L 22 U 152/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 195/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 152/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Beurteilung einer Lungenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) und die Bewilligung von Leistungen zur Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der 1948 geborene Kläger war beginnend mit dem 01. April 1964 bis zum Jahr 2002 bei der Siemens AG in Berlin im Werkzeugbau beschäftigt. Im Anschluss an die am 01. April 1964 beginnende Lehrzeit wurde er am 01. April 1967 als Dreher übernommen. Er hatte Einzelteile und Versuchsteile herzustellen. Dabei arbeitete er ganztägig an Drehmaschinen, bis er etwa 1998 nur noch zu etwa 25 Prozent der Arbeitszeit aus gesundheitlichen Gründen tätig war. In den Jahren von 1983 bis 2001 arbeitete er an einer CNC-Drehmaschine. Beim Herstellen eines Werkstückes wurde mit Kühlschmierstoff gearbeitet. An der Maschine war keine Absaugung vorhanden. Bei den Kühlschmierstoffen handelte es sich vornehmlich um solche mit dem Handelsnamen Castrol Syntilo RX. Schadstoffmessungen wurden nicht durchgeführt. Das Produkt enthält keine Stoffe, die eine Kennzeichnung erforderlich machen und es wird nach der Gefahrstoffverordnung als nicht gefährlich eingestuft. Die chemische Charakterisierung lautet: hochraffiniertes Mineralöl, Emulgatoren und Additive.

Wegen Atembeschwerden nahm der Kläger ab dem Jahr 1997 ärztliche Behandlung in Anspruch. Durch die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H als auch anlässlich der stationären Behandlung des Klägers im Januar 1997 im G Krankenhaus GmbH D Schwesternschaft B wurde ein obstruktives Lungenemphysem diagnostiziert. Seitdem hat der Kläger seinen Nikotingenuss eingestellt, womit er nach eigenen Angaben anlässlich seiner Begutachtung für die Landesversicherungsanstalt Berlin im Januar 2003 einen Nikotinabusus seit dem 25. Lebensjahr mit zuletzt täglich 40 Zigaretten beendete.

Der Technische Aufsichtsbeamte der Beklagten berichtete am 16. Dezember 2004 über seine Arbeitsplatzbesichtigung in der SAG am 02. Juli 2004. Nachdem ein Bericht über die Gefahrstoffmessungen zur Beurteilung einer BK von dem Technischen Aufsichtsbeamten in der Abteilung Werkzeugbau im Bereich der CNC-Drehmaschine Gildemeister angefordert worden war, wurde diese Messung am 25. August 2004 durchgeführt. Die Messung konnte nicht am ehemaligen Arbeitsplatz des Klägers erfolgen, da die Drehmaschine vor ca. 4 Jahren an einen anderen Standort gestellt und zudem wurde seit ca. 2 Jahren ein anderer Kühlschmierstoff eingesetzt worden war. Das Messergebnis für Kühlschmierstoffe (Summe aus Dampf und Aerosol) betrug 39 Prozent des Grenzwertes. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 20. Januar 2004 Ansprüche auf Leistungen - auch für Maßnahmen, die geeignet sind, dem Entstehen einer BK entgegenzuwirken- ab: Beim Kläger bestehe weder eine BK nach Nr. 4301 der Berufskrankheiten-Liste (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung) noch eine BK nach Nr. 4302 der Berufskrankheiten-Liste (durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung). Nach dem Ergebnis der Ermittlungen und der Arbeitsplatzbesichtigung vom 08. September 2003 sei der Kläger während seiner Berufstätigkeit im Werkzeugbau der Firma SAG keinen allergisierenden, chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine obstruktive Atemwegserkrankung zu verursachen.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers, in dem insbesondere auf das Sicherheitsblatt für den Stoff Castrol Syntilo RX hingewiesen wurde, wonach Nebel und Dämpfe, Reizung der Nase und der Atemwege hervorrufen könnten, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2005 als unbegründet zurück.

Mit der am 08. März 2005 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Gewährung von Entschädigungsleistungen und auf Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als BK weiterverfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen, die Beklagte räume in ihrem Widerspruchsbescheid selbst ein, dass der Kläger in der Zeit von 1964 bis 1983 an einer Drehmaschine ohne Absaugung und Abdeckhaube gearbeitet habe und in dieser Zeit einer Vernebelung von Kühlschmierstoffen, Kunststoff- und Glasfaserstäubchen ausgesetzt gewesen sei und von 1983 bis 2000 Kühlschmierstoffnebel eingeatmet habe. Allein auf die Einatmung der o. g. Dämpfe in der Zeit von 1964 bis 2001 sei die Atemwegserkrankung des Klägers zurückzuführen. Auch habe die Ärztin Hin der Verwaltungsakte die Frage in einem Fragebogen, ob die Beschwerden des Klägers durch die berufliche Tätigkeit entstanden oder wesentlich verschlimmert worden sei, eindeutig mit ja beantwortet. Selbst im sozialmedizinischen Gutachten von Dr. P vom 30. Januar 2003 werde dringend eine Umsetzung empfohlen, weil der Kontakt mit Schmierölen und Kühlmitteldämpfen für die Atmung belastend sei und die Erwerbstätigkeit des Klägers erheblich gefährdet sei.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid vom 20. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Anerkennung der Atemwegserkrankung des Klägers (chronisch obstruktive Lungenerkrankung, bullöses Lungenemphysem, chronische Hypoxie) als Berufskrankheit gemäß § 9 SGB VII zu verurteilen, Entschädigungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. März 2007 wies das SG die Klage ab: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Dies gelte auch hinsichtlich einer Asbeststaubexposition.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 10. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 09. Mai 2007 beim Landessozialgericht Berlin- Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Mit der am 17. Juli 2007 beim Landessozialgericht Berlin- Brandenburg eingegangenen Berufungsbegründung wurde insbesondere vorgetragen, das SG habe eine überraschende Entscheidung gefällt. Es hätte eines Hinweises bedurft, dass es ohne Sachverständigengutachten der Beklagten folgen wolle. Er verweise auch auf die 19 jährige Tätigkeit an einer Drehmaschine ohne Absaugevorrichtung und Abdeckhaube und auf ein 36 jähriges Einatmen von Kühlschmiernebel.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2005 zu verurteilen, dem Kläger unter Anerkennung seiner Lungenerkrankung als BK nach Nr. 4301 und Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung Entschädigungsleistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete der Facharzt für Innere Medizin, Arbeitsmedizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin, Prof. Dr. med. X. B, Ordinariat für Arbeitsmedizin der Universität H am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin am 06. Februar 2008 ein arbeitsmedizinisch-internistisches Fachgutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 30. Januar 2008. Der Gutachter diagnostizierte eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit Lungenemphysem, Fettstoffwechselstörung, anamnestisches Glaukom rechts. Beim Kläger liege eine schwere obstruktive Atemwegserkrankung vor, die ausweislich der vorliegenden Lungenfunktionsprüfung vom Januar 1997 bestehe. Sie habe den Kläger zur Unterlassung seiner Dreharbeiten am Arbeitsplatz gezwungen. Die Frage aus der Beweisanordnung, ob die Atemwegserkrankung nachweislich und mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf beruflichen Kontakt des Klägers mit allergisierenden Stoffen und/oder chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen zurückzuführen sei im Sinne der BK nach Nr. 4301 bzw. Nr. 4302 der Anlage zur BKVO beantwortete der Gutachter mit "nein". Der hohe Nikotinabusus des Versicherten sei als wesentliche außerberufliche Ursache der Atemwegs-/Lungenerkrankung zu sehen.

Der Kläger nahm zu dem Gutachten dahingehend Stellung, dass insbesondere die Dauer der Einwirkung von 1964 bis 2000 nicht gewürdigt, sondern außer Acht gelassen worden sei. Die Beurteilung der Kausalität durch Nikotinabusus sei eine Vermutung, die nicht belegt sei. Die vorhandenen Lücken in der Argumentationskette des Gutachters machten die Ladung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung notwendig.

Prof. Dr. B ergänzte sein Gutachten mit seiner am 17. Juli 2008 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangen Stellungnahme. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers nahm am 21. August 2008 Stellung: Der Gutachter verkenne, dass nur 20 Prozent aller Raucher eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung entwickelten. Es sei nachlesbar, dass sich der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt auch nach jahrzehntelangem intensiven Zigarettenkonsum guter Gesundheit erfreue. Es sei beim Kläger eine Inhalation des KSS in einem Zeitraum von 30 Jahren auszugehen. Der Gutachter habe keine nachvollziehbare Begründung für seinen Kausalzusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und Erkrankung geliefert.

Der Gutachter gab am 10. Dezember 2008 beim Gericht eingehend eine weitere Stellungnahme ab.

Zu der Ergänzung des Gutachtens äußerte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem am 23. Januar 2009 eingegangenen Schriftsatz.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 05. und 17.März 2009).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten, Ablichtungen aus der Akte der Landesversicherungsanstalt Berlin und den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Atemwegserkrankung des Klägers ist nicht als BK zu beurteilen, bei dem Kläger besteht auch nicht die Gefahr der Entstehung einer BK. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist daher nicht begründet.

Dahinstehen kann ob der Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung noch nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder bereits nach den Vorschriften des am 01. Januar 1997 in Kraft getretenen SGB VII zu beurteilen ist. Denn die für den Anspruch des Klägers maßgeblichen Vorschriften des alten und neuen Rechts stimmen in den streitigen Punkten inhaltlich überein.

Ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen setzt voraus, dass ein Versicherungsfall vorliegt. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und BKen. BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO) erleidet. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO).

In der Anlage 1 der BKVO sind die hier streitgegenständlichen zu prüfenden Nummern 4301 und 4302 erfasst. Eine BK nach Nr. 4103 (Asbeststaublungenerkrankung) ist weder Gegenstand des Antrag im Berufungsverfahren noch Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen und ist hier nicht zu prüfen.

Nr. 4301 erfasst durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Nr. 4302 erfasst durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Der Kläger hat zwar nach eine § 2 SGB VII bzw. nach § 539 Nr.1 RVO versicherte Tätigkeit ausgeführt, die er für seine Atemwegserkrankung anschuldigt. Es fehlt allerdings an den übrigen erforderlichen Voraussetzungen.

Die Feststellung einer BK setzt nach dem Recht der RVO als auch nach dem des SGB VII voraus, dass der Kläger im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen der BK ausgesetzt war, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (so genannte arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) vgl. BSGE 61, 127, 130).

Desweiteren muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Einwirkung und Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) feststellbar sein. Letzteres ist hier nicht der Fall.

Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Recht der BK gilt wie sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung die Theorie von der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur die Bedingungen (mit-)ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSG a.a.O.). Die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität muss hinreichend wahrscheinlich sein, die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 02. Februar 1978, SozR 2200 § 548 Nr. 38). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38). Die Faktoren, die für den Ursachenzusammenhang sprechen, müssen die Umstände, die gegen die Kausalität sprechen, deutlich überwiegen. Die Vermutung nach § 9 Abs. 3 SGB VII kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, da der Gutachter den Nikotinabusus durch den Kläger, wie er ihn bei der Begutachtung im Verfahren der der LVA dargestellt hat, als zweifelsfreier Anhaltspunkt für eine Verursachung außerhalb beruflicher Tätigkeit konkret festgestellt hat.

Die bei der versicherten Tätigkeit des Klägers erfolgten (schädigenden) Einwirkungen lassen sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) hinsichtlich ihrer Art und ihres Ausmaßes bezüglich der der BKen nach Nrn. 4301 und 4302 bereits nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei feststellen. Der Gutachter hat in seiner Stellungnahme vom 07. Juli 2008 überzeugend dargestellt, dass die Schadstoffbelastung des Klägers retrospektiv nicht zweifelsfrei feststellbar sei. Die vorliegenden Messergebnisse der eingehausten und nicht abgesaugten Maschinen im Juli 2004 können nicht zur Grundlage der Beurteilung gemacht werden. Der Gutachter weist überzeugend darauf hin, dass retrospektiv nicht sicher beurteilt werden kann, ob die Expositionsanalyse die durchschnittliche inhalaltive Belastung im Zeitraum von 1983 bis 2001 reflektiert. Eine zweifelsfreie Bewertung der KSS-Belastung auf dieser Grundlage ist sicherlich nicht möglich. Zudem war der in Deutschland etablierte KSS-Grenzwert von 10 mg/m3, der heute nur noch als grob orientierender Richtwert herangezogen wird, bei der im Juli 2004 durchgeführten Arbeitsplatzmessung weit unterschritten worden (3,9 mg/ m3). Auch ist das vom Gutachter ausgewertete aktenkundige Sicherheitsdatenblatt hinsichtlich des eingesetzten CastrolSyntilo RX ein hoch raffiniertes Mineralöl, das nach Gefahrstoffverordnung nicht als gefährlich eingestuft wird.

Soweit in Langzeitstudien gesundheitsgefährdende Effekte auf die Atemwege von Personen mit KSS-Exposition festgestellt wurden, werden diese auf die Mineralölkomponenten auf deren Zusatzstoffe zurückgeführt. Dabei ist der Zusammenhang zwischen gesundheitsadversen Effekte der KSS mit ihren Zusatzstoffen zwischen einer KSS-Exposition und einer Atemwegs-Lungenerkrankung im Ausmaß der klägerischen Erkrankung wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert. Insoweit ist nach dem Gutachten hinsichtlich der Zusatzstoffe der Zusammenhang lediglich wahrscheinlich und wissenschaftlich hinreichend gesichert hinsichtlich geringer bronchitischer Beschwerden, allenfalls leichter Atemwegsverengungen nicht jedoch hinsichtlich der Ausbildung einer derartig fortgeschrittenen Atemwegsobstruktion wie im Fall des Klägers.

Soweit der Gutachter ausführt, dass lediglich nicht auszuschließen sei, dass die berufsbedingte Exposition gegenüber den in den verwendeten KSS potentiell enthaltenen Zusatzstoffen die Ausprägung der Atemwegsverengung des Klägers mit verursacht habe, reicht nach den vorgenannten Maßstäben der Hinweis auf eine bloße Möglichkeit nicht aus. Die Möglichkeit verdichtet sich hier nicht zu einer Wahrscheinlichkeit. Es gibt keine weiteren Umstände, die insoweit herangezogen werden können. Hingegen hat der Gutachter dargelegt, dass exponierte Personen in den zitierten Studien über Atemwegsbeschwerden oder Reizungen der Augen- und Nasenschleimhaut klagten. Der Reizeffekt manifestiert sich oftmals in den Augen- und Nasenschleimhäuten im Sinne einer Konjunktivitis. Für ein solches Beweisanzeichen gibt es im Fall des Klägers keine Hinweise. Weder hat der Kläger über derartige Reizerscheinungen berichtet, noch sind sie sonst dokumentiert.

Von daher sind auch weitere Ermittlungen hinsichtlich der Zusatzstoffe nicht veranlasst. Hinsichtlich der Zusatzstoffe des Castrol Syntilo RX sind nach Beurteilung des Gutachters bereits keine wesentlichen gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe angegeben.

Der beim Kläger gestellten AAT-Mangel lässt eine (Mit-)verursachung durch die berufliche Tätigkeit nicht begründen. Der Gutachter führt dazu aus, dass epidemiologische Hinweise dafür, dass diese eine erhöhte Anfälligkeit auf KSS begründen, nicht vorlägen.

Nach allem kann dahinstehen, ob der Zigarettenabusus des Klägers wesentliche Ursache der Erkrankung ist, da eine berufliche Ursache nicht feststellbar ist.

Der Senat sieht sich nicht darin gehindert, das Gutachten von Prof. Dr. B seiner Beurteilung zugrunde zu legen, auch wenn der Kläger vorträgt, der Gutachter habe entgegen seiner Erklärung an der Untersuchung nicht mitgewirkt. Denn der Gutachter hat die zentralen Aufgaben der Begutachtung selbst erbracht. Zentral ist hier nicht die bereits zuvor erfolgte Diagnostik der Erkrankung des Klägers und nicht die durch den Gutachter erfolgte Untersuchung des Klägers, sondern die Mitteilung des Standes der medizinischen Wissenschaft zu den entscheidungserheblichen Fragen und ihre Beurteilung im vorliegenden Fall. Entscheidend ist, dass er die zentralen Aufgaben der Begutachtung selbst erbracht hat.

Ob die Durchführung der persönlichen Untersuchung zu den Kernaufgaben zählt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Soweit sich nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird, reicht es aus, dass dieser die von Hilfskräften erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht (vgl. Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 9. Auflage, § 118 Rz. 11 h unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 30. Januar 2006, B 2 U 358/05 B).

Nach allem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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