Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 151 AS 3235/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 518/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 4. März 2009, das abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. Januar 2009 eingelegten Widerspruchs anzuordnen, erweist sich im Ergebnis als zutreffend.
Der Senat lässt ausdrücklich dahingestellt sein, ob – wie das Sozialgericht zu meinen scheint - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt eingelegten Widerspruchs regelmäßig nicht in Frage kommt, weil Rechtsschutz auch noch gewährt werden kann, wenn im Einzelnen Sanktionen verhängt worden sind. Darauf kommt es nicht an, weil der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid des Antragsgegners vom 21. Januar 2009 nicht offensichtlich rechtswidrig ist, so dass es beim gesetzlich angeordneten Regelfall des Ausbleibens der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Widerspruchs (§ 39 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch – SGB II – in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung) sein Bewenden haben muss.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die Regelungen nach Satz 2 - also die Bestimmung, welche Leistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhält, welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens übernehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat sowie welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, er zu beantragen hat - durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass sie nicht bereit war, die vom Antragsgegner vorbereitete Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Insoweit waren folglich die Voraussetzungen für die Ersetzung der Vereinbarung durch Verwaltungsakt gegeben. Die in dem Verwaltungsakt enthaltenen Regelungen halten sich auch sachlich im Rahmen der in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu findenden Ermächtigung. Sie verpflichten die Antragstellerin zu mindestens zehn schriftlichen Bewerbungen im Monat, davon mindestens fünf auf einen Arbeitsplatz als Bürohilfe, zu zeitnahen Bewerbungen auf Stellenangebote, die von der Agentur für Arbeit vorgeschlagen werden, zur Teilnahme an einer befristeten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Kunst/Kulturbereich in Berlin in einem zeitlichen Umfang von 30 - 40 Stunden die Woche sowie zur Teilnahme an einer ganzheitlichen Integrationsleistung bei einem beauftragten Träger nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m §§ 37, 48 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III -. Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin für Briefpost erreichbar sein muss, und verpflichtet ist, Änderungen mitzuteilen sowie bei Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des Antragsgegners einzuholen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin ist für die offensichtliche Rechtswidrigkeit dieser Regelungen nichts erkennbar. Dies gilt insbesondere auch für die Verpflichtung, erreichbar zu sein, Änderungen mitzuteilen und bei Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen. Soweit die Klägerin sich für das Gegenteil auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2006 – S 37 AS 11713/05 beruft, verkennt sie, dass die Wirkungen dieses Urteils sich auf den dort entschiedenen Sachverhalt beschränken. Die Wertungen des Urteils vermag der Senat nicht nachzuvollziehen und von daher auch nicht auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt zu übertragen. Die Verpflichtung zur Einholung einer vorherigen Genehmigung für den Fall einer längeren Ortsabwesenheit entspricht der Residenzpflicht, wie sie in der Erreichbarkeits-Anordnung der Bundesagentur für Arbeit vom 23. Oktober 2007 formuliert ist (vgl. bereits LSG Berlin, Beschluss v. 28. Februar 2008 – L 25 AS 522/06 -). Auf diese Anordnung, die in § 7 Abs. 4a SGB II nunmehr (mit Wirkung ab dem 1. August 2006) in Bezug genommen wird, kann in Zweifelsfällen zurückgegriffen werden; die Regelung in dem Verwaltungsakt vom 21. Januar 2009 ist deswegen nicht unbestimmt.
Nicht zu beanstanden ist weiter die Verpflichtung zur Teilnahme an einer befristeten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Kunst/Kulturbereich in Berlin in einem zeitlichen Umfang von 30-40 Stunden in der Woche sowie zur Teilnahme an einer ganzheitlichen Integrationsleistung bei einem beauftragten Träger nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m §§ 37, 48 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III -. Die Antragstellerin ist nach Aktenlage ohne Berufsausbildung und offensichtlich seit längerer Zeit ohne Beschäftigung. Das rechtfertigt es, von den in dem SGB II vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, insbesondere auch von der Zuweisung in Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung. Denn die Voraussetzung, dass die Antragstellerin nicht selbständig eine Erwerbsmöglichkeit finden kann, um ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen, scheint schon angesichts des Lebensalters der im September 1960 geborenen Antragstellerin und des Fehlens einer Berufsausbildung erfüllt. Die Rechtmäßigkeit der in Aussicht gestellten Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung scheitert weiter nicht daran, dass für diese ein zeitlicher Umfang von dreißig bis vierzig Stunden in der Woche angegeben worden ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 4 AS 60/07 R -). Auch die Verpflichtung zur Vorlage von zehn Bewerbungen im Monat erscheint dem Senat nicht offensichtlich unverhältnismäßig hoch und belastend zu sein, zumal bei Vorliegen besonderer Umstände die Verletzung dieser Verpflichtung nicht notwendigerweise eine Sanktion zur Folge haben muss (ebenso bereits LSG Berlin, Beschluss v. 28. Februar 2008 – L 25 AS 522/06 -). Im Übrigen gilt aber, dass die Möglichkeit von Sanktionen für den Fall einer Verletzung der auferlegten Verpflichtungen in § 31 SGB II ausdrücklich vorgesehen ist, ihre Androhung kann deswegen nicht als "Nötigung" oder "schwerwiegender Rechtsbruch" angesehen werden.
Der Verwaltungsakt ist schließlich nicht deswegen rechtswidrig, weil seine Regelungen über den Inhalt der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung hinausgehen. Zwar setzt die Ersetzung durch Verwaltungsakt voraus, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen ist; daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Inhalt des Verwaltungsaktes identisch mit dem der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung sein muss, zudem nichts dafür ersichtlich ist, dass die Antragstellerin eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen hätte, wenn sie nur alle nunmehr in dem ersetzenden Verwaltungsakt enthaltenen Regelungen bereits enthalten hätte.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 4. März 2009, das abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. Januar 2009 eingelegten Widerspruchs anzuordnen, erweist sich im Ergebnis als zutreffend.
Der Senat lässt ausdrücklich dahingestellt sein, ob – wie das Sozialgericht zu meinen scheint - die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt eingelegten Widerspruchs regelmäßig nicht in Frage kommt, weil Rechtsschutz auch noch gewährt werden kann, wenn im Einzelnen Sanktionen verhängt worden sind. Darauf kommt es nicht an, weil der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid des Antragsgegners vom 21. Januar 2009 nicht offensichtlich rechtswidrig ist, so dass es beim gesetzlich angeordneten Regelfall des Ausbleibens der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Widerspruchs (§ 39 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs, Zweites Buch – SGB II – in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung) sein Bewenden haben muss.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die Regelungen nach Satz 2 - also die Bestimmung, welche Leistungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige zur Eingliederung in Arbeit erhält, welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens übernehmen muss und in welcher Form er die Bemühungen nachzuweisen hat sowie welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, er zu beantragen hat - durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Die Antragstellerin stellt nicht in Abrede, dass sie nicht bereit war, die vom Antragsgegner vorbereitete Eingliederungsvereinbarung zu unterzeichnen. Insoweit waren folglich die Voraussetzungen für die Ersetzung der Vereinbarung durch Verwaltungsakt gegeben. Die in dem Verwaltungsakt enthaltenen Regelungen halten sich auch sachlich im Rahmen der in § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu findenden Ermächtigung. Sie verpflichten die Antragstellerin zu mindestens zehn schriftlichen Bewerbungen im Monat, davon mindestens fünf auf einen Arbeitsplatz als Bürohilfe, zu zeitnahen Bewerbungen auf Stellenangebote, die von der Agentur für Arbeit vorgeschlagen werden, zur Teilnahme an einer befristeten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Kunst/Kulturbereich in Berlin in einem zeitlichen Umfang von 30 - 40 Stunden die Woche sowie zur Teilnahme an einer ganzheitlichen Integrationsleistung bei einem beauftragten Träger nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m §§ 37, 48 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III -. Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin für Briefpost erreichbar sein muss, und verpflichtet ist, Änderungen mitzuteilen sowie bei Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des Antragsgegners einzuholen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin ist für die offensichtliche Rechtswidrigkeit dieser Regelungen nichts erkennbar. Dies gilt insbesondere auch für die Verpflichtung, erreichbar zu sein, Änderungen mitzuteilen und bei Ortsabwesenheit vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen. Soweit die Klägerin sich für das Gegenteil auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Mai 2006 – S 37 AS 11713/05 beruft, verkennt sie, dass die Wirkungen dieses Urteils sich auf den dort entschiedenen Sachverhalt beschränken. Die Wertungen des Urteils vermag der Senat nicht nachzuvollziehen und von daher auch nicht auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt zu übertragen. Die Verpflichtung zur Einholung einer vorherigen Genehmigung für den Fall einer längeren Ortsabwesenheit entspricht der Residenzpflicht, wie sie in der Erreichbarkeits-Anordnung der Bundesagentur für Arbeit vom 23. Oktober 2007 formuliert ist (vgl. bereits LSG Berlin, Beschluss v. 28. Februar 2008 – L 25 AS 522/06 -). Auf diese Anordnung, die in § 7 Abs. 4a SGB II nunmehr (mit Wirkung ab dem 1. August 2006) in Bezug genommen wird, kann in Zweifelsfällen zurückgegriffen werden; die Regelung in dem Verwaltungsakt vom 21. Januar 2009 ist deswegen nicht unbestimmt.
Nicht zu beanstanden ist weiter die Verpflichtung zur Teilnahme an einer befristeten Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Kunst/Kulturbereich in Berlin in einem zeitlichen Umfang von 30-40 Stunden in der Woche sowie zur Teilnahme an einer ganzheitlichen Integrationsleistung bei einem beauftragten Träger nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m §§ 37, 48 des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch – SGB III -. Die Antragstellerin ist nach Aktenlage ohne Berufsausbildung und offensichtlich seit längerer Zeit ohne Beschäftigung. Das rechtfertigt es, von den in dem SGB II vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, insbesondere auch von der Zuweisung in Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung. Denn die Voraussetzung, dass die Antragstellerin nicht selbständig eine Erwerbsmöglichkeit finden kann, um ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen, scheint schon angesichts des Lebensalters der im September 1960 geborenen Antragstellerin und des Fehlens einer Berufsausbildung erfüllt. Die Rechtmäßigkeit der in Aussicht gestellten Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung scheitert weiter nicht daran, dass für diese ein zeitlicher Umfang von dreißig bis vierzig Stunden in der Woche angegeben worden ist (vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 16. Dezember 2008 – B 4 AS 60/07 R -). Auch die Verpflichtung zur Vorlage von zehn Bewerbungen im Monat erscheint dem Senat nicht offensichtlich unverhältnismäßig hoch und belastend zu sein, zumal bei Vorliegen besonderer Umstände die Verletzung dieser Verpflichtung nicht notwendigerweise eine Sanktion zur Folge haben muss (ebenso bereits LSG Berlin, Beschluss v. 28. Februar 2008 – L 25 AS 522/06 -). Im Übrigen gilt aber, dass die Möglichkeit von Sanktionen für den Fall einer Verletzung der auferlegten Verpflichtungen in § 31 SGB II ausdrücklich vorgesehen ist, ihre Androhung kann deswegen nicht als "Nötigung" oder "schwerwiegender Rechtsbruch" angesehen werden.
Der Verwaltungsakt ist schließlich nicht deswegen rechtswidrig, weil seine Regelungen über den Inhalt der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung hinausgehen. Zwar setzt die Ersetzung durch Verwaltungsakt voraus, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen ist; daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Inhalt des Verwaltungsaktes identisch mit dem der vorgeschlagenen Eingliederungsvereinbarung sein muss, zudem nichts dafür ersichtlich ist, dass die Antragstellerin eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen hätte, wenn sie nur alle nunmehr in dem ersetzenden Verwaltungsakt enthaltenen Regelungen bereits enthalten hätte.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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