Erstellung eines MRT sei mit Krankengymnastik begonnen worden. In dem Gutachten vom 13. November 2003 gelangte Dr. J zu dem Schluss, bei der Klägerin bestehe eine aktivierte Acromioclaviculargelenkarthrose (AC-Gelenkarthrose) links sowie ein Zustand nach operativ versorgter FS und subacromialem Impingementsyndrom bei Bursitis subacromialis. Es sprächen mehr Gründe dafür als dagegen, dass die bei der Klägerin eingetretene FS links durch das angeschuldigte Ereignis verursacht und das subacromiale Impingementsyndrom wesentlich mitverursacht worden seien. Denn letzteres habe bis zum Unfallereignis keine Erkrankung dargestellt. Es habe vielmehr lediglich eine synergistisch zur traumatischen Exposition wirkende Anlage dargestellt. Die wesentliche Bedeutung komme dem Unfallereignis als dem eigentlichen Krankheitsauslöser zu. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei für die Zeit vom 06. Mai 2002 bis April 2003 zu bejahen. Unfallunabhängig bestünden die aktivierte Arthrose des AC-Gelenks links sowie cervicale Funktionsstörungen bei Uncovertebralarthrose. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 10 v. H. einzuschätzen.
Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. H vom 06. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Ereignis sei nicht geeignet gewesen, die festgestellten Gesundheitsstörungen herbeizuführen. Die Tatsache, dass vor dem Unfall Beschwerdefreiheit bestanden habe, genüge nicht, um den ursächlichen Zusammenhang zu begründen. Eine – von Dr. J angenommene – erhebli-che indirekte Gewalteinwirkung auf die linke Schulter sei nicht nachzuvollziehen. So habe die Klägerin ursprünglich im Gegensatz zu ihren Angaben bei Dr. J nicht von einem bis in die HWS ausstrahlenden Schmerz berichtet. Hingegen sei eine degenerative Erkrankung der HWS bekannt. Eine Prellmarke oder andere Verletzungen des Ellenbogens seien nicht angeführt worden. Weiterhin spreche gegen eine unfallbedingte Verursachung, dass die MRT-Untersuchung sechs Wochen nach dem Unfall keinen Hinweis für eine Verletzung der betroffenen Schulter ergeben habe. Nachweislich lägen aber eine HWS-Uncarthrose mit leichter Osteochondrose sowie eine AC-Gelenkarthrose vor. Beide Erkrankungsbilder begünstigten das Zustandekommen einer Bursitis subacromialis.
Mit ihrer hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sowohl Dr. H als auch Dr. J hätten bestätigt, dass das beim Unfallereignis erlittene Anpralltrauma geeignet gewesen sei, ihre Beschwerden hervorzurufen. Dr. J habe festgestellt, dass die bei ihr latent vorhandenen Anlagen keinen Krankheitswert besessen hätten und daher das Unfallereignis wesentliche Ursache für die Funktionsstörungen der linken Schulter sei. Sie habe vor dem Unfall keine Beschwerden in der linken Schulter gehabt und sich auch nie in Behandlung wegen derartiger Beschwerden befunden. Im Übrigen lasse der von ihr geschilderte Geschehensablauf eine erhebliche Einwirkung am Ellenbogen durch den Aufprall gerade auch unter Berücksichtigung der normalen Fahrgeschwindigkeit eines Pkws als sehr wahrscheinlich erscheinen. Schon geringe Geschwindigkeiten von 10-20 km/h wirkten sich dahingehend aus, dass erheblich höhere Kräfte freiwürden als bei einem stehenden Fahrzeug. Sie sei in dem Schlagloch stecken geblieben und nicht darüber hinweg gefahren.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2006 hat das SG eine Augenscheinseinnahme des Fahrzeugs der Klägerin vorgenommen. Dabei wurde folgendes festgehalten: "Auf die Tür aufgesetzt zeigt sich die Armlehne, die ungepolstert aus Plastik ist. Es handelt sich bei dem Fahrzeug um einen blauen Nissan Micra. Es zeigt sich, dass sich der Arm der Klägerin beim Festhalten des Lenkrads etwa in einem Abstand von gut 10 cm über der Armlehne befindet. Dieser 10 cm-Abstand gilt dann, wenn das Lenkrad oben angefasst wird. Dann ist es sogar etwas mehr, wird das Lenkrad unten angefasst, ist es weniger bis hin zum Auflegen des Armes auf die Armlehne. Der Augenschein ergibt, dass die Klägerin bei einem Schlagloch mit dem linken Arm nicht an der Armlehne (mit dem Arm zwischen Körper und Armlehne) vorbei kommt, sondern auf die Armlehne aufschlägt, sei es, dass sich der Arm gegen die Armlehne oder die Armlehne gegen den Arm bewegt, weil das Auto federt."
Durch Urteil vom selben Tag hat das SG die Beklagte antragsgemäß unter Änderung des Bescheids vom 06. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2004 verurteilt, das posttraumatische Frozen-shoulder-Syndrom als Unfallfolge anzuerkennen und zu entschädigen. Zur Begründung hat sich die Kammer auf das Gutachten von Dr. J sowie die Augenscheinseinnahme gestützt. Nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme habe so gut wie ausgeschlossen werden können, dass die Klägerin bei einem plötzlichen unfallartigen Ruck zwischen Körper und Armlehne vorbei mit dem Ellenbogen ins Leere stoße. Die Klägerin habe nachvollziehbar geschildert, dass sie in ein relativ tiefes Schlagloch gefahren sei, in welchem sie dann stecken geblieben sei. Dies sei mit einem plötzlichen Ruck verbunden, der auch erhebliche Energie entfalten könne, wenn der Ellenbogen ungebremst auf die Armlehne treffe. Somit habe nach Auffassung der Kammer ein ausreichendes Trauma im Sinne der Schilderungen von Dr. H und Dr. J vorgelegen. Ausschlaggebend sei weiterhin, dass bisher bei der Klägerin keine Schulterbeschwerden aufgetreten seien, was durch die Auskunft ihrer Krankenkasse zumindest für die Zeit ab 1998 bewiesen sei.
Gegen das am 13. März 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 05. April 2006 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung der Beklagten. Entgegen der vordergerichtlichen Entscheidung handele es sich bei den vorliegenden Schultergelenkbeschwerden nicht um Folgen des Unfalls vom 30. April 2002. Tatsächliche Anhaltspunkte für das Einwirken gravierender Kräfte während des Unfalls fänden sich im gesamten Aktenverlauf nicht. Die Tatsache, dass die Beschwerden am primär betroffenen linken Ellenbogen bereits am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen seien, spreche eindeutig gegen die Annahme eines erheblichen Anpralltraumas. Auch der Umstand, dass das Fahrzeug der Klägerin weder im Bereich der Armlehne noch im Bereich des im Schlagloch stecken gebliebenen Rads Schäden aufgewiesen habe, stütze die Grundvoraussetzung der erheblichen Energie nicht. Dr. H habe sich mit der Tatsache nicht vorhandener äußerer Verletzungszeichen auseinander gesetzt und unter Bezugnahme auf anerkannte unfallmedizinische Fachliteratur darauf hingewiesen, dass bei einer primär vorliegenden Stauchung im Ellenbogenbereich dortige Beschwerden oder Verletzungszeichen eine Minimalvoraussetzung darstellten, um darüber hinaus vorliegende Weichteilverletzungen der Schulter als Folge zu diskutieren. Darüber hinaus seien bei der Klägerin eine unfallunabhängige Tendinitis calcarea, degenerative Veränderungen des AC-Gelenks und ein subacromiales Impingement nachgewiesen. Weder die röntgenologischen Untersuchungen noch die Arthroskopie hätten unfallbedingte Verletzungen im Bereich des linken Schultergelenks erbracht. Das Unfallereignis habe lediglich ein Anlassgesche-hen für die Auslösung akuter Erscheinungen einer bereits vorbestehenden und leicht ansprechbaren Krankheitsanlage im linksseitigen Schulterbereich dargestellt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die aus ihrer Sicht überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil. Ergänzend trägt sie vor, dass sie an der rechten Schulter bisher keine Beschwerden habe, weshalb davon auszugehen sei, dass die linksseitigen Beschwerden tatsächlich unfallbedingt seien. Im Übrigen seien die Schmerzen im Ellenbogenbereich noch lange Zeit spürbar gewesen, jedoch nicht so gravierend wie die Schmerzen im Schultergelenk gewesen. Sie betont nochmals, dass sie vor dem Unfall keinerlei Beschwerden gehabt habe.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. W-R mit der Untersuchung der Klägerin und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem am 08. August 2006 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin lägen folgende Veränderungen im Bereich der oberen Extremitäten vor: 1. Tendinitis calcarea beide Schultern 2. Zustand nach Acromioplastik linkes Schultergelenk 3. AC-Gelenkarthrose beidseits 4. Schultersteife links 5. chronisch degenerative HWS-Veränderungen mit Uncovertebralarthrosen der Etagen HWK 4-6 und geringer Gefügelockerung des Segments C 6/7.
Keine dieser Veränderungen sei Folge des Ereignisses vom 30. April 2002. Durch das Aufschlagen des Ellenbogens auf die Armlehne sei es zu einer Stauchung des Ellenbogens bzw. auch der Schulter gekommen. Als Folge einer inneren Schadensanlage habe sich reaktiv eine Schulterteilsteife mit nachfolgender subacromialer Enge entwickelt. Ursächlich hierfür seien die erkennbare Veränderung an der Muskelmanschette (Kalkmetaplasie am Ansatz der Supraspinatussehne) und am Schultereckgelenk. Primärer Schadensort sei der Ellenbogen und nicht das Schultergelenk gewesen. Entsprechende Veränderungen bei schwerer Krafteinwirkung hätten dort gefunden werden müssen. Jedoch sei es hier zu einer raschen Remission der lokalen Beschwerden gekommen, Prellmarken an den Weichteilen seien nicht zu erkennen gewesen. Strukturschäden am Schultergelenk bzw. an den angrenzenden Weichteilen seien durch Sonografie sowie Röntgen- und MRT-Untersuchungen ausgeschlossen worden. Ein erforderlicher sofortiger Funktionsverlust der Schulter nach dem Unfall sei nicht eingetreten. Die heute bestehenden erkennbaren Funktionsdefizite seien gering. Aufgrund einer Ellenbogen-/Schulterkontusion habe für maximal zwei Wochen Behandlungsbedürftigkeit bestanden.
Die Klägerin kritisiert das Gutachten eingehend und macht erneut Ausführungen zur Wesentlichkeit des Ursachenzusammenhangs. Der Sachverständige habe sich nicht hinreichend mit der Bewertung von Dr. J auseinander gesetzt. Insbesondere moniert sie, der Sachverständige widerspreche dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Danach sei festgestellt, dass der angewinkelte linke Arm sich beim Fahren auf der ungepolsterten Armlehne aus Plastik befinde, wenn das Lenkrad unten angefasst werde. Beim Fahren in das Schlagloch hätten sich automatisch Kraft und Bewegung des Autos direkt in ihre Schulter übertragen. Darüber hinaus sei es irrelevant, wenn der Sachverständige nach nunmehr über vier Jahre nach dem Unfall eine beiderseitige Tendinits calcarea sowie eine AC-Gelenkarthrose feststelle. Zum Unfallzeitpunkt habe ein derartiger Befund nicht vorgelegen.
Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W-R veranlasst. In seiner Stellungnahme vom 04. Dezember 2006 hat dieser unter anderem darauf verwiesen, dass es unabhängig von der Frage der Sitzposition der Klägerin im Pkw an einem fixierenden Gegenhalten der Schulter fehle. Ein Ausweichen nach oben sei aufgrund der Anatomie der Schulter jederzeit möglich. Eine strukturelle Schulterschädigung aufgrund des Ereignisses sei durch die MRT-Untersuchung vom 10. Juni 2002 ausgeschlossen. Im Rahmen dieser Untersuchung habe sich eine mäßige AC-Gelenkarthrose ohne Aktivierungszeichen gefunden. Auf weitere Kritik der Klägerin hat der Sachverständige am 29. Januar 2007 eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben, in deren Rahmen er von seiner bisherigen Beurteilung jedoch nicht abgewichen ist.
Die Klägerin legt anschließend ergänzend dar, dass ihr Arm aufgrund der beengten Verhältnisse im Fahrzeug wie in einem Schraubstock zwischen Lenkrad, Armlehne und Schultergelenk festgestellt gewesen sei, während ihr Körper nach vorne geschnellt sei. Dies entspreche der Situation bei einem Treppensturz mit Festhalten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat sodann den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. L mit der Untersuchung der Klägerin und der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 10. Okto-ber 2007 zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestehe eine fibrosierte Bursitis subacromialis mit sekundärer Schultersteife links. Die sekundäre FS sei mit Wahrscheinlichkeit durch das Ereignis vom 30. April 2002 verursacht worden. Das Krankheitsbild der Kapsulitis adhäsiva oder FS sei ein eigenständiges Krankheitsbild, wobei die Ätiologie sehr multivariant sein könne. Genaueste wissenschaftliche Belege, weshalb es zur Schrumpfung des Schultergelenkkapselvolumens komme, stünden aus. Es werde unterschieden zwischen einer primären und einer sekundären FS. Die bildgebende Diagnostik versage bei derartigen Krankheitsbildern vollständig. Auch hier habe die klinische Diagnose nicht durch Röntgen-, Sonografie- oder MRT-Befunde untermauert werden können. Der veränderte und verdickte Schleimbeutel sei nicht Krankheitsursache und auch nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen, vielmehr sei er sekundäres Folgeereignis der FS. Eine posttraumatische FS im engeren Sinne, d. h. ein Zustand nach massiven strukturellen Veränderungen wie z. B. Brüchen im Oberarmkopfnahen Bereich oder Schulterluxationen, liege hier nicht vor. Eine Schulterluxation sei durch die Röntgenuntersuchung vom 06. Mai 2002 ausgeschlossen worden. Initialereignis der sekundären FS sei hier das Kontusionsereignis, welches über eine indirekte Fortleitung der Kraft durch einen massiven Ellenbogenanprall auf das Schultergelenk ursächlich für die FS verantwortlicht gemacht werden könne. Wissenschaftliche Grundlagen zur Entstehung dieser Formen der Schultereinsteifung steckten noch in den Kinderschuhen. Häufig seien sie bei Diabetikern, bei Patienten eines bestimmten HLA-Status, bei Patienten mit bestimmten Chromosomenapparationen bzw. Veränderungen im Kollagengerüst zu beobachten. Alle diese Dinge seien bei der Klägerin auszuschließen. Dies sei letztlich aber nicht beweisend dafür, dass das Unfallereignis nicht den Prozess der FS in Gang gesetzt habe. Arbeitsunfähigkeit habe ab dem 06. Mai 2002 für mehr als 72 Wochen bestanden. Eine Therapiebedürftigkeit sei aus Sicht der Klägerin bis zum Januar 2004 gegeben. Die MdE betrage vom 01. Mai 2002 bis zum 04. Dezember 2002 40 v. H., vom 05. Dezember 2002 bis zum 12. Dezember 2002 100 v. H., vom 13. Dezember 2002 bis zum 31. Januar 2004 40 v. H. und vom 01. Dezember 2004 bis zum 17. Juli 2007 – dem Untersuchungstag – 20 v. H ...
Die Beklagte meint, das Gutachten des Dr. L erfülle nicht die Mindestanforderungen eines im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zu fordernden wissenschaftlichen Gutachtens. Der Sachverständige begründe seine Schlussfolgerungen allein mit seinen persönlichen Erfahrungen und nicht mit wissenschaftlichen Belegen. Im Übrigen sei eine - von Dr. L angenommene – Verletzung der Schultergelenkkapsel durch die MRT-Untersuchung vom 15. Oktober 2002 ausgeschlossen worden. Ebenso wenig sei es im Rahmen des Unfalls vom 30. April 2002 zu einem – von Dr. L weiterhin angenommenen – massiven Kontusionsereignis gekommen. Es habe sich somit um ein "Minorereignis" gehandelt, welches, wie Dr. L selber in seinem Gutachten ausführe, als beliebiges Gelegenheitsereignis geeignet gewesen sei, den Krankheitsverlauf in Gang zu setzen.
In einer vom Senat angeforderten ergänzenden Stellungnahme vom 21. Januar 2008 hat Dr. W-R Dr. L insbesondere insoweit kritisiert, als dieser das Vorliegen einer AC-Gelenkarthrose für irrelevant für die Krankheitsentwicklung der Klägerin halte. Hierzu hat er sich auf die Ausführungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, "Arbeitsunfall und Berufskrankheit" bezogen. Im vorliegenden Fall habe im Rahmen der vorgenommenen Diagnostik weder an den Weichteilen noch innerhalb des Gelenks ein Verletzungskorrelat etwa in Form einer Schwellung oder eines Hämarthros aufgedeckt werden können. Eine direkte Verletzung der Schulter, auch in Form eines direkten Anpralltraumas, habe nicht stattgefunden. Leichtgradige Zerrungen und Prellungen der Schulter führten in der Regel nach der unfallmedizinischen Standardliteratur nur dann zu einer Schultersteife, wenn verletzungsbedingte Schmerzen zu einer länger anhaltenden Schonung bzw. Ruhigstellung des Schultergelenks führten.
Der Senat hat die Akten des Landgerichts (LG) Berlin zum Rechtsstreit mit der privaten Unfallversicherung (Az.: 7 O 296/04) eingesehen und hieraus insbesondere das fachchirurgisches Gutachten des Dr. H vom 27. Juni 2005, die fachchirurgische Stellungnahme desselben Arztes vom 11. September 2005, das Protokoll der öffentlichen Sitzung des LG Berlin vom 18. Mai 2006, das Urteil des LG Berlin vom 13. Juli 2006, das orthopädisch-rheumatologische Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. S vom 13. Juni 2007, die Stellungnahme desselben Arztes vom 23. Juli 2007, das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Kammergerichts (KG) Berlin vom 12. Oktober 2007 sowie das Urteil des KG Berlin vom 23. November 2007 in den Rechtsstreit eingeführt.
Die Klägerin ist der Auffassung, aus den im Rahmen des Zivilrechtsstreits erstellten Gutachten ergebe sich, dass der Unfall ursächlich für die Verletzung der linken Schulter gewesen sei. Altersgerechte Vorschäden seien nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte verweist demgegenüber darauf, dass sowohl Dr. H als auch Prof. Dr. S unmittelbar an den Unfall anschließende posttraumatische Schäden im Gelenkbereich ausgeschlossen und auf degenerative Vorschäden hingewiesen hätten. Soweit im Rahmen des zivilrechtlichen Streits eine prozentuale Aufteilung der Schadensanteile erfolgt sei, sei dies im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht möglich.
Der Senat hat zwei weitere Auskünfte der TK zu Vorerkrankungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin eingeholt (Auskünfte vom 03. März und 29. Mai 2009).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 hat der Senat die Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L gehört. Auf das Protokoll sowie dessen Anlagen 1 bis 3 wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat – entgegen der Ansicht des SG - keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Verletztengeld, Verletztenrente etc.).
Der Anspruch der Klägerin scheitert bereits daran, dass das – behauptete - Ereignis vom 30. April 2002 keinen Arbeitsunfall i. S. v. § 8 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) darstellt.
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (so genannter Wegeunfall). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Ent-stehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG vom 04. September 2007, - B 2 U 28/06 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 m. w. N.).
Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, in Juris m. w. N.). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestandes nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale.
Es mag hier dahin gestellt bleiben, ob ein Arbeitsunfall bereits deshalb nicht festzustellen wäre, weil das äußere Ereignis nicht nachgewiesen ist. Für die von der Klägerin geschilderten Ereignisse vom 30. April 2002 existieren nämlich weder Zeugen noch urkundliche Beweise. Zeugen z. B. in Gestalt von Mitfahrern oder Passanten gab es nicht, eine Unfallmeldung bei der Polizei hat nicht stattgefunden, eine Vorstellung in einer Kfz-Werkstatt ist mangels Schadens am Fahrzeug ebenfalls nicht erfolgt. Auch ist im Arztbrief des Orthopäden Dr. S der 29. April 2002 als Unfalltag benannt worden.
Vorliegend fehlt es jedenfalls am erforderlichen Nachweis eines Gesundheitserstschadens. Ausweislich der – nicht objektivierbaren - Angaben der Klägerin war primärer Schadensort ihr linkes Ellenbogengelenk. Nur hier hat der Aufprall auf die Armlehne der Fahrertür stattgefunden. Ein Anstoßen mit dem Kopf oder der Schulter an Fahrzeugteilen unmittelbar ist nicht vorgetragen worden. Ein Körperschaden im Bereich des Ellenbogengelenks ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin selber gab hierzu zunächst lediglich initiale Schmerzen an, die am Abend des Unfalltags verschwunden gewesen seien. In einer späteren Version hat sie fortdauernde, offensichtlich aber nur untergeordnete, Schmerzen behauptet. Äußere Verletzungen in diesem Bereich oder Prellmarken sind ihr – so ihre Angaben bei Dr. J – nicht erinnerlich. Im Übrigen sind weder äußere Verletzungszeichen noch Schädigungen des Gelenks, der Weichteile oder Knorpel bzw. Bänder medizinisch dokumentiert. Die Klägerin hat sich erst circa eine Woche nach dem Ereignis in medizinische Behandlung begeben. Eine Vorstellung beim Durchgangsarzt, was bei Angabe eines Wegeunfalls im Rahmen der Be-handlung durch den behandelnden Arzt Dr. L oder durch Dr. S eigentlich hätte veranlasst werden müssen, ist nie erfolgt. In der Folge sind lediglich Befunde betreffend die Schulter erhoben und nur diesbezüglich Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Allein aufgrund dieser Umstände ist bereits zu bezweifeln, dass bei dem von der Klägerin geschilderten Aufprall größere Kräfte gewirkt haben, ansonsten hätte es zu sichtbaren und andauernden Schäden im Bereich des Ellenbogens kommen müssen. Soweit der Sachverständige Dr. W-R in seinem Gutachten von einer Ellenbogenprellung ausgeht, handelt es sich um eine bloße Annahme aufgrund des von der Klägerin beschriebenen Unfallhergangs und der angegebenen Schmerzen. Ein entsprechender Erstbefund fehlt. Eine solche Prellung (d. h. Schädigung von Organen oder Körperteilen durch direkte, stumpfe Gewalt von außen ohne sichtbare Verletzungen der Haut) wäre aber in jedem Fall folgenlos ausgeheilt.
Ein direktes Anpralltrauma der linken Schulter (etwa an der Tür) wird – wie schon erwähnt - von der Klägerin nicht behauptet. Die Klägerin argumentiert vielmehr mit einer fortgeleiteten Krafteinwirkung. Es habe eine starke Krafteinwirkung durch den Aufprall des Ellenbogens auf die Armlehne stattgefunden, welche – ungedämpft – über das Ellenbogengelenk an das Schultergelenk fortgeleitet worden sei. Dort habe dies zu einer "kranialen Subluxation des Humeruskopfes mit Quetschung des subacromialen Gewebes und Dehnungs- bzw. Scherkraftreiz auf die Kapsel-Bandstrukturen" geführt (so Dr. J auf S. 10 seines Gutachtens).
Abgesehen davon, dass bereits das erste Glied der Argumentationskette der Klägerin - die starke Krafteinwirkung bzw. das "massive Kontusionsereignis" – angesichts der fehlenden Schäden am Ellenbogengelenk sowie am Fahrzeug, angesichts der dem Straßenzustand angemessenen anzunehmenden geringen Fahrgeschwindigkeit, angesichts der tatsächlichen Dämpfung des Aufpralls durch Federung des Pkws bzw. des Fahrersitzes sowie im Körper durch Knorpel und Bänder, angesichts der Beschleunigungshemmung durch den Sicherheitsgurt sowie letztlich angesichts der Anatomie der Schulter, die nach oben nicht fixiert war und jederzeit ausweichen konnte, nicht plausibel ist, fehlt es am Nachweis eines Primärschadens an der Schulter. Ent-scheidend ist nicht so sehr die Frage, ob überhaupt ein Reiz irgendwelcher Art auf das Schultergelenk eingewirkt hat, sondern ob strukturelle Schäden zeitnah zum Unfall nachgewiesen sind. Demzufolge ist es auch nicht von Bedeutung, ob – wie die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptet hat – eine dreifache Krafteinwirkung stattgefunden hat. Da die Klägerin sich erst ca. eine Woche nach dem behaupteten Ereignis in Behandlung begeben hat, muss sich die Nachweisführung stützen auf die folgenden zeitnächsten Befunde: - Sonografie vom 06. Mai 2002 - Röntgenbilder der linken Schulter vom 06. Mai 2002 - MRT des linken Schultergelenks vom 10. Juni 2002 - Röntgenbilder der HWS vom 27. Juni 2002. Die Sonografie war laut dem Brief des Dr. S vom 06. Mai 2002 bis auf Kalk in der Supraspinatussehne unauffällig. Verletzungszeichen wurden von ihm nicht festgestellt, die Bizepssehne war unauffällig. Die Röntgenbilder der linken Schulter vom 06. Mai 2002 ergaben laut der Nachbefundung von Dr. L (S. 9 seines Gutachtens) weder eine wesentliche kraniale Dezentrierung noch nennenswerte degenerative Veränderungen am Oberarmkopf oder an der Gelenkpfanne. Der acromiohumerale Abstand war dezent verringert. Am AC-Gelenk waren kaudale Osteophyten i. S. einer initialen AC-Gelenkarthrose nachweisbar. Im Bereich des Tuberculum majus fand sich eine 3 mm kalkdichte Verschattung i. S. einer Tendinosis calcarea Typ Gärtner III. Im MRT der linken Schulter vom 10. Juni 2002 zeigte sich gemäß dem Befund vom 11. Juni 2002 eine mäßige Arthrose im AC-Gelenk. Ansonsten war das MRT unauffäl-lig. Es fanden sich keine Anhaltspunkte für ein Impingement, eine Schädigung der Rotatorenmanschette (RM), eine Bursitis, eine Verletzung der Schultergelenkkapsel oder des Labrum glenoidale. In seiner Nachbefundung bestätigt Dr. L dies (S. 9 seines Gutachtens), sieht jedoch darüber hinaus im Bereich der Ansatzzone der Sehne des Supraspinatus eine hyperintense Zone i. S. einer kleinsten bursaseitigen Partialruptur. Prof. Dr. S hat im Rahmen seines für das KG Berlin erstellten Gutachtens nach Aktenlage das MRT ebenfalls nachbefundet. Er fand in seinem Gutachten vom 13. Juni 2007 einen leichten Hochstand des Oberarmkopfs, eine sehr kleine Bursa subac-romialis und einen so genannten Neer-Sporn, d. h. eine degenerative knöcherne Ausziehung am AC-Gelenk.
Hinsichtlich der Schlussfolgerungen hieraus sind sich die Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L einig. Auch die weiteren medizinischen Sachverständigen Dr. J, Dr. H (für das LG Berlin) und Prof. Dr. S (für das KG Berlin) sind zu keinen anderen Schlussfolgerungen gelangt. Danach sind eindeutige traumatische Veränderungen - insbesondere durch die MRT-Untersuchung vom 10. Juni 2002 - nicht nachweisbar. Die MRT-Aufnahme zeigt keinen Schultergelenkerguss, keine traumatische Veränderung der RM, keinen vermehrten Flüssigkeitssaum um die Bizepssehne, keine knöchernen Verletzungsfolgen am großen und kleinen Knorren. Auch am Schulterdach selbst besteht ein unauffälliger Befund. Es ergibt sich kein Hinweis auf eine Verletzung der Gelenkkapsel oder des so genannten Labrum glenoidale. Einblutungen in die Gelenkkapsel bestehen nicht. Eine Schultergelenkluxation ist bereits durch die Röntgenuntersuchung vom 06. Mai 2002 ausgeschlossen worden. Jedoch sind in der MRT-Aufnahme vom 10. Mai 2002 degenerative Veränderungen zu erkennen, nämlich ein leichter Hochstand des Oberarmkopfes sowie ein Neer-Sporn. Darüber hinaus zeigt sich in den Röntgenbildern des linken Schultergelenks im Bereich des Tuberculum majus eine 3 mm dichte Kalkverschattung i. S. einer Tendinosis calcarea Typ Gärtner III, welche ebenfalls nicht traumatisch ist.
Im Übrigen fehlt es nach den Angaben der Klägerin an einem sofortigen Funktionsverlust als Hinweis auf eine strukturelle Schädigung der Schulter. Schließlich konnten bei der OP am 06. Dezember 2002 ebenfalls keine Verletzungen der Schultergelenksstrukturen einschließlich der Bänder und Weichteile nachgewiesen werden. Eine Schädigung bzw. Veränderung (z. B. i. S. einer Schrumpfung) der Schultergelenkkapsel wurde nicht beschrieben. Zudem zeigen die vorliegenden medizinischen Berichte des Dr. L vom Oktober 2002, des Dr. S von Mai 2002, des Krankenhaus M-O vom 12. Dezember 2002 sowie der Schulter-Sprechstunde des V Klinikum H vom 04. Juli 2002 und 02. Oktober 2002 kein klares Muster einer spezifischen aktiven bzw. passiven Bewegungseinschränkung der linken Schulter, wie es für eine FS typisch ist.
Die von Dr. L diagnostizierte sekundäre FS – d. h. Schultersteife – stellt selbst keinen Primärschaden – insbesondere keine "Verletzung" wie die Klägerin meint - dar, wie sich bereits aus den Ausführungen des Dr. L in seinem Gutachten ergibt. Die FS stellt nach den übereinstimmenden Bekundungen der Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L vielmehr eine reaktive Erkrankung dar.
Der Begriff der Schultersteife fasst Erkrankungen zusammen, deren Leitsymptom die aktive und passive Bewegungseinschränkung ist. Im Allgemeinen versteht man darunter das zyklische Krankheitsbild der kapsulären Schultersteife oder "FS" bzw. "adhäsi-ven Kapsulitis". Es handelt sich um eine eigenständige Erkrankung mit regelmäßigem Verlauf. Tritt die Erkrankung ohne Hinweis auf weitere Ursachen auf, liegt eine primäre oder genuine Schultersteife vor. Sind dagegen Ursachen, seien sie exogen oder endogen, erkennbar, welche in irgendeiner Art und Weise die Bewegungseinschränkung des Schultergelenks beeinflusst oder hervorgerufen haben, liegt eine sekundäre Form vor. Diese Ursachen liegen z. B. in der Immobilisation nach Verletzungen oder Eingriffen, in mechanischen Störungen (z. B. durch die Blockierung einer bestimmten Bewegung des Schultergelenks), in überschießender Narbenbildung, schmerzbedingten Schonhaltungen oder anderen Läsionen. Ebenso sind Schultersteifen bei systemischen Problemen wie Stoffwechselstörungen, Infekten, Omarthrosen usw. möglich (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, "Die eingesteifte Schulter" in Der Orthopäde 2008 Vol. 37: 1065-1072; V. Echtermeyer, "Praxisbuch Schulter", 2004, S. 167). Sie kann zudem im Rahmen von Erkrankungen des Subacromialraums oder der RM eintreten (vgl. V. Echtermeyer, a. a. O., S. 167). In der medizinischen Literatur wird weiterhin beschrieben, dass der Bewegungsverlust aus Schmerzen vergesellschaftet mit jeglichem krankhaften Zustand der Schulter resultieren kann (vgl. Joseph C. Tauro, M. D., and Melyssa Paulson, M. D., in Arthroscopy: The Journal of Arthros-copic and Related Surgery; Vol. 24, No. 8, 2008: 949-955).
Die FS entwickelt sich klinisch laut den Bekundungen der Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L typischerweise in drei Phasen. Beginnend mit einer leichtgradigen Synovitis mit Schmerzen und noch geringer Bewegungseinschränkung entwickelt sich eine proliferative Synovitis und zunehmende Kapsulitis mit Schrumpfung und Verklebung des Gelenkrezessus. Schließlich nimmt die Synovitis ab und der Gelenkraum ist deutlich verkleinert. Die Phasen werden wie folgt beschrieben: Stadium des "Einfrierens": In dieser Zeit steht ein diffuser Schulterschmerz im Vordergrund, der weniger belastungsabhängig als dauerhaft ist. Zunehmend wird eine Schonhaltung eingenommen und es entwickelt sich eine aktive und passive Bewegungseinschränkung. Stadium des "Gefrorenseins". Unter zunehmender konzentrischer Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit lässt die Schmerzsymptomatik allmählich nach. Stadium des "Auftauens": In dieser Phase kommt es langsam zu einer Besserung der Schultergelenksbeweglichkeit mit weiterer Schmerzabnahme. (alles zitiert aus: V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167f).
Das typische Merkmal der Schultersteife ist die aktive und passive Einschränkung der glenohumeralen Beweglichkeit. Bei der häufigsten primären oder genuinen Form der kapsulären Schultersteife (FS) liegt eine Einschränkung aller Bewegungsrichtungen vor. Die klinische Testung zeigt vorrangig eine Innenrotations-, Abduktions- und eine Außenrotationsstörung. Gleiche Befunde zeigen systemische sekundäre Formen. Mechanische Alterationen weichen von dieser Vorgabe häufig ab. Abhängig von der auslösenden mechanischen Störung liegt dann ein anderes Muster der Beweglichkeitseinschränkung vor. Sind sekundäre, nichtentzündliche Ursachen für die Schultersteife bedeutend, sind die klinischen Beweglichkeitseinschränkungen nicht in allen Ebenen in gleichem Maße ausgeprägt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.).
Da ein Gesundheitserstschaden irgendeiner Art - und sei es auch lediglich ein unspezifischer seröser Erguss im linken Schultergelenk – nicht i. S. d. Vollbeweises nachgewiesen ist, kommt es auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung von 24. Juni 2009 erneut problematisierte Frage der Geeignetheit des Unfallhergangs für den Eintritt eines Gesundheitsschadens gar nicht an. Hinzu kommt, dass der Unfallhergang nicht mehr objektiv rekonstruierbar ist und die Angaben der Klägerin sowohl zum Hergang als auch zur anschließenden Beschwerdeentwicklung wechselhaft sind.
Selbst wenn man jedoch einen Gesundheitserstschaden (z. B. in Form einer Prellung des linken Schultergelenks) hier als nachgewiesen annähme, hätte die Klägerin dennoch keinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar wäre dann ein Arbeits- bzw. Wegeunfall i. s. d. § 8 SGB VII zu bejahen, es fehlte dann jedoch an der haftungsausfüllenden Kausalität, denn die diagnostizierte sekundäre FS links wäre nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die erlittene Prellung zurückzuführen.
Hierbei sollen Zweifel an der Diagnose einer FS zum Zeitpunkt der Operation am 06. Dezember 2002 hintan gestellt beleiben. Solche bestehen immerhin, denn spezifische Funktionstests für eine FS bzw. spezifische Funktionseinschränkungen sind nicht aktenkundig. Weder in den Berichten der Schulter-Sprechstunde noch in den Berichten des Krankenhauses M-O sind diese zu finden. Dies ist auch von Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 kritisiert worden. Im Bericht der Schulter-Sprechstunde vom 04. Juli 2002 ist nur der Verdacht auf eine sekundäre FS geäußert worden. Zu-dem beschreibt der OP-Bericht vom 06. Dezember 2002 keine Schrumpfung der Gelenkkapsel, die jedoch – wie oben dargelegt - charakteristisch für eine FS sein soll.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Arbeitsunfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens, z. B. bei einem Sprunggelenksbruch, der zu einer Versteifung führt, oder direkt, z. B. bei einer Amputationsverletzung, ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Be-dingung bestehen.
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/07 R -, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2 SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; stRspr vgl. u. a. Urteile des BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 sowie vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesund-heitsschadens abgeleitet werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis we-sentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. u. a. BSG in SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Anm. 1.3.6.1). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursa-che(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSG in SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG in SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 75; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG in SozR 2200 § 589 Nr. 10; Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R – a. a. O.).
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als sol-chem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 4; BSG in SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).
Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Es gilt der allgemeine beweisrechtliche Grundsatz, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (vgl. BSG in SozR 3850 § 51 Nr. 9; BSG in SozR 1500 § 128 Nr. 31; BSG in SozR 3-3850 § 52 Nr. 1; Rauschelbach, MedSach 2001, 97; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 2.3.4.3).
Ausgangsbasis für die Feststellung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnistandes müssen die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich sein (vgl. u. a. Fritze, Ärztliche Begutachtung, 6. Aufl 2001, Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl. 2005; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O.; Ludolph/Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, 2004; Rompe/Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 5. Aufl. 2009). Außerdem sind, soweit sie vorliegen und einschlägig sind, die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen sowie andere aktuelle Veröffentlichungen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.). Die verschiedenen Veröffentlichungen sind jeweils kritisch zu würdigen.
Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, a. a. O.; BSG SozR Nr. 33 zu § 128 SGG). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand stellt die wissenschaftliche Grundlage dar, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind (vgl. BSG in SozR Nr. 61 zu § 542 RVO). Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das objektivierte individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Ver-sicherten abgestellt werden. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – a. a. O.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereig-nis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. BSG in SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; Urteil vom 07. September 2004 - B 2 U 34/03 R – und vom 02. April 2009 -, jeweils in Juris). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegrün-denden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt die hinreichende Wahr-scheinlichkeit.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das bei der Klägerin aufgetretene Krankheitsbild einer FS bzw. steifen Schulter auf die – unterstellte – Prellung der Schulter zurückzuführen ist.
Für die Entstehung einer FS werden in der medizinischen Wissenschaft vielfältige Ur-sachen diskutiert. So sind die Ursachen der primären FS nach wie vor unbekannt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167). Die Häufigkeit der primären Schultersteife wird mit 2–5% in der Bevölkerung angege-ben. Das Vorkommen wird im Altersbereich von 40–70 Jahren mit einem statistischen Höhepunkt bei 56 Jahren angesiedelt, eine Seitenpräferenz besteht nicht. Allerdings besteht eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Erkrankung bei der Nichtgebrauchsschulter. Die Erkrankung tritt bei Frauen etwas häufiger auf als bei Männern. Die Chance, ein beidseitiges Vorkommen zu erfahren, liegt bei ca. 20–30% bzw. 6-17% (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Massoud, "Frozen shoulder" in BMJ 2005; 331: 1453-1456). Auffällig häufig ist die Erkrankung beispielsweise mit einem Diabetes mellitus, einer Fettstoffwechselstörung, hormoneller Umstellung, Schilddrüsenfunktionsstörungen vergesellschaftet (vgl. V. Echtermeyer, a. a. O. S. 167). Diskutiert werden u. a. auch genetische Prädispositionen. Häufungen werden z. B. zudem bei der Dupuytren´schen Erkrankung, bei Parkinson-Erkrankung oder bei koronaren Erkrankungen beobachtet (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Massoud, a. a. O.). Wie Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 ohne Quellenangabe ausführt, ist im Übrigen im Prinzip jedes Gelegenheitsereignis geeignet, den Krankheitsverlauf in Gang zu setzen. Darüber hinaus sollen nach den Angaben des Dr. L – übereinstim-mend mit Dr. W-R - im Rahmen seiner Befragung am 24. Juni 2009 auch kleinere mechanische Irritationen als Auslöser für eine FS in der Literatur beschrieben werden, wobei nicht näher beschrieben wird, welche Ausprägung eine solche mechanische Irritation erreichen muss. Dr. L hat hierzu erklärt, ein nächtliches "Verliegen" reiche nicht aus, eine im Rahmen eines operativen Eingriffs wie einer Gelenkspiegelung durchgeführte Flüssigkeitsauffüllung unter Umständen – abhängig vom jeweiligen Patienten – schon.
Vorliegend kommt die – unterstellte – Prellung der Schulter als eine von mehreren Auslösern für eine FS in Betracht. Denn anhand des von den Sachverständigen Dr. W-R und Dr. L in ihren Gutachten bzw. ergänzenden Stellungnahmen vom 08. August 2006, 04. Dezember 2006, 29. Januar 2007, 10. Oktober 2007 und 21. Januar 2008 sowie in der Anhörung vom 24. Juni 2009 wiedergegebenen aktuellen wissenschaftli-chen Erkenntnisstandes, der sich nach den Angaben des Dr. L derzeit auf deutsch-sprachigem Gebiet u. a. in dem oben bereits zitierten Aufsatz von A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, "Die eingesteifte Schulter" in Der Orthopäde 2008 Vol. 37: 1065-1072, wieder findet, können bereits kleinere mechanische Irritationen eine FS verursachen. Allerdings gibt es keine nähere wissenschaftlich begründete Festlegung dazu, was eine kleinere mechanische Irritation ist. Das von Dr. Langeführte Beispiel der Auffüllung eines Gelenks mit Flüssigkeit im Rahmen einer Arthroskopie stellt im-merhin bereits einen invasiven Eingriff dar. Dr. W-R hat im Rahmen seiner Anhörung am 24. Juni 2009 die im Rahmen des behaupteten Ereignisses von der Klägerin angenommenen Krafteinwirkungen sämtlich für geeignete kleinere mechanische Irritationen gehalten. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2007 ausgeführt, im Prinzip sei jedes Gelegenheitsereignis geeignet, das Krankheitsbild der FS in Gang zu setzen. In dem oben zitierten Aufsatz von Joseph C. Tauro, M. D., and Melyssa Paulson, M. D., in Arthroscopy: The Journal of Arthroscopic and Related Surgery, Vol. 24, No. 8, 2008: 949-955, wird jeglicher mit Schmerzen vergesellschafteter krankhafter Zustand für geeignet gehalten, eine FS in Gang zu setzen. Dementsprechend hat Dr. L bei seiner Anhörung am 24. Juni 2009 auch die bei der Klägerin vor dem behaupteten Ereignis bereits vorhandene AC-Gelenkarthrose sowie die Kalkmetaplasie für geeignet erachtet, zu einer FS zu führen. Damit wird hier nicht mehr unterscheidbar, welches exogene und auch möglicherweise alltägliche Ereignis oder welche endogene Anlage einen Ursachenbeitrag geleistet haben könnte. Die mögliche Bedeutung einer hier lediglich unterstellten Prellung des linken Schultergelenks sinkt hier auf eine bloße Gelegenheitsursache ab. Das Ereignis wäre demnach nur ein möglicher Auslöser, nicht jedoch Ursache der FS i. S. d. Theorie von der wesentlichen Bedingung.
Dass der – unterstellten – Prellung der Schulter/des Schultergelenks nicht die wesentliche Bedeutung für die Verursachung des Krankheitsbildes einer FS zukommen kann, ergibt sich aus den bei der Klägerin bestehenden unfallunabhängigen Veränderungen am Schultergelenk (AC-Gelenkarthrose), der Supraspinatussehne (Kalkmetaplasie) und der HWS unterhalb von C4 (Röntgenbefund vom 02. Juli 2002: Verdacht auf Gefügelockerung in C5/6 und C4/5, Uncarthrose aller HWS-Segmente). Schließlich sind laut Schönberger/Mehrtens/Valentin 80-90% der schmerzhaften Schultersteifen Folge degenerativer Veränderungen in der Umgebung des Schultergelenks bzw. deren Nebengelenken: Omarthrose, bakterielle und traumatische Gelenkentzündungen, Knochen- und Weichteiltumore, zervikale Fernwirkung als Folge von Irritationen der zervikalen Nervenwurzeln unterhalb C4 meist nach zervikalen Bandscheibenvorfällen, Al-godystrophien, CTS (Anm. 8.4.3.1). Auf die Relevanz degenerativer Veränderungen der HWS insoweit, als von ihnen Segmente betroffen sind, die das Schultergelenk innervieren, hat Dr. W-R in der Anhörung vom 24. Juni 2009 explizit hingewiesen. Verletzungen des Schultergelenks und Schultergürtels sollen an zweiter Stelle Ursache der Schultersteife sein, wobei vor allem knöcherne Verletzungen am oberen Ende des Oberarms und im Bereich des Schulterblatts sowie Verletzungen des Schultergelenks und des AC-Gelenks in Betracht kommen. Daneben bewirken auch schwere Weichteilverletzungen in Form von Quetschungen durch Verschüttung oder Verbrennungen eine Schultersteife (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.4.3.2).
Leichtgradige Zerrungen und Prellungen der Schulter – eine schwere Verletzung oder eine gravierende Prellung mit einem Erguss, der noch im sechs Wochen später durchgeführten MRT nachweisbar gewesen wäre, lagen wie bereits festgestellt nicht vor - führen hingegen in der Regel nur dann zu einer Schultersteife, wenn verletzungsbedingte Schmerzen zu einer längeren anhaltenden Schonung bzw. Ruhigstellung des Schultergelenks Anlass sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Anm. 8.4.3.2). Zwar ergibt sich aus den Unterlagen (siehe hier insbesondere die Darstellung des Behandlungsablaufs bei Dr. H auf S. 3 seines Gutachtens vom 27. Juni 2005) in der Tat eine stark verzögerte Aufnahme der Mobilisation und das Unterbleiben der Einnahme von Schmerzmitteln. Andererseits jedoch war die Klägerin zum Zeitpunkt des angegebenen Ereignisses 56,5 Jahre alt und demgemäß in eben dem Alter, in dem die FS – auch ohne erkennbare Ursache als primäre FS - gehäuft auftritt (vgl. A. Schultheis, F. Reichwein, W. Nebelung, a. a. O.; R. Dias, S. Cutts, S. Mas-soud, a. a. O.). Darüber hinaus hat sie nach ihren Angaben zwei Schilddrüsen-Operationen durchgemacht (vgl. die anamnestischen Angaben bei Dr. J, Dr. H, Dr. W-R und Dr. L) und nimmt deswegen L-Thyroxin ein (vgl. die anamnestischen Angaben bei Dr. H und Dr. L). Weiterhin ist bei ihr 1996 eine gynäkologische Totaloperation durchgeführt worden (vgl. u. a. die anamnestischen Angaben bei Dr. W-R und Dr. L). Damit kommen als weitere ursächliche oder begünstigende Faktoren für eine FS bei der Klägerin eine Schilddrüsenfunktionsstörung, eine hormonelle Umstellung, das Alter sowie ihr Geschlecht in Betracht. Soweit Dr. L in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2002 andere Ursachenfaktoren also das behauptete Ereignis als nichtexistent oder untergeordnet ausgeschlossen hat, kann dies im Lichte des Vorstehenden und seiner Bekundungen während der Anhörung einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Eine wesentliche (Mit-) Ursächlichkeit des behaupteten Ereignisses bzw. der hier lediglich unterstellten Schultergelenksprellung für die FS kann bei wertender Be-trachtung nicht bejaht werden.
Im Rahmen dieser – hypothetischen - Erwägungen spielt die Frage des – letztlich nicht mehr klärbaren - Unfallhergangs keine Rolle. Denn eine durch das behauptete Unfallereignis verursachte Prellung ist zur Prüfung der haftungsausfüllenden Kausalität unterstellt worden.
Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin ist somit nicht zu begründen.
Soweit die Klägerin die Ablehnung der von ihr anlässlich der Anhörung der Sachver-ständigen Dr. W-R und Dr. L gestellten Fragen 1, 2 und 4 des Fragenkatalogs in An-lage 3 zum Protokoll gerügt hat, greift dies nicht durch. Das Fragerecht der Klägerin nach §§ 116, 118 SGG, §§ 402, 397 ZPO ist Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 12. April 2000 – B 9 VS 2/99 R -, in SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Die gestellten Fragen müssen gemäß § 116 Satz 2 SGG objektiv sachdienlich sein (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 12. April 2000, a. a. O.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., Randnr. 12f zu § 118). Sachdienlichkeit ist insbesondere zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rah-men des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits beantwortet sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O. m. w. N.). Auch Suggestivfragen sind nicht zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Randnr. 5 zu § 116). Die Frage 1 des Fragenkatalogs in Anlage 2 zum Protokoll vom 24. Juni 2009 war nicht sachdienlich, weil sie bereits zuvor während der Anhörung der Sach-verständigen beantwortet worden war. Die Fragen 2 und 4 waren nicht sachdienlich, da es sich um medizinische Fragen ohne Bezug zum Beweisthema handelte.
Weitere Anträge bzw. Beweisanträge hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Ver-handlung am 24. Juni 2009 nicht gestellt.
Nach alldem war der Berufung stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved