Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3589/08 KO-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 U 2393/09 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 16. März 2009 dahingehend abgeändert, dass die Vergütung des Beschwerdegegners für sein Gutachten vom 17. März 2008 auf 3.730,65 EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Mannheim anhängigen Klageverfahren S 10 U 886/06 geht es um die Frage, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Berufskrankheitenliste (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen) vorliegt. Der Kläger war über annähernd 25 Jahre im Bereich der Reparatur und Montage von Radar-, Funk- und Navigationsanlagen für Binnenschiffe tätig, er ist an einem Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt. Entscheidend für den geltend gemachten Anspruch ist die technische Beurteilung, in welchem Ausmaß der Kläger als Radartechniker ionisierender Strahlung ausgesetzt war.
Nachdem das Bundesamt für Strahlenschutz auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt hatte, ein Gutachten zu dieser Frage nicht erstellen zu können, ist der Beschwerdegegner unter Beifügung von einem Band Verwaltungsakten (156 Blatt) und einem Band Gerichtsakten (76 Blatt) unter dem 20. Dezember 2007 zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt worden Der Gutachtensauftrag enthält den Hinweis, dass über die Höhe der Entschädigung erst nach Erstattung des Gutachtens entschieden werden könne, wobei der gesetzliche Höchstsatz 95 EUR pro Stunde betrage. Weiter wird ausgeführt: "Unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Fragestellung kann ich Ihnen jedoch zusichern, dass einer Vergütung mit dem Höchstsatz von 95 EUR nichts entgegen stehen dürfte."
Unter dem 17. März 2008 hat der Beschwerdegegner sein 13seitiges Gutachten erstattet. Mit seiner Rechnung vom 15. April 2008 verlangt er hierfür eine Vergütung in Höhe von 4.069,80 EUR (36 Stunden à 95 EUR + MWSt). Die Bezirksrevisorin hat im Namen der Staatskasse die richterliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Auf gerichtliche Anfrage hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 3. Februar 2009 seinen Zeitaufwand spezifiziert und im Einzelnen für Aktenstudium und Strukturierung des Sachverhalts 8 Stunden, für Literaturstudium 6 Stunden, für Entwurf und Ausarbeitung insgesamt 17 Stunden und für Abgleich des Gutachtens und Endredaktion 5 Stunden angegeben.
Mit Beschluss vom 16. März 2009 (S 10 U 3589/08 KO-A) hat das SG die Vergütung des Beschwerdegegners für das Gutachten vom 17. März 2008 auf 4.069,80 EUR festgesetzt. Die Entschädigung des Sachverständigen bestimme sich nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG)). Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig seien und dass die zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig gewesen seien. Dementsprechend finde regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung statt. Eine solche sei anhand allgemeiner Erfahrungswerte hier nahezu nicht möglich, da allgemeine Erfahrungswerte für die Erstattung technischer Sachverständigengutachten zur Frage der Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit nicht vorlägen. Die angesetzte Stundenzahl von 36 Stunden sei jedenfalls nach den ergänzenden Darlegungen zu entschädigen. Nachvollziehbar habe der Sachverständige darauf hingewiesen, dass bei der Bearbeitung nicht auf gleichartige Vorgänge habe zurückgegriffen werden können, sondern nur auf das generelle Wissen im Strahlenschutz und bei entsprechenden Einrichtungen, aber die zu bewertenden Sachverhalte aufgrund der in den Akten festgehaltenen Aussagen zuerst zu strukturieren, dann die vorhandene Literatur zu sichten und schließlich eine Bewertung vorzunehmen gewesen sei. Eine Orientierung an den im Rahmen der Plausibilitätsprüfung medizinischer Sachverständigengutachten gewonnenen Erkenntnissen könne daher nicht in Betracht kommen. Bei den in der Sozialgerichtsbarkeit erstatteten medizinischen Gutachten handele es sich in aller Regel um solche Aufgabenstellungen, bei denen der Sachverständige auf präsentes Wissen in seinem Fachgebiet und im Bereich der Sozialmedizin zurückgreifen könne und dieses auf den Fall anwende. Der Akteninhalt sei in der Regel in einer mehr oder weniger standardisieren Form von Gutachten, Arztauskünften usw. vorhanden und der Aufbau und die Prüfungsabfolge des Sachverständigengutachtens folgten standardisierten Regeln. Der Zeitaufwand müsse daher letztlich unter Berücksichtigung des dem Sachverständigen zustehenden Ermessensspielraums gerade noch als angemessen angesehen werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG bestimme sich die Zuordnung der Leistung zu einer Honorargruppe nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Werde die Leistung auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt werde, sei sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen. Im Hinblick hierauf halte das Gericht die Zuordnung zur Honorargruppe 10 mit 95 EUR für angemessen. Zum einen habe der Sachverständige bekundet, dass damit der übliche Stundensatz noch unterschritten werde. Zum anderen sei im Vergleich zu den genannten Sachgebieten zu berücksichtigen, dass es sich um eine komplexe wissenschaftliche Leistung auf physikalischem Gebiet handele, bei der eine Beurteilung über einen Zeitraum von 25 Jahren zu treffen gewesen sei unter Berücksichtigung umfangreicher und streitig gewesener Veröffentlichungen und Empfehlungen zur Strahlenexposition der Radaranlagen. Zudem seien die weitreichend für militärische Anlagen gewonnenen Erkenntnisse noch auf den zivilen Bereich zu übertragen gewesen. Die Leistung lasse sich nicht dem Sachgebiet "Elek-trotechnische Anlagen und Geräte" (Honorargruppe 5) zuordnen, da es nicht auf eine Bewertung etwa der Funktionsfähigkeit eines Gerätes oder von Ursachen von Schäden in einer elektrotechnischen Anlage ankomme. Es gehe vielmehr um die von diesen Geräten ausgehende ionisierende Strahlung, also nicht um einen elektrotechnischen Gegenstand.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 4. Mai 2009, der das SG nicht abgeholfen hat. Bei einer Radaranlage handele es sich zweifelsohne um eine elek-trotechnische Anlage. Dass die Untersuchung der Strahlenemission unabhängig von der Untersuchung der Funktionsfähigkeit bzw. Funktionsweise eines solchen Gerätes erfolgen könne, müsse aus offensichtlichen Gründen ausscheiden. Das Gutachten sei daher nach Honorargruppe 5 mit einem Stundensatz von 70 EUR zu vergüten. Richtig sei, dass die Erfahrungswerte mit medizinischen Gutachten nicht auf das vorliegende Gutachten übertragen werden könnten. Beim Aktenstudium sowie bei abschließender Durchsicht und Korrektur erscheine jedoch eine Heranziehung als grober Richtwert legitim. Selbst bei Annahme eines zu 100% relevanten Akteninhalts (232 Blatt) sei nach der Plausibilität ein erforderlicher Zeitaufwand von 2,3 Stunden gegeben. Aufgrund des komplexen Sachverhalts erscheine ein Zeitaufwand von maximal 5 Stunden gerechtfertigt. Für die abschließende Durchsicht und Korrektur betrage der Gesamtzeitaufwand bei geschätzt 20.000 Anschlägen 0,6 Stunden. Da vorliegend eine hohe Zahl von Messwerten etc. zu berücksichtigen gewesen sei, werde ein Aufwand von 2 Stunden für angemessen und ausreichend erachtet. Die Vergütung sei daher auf 2.499 EUR festzusetzen (30 Stunden à 70 EUR + MWSt).
Der Beschwerdegegner hat ausgeführt, dass die Fragestellung ("war der Kläger ionisierender Strahlung ausgesetzt ") nichts mit der elektrotechnischen Funktion von Radargeräten zu tun gehabt habe. Im Vorgespräch zu dem Gutachten sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Beschwerdeführer als Arbeitnehmer des T. S. E. GmbH B-W das Gutachten nur mit dem Stundensatz von 95 EUR erstellen könne, dies sei im Auftrag zugesichert worden. Die Annahme des Zeitaufwands für das Aktenstudium berücksichtige nicht, dass die Vorgehensweise bei juristischen Schriftstücken grundsätzlich anderer Art sei als bei wissenschaftlichen Bewertungen. Der Zeitaufwand umfasse auch eine Strukturierung des Sachverhalts und eine erste Gliederung. Der Aufwand von 8 Stunden sei erforderlich und liege nach eigenen Erfahrungen an der untersten Grenze. Auch bei der Endredaktion sei außer acht gelassen worden, dass neben der reinen Endredaktion auch noch ein Abgleich der Gutachtensteile mit der endgültigen Qualitätssicherung (Überprüfung der Daten, vollständige Beantwortung der Fragestellungen, die vom Auftraggeber geforderte Überprüfung der Teile des zweiten Gutachtens) vorgenommen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Nicht zu beanstanden ist der Stundensatz von 95 EUR, indes geht der Senat davon aus, dass der zeitliche Aufwand mit 33 Stunden hinreichend abgegolten ist.
Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des JVEG Anwendung, weil der Gutachtensauftrag dem Beschwerdegegner nach dem 30. Juni 2004 erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).
Vorliegend entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG der Senat, weil die Berichterstatterin ihm das Verfahren übertragen hat.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Das Honorar wird für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt; die letzte bereits begonnene Stunde wird voll angerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags (§ 8 Abs. 2 JVEG). Das Gesetz sieht die Zuordnung von Leistungen, die von Sachverständigen erbracht werden, zu verschiedenen Honorargruppen mit festen Stundensätzen vor (§ 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 1). Wird eine Leistung auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt wird, so entscheidet das Gericht nach § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen über die Zuordnung in eine Honorargruppe.
Das SG hat hier keine nach § 9 Abs. 1 Satz 5 JVEG mögliche gerichtliche Vorabfestsetzung des Stundensatzes nach § 4 JVEG vorgenommen, welche auch die Anhörung der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse erfordert hätte (vgl. Schneider, JVEG, § 9 Rdnr. 15). Da jedoch der vom SG zugrunde gelegte Stundensatz von 95 EUR nicht zu beanstanden ist, kommt es auf die Frage nicht an, welche rechtlichen Auswirkungen die im Gutachtensauftrag enthaltene "Zusicherung" dieses Stundensatzes hat.
Der Gutachtensauftrag des SG ist keinem der in Anlage 1 zu § 9 JVEG genannten Sachgebiete zuzuordnen. Die zu klärende Beweisfrage hat das SG dahingehend formuliert, ob der Kläger in seiner beruflichen Tätigkeit als Radartechniker von 1974 bis 1998 ionisierender Strahlung ausgesetzt war, ggf. in welchen Zeiträumen und welchem Ausmaß. Gegenstand der Begutachtung war somit, ob die Radargeräte in Abhängigkeit des Betriebes der Geräte (Normalbetrieb oder Wartung, Reparatur) ionisierende Strahlung aussenden und welche Energie und welche Intensität die ionisierende Strahlung am Ort der Tätigkeit des Klägers hatte und welcher Dosis und Dosisleistung der Kläger bei diesen Tätigkeiten ausgesetzt war. Diese Tätigkeit des Sachverständigen kann nicht dem Sachgebiet "Elektrotechnische Anlagen und Geräte" mit Honorargruppe 5 zugeordnet werden, da es nicht um die handwerkliche Prüfung der Funktion der Radaranlagen als solcher geht, sondern um die mit dem Betrieb verbundene ionisierende Strahlung. Es handelt sich insoweit, wie das SG zu Recht festgestellt hat, um eine komplexe wissenschaftliche Beurteilung unter Berücksichtigung vorhandener wissenschaftlicher Untersuchungen, Messdaten und schließlich eine konkrete Bewertung der beim Kläger vorliegenden Situation über einen Zeitraum von 25 Jahren. Diese Tätigkeit ist sachlich mit dem Gebiet "Elektrotechnische Anlagen und Geräte" nicht vergleichbar (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 9 JVEG Rdnr. 14: "Dabei darf man das Gesetz nicht quälend dahin pressen, dass doch eine der Gruppen vorliege Das amtliche Raster ist grobmaschig. Man darf es nicht mit einer gewaltsamen Zuordnungstechnik feinmaschiger zu zaubern versuchen."; vgl. auch zur Nichtanwendung der Honorargruppe 5 bei der Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen: Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2006 - III 1 Ws 430/05 -; Landgericht Schwerin, Beschluss vom 19. Januar 2005 - 33 Qs 51/04 - (beide juris)).
Bei der Festsetzung der Vergütung ist von dem Vergütungssystem des § 9 JVEG auszugehen, welches Stundenhonorare von 50 bis 95 EUR vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens ist die konkrete Tätigkeit des Sachverständigen einer Honorargruppe zuzuordnen. Aus der Anlage 1 zu der genannten Vorschrift ergibt sich, dass die höchsten Honorargruppen solchen Sachgebieten vorbehalten bleiben sollen, die in jeder Hinsicht besondere Anforderungen an den Gutachter und seine Tätigkeit stellen. Insoweit sieht die Anlage 1 die Honorargruppe 10 für das Sachgebiet "Unternehmensbewertung", die Honorargruppe 9 für "Betriebsunterbrechungs- und -verlagerungsschäden" und die Honorargruppe 8 für "Datenverarbeitung" vor. Auch bei dem vorliegenden Auftrag handelt es sich um ein hinsichtlich der Schwierigkeit deutlich überdurchschnittliches Gutachten, dass nicht als nur anspruchsvolles technisches Gutachten gewertet werden kann, sondern darüber hinaus eine komplexe wissenschaftliche Leistung erfordert. Hierfür werden in der Praxis, worauf der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen hat, über dem Höchstsatz liegende Stundenhonorare abgerechnet. Insgesamt ist daher ein Stundensatz nach Honorargruppe 10 gerechtfertigt.
Hinsichtlich des streitigen Zeitaufwands besteht kein Anspruch des Beschwerdegegners auf Entschädigung von mehr als 33 Stunden. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an, sondern die erforderliche Zeit ist nach einem objektiven Maßstab, unabhängig von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen zu bestimmen (vgl. Schneider, JVEG § 8 Rdnr. 53). Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 8 Rdnr. 8.48). Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt, was voraussetzt, dass der Sachverständige die Kostenrechnung entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Merkblatt zum Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind. Dabei ist durchaus zu berücksichtigen, dass zwischen erforderlichem Zeitaufwand und zu gewährendem Stundensatz eine Wechselwirkung besteht, weshalb das Verlangen nach dem Höchstsatz durchaus eine kritische Betrachtung der Erforderlichkeit der angesetzten Zeit rechtfertigt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. November 2006 - X ZR 65/03 - (juris)).
Die für medizinische Sachverständigengutachten entwickelte Plausibilitätsprüfung des Senats (vgl. Beschluss vom 5. April 2005 - L 12 SB 795/05 KO-A -) kann auf den hier vorliegenden Fall, was auch vom Beschwerdeführer nicht bezweifelt wird, nicht ohne weiteres übertragen werden. Insoweit ergeben sich keine Anhaltspunkte, an dem mitgeteilten zeitlichen Aufwand für die Erstellung des Gutachtens und das Literaturstudium zu zweifeln. Abweichungen zwischen dem vom Beschwerdeführer für zutreffend erachteten und vom SG anerkannten Zeitaufwand liegen allein im Bereich Aktenstudium und Durchsicht/Korrektur. Auch hinsichtlich des Aktenstudiums hat der Beschwerdegegner den mit 8 Stunden im Hinblick auf den Umfang der Akte - unabhängig von Maßgaben aus dem Bereich der medizinischen Gutachten - auffällig hohen Aufwand plausibel begründet. Der Senat hält es insoweit für nachvollziehbar, dass bereits im Rahmen der Aktendurchsicht eine zeitintensive Strukturierung des Sachverhalts erforderlich ist. Denn als unabdingbare Voraussetzung für die Erstellung eines im Sinne der Beweisfrage brauchbaren Gutachtens müssen die entscheidenden Gesichtspunkte extrahiert und die für die Klärung der Beweisfrage zu untersuchenden Fragen überhaupt erst erarbeitet werden.
Nicht nachvollziehen kann der Senat dagegen die Annahme von 5 Stunden für "Abgleich des Gutachtens, Endredaktion". Auch die vom Beschwerdegegner gemachten Ausführungen, dass neben der reinen Endredaktion - Durchlesen mit Korrekturen und versandfertige Fertigstellung - noch ein Abgleich der Gutachtensteile im Hinblick auf Überprüfung der Daten, vollständige Beantwortung der Fragestellungen und Überprüfung der Gutachtensteile des Zweitgutachters vorgenommen worden sei, lässt den zeitlichen Ansatz von 5 Stunden nicht plausibel erscheinen. Das 13seitige Gutachten enthält Deckblatt, eine Seite Inhaltsverzeichnis und eine Seite mit einer Zusammenstellung der verwendeten Unterlagen. Die insoweit vom Beschwerdegegner als angemessen angesehene Zeit von zwei Stunden nur für die reine Endkorrektur ist angesichts dessen schon nicht nachvollziehbar, ebenso wenig, dass für die Überprüfung der Daten, der vollständigen Beantwortung der Fragestellungen (hier nur eine Beweisfrage) und der Gutachtensteile des Zweitgutachters nochmals drei weitere Stunden erforderlich sein sollen. Hinsichtlich Durchsicht und Korrektur kommt es für den erforderlichen Zeitaufwand nicht entscheidend auf das Gebiet des Gutachtens an, hier sind vielmehr allgemeine Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Der Mehraufwand wegen der erforderlichen Überprüfung der Daten und anderer Gutachtensteile gegenüber einer rein redaktionellen Korrektur ist dabei zusätzlich zu würdigen, wobei für letztere nach der Plausibilitätsprüfung lediglich ein Zeitaufwand von 0,6 Stunden angemessen wäre. Insgesamt ist nach alledem der notwendige und erforderliche Zeitaufwand für die Korrektur mit 2 Stunden hinreichend berücksichtigt.
Es ergibt sich daher insgesamt ein entschädigungsfähiger Aufwand von 33 Stunden zu einem Stundensatz von 95 EUR. Das Honorar ist daher insgesamt auf 3.730,65 EUR festzusetzen (3.135 EUR zuzüglich 595,65 EUR MWSt).
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
2. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Mannheim anhängigen Klageverfahren S 10 U 886/06 geht es um die Frage, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Berufskrankheitenliste (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen) vorliegt. Der Kläger war über annähernd 25 Jahre im Bereich der Reparatur und Montage von Radar-, Funk- und Navigationsanlagen für Binnenschiffe tätig, er ist an einem Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt. Entscheidend für den geltend gemachten Anspruch ist die technische Beurteilung, in welchem Ausmaß der Kläger als Radartechniker ionisierender Strahlung ausgesetzt war.
Nachdem das Bundesamt für Strahlenschutz auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt hatte, ein Gutachten zu dieser Frage nicht erstellen zu können, ist der Beschwerdegegner unter Beifügung von einem Band Verwaltungsakten (156 Blatt) und einem Band Gerichtsakten (76 Blatt) unter dem 20. Dezember 2007 zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt worden Der Gutachtensauftrag enthält den Hinweis, dass über die Höhe der Entschädigung erst nach Erstattung des Gutachtens entschieden werden könne, wobei der gesetzliche Höchstsatz 95 EUR pro Stunde betrage. Weiter wird ausgeführt: "Unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Fragestellung kann ich Ihnen jedoch zusichern, dass einer Vergütung mit dem Höchstsatz von 95 EUR nichts entgegen stehen dürfte."
Unter dem 17. März 2008 hat der Beschwerdegegner sein 13seitiges Gutachten erstattet. Mit seiner Rechnung vom 15. April 2008 verlangt er hierfür eine Vergütung in Höhe von 4.069,80 EUR (36 Stunden à 95 EUR + MWSt). Die Bezirksrevisorin hat im Namen der Staatskasse die richterliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Auf gerichtliche Anfrage hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 3. Februar 2009 seinen Zeitaufwand spezifiziert und im Einzelnen für Aktenstudium und Strukturierung des Sachverhalts 8 Stunden, für Literaturstudium 6 Stunden, für Entwurf und Ausarbeitung insgesamt 17 Stunden und für Abgleich des Gutachtens und Endredaktion 5 Stunden angegeben.
Mit Beschluss vom 16. März 2009 (S 10 U 3589/08 KO-A) hat das SG die Vergütung des Beschwerdegegners für das Gutachten vom 17. März 2008 auf 4.069,80 EUR festgesetzt. Die Entschädigung des Sachverständigen bestimme sich nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG)). Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig seien und dass die zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig gewesen seien. Dementsprechend finde regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung statt. Eine solche sei anhand allgemeiner Erfahrungswerte hier nahezu nicht möglich, da allgemeine Erfahrungswerte für die Erstattung technischer Sachverständigengutachten zur Frage der Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit nicht vorlägen. Die angesetzte Stundenzahl von 36 Stunden sei jedenfalls nach den ergänzenden Darlegungen zu entschädigen. Nachvollziehbar habe der Sachverständige darauf hingewiesen, dass bei der Bearbeitung nicht auf gleichartige Vorgänge habe zurückgegriffen werden können, sondern nur auf das generelle Wissen im Strahlenschutz und bei entsprechenden Einrichtungen, aber die zu bewertenden Sachverhalte aufgrund der in den Akten festgehaltenen Aussagen zuerst zu strukturieren, dann die vorhandene Literatur zu sichten und schließlich eine Bewertung vorzunehmen gewesen sei. Eine Orientierung an den im Rahmen der Plausibilitätsprüfung medizinischer Sachverständigengutachten gewonnenen Erkenntnissen könne daher nicht in Betracht kommen. Bei den in der Sozialgerichtsbarkeit erstatteten medizinischen Gutachten handele es sich in aller Regel um solche Aufgabenstellungen, bei denen der Sachverständige auf präsentes Wissen in seinem Fachgebiet und im Bereich der Sozialmedizin zurückgreifen könne und dieses auf den Fall anwende. Der Akteninhalt sei in der Regel in einer mehr oder weniger standardisieren Form von Gutachten, Arztauskünften usw. vorhanden und der Aufbau und die Prüfungsabfolge des Sachverständigengutachtens folgten standardisierten Regeln. Der Zeitaufwand müsse daher letztlich unter Berücksichtigung des dem Sachverständigen zustehenden Ermessensspielraums gerade noch als angemessen angesehen werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG bestimme sich die Zuordnung der Leistung zu einer Honorargruppe nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG. Werde die Leistung auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt werde, sei sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze einer Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen. Im Hinblick hierauf halte das Gericht die Zuordnung zur Honorargruppe 10 mit 95 EUR für angemessen. Zum einen habe der Sachverständige bekundet, dass damit der übliche Stundensatz noch unterschritten werde. Zum anderen sei im Vergleich zu den genannten Sachgebieten zu berücksichtigen, dass es sich um eine komplexe wissenschaftliche Leistung auf physikalischem Gebiet handele, bei der eine Beurteilung über einen Zeitraum von 25 Jahren zu treffen gewesen sei unter Berücksichtigung umfangreicher und streitig gewesener Veröffentlichungen und Empfehlungen zur Strahlenexposition der Radaranlagen. Zudem seien die weitreichend für militärische Anlagen gewonnenen Erkenntnisse noch auf den zivilen Bereich zu übertragen gewesen. Die Leistung lasse sich nicht dem Sachgebiet "Elek-trotechnische Anlagen und Geräte" (Honorargruppe 5) zuordnen, da es nicht auf eine Bewertung etwa der Funktionsfähigkeit eines Gerätes oder von Ursachen von Schäden in einer elektrotechnischen Anlage ankomme. Es gehe vielmehr um die von diesen Geräten ausgehende ionisierende Strahlung, also nicht um einen elektrotechnischen Gegenstand.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 4. Mai 2009, der das SG nicht abgeholfen hat. Bei einer Radaranlage handele es sich zweifelsohne um eine elek-trotechnische Anlage. Dass die Untersuchung der Strahlenemission unabhängig von der Untersuchung der Funktionsfähigkeit bzw. Funktionsweise eines solchen Gerätes erfolgen könne, müsse aus offensichtlichen Gründen ausscheiden. Das Gutachten sei daher nach Honorargruppe 5 mit einem Stundensatz von 70 EUR zu vergüten. Richtig sei, dass die Erfahrungswerte mit medizinischen Gutachten nicht auf das vorliegende Gutachten übertragen werden könnten. Beim Aktenstudium sowie bei abschließender Durchsicht und Korrektur erscheine jedoch eine Heranziehung als grober Richtwert legitim. Selbst bei Annahme eines zu 100% relevanten Akteninhalts (232 Blatt) sei nach der Plausibilität ein erforderlicher Zeitaufwand von 2,3 Stunden gegeben. Aufgrund des komplexen Sachverhalts erscheine ein Zeitaufwand von maximal 5 Stunden gerechtfertigt. Für die abschließende Durchsicht und Korrektur betrage der Gesamtzeitaufwand bei geschätzt 20.000 Anschlägen 0,6 Stunden. Da vorliegend eine hohe Zahl von Messwerten etc. zu berücksichtigen gewesen sei, werde ein Aufwand von 2 Stunden für angemessen und ausreichend erachtet. Die Vergütung sei daher auf 2.499 EUR festzusetzen (30 Stunden à 70 EUR + MWSt).
Der Beschwerdegegner hat ausgeführt, dass die Fragestellung ("war der Kläger ionisierender Strahlung ausgesetzt ") nichts mit der elektrotechnischen Funktion von Radargeräten zu tun gehabt habe. Im Vorgespräch zu dem Gutachten sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Beschwerdeführer als Arbeitnehmer des T. S. E. GmbH B-W das Gutachten nur mit dem Stundensatz von 95 EUR erstellen könne, dies sei im Auftrag zugesichert worden. Die Annahme des Zeitaufwands für das Aktenstudium berücksichtige nicht, dass die Vorgehensweise bei juristischen Schriftstücken grundsätzlich anderer Art sei als bei wissenschaftlichen Bewertungen. Der Zeitaufwand umfasse auch eine Strukturierung des Sachverhalts und eine erste Gliederung. Der Aufwand von 8 Stunden sei erforderlich und liege nach eigenen Erfahrungen an der untersten Grenze. Auch bei der Endredaktion sei außer acht gelassen worden, dass neben der reinen Endredaktion auch noch ein Abgleich der Gutachtensteile mit der endgültigen Qualitätssicherung (Überprüfung der Daten, vollständige Beantwortung der Fragestellungen, die vom Auftraggeber geforderte Überprüfung der Teile des zweiten Gutachtens) vorgenommen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Nicht zu beanstanden ist der Stundensatz von 95 EUR, indes geht der Senat davon aus, dass der zeitliche Aufwand mit 33 Stunden hinreichend abgegolten ist.
Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des JVEG Anwendung, weil der Gutachtensauftrag dem Beschwerdegegner nach dem 30. Juni 2004 erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG).
Vorliegend entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG der Senat, weil die Berichterstatterin ihm das Verfahren übertragen hat.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Das Honorar wird für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt; die letzte bereits begonnene Stunde wird voll angerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags (§ 8 Abs. 2 JVEG). Das Gesetz sieht die Zuordnung von Leistungen, die von Sachverständigen erbracht werden, zu verschiedenen Honorargruppen mit festen Stundensätzen vor (§ 9 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 1). Wird eine Leistung auf einem Sachgebiet erbracht, das in keiner Honorargruppe genannt wird, so entscheidet das Gericht nach § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen über die Zuordnung in eine Honorargruppe.
Das SG hat hier keine nach § 9 Abs. 1 Satz 5 JVEG mögliche gerichtliche Vorabfestsetzung des Stundensatzes nach § 4 JVEG vorgenommen, welche auch die Anhörung der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse erfordert hätte (vgl. Schneider, JVEG, § 9 Rdnr. 15). Da jedoch der vom SG zugrunde gelegte Stundensatz von 95 EUR nicht zu beanstanden ist, kommt es auf die Frage nicht an, welche rechtlichen Auswirkungen die im Gutachtensauftrag enthaltene "Zusicherung" dieses Stundensatzes hat.
Der Gutachtensauftrag des SG ist keinem der in Anlage 1 zu § 9 JVEG genannten Sachgebiete zuzuordnen. Die zu klärende Beweisfrage hat das SG dahingehend formuliert, ob der Kläger in seiner beruflichen Tätigkeit als Radartechniker von 1974 bis 1998 ionisierender Strahlung ausgesetzt war, ggf. in welchen Zeiträumen und welchem Ausmaß. Gegenstand der Begutachtung war somit, ob die Radargeräte in Abhängigkeit des Betriebes der Geräte (Normalbetrieb oder Wartung, Reparatur) ionisierende Strahlung aussenden und welche Energie und welche Intensität die ionisierende Strahlung am Ort der Tätigkeit des Klägers hatte und welcher Dosis und Dosisleistung der Kläger bei diesen Tätigkeiten ausgesetzt war. Diese Tätigkeit des Sachverständigen kann nicht dem Sachgebiet "Elektrotechnische Anlagen und Geräte" mit Honorargruppe 5 zugeordnet werden, da es nicht um die handwerkliche Prüfung der Funktion der Radaranlagen als solcher geht, sondern um die mit dem Betrieb verbundene ionisierende Strahlung. Es handelt sich insoweit, wie das SG zu Recht festgestellt hat, um eine komplexe wissenschaftliche Beurteilung unter Berücksichtigung vorhandener wissenschaftlicher Untersuchungen, Messdaten und schließlich eine konkrete Bewertung der beim Kläger vorliegenden Situation über einen Zeitraum von 25 Jahren. Diese Tätigkeit ist sachlich mit dem Gebiet "Elektrotechnische Anlagen und Geräte" nicht vergleichbar (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 9 JVEG Rdnr. 14: "Dabei darf man das Gesetz nicht quälend dahin pressen, dass doch eine der Gruppen vorliege Das amtliche Raster ist grobmaschig. Man darf es nicht mit einer gewaltsamen Zuordnungstechnik feinmaschiger zu zaubern versuchen."; vgl. auch zur Nichtanwendung der Honorargruppe 5 bei der Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen: Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2006 - III 1 Ws 430/05 -; Landgericht Schwerin, Beschluss vom 19. Januar 2005 - 33 Qs 51/04 - (beide juris)).
Bei der Festsetzung der Vergütung ist von dem Vergütungssystem des § 9 JVEG auszugehen, welches Stundenhonorare von 50 bis 95 EUR vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens ist die konkrete Tätigkeit des Sachverständigen einer Honorargruppe zuzuordnen. Aus der Anlage 1 zu der genannten Vorschrift ergibt sich, dass die höchsten Honorargruppen solchen Sachgebieten vorbehalten bleiben sollen, die in jeder Hinsicht besondere Anforderungen an den Gutachter und seine Tätigkeit stellen. Insoweit sieht die Anlage 1 die Honorargruppe 10 für das Sachgebiet "Unternehmensbewertung", die Honorargruppe 9 für "Betriebsunterbrechungs- und -verlagerungsschäden" und die Honorargruppe 8 für "Datenverarbeitung" vor. Auch bei dem vorliegenden Auftrag handelt es sich um ein hinsichtlich der Schwierigkeit deutlich überdurchschnittliches Gutachten, dass nicht als nur anspruchsvolles technisches Gutachten gewertet werden kann, sondern darüber hinaus eine komplexe wissenschaftliche Leistung erfordert. Hierfür werden in der Praxis, worauf der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen hat, über dem Höchstsatz liegende Stundenhonorare abgerechnet. Insgesamt ist daher ein Stundensatz nach Honorargruppe 10 gerechtfertigt.
Hinsichtlich des streitigen Zeitaufwands besteht kein Anspruch des Beschwerdegegners auf Entschädigung von mehr als 33 Stunden. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an, sondern die erforderliche Zeit ist nach einem objektiven Maßstab, unabhängig von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen zu bestimmen (vgl. Schneider, JVEG § 8 Rdnr. 53). Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 8 Rdnr. 8.48). Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt, was voraussetzt, dass der Sachverständige die Kostenrechnung entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Merkblatt zum Gutachtensauftrag mitgeteilt worden sind. Dabei ist durchaus zu berücksichtigen, dass zwischen erforderlichem Zeitaufwand und zu gewährendem Stundensatz eine Wechselwirkung besteht, weshalb das Verlangen nach dem Höchstsatz durchaus eine kritische Betrachtung der Erforderlichkeit der angesetzten Zeit rechtfertigt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. November 2006 - X ZR 65/03 - (juris)).
Die für medizinische Sachverständigengutachten entwickelte Plausibilitätsprüfung des Senats (vgl. Beschluss vom 5. April 2005 - L 12 SB 795/05 KO-A -) kann auf den hier vorliegenden Fall, was auch vom Beschwerdeführer nicht bezweifelt wird, nicht ohne weiteres übertragen werden. Insoweit ergeben sich keine Anhaltspunkte, an dem mitgeteilten zeitlichen Aufwand für die Erstellung des Gutachtens und das Literaturstudium zu zweifeln. Abweichungen zwischen dem vom Beschwerdeführer für zutreffend erachteten und vom SG anerkannten Zeitaufwand liegen allein im Bereich Aktenstudium und Durchsicht/Korrektur. Auch hinsichtlich des Aktenstudiums hat der Beschwerdegegner den mit 8 Stunden im Hinblick auf den Umfang der Akte - unabhängig von Maßgaben aus dem Bereich der medizinischen Gutachten - auffällig hohen Aufwand plausibel begründet. Der Senat hält es insoweit für nachvollziehbar, dass bereits im Rahmen der Aktendurchsicht eine zeitintensive Strukturierung des Sachverhalts erforderlich ist. Denn als unabdingbare Voraussetzung für die Erstellung eines im Sinne der Beweisfrage brauchbaren Gutachtens müssen die entscheidenden Gesichtspunkte extrahiert und die für die Klärung der Beweisfrage zu untersuchenden Fragen überhaupt erst erarbeitet werden.
Nicht nachvollziehen kann der Senat dagegen die Annahme von 5 Stunden für "Abgleich des Gutachtens, Endredaktion". Auch die vom Beschwerdegegner gemachten Ausführungen, dass neben der reinen Endredaktion - Durchlesen mit Korrekturen und versandfertige Fertigstellung - noch ein Abgleich der Gutachtensteile im Hinblick auf Überprüfung der Daten, vollständige Beantwortung der Fragestellungen und Überprüfung der Gutachtensteile des Zweitgutachters vorgenommen worden sei, lässt den zeitlichen Ansatz von 5 Stunden nicht plausibel erscheinen. Das 13seitige Gutachten enthält Deckblatt, eine Seite Inhaltsverzeichnis und eine Seite mit einer Zusammenstellung der verwendeten Unterlagen. Die insoweit vom Beschwerdegegner als angemessen angesehene Zeit von zwei Stunden nur für die reine Endkorrektur ist angesichts dessen schon nicht nachvollziehbar, ebenso wenig, dass für die Überprüfung der Daten, der vollständigen Beantwortung der Fragestellungen (hier nur eine Beweisfrage) und der Gutachtensteile des Zweitgutachters nochmals drei weitere Stunden erforderlich sein sollen. Hinsichtlich Durchsicht und Korrektur kommt es für den erforderlichen Zeitaufwand nicht entscheidend auf das Gebiet des Gutachtens an, hier sind vielmehr allgemeine Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Der Mehraufwand wegen der erforderlichen Überprüfung der Daten und anderer Gutachtensteile gegenüber einer rein redaktionellen Korrektur ist dabei zusätzlich zu würdigen, wobei für letztere nach der Plausibilitätsprüfung lediglich ein Zeitaufwand von 0,6 Stunden angemessen wäre. Insgesamt ist nach alledem der notwendige und erforderliche Zeitaufwand für die Korrektur mit 2 Stunden hinreichend berücksichtigt.
Es ergibt sich daher insgesamt ein entschädigungsfähiger Aufwand von 33 Stunden zu einem Stundensatz von 95 EUR. Das Honorar ist daher insgesamt auf 3.730,65 EUR festzusetzen (3.135 EUR zuzüglich 595,65 EUR MWSt).
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
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