Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 1248/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 80/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V kommt nicht in Betracht, wenn der Versicherte die Durchführung einer Operation (hier: Entfernung einer Fettschürze) vertraglich vereinbart, bevor er die Übernahme der Kosten bei seiner Krankenversicherung beantragt. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist zudem eine ärztliche Rechnung, die den Maßstäben der GOÄ genügt.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Januar 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1955 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie begehrt die Erstattung der Kosten einer am 27. Oktober 2003 vorgenommenen operativen Fettschürzenresektion in Höhe von 7.000,00 Euro zuzüglich Übernachtungskosten im Krankenhaus in Höhe von 1.160,00 Euro.
Die Klägerin erkrankte als Kind an Meningitis und leidet seitdem an einem postenzephalischen Syndrom mit erheblichen kognitiven Einbußen und Störungen im Sozialverhalten, einer Adipositas per magna und einer erblich bedingten Bindegewebsschwäche.
Am 14. September 2003 schloss sie mit dem plastischen Chirurg Dr. W einen Vertrag über die Erbringung plastischer chirurgischer Leistungen. Der Vertrag bezog sich auf eine Fettschürzenresektion mit Saugkürtage. In dem Vertrag hieß es u. a., der Eingriff sei im Sinne der GOÄ oder der Bundespflegesatzverordnung medizinisch nicht indiziert. Bescheinigungen die dem Zweck der Kostenerstattung gegenüber Leistungsträgern dienten, würden von der Klinik nicht erstellt. Die Behandlungskosten betrügen pauschal 7.000,00 Euro, für den Klinikaufenthalt würden gesondert 145,00 Euro pro Übernachtung in Rechnung gestellt. Insoweit hatte die Mutter der Klägerin für diese schon am 14. Juli 2003 eine "Einverständniserklärung für kosmetische Operationen" unterzeichnet.
Am 9. Oktober 2003 verordnete die die Klägerin behandelnde Allgemeinmedizinerin Dr. A eine operative Fettschürzenresektion durch Saugkürtage in der Havelklinik. In einem gleichzeitig ausgestellten Attest führte sie u. a. aus, alle Versuche, das massive Übergewicht zu reduzieren, seien bisher gescheitert. Bedingt durch das Übergewicht sei es inzwischen schon zu erheblichen Beeinträchtigungen gekommen, zu Rückenschmerzen und Schmerzen in beiden Knie- und Fußgelenken. Auch zur Vermeidung von Folgeerkrankungen sei die Operation aus ärztlicher Sicht unbedingt indiziert.
Dem bei der Beklagten eingereichten Antrag auf Kostenübernahme fügte die Klägerin noch ein Attest des behandelnden Orthopäden Dr. P vom 20. September 2003 sowie ein Attest des behandelnden Nervenarztes Dr. S vom 29. September 2003 bei. Letzterer führte aus, bei der Klägerin bestünden u. a. Störungen im Sozialverhalten und in der Affektregulation. Sie neige immer wieder zu Wutausbrüchen und auch zu selbstverletzendem Verhalten. Sie habe schon mehrfach versucht, etwas von ihrem Fett mit der Schere abzuschneiden. Durch ihr massives Übergewicht sei sie im Alltag erheblich beeinträchtigt, etwa beim Treppensteigen oder beim Ein- oder Aussteigen in den Bus.
Die Beklagte leitete den Kostenübernahmeantrag dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK) zur Begutachtung zu. In seinem am 15. Oktober 2003 erstellten Gutachten erklärte der Dipl.-Med. H, der Antrag auf Kostenübernahme könne nicht befürwortet werden. Die gewünschte operative Hautstraffung am Abdomen liege außerhalb der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hautfalten im Bauchbereich seien unabhängig vom Grund ihres Entstehens nicht krankheitswertig im Sinne des Sozialgesetzbuches. Eine Notwendigkeit zur Durchführung risikobehafteter chirurgischer Eingriffe könne nie psychisch begründet werden. Stets bestehe die Gefahr von Komplikationen, Nachkorrekturen und Misslingen, was zu einer weiteren erheblichen Belastung der Psyche führen könne.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2003 lehnte die Beklagte daraufhin eine Kostenübernahme für die beantragte Operation ab. Die Leistung sei nicht notwendig und daher nicht von den Krankenkassen zu erbringen.
Die Klägerin ließ die Operation am 27. Oktober 2003 durchführen. Rechnungen in Höhe von 7.000,00 Euro für den operativen Eingriff sowie in Höhe von 1.160,00 Euro für den Klinikaufenthalt und die Übernachtungen wurden von ihr beglichen.
Auf den Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme bat die Beklagte den MDK erneut um eine Stellungnahme zur Notwendigkeit der stationären Behandlung. Im Gutachten vom 18. Februar 2004 hielt der Dipl.-Med. H an seiner Auffassung fest, dass die operative Entfernung der abdominellen Hängeschürze nicht notwendig im Sinne des Krankenversicherungsrechts sei. Sogar der plastische Chirurg Dr. W habe attestiert, dass der geplante Eingriff nicht medizinisch indiziert sei. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Standpunkt fest, dass die Operation aus körperlicher und psychischer Sicht notwendig gewesen sei. Die erstellten MDK-Gutachten seien unzulänglich, weil sie auf die vorgelegten Atteste nicht eingegangen seien und sie im Rahmen der Begutachtung auch nicht untersucht worden sei. Zum Beleg ihres Vorbringens reichte die Klägerin ein Gutachten des sozialpsychiatrischen Dienstes des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin vom 21. März 2003, ein weiteres Attest der behandelnden Allgemeinmedizinerin Dr. S vom 26. April 2004 sowie ein vom MDK am 14. November 2003 erstelltes Pflegegutachten ein.
Hierauf trat die Beklagte erneut an den MDK heran und beauftragte ihn mit der Prüfung, ob die Fettabsaugung insbesondere wegen der vorgetragenen psychiatrischen und orthopädischen Leiden, der möglichen Folgeerkrankungen sowie der vorgetragenen Hauterkrankungen eine notwendige Behandlung der Adipositas gewesen sei oder nicht.
Auf Anfrage erhielt der MDK von der Havelklinik einen Operationsbericht sowie eine Epikrise, die chirurgische Behandlung zur Operation betreffend. Vor der Operation habe die Klägerin bei einer Körpergröße von 160 cm 111 kg gewogen. Im Rahmen der Operation seien 5,3 kg Bauchdecke sowie 2.100 ml Fettgewebe durch Absaugung entfernt worden.
In seinem Gutachten vom 23. August 2004 hielt der Dipl.-Med. H daran fest, dass die durchgeführte Operation nicht notwendig gewesen sei. In dem zehn Tage nach der Krankenhausentlassung erstellten Pflegegutachten vom 14. November 2003 werde ein nur um 3 kg reduziertes Körpergewicht von 108 kg berichtet. Eine wesentliche, die bestehende Adipositas grundsätzlich behandelnde Therapie sei durch die Fettabsaugung also nicht möglich gewesen. Vielmehr handele es sich um eine typische Leistung der kosmetischen Chirurgie. Sowohl die Fettabsaugung als auch die Bauchdeckenstraffung seien grundsätzlich ungeeignet, die bei der Klägerin bestehenden behandlungsbedürftigen internistischen Erkrankungen (Bluthochdruck) positiv zu beeinflussen. Weil die Klägerin erst einige Tage nach Entlassung aus der Klinik am 11. November 2003 Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme eingelegt habe, sei es nicht möglich gewesen, sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vor Durchführung der Operation körperlich zu untersuchen. Für eine Durchführung der Operation vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens habe keine Indikation bestanden. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Kostenübernahme zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Weil eine Notfallsituation nicht vorgelegen habe, sei entscheidungserheblich, ob die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Krankenhausbehandlung gehabt. Nach den Feststellungen des MDK sei davon auszugehen, dass die Übergewichtigkeit mit dem Absaugen des Fettgewebes nicht wirksam und dauerhaft behandeln werden könne. Die Maßnahme sei weder zur Gewichtsreduktion noch zur Behandlung der übrigen vorgetragenen Leiden geeignet. Es handele sich vielmehr um eine typische Leistung der kosmetischen Chirurgie. Ein Anspruch auf eine zu Krankenbehandlung nicht geeignete, in den Bereich der Verbesserung des Aussehens fallende Leistung bestehe in der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch nicht. Damit sei der Antrag auf Kostenübernahme also nicht zu Unrecht abgelehnt worden.
Mit der am 28. November 2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, der MDK habe sich mit den gegebenen medizinischen Fakten nicht ausreichend auseinandergesetzt. Die Operation sei notwendig gewesen, um bestehende Leiden zu lindern und Folgeerkrankungen der Adipositas zu verhindern.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unbegründet, denn der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung nicht zu. Erhebliche Zweifel bestünden schon hinsichtlich des Bestehens des für den Kostenerstattungsanspruch erforderlichen Kausalzusammenhangs zwischen der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte und der Entstehung der Kosten. Zwischen der Ablehnung der Kostenübernahme und der Kostenlast müsse nämlich ein konkreter Ursachenzusammenhang bestehen. Der Erstattungsanspruch setze voraus, dass der Versicherte die Krankenkasse einschalte und deren Entscheidung abwarte, bevor er sich die Leistung besorge. Die Regelung zur Kostenerstattung in § 13 Abs. 3 SGB V stelle nämlich im Sachleistungssystem des SGB V einen Ausnahmefall dar und gebe einen Anspruch des Versicherten nur dann, wenn sich das Leistungssystem der Krankenversicherung im Einzelfall als mangelhaft erwiesen habe. Hier sei die Operation zwar am 27. Oktober 2003 und damit nach dem ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2003 durchgeführt worden. Der privatärztliche Behandlungsvertrag sei jedoch schon im September 2003 geschlossen worden, mithin vor der ablehnenden Entscheidung. Schon mit Abschluss des Vertrages habe die Klägerin sich die Leistung beschafft und die Zahlungspflicht begründet. Fallentscheidend sei jedoch, dass der Kostenerstattungsanspruch deswegen nicht bestehe, weil der Klägerin gar keine erstattungsfähigen Kosten entstanden seien. Der Kostenerstattungsanspruch setze nämlich weiter voraus, dass dem behandelnden Arzt gegen den Versicherten ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch aus der Behandlung erwachsen sei. Ein solcher Vergütungsanspruch bestehe nur, wenn der Arzt dem Patienten eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erteilt habe. Dabei handele es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Alle Ärzte seien verpflichtet, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die Berechnung von Pauschalen sei nicht zulässig, vielmehr müsse die Rechnung sich am Gebührenverzeichnis orientieren. Die hier der Klägerin vom Operateur bzw. der Klinik ausgestellte Rechnung nenne schon keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthalte weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthalte auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benenne lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es sei aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren. Gleichwohl geleistete Zahlungen könne der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt habe. Scheitere der Kostenerstattungsanspruch damit bereits am Fehlen eines Vergütungsanspruchs des behandelnden Arztes, komme es auf die medizinische Notwendigkeit der Operation nicht an.
Gegen den ihr am 10. Januar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10. Februar 2008 Berufung eingelegt. Sie hat angekündigt, eine ordnungsgemäße Arztrechnung nachreichen zu werden. Kausalität zwischen Ablehnung der Kostenübernahme und Kostenlast bestehe schon deshalb, weil die Operation erst einige Tage nach Erlass des Ablehnungsbescheides durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei vor allem im Hinblick auf das fettschürzenbedingte Ekzem von einer medizinischen Notwendigkeit des Eingriffs auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten der am 27. Oktober 2003 durchgeführten Operation in Höhe von 7.000,00 Euro zuzüglich der Unterkunftskosten in Höhe von 1.160,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss vom 30. Juni 2009 hat der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Krankenunterlagen der Hklinik Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 153 Abs. 5 SGG durfte der Berichterstatter über die Berufung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, weil das Sozialgericht erstinstanzlich einen Gerichtsbescheid erlassen hat und der Senat am 30. Juni 2009 einen Übertragungsbeschluss gefasst hat. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Januar 2008 ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden und begründet hat, keinen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.160,00 Euro. § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung) macht die Erstattung von Kosten (Aufwendungen) für eine selbst beschaffte Leistung in einem Fall wie dem vorliegenden davon abhängig, dass der zur Leistung verpflichtete Träger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Damit setzt das Gesetz insbesondere voraus, dass die Beschaffung der Leistung kausal zurück geht auf eine Ablehnung der Leistungserbringung durch den Leistungsträger. Angesichts der im Tatbestand wiedergegebenen Chronologie fehlt es daran im vorliegenden Fall.
Der konkrete Ablauf zeichnet sich hier dadurch aus, dass die Klägerin schon im Juli 2003 gegenüber dem Operateur ihr Einverständnis für "den vorgesehenen kosmetischen Eingriff" erklärte und am 14. September 2003 einen "Vertrag über die Erbringung plastischer chirurgischer Leistungen" abschloss. Selbst wenn die Operation erst am 27. Oktober 2003 durchgeführt wurde, waren damit die Würfel im Sinne der Durchführung des Eingriffs schon gefallen, bevor die Beklagte erstmals mit dem Ansinnen der Klägerin befasst war (9. Oktober 2003).
Diese von Klägerin zu vertretende Reihenfolge der Ereignisse läuft dem Institut der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V zuwider: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R, zitiert nach juris; siehe auch Helbig in jurisPK SGB V, Anm. 54 zu § 13) scheidet der Erstattungsanspruch aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne zuvor den Leistungsträger einzuschalten und seine Entscheidung abzuwarten. Der Erstattungsanspruch besteht nämlich nur für den Ausnahmefall, dass eine vom Leistungsträger geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Erstattungsvorschriften muss zwischen dem die Haftung des Leistungsträgers begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Leistungsträger - wie hier - vor Abschluss eines Behandlungsvertrages mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die Erstattungsvorschriften wollen dem Versicherten nämlich einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine vom Leistungsträger geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern des Leistungsträgers. Nur er hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den zu beanspruchenden Leistungen gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung (und zwar eine Prüfung auch vor Abschluss eines Behandlungsvertrages), verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht. Sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Beschaffungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt. Es ist deshalb weder unzumutbar noch bloßer Formalismus, wenn eine Kostenerstattung in der Art eines zwingenden Verfahrenserfordernisses davon abhängig gemacht wird, dass der Leistungsträger schon vor der Begründung vertraglicher Verpflichtungen durch den Versicherten in Richtung auf die Durchführung einer kostenaufwändigen Operation Gelegenheit hatte, über seine Leistungspflicht zu entscheiden.
Diesen Weg hat die Klägerin nicht eingehalten, indem sie schon im Juli 2003 ihr Einverständnis zu dem Eingriff erklärte und im September 2003 den Behandlungsvertrag abschloss. Die begehrte Kostenerstattung kommt schon aus diesem Grunde nicht in Betracht.
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin scheidet unabhängig davon auch deshalb aus, weil ihr keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind. Sie war keiner rechtswirksamen Vergütungsforderung des behandelnden Chirurgen ausgesetzt, weil es an einer Abrechnung gefehlt hat, die eine solche Forderung auszulösen vermag (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 25/06 R, zitiert nach juris).
Geht es - wie hier - um die Kosten einer ärztlichen Behandlung, so besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erteilt worden ist. Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. § 1 Abs. 1 GOÄ verpflichtet alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (§ 4 Abs. 1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. Nach § 10 Abs. 1 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen nur die dort unter Nr. 1 - 4 aufgeführten Positionen berechnet werden. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.
Nach § 2 Abs. 1 GOÄ kann durch Vereinbarung eine durch diese Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl oder eines abweichenden Punktwerts ist nicht zulässig. Gemäß § 2 Abs. 2 GOÄ ist eine Vereinbarung nach Abs. 1 Satz 1 nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
Die hier vom behandelnden Chirurgen ausgestellte Rechnung nennt schon keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthält weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthält auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benennt lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es ist aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O.). Trotzdem - ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage - geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (so ausdrücklich das Bundessozialgericht, a.a.O., mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Eine beanstandungsfreie Rechnung hat die Klägerin entgegen ihrer Ankündigung nicht nachgereicht.
Auf die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Operation kam es nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die 1955 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie begehrt die Erstattung der Kosten einer am 27. Oktober 2003 vorgenommenen operativen Fettschürzenresektion in Höhe von 7.000,00 Euro zuzüglich Übernachtungskosten im Krankenhaus in Höhe von 1.160,00 Euro.
Die Klägerin erkrankte als Kind an Meningitis und leidet seitdem an einem postenzephalischen Syndrom mit erheblichen kognitiven Einbußen und Störungen im Sozialverhalten, einer Adipositas per magna und einer erblich bedingten Bindegewebsschwäche.
Am 14. September 2003 schloss sie mit dem plastischen Chirurg Dr. W einen Vertrag über die Erbringung plastischer chirurgischer Leistungen. Der Vertrag bezog sich auf eine Fettschürzenresektion mit Saugkürtage. In dem Vertrag hieß es u. a., der Eingriff sei im Sinne der GOÄ oder der Bundespflegesatzverordnung medizinisch nicht indiziert. Bescheinigungen die dem Zweck der Kostenerstattung gegenüber Leistungsträgern dienten, würden von der Klinik nicht erstellt. Die Behandlungskosten betrügen pauschal 7.000,00 Euro, für den Klinikaufenthalt würden gesondert 145,00 Euro pro Übernachtung in Rechnung gestellt. Insoweit hatte die Mutter der Klägerin für diese schon am 14. Juli 2003 eine "Einverständniserklärung für kosmetische Operationen" unterzeichnet.
Am 9. Oktober 2003 verordnete die die Klägerin behandelnde Allgemeinmedizinerin Dr. A eine operative Fettschürzenresektion durch Saugkürtage in der Havelklinik. In einem gleichzeitig ausgestellten Attest führte sie u. a. aus, alle Versuche, das massive Übergewicht zu reduzieren, seien bisher gescheitert. Bedingt durch das Übergewicht sei es inzwischen schon zu erheblichen Beeinträchtigungen gekommen, zu Rückenschmerzen und Schmerzen in beiden Knie- und Fußgelenken. Auch zur Vermeidung von Folgeerkrankungen sei die Operation aus ärztlicher Sicht unbedingt indiziert.
Dem bei der Beklagten eingereichten Antrag auf Kostenübernahme fügte die Klägerin noch ein Attest des behandelnden Orthopäden Dr. P vom 20. September 2003 sowie ein Attest des behandelnden Nervenarztes Dr. S vom 29. September 2003 bei. Letzterer führte aus, bei der Klägerin bestünden u. a. Störungen im Sozialverhalten und in der Affektregulation. Sie neige immer wieder zu Wutausbrüchen und auch zu selbstverletzendem Verhalten. Sie habe schon mehrfach versucht, etwas von ihrem Fett mit der Schere abzuschneiden. Durch ihr massives Übergewicht sei sie im Alltag erheblich beeinträchtigt, etwa beim Treppensteigen oder beim Ein- oder Aussteigen in den Bus.
Die Beklagte leitete den Kostenübernahmeantrag dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK) zur Begutachtung zu. In seinem am 15. Oktober 2003 erstellten Gutachten erklärte der Dipl.-Med. H, der Antrag auf Kostenübernahme könne nicht befürwortet werden. Die gewünschte operative Hautstraffung am Abdomen liege außerhalb der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hautfalten im Bauchbereich seien unabhängig vom Grund ihres Entstehens nicht krankheitswertig im Sinne des Sozialgesetzbuches. Eine Notwendigkeit zur Durchführung risikobehafteter chirurgischer Eingriffe könne nie psychisch begründet werden. Stets bestehe die Gefahr von Komplikationen, Nachkorrekturen und Misslingen, was zu einer weiteren erheblichen Belastung der Psyche führen könne.
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2003 lehnte die Beklagte daraufhin eine Kostenübernahme für die beantragte Operation ab. Die Leistung sei nicht notwendig und daher nicht von den Krankenkassen zu erbringen.
Die Klägerin ließ die Operation am 27. Oktober 2003 durchführen. Rechnungen in Höhe von 7.000,00 Euro für den operativen Eingriff sowie in Höhe von 1.160,00 Euro für den Klinikaufenthalt und die Übernachtungen wurden von ihr beglichen.
Auf den Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme bat die Beklagte den MDK erneut um eine Stellungnahme zur Notwendigkeit der stationären Behandlung. Im Gutachten vom 18. Februar 2004 hielt der Dipl.-Med. H an seiner Auffassung fest, dass die operative Entfernung der abdominellen Hängeschürze nicht notwendig im Sinne des Krankenversicherungsrechts sei. Sogar der plastische Chirurg Dr. W habe attestiert, dass der geplante Eingriff nicht medizinisch indiziert sei. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Standpunkt fest, dass die Operation aus körperlicher und psychischer Sicht notwendig gewesen sei. Die erstellten MDK-Gutachten seien unzulänglich, weil sie auf die vorgelegten Atteste nicht eingegangen seien und sie im Rahmen der Begutachtung auch nicht untersucht worden sei. Zum Beleg ihres Vorbringens reichte die Klägerin ein Gutachten des sozialpsychiatrischen Dienstes des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin vom 21. März 2003, ein weiteres Attest der behandelnden Allgemeinmedizinerin Dr. S vom 26. April 2004 sowie ein vom MDK am 14. November 2003 erstelltes Pflegegutachten ein.
Hierauf trat die Beklagte erneut an den MDK heran und beauftragte ihn mit der Prüfung, ob die Fettabsaugung insbesondere wegen der vorgetragenen psychiatrischen und orthopädischen Leiden, der möglichen Folgeerkrankungen sowie der vorgetragenen Hauterkrankungen eine notwendige Behandlung der Adipositas gewesen sei oder nicht.
Auf Anfrage erhielt der MDK von der Havelklinik einen Operationsbericht sowie eine Epikrise, die chirurgische Behandlung zur Operation betreffend. Vor der Operation habe die Klägerin bei einer Körpergröße von 160 cm 111 kg gewogen. Im Rahmen der Operation seien 5,3 kg Bauchdecke sowie 2.100 ml Fettgewebe durch Absaugung entfernt worden.
In seinem Gutachten vom 23. August 2004 hielt der Dipl.-Med. H daran fest, dass die durchgeführte Operation nicht notwendig gewesen sei. In dem zehn Tage nach der Krankenhausentlassung erstellten Pflegegutachten vom 14. November 2003 werde ein nur um 3 kg reduziertes Körpergewicht von 108 kg berichtet. Eine wesentliche, die bestehende Adipositas grundsätzlich behandelnde Therapie sei durch die Fettabsaugung also nicht möglich gewesen. Vielmehr handele es sich um eine typische Leistung der kosmetischen Chirurgie. Sowohl die Fettabsaugung als auch die Bauchdeckenstraffung seien grundsätzlich ungeeignet, die bei der Klägerin bestehenden behandlungsbedürftigen internistischen Erkrankungen (Bluthochdruck) positiv zu beeinflussen. Weil die Klägerin erst einige Tage nach Entlassung aus der Klinik am 11. November 2003 Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme eingelegt habe, sei es nicht möglich gewesen, sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vor Durchführung der Operation körperlich zu untersuchen. Für eine Durchführung der Operation vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens habe keine Indikation bestanden. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Kostenübernahme zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Weil eine Notfallsituation nicht vorgelegen habe, sei entscheidungserheblich, ob die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Krankenhausbehandlung gehabt. Nach den Feststellungen des MDK sei davon auszugehen, dass die Übergewichtigkeit mit dem Absaugen des Fettgewebes nicht wirksam und dauerhaft behandeln werden könne. Die Maßnahme sei weder zur Gewichtsreduktion noch zur Behandlung der übrigen vorgetragenen Leiden geeignet. Es handele sich vielmehr um eine typische Leistung der kosmetischen Chirurgie. Ein Anspruch auf eine zu Krankenbehandlung nicht geeignete, in den Bereich der Verbesserung des Aussehens fallende Leistung bestehe in der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch nicht. Damit sei der Antrag auf Kostenübernahme also nicht zu Unrecht abgelehnt worden.
Mit der am 28. November 2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, der MDK habe sich mit den gegebenen medizinischen Fakten nicht ausreichend auseinandergesetzt. Die Operation sei notwendig gewesen, um bestehende Leiden zu lindern und Folgeerkrankungen der Adipositas zu verhindern.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unbegründet, denn der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung nicht zu. Erhebliche Zweifel bestünden schon hinsichtlich des Bestehens des für den Kostenerstattungsanspruch erforderlichen Kausalzusammenhangs zwischen der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte und der Entstehung der Kosten. Zwischen der Ablehnung der Kostenübernahme und der Kostenlast müsse nämlich ein konkreter Ursachenzusammenhang bestehen. Der Erstattungsanspruch setze voraus, dass der Versicherte die Krankenkasse einschalte und deren Entscheidung abwarte, bevor er sich die Leistung besorge. Die Regelung zur Kostenerstattung in § 13 Abs. 3 SGB V stelle nämlich im Sachleistungssystem des SGB V einen Ausnahmefall dar und gebe einen Anspruch des Versicherten nur dann, wenn sich das Leistungssystem der Krankenversicherung im Einzelfall als mangelhaft erwiesen habe. Hier sei die Operation zwar am 27. Oktober 2003 und damit nach dem ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2003 durchgeführt worden. Der privatärztliche Behandlungsvertrag sei jedoch schon im September 2003 geschlossen worden, mithin vor der ablehnenden Entscheidung. Schon mit Abschluss des Vertrages habe die Klägerin sich die Leistung beschafft und die Zahlungspflicht begründet. Fallentscheidend sei jedoch, dass der Kostenerstattungsanspruch deswegen nicht bestehe, weil der Klägerin gar keine erstattungsfähigen Kosten entstanden seien. Der Kostenerstattungsanspruch setze nämlich weiter voraus, dass dem behandelnden Arzt gegen den Versicherten ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch aus der Behandlung erwachsen sei. Ein solcher Vergütungsanspruch bestehe nur, wenn der Arzt dem Patienten eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erteilt habe. Dabei handele es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Alle Ärzte seien verpflichtet, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die Berechnung von Pauschalen sei nicht zulässig, vielmehr müsse die Rechnung sich am Gebührenverzeichnis orientieren. Die hier der Klägerin vom Operateur bzw. der Klinik ausgestellte Rechnung nenne schon keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthalte weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthalte auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benenne lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es sei aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren. Gleichwohl geleistete Zahlungen könne der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt habe. Scheitere der Kostenerstattungsanspruch damit bereits am Fehlen eines Vergütungsanspruchs des behandelnden Arztes, komme es auf die medizinische Notwendigkeit der Operation nicht an.
Gegen den ihr am 10. Januar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10. Februar 2008 Berufung eingelegt. Sie hat angekündigt, eine ordnungsgemäße Arztrechnung nachreichen zu werden. Kausalität zwischen Ablehnung der Kostenübernahme und Kostenlast bestehe schon deshalb, weil die Operation erst einige Tage nach Erlass des Ablehnungsbescheides durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei vor allem im Hinblick auf das fettschürzenbedingte Ekzem von einer medizinischen Notwendigkeit des Eingriffs auszugehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Januar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten der am 27. Oktober 2003 durchgeführten Operation in Höhe von 7.000,00 Euro zuzüglich der Unterkunftskosten in Höhe von 1.160,00 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Beschluss vom 30. Juni 2009 hat der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Krankenunterlagen der Hklinik Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 153 Abs. 5 SGG durfte der Berichterstatter über die Berufung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, weil das Sozialgericht erstinstanzlich einen Gerichtsbescheid erlassen hat und der Senat am 30. Juni 2009 einen Übertragungsbeschluss gefasst hat. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. Januar 2008 ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden und begründet hat, keinen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.160,00 Euro. § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung) macht die Erstattung von Kosten (Aufwendungen) für eine selbst beschaffte Leistung in einem Fall wie dem vorliegenden davon abhängig, dass der zur Leistung verpflichtete Träger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat.
Damit setzt das Gesetz insbesondere voraus, dass die Beschaffung der Leistung kausal zurück geht auf eine Ablehnung der Leistungserbringung durch den Leistungsträger. Angesichts der im Tatbestand wiedergegebenen Chronologie fehlt es daran im vorliegenden Fall.
Der konkrete Ablauf zeichnet sich hier dadurch aus, dass die Klägerin schon im Juli 2003 gegenüber dem Operateur ihr Einverständnis für "den vorgesehenen kosmetischen Eingriff" erklärte und am 14. September 2003 einen "Vertrag über die Erbringung plastischer chirurgischer Leistungen" abschloss. Selbst wenn die Operation erst am 27. Oktober 2003 durchgeführt wurde, waren damit die Würfel im Sinne der Durchführung des Eingriffs schon gefallen, bevor die Beklagte erstmals mit dem Ansinnen der Klägerin befasst war (9. Oktober 2003).
Diese von Klägerin zu vertretende Reihenfolge der Ereignisse läuft dem Institut der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V zuwider: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R, zitiert nach juris; siehe auch Helbig in jurisPK SGB V, Anm. 54 zu § 13) scheidet der Erstattungsanspruch aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne zuvor den Leistungsträger einzuschalten und seine Entscheidung abzuwarten. Der Erstattungsanspruch besteht nämlich nur für den Ausnahmefall, dass eine vom Leistungsträger geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Erstattungsvorschriften muss zwischen dem die Haftung des Leistungsträgers begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Leistungsträger - wie hier - vor Abschluss eines Behandlungsvertrages mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Die Erstattungsvorschriften wollen dem Versicherten nämlich einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine vom Leistungsträger geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern des Leistungsträgers. Nur er hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den zu beanspruchenden Leistungen gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung (und zwar eine Prüfung auch vor Abschluss eines Behandlungsvertrages), verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht. Sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Beschaffungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt. Es ist deshalb weder unzumutbar noch bloßer Formalismus, wenn eine Kostenerstattung in der Art eines zwingenden Verfahrenserfordernisses davon abhängig gemacht wird, dass der Leistungsträger schon vor der Begründung vertraglicher Verpflichtungen durch den Versicherten in Richtung auf die Durchführung einer kostenaufwändigen Operation Gelegenheit hatte, über seine Leistungspflicht zu entscheiden.
Diesen Weg hat die Klägerin nicht eingehalten, indem sie schon im Juli 2003 ihr Einverständnis zu dem Eingriff erklärte und im September 2003 den Behandlungsvertrag abschloss. Die begehrte Kostenerstattung kommt schon aus diesem Grunde nicht in Betracht.
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin scheidet unabhängig davon auch deshalb aus, weil ihr keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind. Sie war keiner rechtswirksamen Vergütungsforderung des behandelnden Chirurgen ausgesetzt, weil es an einer Abrechnung gefehlt hat, die eine solche Forderung auszulösen vermag (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 25/06 R, zitiert nach juris).
Geht es - wie hier - um die Kosten einer ärztlichen Behandlung, so besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erteilt worden ist. Bei der ärztlichen Gebührenordnung handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. § 1 Abs. 1 GOÄ verpflichtet alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (§ 4 Abs. 1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. Nach § 10 Abs. 1 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen nur die dort unter Nr. 1 - 4 aufgeführten Positionen berechnet werden. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.
Nach § 2 Abs. 1 GOÄ kann durch Vereinbarung eine durch diese Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl oder eines abweichenden Punktwerts ist nicht zulässig. Gemäß § 2 Abs. 2 GOÄ ist eine Vereinbarung nach Abs. 1 Satz 1 nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
Die hier vom behandelnden Chirurgen ausgestellte Rechnung nennt schon keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung und enthält weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthält auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benennt lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es ist aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O.). Trotzdem - ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage - geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (so ausdrücklich das Bundessozialgericht, a.a.O., mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Eine beanstandungsfreie Rechnung hat die Klägerin entgegen ihrer Ankündigung nicht nachgereicht.
Auf die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Operation kam es nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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