Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 2631/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 410/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rentenversicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 26. Januar 2000.
Die Beigeladene zu 1) ist seit 1. Februar 1998 als kaufmännische Angestellte bzw. seit Januar 2000 als Prokuristin im Betrieb ihres Ehemannes - einem Autohaus - tätig. Seit November 2004 ist das Unternehmen eine GmbH und Co. KG, zuvor wurde es als Einzelunternehmen geführt. Ihre Beschäftigung ist im Anstellungsvertrag vom 19. Januar 1999 geregelt. Danach beträgt die Arbeitszeit 40 Stunden/Woche, besteht ein Anspruch auf Zahlung von Vergütung von monatlich brutto 5000,- DM, von Weihnachts- und Urlaubsgeld, ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Werktagen. Ferner ist das Erfordernis einer Einwilligung des Arbeitgebers für eine Nebenbeschäftigung geregelt.
Mit Schreiben vom 11. November 2005 beantragten die Beigeladenen zu 1) und zu 2) eine versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses. Der Betrieb werde von den Eheleuten gemeinsam geführt. Alle wesentlichen Unternehmensentscheidungen würden stets abgesprochen. Die Arbeits- und Urlaubszeiten der Beigeladenen zu 1) richteten sich nach den betrieblichen Erfordernissen. In den Jahren 2003 und 2004 habe sie auf die Auszahlung ihrer Tantieme verzichtet. Beigefügt war ein ausgefüllter Feststellungsbogen, in welchem die Beigeladene zu 1) und zu 2) angaben, dass die Beigeladenen zu 1) als Prokuristin zu einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 2.900,- Euro brutto tätig sei. Die Tätigkeit umfasse allgemein die Vertretung der Beigeladenen zu 2) und insbesondere die Personalführung, das Beschwerdemanagement und das Erstellen der Abschlüsse (vgl. im Einzelnen die Aufstellung VV der Beklagten Blatt 24, auf die ergänzend Bezug genommen wird). Die Beigeladene zu 1) sei in den Betrieb - allerdings nicht wie eine fremde Arbeitskraft - eingegliedert und übe die Tätigkeit tatsächlich aus. Ohne ihre Mitarbeit hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Eine Weisungsgebundenheit bestehe nicht. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch bestehe für 30 Arbeitstage und bei Arbeitsunfähigkeit würde ebenfalls auf gesetzlicher Grundlage das Arbeitsentgelt fortbezahlt. Das Arbeitsentgelt entspreche dem tariflichen bzw. dem ortsüblichen Lohn. Es werde auch regelmäßig auf ein Konto der Beigeladenen zu 1) gezahlt, ferner werde Lohnsteuer entrichtet und die Beträge als Betriebsausgabe verbucht. Die Beigeladene zu 1) sei nicht an dem Betrieb beteiligt, dieser stelle aber die gemeinsame Lebensgrundlage dar. Ferner habe die Beigeladene zu 1) durch ihren Tantiemen-Verzicht dem Betrieb auch ein Darlehen gewährt.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene zu 1) als Prokuristin ab 1. Januar 2006 selbständig tätig sei. Eine rückwirkende Feststellung ab dem 26. Januar 2000 (Tag der Eintragung der Prokura) scheide aus, weil das Vertragsverhältnis jahrelang als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gelebt worden sei.
Die Beigeladene zu 1) erhob Widerspruch. Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 teilte die Beklagte der Klägerin (Clearingstelle) mit, dem Widerspruch abhelfen zu wollen. Diese antwortete mit Schreiben vom 28. März 2006, dass nach Auffassung der Clearingstelle die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen.
Ungeachtet dieser Einschätzung half die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 6. April 2006 ab und beurteilte die Beigeladene zu 1) rückwirkend ab dem 26. Januar 2000 als selbständig. Mit Schreiben vom 17. Mai 2006 reichte die Beklagte einen Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ein, sowie - auf entsprechende Nachfrage - mit Faxschreiben vom 4. Juli 2006 den Bescheid vom 6. April 2006.
Diese hat am 29. August 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Ihrer Auffassung nach bestehe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die steuerrechtliche Behandlung stelle einen wesentlichen Aspekt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dar. Für eine abhängige Beschäftigung spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) Mutterschaftsgeld in Anspruch genommen habe.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits verfristet. Die Beurteilung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2006 sei zudem nicht angefochten worden. Die Abführung von Beiträgen und Steuern sowie die Beanspruchung von Leistungen seien keine Indizien, sondern lediglich Reflexe der Anmeldung zur Sozialversicherung. Die Beigeladene zu 1) könne selbst entscheiden, ob sie ihre Tätigkeit selbst verrichte oder sich hierfür fremder Arbeitkräfte bediene. Der schriftliche Arbeitsvertrag werde nicht umgesetzt, insbesondere nicht hinsichtlich der Urlaubsgestaltung.
Das SG hat mit Urteil vom 25. Juli 2008 den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) ab dem 26. Januar 2000 der Rentenversicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) unterliege.
Die Klage sei zulässig, da sie fristgemäß innerhalb der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden sei. Der Bescheid vom 6. April 2006 sei der Klägerin ohne Rechtsmittelbelehrung erst im Juli 2006 bekannt gegeben worden. Der vorangegangene Bescheid vom 7. Dezember 2005 sei ihr jedenfalls nicht zu einem früheren Zeitpunkt zugegangen. Die Klage sei auch von Anfang an auf die generelle Feststellung gerichtet gewesen, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 26. Januar 2000 an ununterbrochen als abhängig beschäftigt anzusehen sei.
Diese sei in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) eingegliedert und ersetze eine fremde Arbeitskraft. Sie übe nach ihren eigenen Angaben die Tätigkeit auch tatsächlich aus und erhalte ein regelmäßiges Gehalt. Soweit vorgetragen worden sei, sie müsse ihre Tätigkeit nicht in Person ausüben, sondern könne diese auf eine andere übertragen, widerspreche dies der arbeitsvertraglichen Regelung, aber auch den eigenen früheren Angaben. So hätte sie zunächst angegeben, als Angestellte mit weit reichenden Aufgaben tätig zu sein, wobei arbeitsvertraglich eine Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich vereinbart sei. Nach der Hochzeit im Mai 1999 sei ihre Stellung innerhalb des Betriebes wesentlich ausgebaut worden, ihr sei im Januar 2000 Prokura erteilt worden und sie sei in die Führung des Betriebes miteingebunden worden. Der Vortrag, sie müsse ihre Tätigkeit nicht in Person leisten, sei angesichts dieses Hintergrundes nicht nachvollziehbar und entspreche offensichtlich nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht der Arbeitsvertrag sondern ein anderes Rechtsverhältnis die Grundlage für ihre Leistungen darstelle. So sei die Beigeladene zu 1) nicht am Unternehmen beteiligt. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag sei nicht geschlossen worden. Die faktischen Verhältnisse seien auch nicht derart ausgestaltet, dass ein Schluss auf ein tatsächlich gewolltes Gesellschaftsverhältnis möglich sei. Die Klägerin trage auch kein Unternehmerrisiko, weil sie regelmäßig ein Arbeitsentgelt erhalte. Dass ihre Vergütung teilweise auch erfolgsabhängig bezahlt werde, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die behauptete Weisungsfreiheit finde keine Entsprechung in der Stellung bei der Beigeladenen zu 2). Sie sei weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin, sondern lediglich Prokuristin.
Hiergegen richtet sich die (rechtzeitige) Berufung der Beigeladenen zu 1). Zu deren Begründung bringt sie ergänzend vor, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass sich die Rentenversicherung bei Klagen auf die Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufen könne. Die Spitzenverbände hätten in ihrer gemeinsamen Erklärung am 29. März 2005 festgelegt, dass die Bescheide der Einzugsstellen keine besondere Rechtsbehelfsbelehrung zugunsten der Rentenversicherungsträger ausweisen sollten. Wenn die Klägerin auf diese Weise erklärt habe, keine besondere Rechtsbehelfsbelehrung erhalten zu wollen, könne sie sich nicht im Nachhinein auf deren Fehlen berufen. Auch sei es der Klägerin aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, entgegen den schützenswerten Interessen der Beigeladenen zu 1) und zu 2) von der Möglichkeit der Klage nach Ablauf eines Monats noch Gebrauch zu machen. Die Klage sei jedenfalls hinsichtlich des Bescheides vom 7. Dezember 2005 unzulässig. Dieser sei nicht angefochten worden. Die Auslegung des klägerischen Begehrens durch das SG widerspreche hingegen dem Wortlaut des Klageschriftsatzes. Zu Unrecht habe das SG auch auf den schriftlichen Arbeitsvertrag abgestellt, obgleich dieser von den Beteiligten formlos geändert worden sei.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 16. März 2009 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet, wie das SG im angefochtenen Urteil richtig ausgeführt hat. Auf die Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Die Klage ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe erhoben worden, §§ 87 Abs. 1 S. 1, 66 Abs. 1, Abs. 2 SGG. Das SGG verlangt auch klagenden Versicherungsträgern gegenüber eine Rechtsbehelfsbelehrung, da generell gegenüber einem Beteiligten die Fristen nach § 66 Abs. 1 SGG nur zu laufen beginnen, wenn eine solche schriftlich erfolgt ist. Die Klägerin ist als solche Beteiligte, § 69 Nr. 1 SGG.
Die Klägerin hat ihr Klagerecht nicht verwirkt.
Besondere Umstände, die eine Verwirkung auslösen, liegen vor, wenn der Verpflichtete (hier; die Beigeladenen) in Folge eines bestimmten Verhaltens (Verwirkungsverhalten) berechtigt vertrauen durfte, dass der Berechtigte (hier: die Klägerin) das Recht (hier: Klagerecht mit der möglichen Konsequenz im Falle eines obsiegenden Urteils, Beiträge nachfordern zu können) nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich in Folge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten) dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (so bereits Urteil des Senats vom 17. April 2008 - L 1 KR 356/06 - unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 BSGE 80, 41, Juris-Rdnr. 18 mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtssprechung des BSG). Bloße Untätigkeit alleine reicht für ein Verwirkungsverhalten nicht aus. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die spätere Geltendmachung als Verstoß gegen Treue und Glauben empfunden wird. Hier sind nur wenige Monate zwischen erstmaliger Kenntnis des bzw. der beiden Bescheide der Beklagten frühestens im Mai 2006 und der Klage im August 2006 vergangen. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) Vermögensdispositionen getroffen haben, welche als Vertrauensbetätigung die Geltendmachung des Klagerechts durch die Klägerin als treuwidrig ansehen lassen könnten.
Die Klage hat sich zudem von Anfang an gegen die Feststellung der Selbständigkeit der Beschäftigung rückwirkend ab 26. Januar 2000 und nicht nur für die Zeit bis 31. Dezember 2005 gerichtet. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid vom 06. April 2006 bereits ausweislich seiner Verfügung auch für die Zeit ab 1. Januar 2005 eine Feststellung tritt.
Das SG hat der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris). Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, a.a.O.). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen. Auf dessen Darlegungen wird wiederum nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen, insbesondere zum gelebten Arbeitsverhältnis und zum fehlenden Unternehmerrisiko Das Arbeitsverhältnis zwischen den Beigeladenen ist durch einen Arbeitsvertrag geregelt, der auch praktiziert wurde. Die Vereinbarung einer teilweise erfolgsabhängigen Vergütung ist auch bei abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht unüblich. Auch hat die Beigeladene zu 1) keine eigene Betriebsstätte und kann nicht über ihre eigene Arbeitskraft frei verfügen. Weiteres Indiz für eine abhängige Arbeitnehmereigenschaft ist, dass der Beigeladene zu 1) einen ansonsten anzustellenden Arbeitnehmer ersetzt.
Es ist auch nach ihrem Vortrag beziehungsweise dem der Beigeladenen zu 2) nicht so, dass sie nach eigenem Gutdünken wie ein Unternehmer auftreten kann. Sie ist zwar für große Teile des Unternehmens verantwortlich (Beschwerdemanagement, Controlling, Personalführung, Abschlusserstellung etc.). Das Unternehmen wird aber von ihrem Ehemann geleitet. Dass die Eheleute über die Jahre hin alle Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regeln ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständig bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ebenso bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -): § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versicherungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -).
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1) als Berufungsklägerin als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Rentenversicherungspflicht der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 26. Januar 2000.
Die Beigeladene zu 1) ist seit 1. Februar 1998 als kaufmännische Angestellte bzw. seit Januar 2000 als Prokuristin im Betrieb ihres Ehemannes - einem Autohaus - tätig. Seit November 2004 ist das Unternehmen eine GmbH und Co. KG, zuvor wurde es als Einzelunternehmen geführt. Ihre Beschäftigung ist im Anstellungsvertrag vom 19. Januar 1999 geregelt. Danach beträgt die Arbeitszeit 40 Stunden/Woche, besteht ein Anspruch auf Zahlung von Vergütung von monatlich brutto 5000,- DM, von Weihnachts- und Urlaubsgeld, ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Werktagen. Ferner ist das Erfordernis einer Einwilligung des Arbeitgebers für eine Nebenbeschäftigung geregelt.
Mit Schreiben vom 11. November 2005 beantragten die Beigeladenen zu 1) und zu 2) eine versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses. Der Betrieb werde von den Eheleuten gemeinsam geführt. Alle wesentlichen Unternehmensentscheidungen würden stets abgesprochen. Die Arbeits- und Urlaubszeiten der Beigeladenen zu 1) richteten sich nach den betrieblichen Erfordernissen. In den Jahren 2003 und 2004 habe sie auf die Auszahlung ihrer Tantieme verzichtet. Beigefügt war ein ausgefüllter Feststellungsbogen, in welchem die Beigeladene zu 1) und zu 2) angaben, dass die Beigeladenen zu 1) als Prokuristin zu einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 2.900,- Euro brutto tätig sei. Die Tätigkeit umfasse allgemein die Vertretung der Beigeladenen zu 2) und insbesondere die Personalführung, das Beschwerdemanagement und das Erstellen der Abschlüsse (vgl. im Einzelnen die Aufstellung VV der Beklagten Blatt 24, auf die ergänzend Bezug genommen wird). Die Beigeladene zu 1) sei in den Betrieb - allerdings nicht wie eine fremde Arbeitskraft - eingegliedert und übe die Tätigkeit tatsächlich aus. Ohne ihre Mitarbeit hätte eine andere Arbeitskraft eingestellt werden müssen. Eine Weisungsgebundenheit bestehe nicht. Die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch bestehe für 30 Arbeitstage und bei Arbeitsunfähigkeit würde ebenfalls auf gesetzlicher Grundlage das Arbeitsentgelt fortbezahlt. Das Arbeitsentgelt entspreche dem tariflichen bzw. dem ortsüblichen Lohn. Es werde auch regelmäßig auf ein Konto der Beigeladenen zu 1) gezahlt, ferner werde Lohnsteuer entrichtet und die Beträge als Betriebsausgabe verbucht. Die Beigeladene zu 1) sei nicht an dem Betrieb beteiligt, dieser stelle aber die gemeinsame Lebensgrundlage dar. Ferner habe die Beigeladene zu 1) durch ihren Tantiemen-Verzicht dem Betrieb auch ein Darlehen gewährt.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene zu 1) als Prokuristin ab 1. Januar 2006 selbständig tätig sei. Eine rückwirkende Feststellung ab dem 26. Januar 2000 (Tag der Eintragung der Prokura) scheide aus, weil das Vertragsverhältnis jahrelang als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gelebt worden sei.
Die Beigeladene zu 1) erhob Widerspruch. Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 teilte die Beklagte der Klägerin (Clearingstelle) mit, dem Widerspruch abhelfen zu wollen. Diese antwortete mit Schreiben vom 28. März 2006, dass nach Auffassung der Clearingstelle die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen.
Ungeachtet dieser Einschätzung half die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 6. April 2006 ab und beurteilte die Beigeladene zu 1) rückwirkend ab dem 26. Januar 2000 als selbständig. Mit Schreiben vom 17. Mai 2006 reichte die Beklagte einen Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ein, sowie - auf entsprechende Nachfrage - mit Faxschreiben vom 4. Juli 2006 den Bescheid vom 6. April 2006.
Diese hat am 29. August 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Ihrer Auffassung nach bestehe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die steuerrechtliche Behandlung stelle einen wesentlichen Aspekt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dar. Für eine abhängige Beschäftigung spreche auch, dass die Beigeladene zu 1) Mutterschaftsgeld in Anspruch genommen habe.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits verfristet. Die Beurteilung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2006 sei zudem nicht angefochten worden. Die Abführung von Beiträgen und Steuern sowie die Beanspruchung von Leistungen seien keine Indizien, sondern lediglich Reflexe der Anmeldung zur Sozialversicherung. Die Beigeladene zu 1) könne selbst entscheiden, ob sie ihre Tätigkeit selbst verrichte oder sich hierfür fremder Arbeitkräfte bediene. Der schriftliche Arbeitsvertrag werde nicht umgesetzt, insbesondere nicht hinsichtlich der Urlaubsgestaltung.
Das SG hat mit Urteil vom 25. Juli 2008 den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) ab dem 26. Januar 2000 der Rentenversicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) unterliege.
Die Klage sei zulässig, da sie fristgemäß innerhalb der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden sei. Der Bescheid vom 6. April 2006 sei der Klägerin ohne Rechtsmittelbelehrung erst im Juli 2006 bekannt gegeben worden. Der vorangegangene Bescheid vom 7. Dezember 2005 sei ihr jedenfalls nicht zu einem früheren Zeitpunkt zugegangen. Die Klage sei auch von Anfang an auf die generelle Feststellung gerichtet gewesen, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 26. Januar 2000 an ununterbrochen als abhängig beschäftigt anzusehen sei.
Diese sei in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) eingegliedert und ersetze eine fremde Arbeitskraft. Sie übe nach ihren eigenen Angaben die Tätigkeit auch tatsächlich aus und erhalte ein regelmäßiges Gehalt. Soweit vorgetragen worden sei, sie müsse ihre Tätigkeit nicht in Person ausüben, sondern könne diese auf eine andere übertragen, widerspreche dies der arbeitsvertraglichen Regelung, aber auch den eigenen früheren Angaben. So hätte sie zunächst angegeben, als Angestellte mit weit reichenden Aufgaben tätig zu sein, wobei arbeitsvertraglich eine Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich vereinbart sei. Nach der Hochzeit im Mai 1999 sei ihre Stellung innerhalb des Betriebes wesentlich ausgebaut worden, ihr sei im Januar 2000 Prokura erteilt worden und sie sei in die Führung des Betriebes miteingebunden worden. Der Vortrag, sie müsse ihre Tätigkeit nicht in Person leisten, sei angesichts dieses Hintergrundes nicht nachvollziehbar und entspreche offensichtlich nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht der Arbeitsvertrag sondern ein anderes Rechtsverhältnis die Grundlage für ihre Leistungen darstelle. So sei die Beigeladene zu 1) nicht am Unternehmen beteiligt. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag sei nicht geschlossen worden. Die faktischen Verhältnisse seien auch nicht derart ausgestaltet, dass ein Schluss auf ein tatsächlich gewolltes Gesellschaftsverhältnis möglich sei. Die Klägerin trage auch kein Unternehmerrisiko, weil sie regelmäßig ein Arbeitsentgelt erhalte. Dass ihre Vergütung teilweise auch erfolgsabhängig bezahlt werde, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die behauptete Weisungsfreiheit finde keine Entsprechung in der Stellung bei der Beigeladenen zu 2). Sie sei weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin, sondern lediglich Prokuristin.
Hiergegen richtet sich die (rechtzeitige) Berufung der Beigeladenen zu 1). Zu deren Begründung bringt sie ergänzend vor, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass sich die Rentenversicherung bei Klagen auf die Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berufen könne. Die Spitzenverbände hätten in ihrer gemeinsamen Erklärung am 29. März 2005 festgelegt, dass die Bescheide der Einzugsstellen keine besondere Rechtsbehelfsbelehrung zugunsten der Rentenversicherungsträger ausweisen sollten. Wenn die Klägerin auf diese Weise erklärt habe, keine besondere Rechtsbehelfsbelehrung erhalten zu wollen, könne sie sich nicht im Nachhinein auf deren Fehlen berufen. Auch sei es der Klägerin aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, entgegen den schützenswerten Interessen der Beigeladenen zu 1) und zu 2) von der Möglichkeit der Klage nach Ablauf eines Monats noch Gebrauch zu machen. Die Klage sei jedenfalls hinsichtlich des Bescheides vom 7. Dezember 2005 unzulässig. Dieser sei nicht angefochten worden. Die Auslegung des klägerischen Begehrens durch das SG widerspreche hingegen dem Wortlaut des Klageschriftsatzes. Zu Unrecht habe das SG auch auf den schriftlichen Arbeitsvertrag abgestellt, obgleich dieser von den Beteiligten formlos geändert worden sei.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 16. März 2009 hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet, wie das SG im angefochtenen Urteil richtig ausgeführt hat. Auf die Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Die Klage ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe erhoben worden, §§ 87 Abs. 1 S. 1, 66 Abs. 1, Abs. 2 SGG. Das SGG verlangt auch klagenden Versicherungsträgern gegenüber eine Rechtsbehelfsbelehrung, da generell gegenüber einem Beteiligten die Fristen nach § 66 Abs. 1 SGG nur zu laufen beginnen, wenn eine solche schriftlich erfolgt ist. Die Klägerin ist als solche Beteiligte, § 69 Nr. 1 SGG.
Die Klägerin hat ihr Klagerecht nicht verwirkt.
Besondere Umstände, die eine Verwirkung auslösen, liegen vor, wenn der Verpflichtete (hier; die Beigeladenen) in Folge eines bestimmten Verhaltens (Verwirkungsverhalten) berechtigt vertrauen durfte, dass der Berechtigte (hier: die Klägerin) das Recht (hier: Klagerecht mit der möglichen Konsequenz im Falle eines obsiegenden Urteils, Beiträge nachfordern zu können) nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich in Folge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten) dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (so bereits Urteil des Senats vom 17. April 2008 - L 1 KR 356/06 - unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 BSGE 80, 41, Juris-Rdnr. 18 mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtssprechung des BSG). Bloße Untätigkeit alleine reicht für ein Verwirkungsverhalten nicht aus. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die spätere Geltendmachung als Verstoß gegen Treue und Glauben empfunden wird. Hier sind nur wenige Monate zwischen erstmaliger Kenntnis des bzw. der beiden Bescheide der Beklagten frühestens im Mai 2006 und der Klage im August 2006 vergangen. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) Vermögensdispositionen getroffen haben, welche als Vertrauensbetätigung die Geltendmachung des Klagerechts durch die Klägerin als treuwidrig ansehen lassen könnten.
Die Klage hat sich zudem von Anfang an gegen die Feststellung der Selbständigkeit der Beschäftigung rückwirkend ab 26. Januar 2000 und nicht nur für die Zeit bis 31. Dezember 2005 gerichtet. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid vom 06. April 2006 bereits ausweislich seiner Verfügung auch für die Zeit ab 1. Januar 2005 eine Feststellung tritt.
Das SG hat der Klage auch in der Sache zu Recht stattgegeben:
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris). Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, a.a.O.). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42). Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975).
Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das SG zutreffend von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausgegangen. Auf dessen Darlegungen wird wiederum nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen, insbesondere zum gelebten Arbeitsverhältnis und zum fehlenden Unternehmerrisiko Das Arbeitsverhältnis zwischen den Beigeladenen ist durch einen Arbeitsvertrag geregelt, der auch praktiziert wurde. Die Vereinbarung einer teilweise erfolgsabhängigen Vergütung ist auch bei abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht unüblich. Auch hat die Beigeladene zu 1) keine eigene Betriebsstätte und kann nicht über ihre eigene Arbeitskraft frei verfügen. Weiteres Indiz für eine abhängige Arbeitnehmereigenschaft ist, dass der Beigeladene zu 1) einen ansonsten anzustellenden Arbeitnehmer ersetzt.
Es ist auch nach ihrem Vortrag beziehungsweise dem der Beigeladenen zu 2) nicht so, dass sie nach eigenem Gutdünken wie ein Unternehmer auftreten kann. Sie ist zwar für große Teile des Unternehmens verantwortlich (Beschwerdemanagement, Controlling, Personalführung, Abschlusserstellung etc.). Das Unternehmen wird aber von ihrem Ehemann geleitet. Dass die Eheleute über die Jahre hin alle Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regeln ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständig bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.
Das Feststellungsbegehren stellt sich als zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG dar (ebenso bereits Urteil des Senats vom 13. März 2009 - L 1 KR 555/07 -): § 55 SGG bestimmt im Gegensatz zu § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht ausdrücklich, dass eine Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder dies hätte können. Soweit der so genannte Subsidiaritätsgrundsatz ungeachtet dessen auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, handelt es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Feststellungs- bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. An einem solchen fehlt es, wenn es eine effektivere Klagemöglichkeit gibt oder das Feststellungsurteil den Rechtsstreit noch nicht abschließend erledigen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 - B 10 LW 4/05 R - mit weiteren Nachweisen). Hier führt die Anfechtungsklage nur zur Aufhebung der eine Versicherungspflicht verneinenden Bescheide der Beklagten und nicht umgekehrt automatisch zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht. Die Beklagte könnte sich der Klägerin gegenüber rein formal auf den Standpunkt stellen, dass zwar der die Beigeladenen aus deren Sicht begünstigender Bescheid der Beklagten als Einzugsstelle aufgehoben worden sei, die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen jedoch falsch und unverbindlich seien. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass entsprechender Bescheide gegen die Einzugsstellen wäre weiter kein einfacherer Weg als die Feststellungsklage (ebenso BSG, Urteil vom 1. September 2005 - B 3 KR 3/04 R -).
Die Kostenentscheidung richtet sich für das zweitinstanzliche Verfahren nach § 193 SGG. § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG ist in diesem Rechtszug nicht einschlägig, weil die Beigeladene zu 1) als Berufungsklägerin als Versicherte zum Personenkreis des § 183 Satz 1 SGG gehört. Die Entscheidung entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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