L 6 R 124/06

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 12 RA 512/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 6 R 124/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. März 2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschusses vom 10. August 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, nachdem sich das Verfahren L 6 R 123/06 durch Berufungsrücknahme erledigt hat, noch die Vormerkung von fünf (möglichen) rentenrechtlichen Zeiten.

Die am XX.XXXXX 1964 geborene Klägerin erwarb im Mai 1984 die allgemeine Hochschulreife. Im Juli 1981 - zwischen der Beendigung der Realschulzeit im Juni 1981 und dem Beginn des Besuchs des Gymnasiums ab August 1981 - hatte sie eine Beschäftigung ausgeübt, für die der Versicherungsverlauf einen Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Angestellten nach einem Entgelt in Höhe von 343 DM ausweist. Von Oktober 1984 bis Mitte November 1993 studierte die Klägerin erfolgreich Medizin (Immatrikulation an der C.-Universität in K. vom 8. Oktober 1984 bis 18. November 1993). Im Rahmen dieses Studiums absolvierte sie vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 ein Krankenhaus-Praktikum in Paris, für das sie Entgelt erhielt und Beiträge zur französischen Rentenversicherung abgeführt wurden. Ab November 1989 war sie mit F. A. verheiratet. Am xx. Oktober 1990 wurde der (gemeinsame) Sohn N. geboren. Am 11. Dezember 1990 erklärten die Klägerin und ihr Ehemann vor dem Versicherungsamt K. gegenüber der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein, dass für dieses Kind die gesamte Kindererziehungszeit sowie die gesamte Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung dem Vater zugeordnet werden solle. Der vorgedruckte und von den Eheleuten unterschriebene Text enthält u. a. die folgenden Erklärungen:

"Wir haben von den Vorschriften über die Zuordnung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Kenntnis erhalten. Als Eltern der aufgeführten Kinder erklären wir gegenüber dem Rentenversicherungsträger, dass wir diese Kinder gemeinsam erzogen haben."

Nach der Scheidung der Ehe beschloss das Amtsgericht Kiel am 11. August 1995, dass vom Versicherungskonto des (geschiedenen) Ehemannes bei der LVA Schleswig-Holstein auf das Versicherungskonto der Klägerin bei der Beklagten (damals Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) Rentenanwartschaften in Höhe von 38,73 DM monatlich, bezogen auf den 31. Oktober 1993, übertragen werden. Ab Mitte November 1993 bezog die Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz. Nach dem Inhalt der vom Sozialhilfeträger der Klägerin erteilten Bestätigung vom 20. Juli 2004 erfolgte dies bis einschließlich 31. Januar 1995 (Umzug der Klägerin nach Hamburg).

Dem Antrag der Klägerin vom 1. März 1994, sie wegen der Aufnahme einer Beschäftigung als angestellte Ärztin ab diesem Tag von der Angestellten-Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) zugunsten der Versorgungseinrichtung der Ärztekammer Schleswig-Holstein zu befreien, entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 1994 in vollem Umfang.

Auf Grund eines Antrags auf Kontenklärung merkte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 1994 zu Gunsten der Klägerin Ausbildungs-Anrechnungszeiten vom XX.XXXXX 1980 (d. h. ab Vollendung des 16. Lebensjahres) bis zum 12. Mai 1984 (Schulausbildung) und vom 8. Oktober 1984 bis zum 30. Juni 1987 (Hochschulausbildung) vor. Die Vormerkung von Ausbildungszeiten über diesen Zeitraum hinaus lehnte sie mit der Begründung ab, Ausbildungszeiten könnten als Anrechnungszeiten grundsätzlich nur bis zur Höchstdauer von sieben Jahren berücksichtigt werden.

Am 8. März 2001 beantragte die Klägerin erneut die Klärung ihres Versicherungskontos und darüber hinaus die Feststellung von Kindererziehungszeiten und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ihren Sohn N. und gab hierzu an, das Kind während der gesamten zehn Jahre erzogen zu haben. Als vorzumerkende Anrechnungszeiten führte sie neben den bekannten Ausbildungszeiten an: • Schwangerschaft von Januar 1990 bis Oktober 1990, • Arbeitslosigkeit 11/93 (in der Folgezeit zumeist irrtümlich als 1. 1. 93 gelesen) bis 2/94; 9/94 bis 1/95; 2/96 bis 3/96; seit 1999.

Zwischen der Abschlussprüfung an der Universität K. im November 1993 und der Aufnahme der Beschäftigung im März 1994 sei sie beim Arbeitsamt in K. ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld arbeitsuchend gemeldet gewesen. Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sollten zumindest für die Zeit vom 1. April 1991 bis zum 31. Oktober 1991 auf sie übertragen werden, weil ihr Ehemann für diese Zeit ohnehin Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet habe und dadurch auch der Nachweis erbracht sei, dass er die Erziehung des gemeinsamen Kindes nicht geleistet habe.

Mit Bescheid vom 16. April 2002 lehnte die Beklagte die Vormerkung der von der Klägerin aufgeführten rentenrechtlichen Zeiten ab: • Arbeitslosigkeit vom 1. Januar 1993 bis zum 28. Februar 1994 sei nicht nachgewiesen. • Die Zeit vom xx. Oktober 1990 bis zum xx. Oktober 2000 könne nicht als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt werden; die Zeit bis zum 28. Februar 1994 nicht wegen der Zuordnung zum anderen Elternteil aufgrund einer übereinstimmenden Erklärung der Eltern, die nachfolgende Zeit nicht wegen der Befreiung von der Versicherungspflicht.

Der beigefügte Versicherungsverlauf führt gegenüber dem 1994 erteilten zusätzlich die Zeit der Hochschulausbildung bis zum Ende des Studiums am 10. November 1993 auf, die Studienzeit ab dem 1. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1989 mit dem Zusatz "Hochschulausbildung verdrängt". Für dieselbe Zeit sind die in Frankreich zurückgelegten Beitragszeiten aufgeführt. Das gilt auch für die nachfolgende Zeit bis 31. Dezember 1989, wobei der angeführte Anrechnungszeit-Tatbestand Hochschulausbildung mit dem Zusatz "Höchstdauer überschritten" versehen ist. Außerdem ist die Zeit der Schulausbildung vom XX.XXXXX 1980 bis 22. März 1981 mit dem Zusatz "Keine Anrechnung" versehen. In einem Begleitschreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung teilte die Beklagte der Klägerin mit, eine Rentenauskunft könne sie nicht erteilen, weil die für einen Anspruch auf Altersrente erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt sei. Zur Kindererziehungszeit (als Beitragszeit) äußerte sich die Beklagte nicht.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie beanstandete, dass nicht alle mit Bescheid vom 26. Juli 1994 vorgemerkten Ausbildungsanrechnungszeiten, insbesondere nicht alle 51 Monate Schulausbildungszeiten, anerkannt worden seien. Des Weiteren fehlten die Zeit der Schwangerschaft und die ihr aus dem Versorgungsausgleich übertragenen Zeiten. Die Beklagte habe zu Unrecht die Vormerkung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 1. Januar 1993 bis 28. Februar 1994 abgelehnt. Das Arbeitsamt K. habe die Meldungen Arbeitsuchender ohne Leistungsbezug nur drei Monate gespeichert, so dass dort keine Belege über ihre Meldung vorhanden seien. Daher müsse eine Bescheinigung vom Sozialamt über den Bezug von Sozialhilfe ausreichen. Da sie am 1. März 1994 eine Arbeit angetreten habe, sei davon auszugehen, dass sie auch arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Die Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung müsse ihr zugerechnet werden, soweit sie nach der Ehe liege.

Durch Bescheid vom 15. Januar 2003 lehnte die Beklagte die Vormerkung der Zeit der Schwangerschaft/des Mutterschutzes als Anrechnungszeit mit der Begründung ab, diese Zeit habe nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen.

Die Klägerin erhob auch gegen diesen Bescheid Widerspruch.

Die Beklagte wies beide Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2003, aufgegeben per Einschreiben an diesem Tage). Zu den Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung führte sie aus, bei der Erteilung des Bescheides vom 16. April 2002 sei das am 27. September 1996 verkündete und in seinen wesentlichen Teilen am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) anzuwenden gewesen. Dies führe dazu, dass die im Versicherungsverlauf vom 16. April 2002 aufgeführten Ausbildungszeiten von den durch Bescheid vom 26. Juli 1994 anerkannten Zeiten abwichen. Zeiten der schulischen Ausbildung seien nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI n. F. erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres zu berücksichtigen, weswegen die Zeit der Schulausbildung vom XX.XXXXX 1980 bis 22. März 1981 nicht mehr als Anrechnungszeittatbestand berücksichtigt werden könne. Zudem habe die Klägerin nicht den Nachweis erbracht, dass sie in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 28. Februar 1994 bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchende gemeldet gewesen sei. Die Vormerkung der Zeit des Mutterschutzes vom 7. September 1990 bis 14. Dezember 1990 scheitere daran, dass durch diese Zeit eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei. Zu der von der Klägerin im Vorverfahren begehrten Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung äußerte sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid nicht.

Am 25. August 2003 ist beim Sozialgericht (SG) der als "Klage wegen des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2003" bezeichnete Schriftsatz der Klägerin vom 30. Juli 2003 eingegangen, mit dem sie geltend gemacht hat, dass die unter der Geltung des alten Rechts vorgemerkten Ausbildungs-Anrechnungszeiten nicht wegen einer Änderung der gesetzlichen Grundlage aberkannt werden dürften. Die Zeit des Mutterschutzes sei vorzumerken, weil ihre durch diese Zeit unterbrochene Hochschulausbildung bei der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Anrechnungszeit einer Beschäftigung gleichstehe. Zu Unrecht seien im Versicherungsverlauf die Zeiten der Hochschulausbildung, für die sie wegen ihrer Beschäftigung in Frankreich Beiträge zur dortigen Rentenversicherung abgeführt habe, mit dem Zusatz "Hochschulausbildung verdrängt" versehen, hat die Klägerin später ergänzt. Weil in der hiesigen Rentenversicherung nur die Zeiten eingerechnet würden, aber keine Entgeltpunkte daraus resultierten, sei die Hochschulausbildung nicht als verdrängt zu betrachten. Im Übrigen hat die Klägerin hinsichtlich der streitigen Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Bereits mit Schreiben vom 31. Juli 2003 - bei der Beklagten eingegangen am 5. August 2003 hatte die Klägerin beantragt, Versorgungsausgleichszeiten von 14 Monaten und ihre Auslandszeiten in den aktuellen Versicherungsverlauf aufzunehmen. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2003 darauf hingewiesen, dass eine Aufnahme von zeitlich exakt bestimmten Versicherungszeiten im Rahmen eines Versorgungsausgleichs nicht vorgesehen sei und entsprechende Zeiten auch nicht im Versicherungsverlauf berücksichtigt werden könnten. Gleichzeitig hatte sie der Klägerin mitgeteilt, dass deren Schreiben vom 31. Juli 2003 bei ihr innerhalb der Frist für die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 eingegangen sei. Die Klägerin möge klarstellen, ob dieses Schreiben als eine solche Klage gewertet werden solle. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben an die Beklagte vom 10. September 2003, dort eingegangen am 12. September 2003, mitgeteilt, dass ihr Schreiben vom 15. Juli 2003 (gemeint sein dürfte das Schreiben vom 31. Juli 2003) als Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2003 gewertet werden solle und dass sie weitere Einwände gegen den Widerspruchsbescheid gegenüber dem SG vorgebracht habe.

Zur Vorgeschichte der gemeinsamen Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungs- und -betreuungszeiten an den Ehemann hat sie im sozialgerichtlichen Verfahren ausgeführt, es sei so gedacht gewesen, dass sie die Rolle der Ernährerin und ihr damaliger Ehemann die andere Rolle habe übernehmen sollen. Sie habe es nur als gerecht empfunden, dass er die Beiträge erhalte, wenn er das Kind bzw. die Kinder erzogen habe. Sie sei auch so beraten worden, dass sie ohnehin keine Ansprüche haben würde, da sie dem ärztlichen Versorgungswerk zugeordnet werde und es bei ihr ohnehin keine Auswirkungen geben würde.

Die Beklagte hat der Klage entgegengehalten, im Versicherungsverlauf seien wegen der Aufnahme der französischen Pflichtbeitragszeiten vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 die Zeiten der Hochschulausbildung für die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 30. Juni 1989 zutreffend als verdrängt dargestellt. Für den Fall, dass sich deutsche Zeiten mit Zeiten eines anderen Mitgliedstaates überschneiden, gelte Art. 15 Abs. 1 der Verordnung EWG Nr. 574/72. Deutsche Zeiten im Sinne dieser Bestimmung seien Beitragszeiten sowie Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten als gleichgestellte Zeiten. Die Verdrängungsregelung sehe vor, dass ein mehrfach mit Versicherungszeiten belegter Monat nur einmal berücksichtigt werde. Mitgliedstaatliche Beitragszeiten verdrängten die deutsche gleichgestellte Versicherungszeit "Anrechnungszeit" in dem Umfange, in dem eine Beschäftigung ausgeübt worden sei. Mitgliedstaatliche Beitragszeiten seien in dem Umfang zu berücksichtigen, wie sie vom beteiligten Träger bescheinigt worden seien.

Nach der zwischenzeitlich erfolgten Bestätigung des Sozialhilfebezuges der Klägerin durch den Sozialhilfeträger sei zwar glaubhaft, dass sie arbeitslos gewesen sei und bis zum 31. Dezember 1993 Leistungen vom Arbeitsamt K. bezogen habe. Jedoch seien Pflichtbeiträge für die Zeit des Arbeitslosengeldbezuges nicht entrichtet worden, da für die Klägerin keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI bestanden habe. Für den Eintritt der Versicherungspflicht werde u. a. vorausgesetzt, dass im letzten Jahr vor Beginn der Sozialleistung Rentenversicherungspflicht bestanden habe. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Seien Pflichtbeiträge nicht gezahlt, so könne eine Vormerkung als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI nur erfolgen, wenn durch die Arbeitslosigkeit eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des § 58 Abs. 2 SGB VI unterbrochen worden sei. Dies sei vorliegend ebenfalls nicht der Fall.

Das SG hat die Klage durch das Urteil vom 17. März 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Einzelnen ausgeführt: 1. Die Zeit vom XX.XXXXX 1980 bis 20. März 1981 erfülle nicht den Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen Schulausbildung. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der seit dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung könnten als Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung nur Zeiten ab Vollendung des 17. Lebensjahres vorgemerkt werden. 2. Es bestehe kein Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung, weil diese Zeit gemäß Artikel 15 Abs. 1 EWG-Verordnung 574/72 durch die französische Versicherungszeit verdrängt werde. 3. Die Zeit vom 7. September 1990 bis zum 15. Dezember 1990 könne als Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft oder Mutterschutz gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nicht vorgemerkt werden, weil sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen habe. Eine solche Unterbrechung liege nur dann vor, wenn zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit und der betreffenden Anrechnungszeit kein voller Kalendermonat verstrichen sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie zu Beginn der Schutzfrist Studentin gewesen sei und weder eine versicherungspflichtige Beschäftigung noch eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. 4. Es bestehe kein Anspruch auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten beziehungsweise Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Zeit vom xx. Oktober 1990 bis 28. Februar 1994, da die Eltern durch gemeinsame Erklärung vom 11. Dezember 1990 bestimmt hätten, dass die gesamte Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit dem Vater zuzuordnen sei. Bei dieser Erklärung handele es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des öffentlichen Rechts, die rechtsgestaltende Wirkung habe, soweit die Kindererziehungszeiten oder einzelne Teile hiervon dem Vater zugeordnet würden. Es sei unerheblich, dass die ursprünglich geplante Aufteilung der Erziehung tatsächlich nicht eingetreten sei. Die Erklärung bewirke unmittelbar und ohne Einschaltung des entsprechenden Rentenversicherungsträgers die Pflichtversicherung des Vaters in dem von den Eltern bestimmten Zeitraum. Sie unterliege lediglich der Anfechtung nach den Regeln des bürgerlichen Rechts. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse führe nicht zu ihrer Unwirksamkeit. Die Anfechtung sei nicht erklärt worden und könne auch nicht mehr fristgerecht vorgenommen werden, unabhängig davon, dass ein Anfechtungsgrund nicht vorliege. 5. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 28. Februar 1994 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit, weil nicht davon auszugehen sei, dass sie sich während der streitigen Zeit arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldet habe.

Gegen das ihr am 20. Mai 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts vom 17. März 2006, welches das Sozialgericht im Tatbestand wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit hinsichtlich der Angabe einer Jahreszahl durch Beschluss vom 10. August 2006 berichtigt hat, hat die Klägerin am 20. Juni 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, sie halte die einvernehmliche Erklärung der Übertragung der Erziehungs- und Berücksichtigungszeiten auf ihren früheren Ehemann für rechtswidrig, da sie auf einer Vortäuschung falscher Tatsachen bzw. aufgrund einer Täuschung des Kindesvaters über seine wahren Absichten beruhe, der erklärt habe, er beabsichtige selbst die hauptsächliche Kindererziehung zu übernehmen. Darüber hinaus sei sie unwirksam und obsolet, weil die Geschäftsgrundlage, nach der der Ehemann die Kinder erziehen und sie, die Klägerin, Ernährerin der Familie sein sollte, weggefallen sei. Des Weiteren habe das SG unbeachtet gelassen, dass dem damaligen Ehemann diese Zeiten gutgeschrieben worden seien und er damit diese Zeiten doppelt erhalte, während sie - die Klägerin - nichts erhalte. Zudem sei der Erklärung vom 11. Dezember 1990 eine unzutreffende Beratung durch das Versicherungsamt K. am 5. Dezember 1990 vorausgegangen. Dort habe man ihr mitgeteilt, dass die streitgegenständlichen Zeiten auf keinen Fall ihr zugeordnet werden würden, auch dann nicht, wenn sie die gemeinsame Erklärung nicht abgebe. Die Krankenversicherung sehe die Anrechnung der Mutterschutzzeiten für Studenten auch ohne vorangegangenes versicherungspflichtiges Einkommen vor. In der Rentenversicherung seien diese Tätigkeitsgruppen auch nicht ausgegrenzt worden. Bei der Ablehnung der Anrechnung der Zeiten der Arbeitslosigkeit habe das Sozialgericht ihre Bereitschaft, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, nicht berücksichtigt.

Ihre Berufung vom 20. Juni 2006 gegen das Urteil des SG vom 17. März 2006, mit dem sie u. a. die Vormerkung einer Kindererziehungszeit für ihren Sohn N. als Beitragszeit im Wege der Neufeststellung betrieb, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2009 zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. März 2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. August 2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. April 2002 und 15. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

1. die Zeit vom XX.XXXXX 1980 bis 22. März 1981 als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung, 2. die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung, 3. die Zeit vom 7. September 1990 bis zum 15. Dezember 1990 als Anrechnungszeit wegen Schwangerschaft oder Mutterschutz, 4. der Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 28. Februar 1994 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit, 5. die Zeit vom xx. Oktober 1990 bis zum xx. Oktober 2000 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorzumerken.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. März 2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. August 2006 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf ihr Vorbringen im bisherigen Verfahren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

Mit dem SG hält der Senat die Klage für fristgerecht erhoben und damit für zulässig, jedoch für unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung der von ihr geltend gemachten fünf weiteren rentenrechtlichen Zeiten. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen des SG für zutreffend und nimmt auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gebietet keine für sie günstigere Beurteilung des Sachverhalts und der Rechtslage. Es unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass sowohl die Zeit der Schulausbildung vom XX.XXXXX 1980 bis 22. März 1981 als auch die Zeit der Hochschulausbildung vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden kann. Die streitige Zeit der Schulausbildung liegt vor Vollendung des 17. Lebensjahres der Klägerin (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI). Der Anrechnung der streitigen Zeit der Hochschulausbildung steht entgegen, dass sie von der für dieselbe Zeit für das geleistete Krankenhaus-Praktikum in Paris angerechneten französischen Beitragszeit verdrängt wird (Art. 15 EWG-Verordnung 574/72). Der Senat verweist hierzu auf die hierzu ergangenen zutreffenden Ausführungen des SG.

Zu Unrecht macht die Klägerin insbesondere geltend, dass die von ihr gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann am 18. Januar 1991 abgegebene Erklärung über die Zuordnung der gesamten Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung an ihn wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unwirksam sei. Die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sind hier nicht einschlägig. Sie sind von der Rechtsprechung entwickelt worden, um auf der Ebene des Schuldrechts bei Verträgen mit gegenseitigem Leistungsaustausch die Folgen schwerwiegender Störungen der Vertragsgrundlagen in Grenzen des Zumutbaren halten zu können (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 66. Aufl. ( 2007 ), § 313 Rdnr. 1). Eine solche Situation liegt schon deswegen nicht vor, weil die hier zu bewertende übereinstimmende Erklärung gemeinsam erziehender Elternteile nach § 56 Abs. 2 SGB VI eine einseitige, empfangsbedürftige - an den Rentenversicherungsträger gerichtete - Willenserklärung des öffentlichen Rechts ist, die keinen Raum für eine gemeinsame Geschäftsgrundlage lässt, wie sie bei Vertragsparteien gegeben sein kann. Selbst wenn man die bei einer Erklärung nach § 56 Abs. 2 SGB VI gegebene Situation für im Grundsatz vergleichbar mit der bei einer Vereinbarung gegebenen hielte, fehlte es im Falle der Klägerin schon nach ihrem Vortrag an einer Geschäftsgrundlage. Eine solche bilden die bei Abschluss des Vertrages zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Partner auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. Grüneberg, a. a. O., § 313 Rdnr. 3). Von einer solchen - gemeinsamen - Geschäftsgrundlage bzw. von ihrem Wegfall - kann schon nach dem Vortrag der Klägerin keine Rede sein, weil demnach ihr damaliger Ehemann sie bei Abgabe der Erklärung über seine Absicht, die Kinder zu erziehen, getäuscht hat, diese Absicht also nicht gehabt hat, gemeinsame Vorstellungen der Eheleute darüber also nicht bestanden haben. Rechtlich einzuordnen ist diese Situation - die Richtigkeit der Angaben der Klägerin unterstellt - als arglistige Täuschung der Klägerin durch den Ehemann über seine Absichten. Eine Anfechtung ihrer Erklärung durch die Klägerin wegen arglistiger Täuschung - nach § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB - ist jedoch nicht wirksam erfolgt. Als die Klägerin im März 2001 erstmalig gegenüber der Beklagten das Thema der Kindererziehungszeiten bzw. der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung aufgriff, waren seit der Abgabe der übereinstimmenden Erklärung zehn Jahre verstrichen und die Anfechtung mithin ausgeschlossen. Eine Umdeutung jenes Begehrens in eine Anfechtung kommt daher nicht in Betracht.

Ebenso wenig Erfolg hat die Klägerin mit ihrem Einwand, eine der übereinstimmenden Erklärung vorausgegangene unzutreffende Beratung durch die Beklagte gebe ihr - der Klägerin - einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, der die Beklagte verpflichte, sie so zu stellen, als habe sie diese Erklärung nicht abgegeben, was gemäß § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI i. V. m. § 57 SGB VI zur Folge gehabt haben würde, dass die Kindererziehungszeiten und damit auch die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ihr zuzuordnen gewesen wären. Dies träfe - auch insoweit die Richtigkeit der Angaben der Klägerin unterstellt - nur dann zu, wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin ihre Erklärung nach § 56 Abs. 2 SGB VI nicht abgegeben haben würde, hätte die Beklagte ihr nicht vorher mitgeteilt, dass die streitgegenständlichen Zeiten auf keinen Fall ihr zugeordnet werden würden, auch dann nicht, wenn sie die gemeinsame Erklärung nicht abgebe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Unverändert gilt als fest stehend, dass es damals Absicht der Klägerin war, ihren damaligen Ehemann in den Genuss der Kindererziehungszeiten wie der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung kommen zu lassen, weil er die Erziehung der Kinder übernehmen wollte. Hierzu war nach der damaligen Rechtslage die Abgabe der Erklärung erforderlich. Maßgeblich für die Abgabe dieser Erklärung war nicht eine unzutreffende Unterrichtung über die Rechtslage durch die Beklagte, sondern die - nach ihren Angaben irrtümliche - Erwartung der Klägerin, ihr damaliger Ehemann werde das gemeinsame Kind erziehen.

Zu Recht hat die Beklagte ferner die Vormerkung der Zeit des Mutterschutzes mit der Begründung abgelehnt, diese Zeit habe keine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen. Zwar liegt eine Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auch dann vor, wenn der betreffende Sachverhalt nicht unmittelbar auf die Versicherungspflicht folgt, sondern in einen Anrechnungszeittatbestand eingebettet ist, der seinerseits eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbricht und diese Unterbrechung gleichsam an den "eingelagerten" Sachverhalt weitervermittelt. Was die Zeit des Mutterschutzes anbetrifft, so kann ihre Einbettung in den Anrechnungszeittatbestand der Hochschulausbildung sich nicht in dieser Weise zu Gunsten der Klägerin auswirken, denn jener hat eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht unterbrochen, braucht zu seiner Anerkennung auch nicht eine solche Unterbrechung. Zwar hat die Klägerin während der Schulausbildung offenbar eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Dies geschah jedoch nur einen Monat. Die daran anschließende bzw. fortgesetzte Schulausbildung hat diese Beschäftigung nicht unterbrochen. Es handelte sich wahrscheinlich um einen ohnehin auf einen Monat befristeten Ferienjob. Eher hat diese Beschäftigung daher die Schulzeit "unterbrochen".

Auch eine Anerkennung einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit kommt nicht in Betracht. Für die Zeit ab dem 1. Januar 1993 bis Mitte November 1993 ist dies schon deswegen nicht möglich, weil die Klägerin in jener Zeit noch immatrikuliert war und im Examen stand bzw. mit dessen Vorbereitung beschäftigt war. Dementsprechend hatte sie den Antrag bei der Beklagten ursprünglich auch erst auf die Zeit ab Mitte November 1993, nach Abschluss des Studiums, bezogen. Für diese Zeit hält der Senat mit dem SG die Arbeitslosmeldung für nicht erwiesen. Zwar ist der Bezug von Sozialhilfe regelmäßig ein starkes Indiz für eine solche Meldung, weil diese Leistung regelmäßig nur gewährt wird, wenn der Leistungsempfänger sich nachweislich beim Arbeitsamt um Arbeit bemüht. Dieses Indiz greift im Falle der Klägerin jedoch nicht; vielmehr hat der Sozialhilfeträger ausdrücklich erklärt, von der Klägerin mit Rücksicht auf die notwendige Betreuung ihres Kindes nicht verlangt zu haben, dass sie sich dem Arbeitsamt zur Verfügung stelle.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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