Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AS 127/08
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 258/09 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Auch wenn ein Sendebericht über die fristgerechte Versendung des Widerspruchs per Telefax vorliegt und für Letzteres ein Zeuge angeboten wird, ist der Nachweis des fristgerechten Zugangs wenig wahrscheinlich, wenn in den Akten der Behörde lediglich der verspätete Originalschriftsatz des Widerspruchs vorhanden ist.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 25.03.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines Bescheides über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Erzielung von Einkommen durch die Klägerin.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22.11.2007 forderte die Beklagte von der Klägerin Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Höhe von 1.186,94 EUR für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2007 zurück, weil sie währenddessen Einkommen erzielt habe und dieses grob fahrlässig verschwiegen habe. Dieser Bescheid, versehen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, wurde der Klägerin am 22.11.2007 persönlich ausgehändigt.
Am 28.12.2007 ging hiergegen ein Widerspruchschreiben des Rechtsanwalts B. ein, das am 21.12.2007 verfasst und laut eigener Angabe vorab per Fax an die Beklagte abgesendet worden war.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 08.01.2008 als unbegründet zurück und führte in den Gründen aus, der Widerspruch sei verfristet, weil er erst einen Tag nach Ablauf der Widerspruchsfrist am 27.12.2007 eingegangen sei. Der Bescheid sei daher sachlich nicht zu prüfen.
Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 08.02.2008 Klage erhoben und diese nach Akteneinsicht damit begründet, die Klägerin habe stets die Einkommensnachweise vorgelegt und daher auf die Bewilligungsbescheide vertrauen dürfen.
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat den am 17.06.2008 gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) am 25.03.2009 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Widerspruchseinlegung am 28.12.2007 sei verfristet; hierzu sei in der Klagebegründung keinerlei Stellungnahme erfolgt.
Gegen den am 30.03.2009 zugestellten Beschluss hat der Klägerbevollmächtigte am 06.04.2009 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Widerspruchseinlegung sei bereits am 21.12.2007 per Fax erfolgt. Er hat hierzu eine Sendebestätigung vorgelegt und eine Mitarbeiterin als Zeugin für die Versendung am 21.12.2007 benannt. Höchstvorsorglich hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren war nicht zu entsprechen, weil dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin - unabhängig vom Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen - die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.
Nach § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei (im sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht zwar nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Die Erfolgschance der Klägerin ist jedoch nur eine entfernte.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass der am 28.12.2007 eingegangene Widerspruch gegen den am 22.11.2007 bekanntgegebenen Bescheid vom selben Tag verfristet ist, weil die Widerspruchsfrist des § 84 Abs 1 SGG gemäß § 64 Abs 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktags nach dem gemäß § 64 Abs 2 SGG bestimmten Fristende, Samstag, dem 22.12.2007, endete. Dies war Donnerstag, der 27.12.2007. Bis zu diesem Tag ist kein Eingang eines Widerspruchs nachgewiesen.
Zwar machte der Klägerbevollmächtigte glaubhaft, dass das am 21.12.2001 verfasste Widerspruchsschreiben am selben Tag per Fax an die Beklagte versandt worden ist. Der Widerspruchsführer hat jedoch die materielle Beweislast für den Zugang des Widerspruchs, d.h. dafür, dass der Widerspruch fristgerecht in die Verfügungsgewalt der Beklagten gelangt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 84 Rdnr 5b). Dieser Nachweis kann bei Telefaxübermittlung nicht allein durch die Daten des Absendegeräts geführt werden und auch dem Sendeprotokoll kommt allenfalls eine Indizwirkung zu (Leitherer aaO § 151 Rdnr 10d mwN). Wegen der verschiedenen Möglichkeiten von Störungen im Bereich der Übertragung oder des Empfangsgerätes, die nicht notwendigerweise im Ergebnisprotokoll des Sendegeräts registriert werden, stellt ein Telefaxsendeprotokoll keinen Anscheinsbeweis für den Zugang des Telefaxschreibens dar (ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.06.2007 Az: L 5 KA 42/06 mwN). Nachdem der Eingang eines Faxes in den Akten nicht verzeichnet ist, ist es wenig wahrscheinlich, dass der Klägerin der Nachweis des Zugangs gelingt.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Die vorgetragenen Gründe wären durchaus geeignet, Wiedereinsetzung zu begründen. Allerdings bestimmt § 67 Abs 3 SGG, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig ist, es sei denn der Antrag war vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich. Hier ist der Wiedereinsetzungsantrag am 06.04.2009, also 16 Monate nach Ablauf der Widerspruchsfrist am 27.12.2007 gestellt worden. Dies, obwohl in der Begründung des Widerspruchsbescheides die Verfristung ausführlich dargestellt worden ist. Im Sinne des Rechtsfriedens kann dem Klägerbevollmächtigten daher nach diesem Zeitablauf keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines Bescheides über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Erzielung von Einkommen durch die Klägerin.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22.11.2007 forderte die Beklagte von der Klägerin Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Höhe von 1.186,94 EUR für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2007 zurück, weil sie währenddessen Einkommen erzielt habe und dieses grob fahrlässig verschwiegen habe. Dieser Bescheid, versehen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, wurde der Klägerin am 22.11.2007 persönlich ausgehändigt.
Am 28.12.2007 ging hiergegen ein Widerspruchschreiben des Rechtsanwalts B. ein, das am 21.12.2007 verfasst und laut eigener Angabe vorab per Fax an die Beklagte abgesendet worden war.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 08.01.2008 als unbegründet zurück und führte in den Gründen aus, der Widerspruch sei verfristet, weil er erst einen Tag nach Ablauf der Widerspruchsfrist am 27.12.2007 eingegangen sei. Der Bescheid sei daher sachlich nicht zu prüfen.
Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 08.02.2008 Klage erhoben und diese nach Akteneinsicht damit begründet, die Klägerin habe stets die Einkommensnachweise vorgelegt und daher auf die Bewilligungsbescheide vertrauen dürfen.
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat den am 17.06.2008 gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) am 25.03.2009 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Widerspruchseinlegung am 28.12.2007 sei verfristet; hierzu sei in der Klagebegründung keinerlei Stellungnahme erfolgt.
Gegen den am 30.03.2009 zugestellten Beschluss hat der Klägerbevollmächtigte am 06.04.2009 Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die Widerspruchseinlegung sei bereits am 21.12.2007 per Fax erfolgt. Er hat hierzu eine Sendebestätigung vorgelegt und eine Mitarbeiterin als Zeugin für die Versendung am 21.12.2007 benannt. Höchstvorsorglich hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet. Dem Antrag auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren war nicht zu entsprechen, weil dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin - unabhängig vom Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen - die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.
Nach § 73a Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei (im sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht zwar nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Die Erfolgschance der Klägerin ist jedoch nur eine entfernte.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass der am 28.12.2007 eingegangene Widerspruch gegen den am 22.11.2007 bekanntgegebenen Bescheid vom selben Tag verfristet ist, weil die Widerspruchsfrist des § 84 Abs 1 SGG gemäß § 64 Abs 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktags nach dem gemäß § 64 Abs 2 SGG bestimmten Fristende, Samstag, dem 22.12.2007, endete. Dies war Donnerstag, der 27.12.2007. Bis zu diesem Tag ist kein Eingang eines Widerspruchs nachgewiesen.
Zwar machte der Klägerbevollmächtigte glaubhaft, dass das am 21.12.2001 verfasste Widerspruchsschreiben am selben Tag per Fax an die Beklagte versandt worden ist. Der Widerspruchsführer hat jedoch die materielle Beweislast für den Zugang des Widerspruchs, d.h. dafür, dass der Widerspruch fristgerecht in die Verfügungsgewalt der Beklagten gelangt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 84 Rdnr 5b). Dieser Nachweis kann bei Telefaxübermittlung nicht allein durch die Daten des Absendegeräts geführt werden und auch dem Sendeprotokoll kommt allenfalls eine Indizwirkung zu (Leitherer aaO § 151 Rdnr 10d mwN). Wegen der verschiedenen Möglichkeiten von Störungen im Bereich der Übertragung oder des Empfangsgerätes, die nicht notwendigerweise im Ergebnisprotokoll des Sendegeräts registriert werden, stellt ein Telefaxsendeprotokoll keinen Anscheinsbeweis für den Zugang des Telefaxschreibens dar (ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.06.2007 Az: L 5 KA 42/06 mwN). Nachdem der Eingang eines Faxes in den Akten nicht verzeichnet ist, ist es wenig wahrscheinlich, dass der Klägerin der Nachweis des Zugangs gelingt.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs 1 SGG). Die vorgetragenen Gründe wären durchaus geeignet, Wiedereinsetzung zu begründen. Allerdings bestimmt § 67 Abs 3 SGG, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig ist, es sei denn der Antrag war vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich. Hier ist der Wiedereinsetzungsantrag am 06.04.2009, also 16 Monate nach Ablauf der Widerspruchsfrist am 27.12.2007 gestellt worden. Dies, obwohl in der Begründung des Widerspruchsbescheides die Verfristung ausführlich dargestellt worden ist. Im Sinne des Rechtsfriedens kann dem Klägerbevollmächtigten daher nach diesem Zeitablauf keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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