Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 646/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 15/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 8/13 R
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Ein medizinisches Versorgungszentrum ist nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der ab 01.07.2006 gültigen Fassung zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung in der Weise verpflichtet, dass es wie die niedergelassenen Vertragsärzte zur Finanzierung der Ansprüche der Erweiterten Honorarverteilung beizutragen hat. Dies ist nicht zu beanstanden.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 80.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Der Kläger ist ein medizinisches Versorgungszentrum, das mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31.01.2006 zur vertragsärztlichen Versorgung ab 01.04.2006 zugelassen wurde. Bei ihr sind als angestellte Ärzte der Laborarzt Dr. med. D, der Laborarzt Dr. med. E und der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. GA. LI. in Vollzeit seit 01.04.2006 beschäftigt. Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 06.04.2006 unter Hinweis auf die Genehmigung der Anstellung der genannten Ärzte mit, nach § 3 Abs. 4 der Grundsätze zur Erweiterten Honorarverteilung nähmen die Ärzte an der Erweiterten Honorarverteilung zu gleichen Teilen teil.
Ab dem 15.03.2007 war ferner der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. G. G beschäftigt. Die Anstellung des Dr. G endete am 10.03.2008. An seine Stelle trat Herr Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. rer. nat. F, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Die Anstellung des Herrn Dr. LI. endete zum 31.05.2007, die Anstellung des Dr. G am 10.03.2008.
Der Kläger hat am 30.07.2008 bei dem Sozialgericht Kassel die Klage erhoben. Das Sozialgericht Kassel hat mit Beschluss vom 01.10.2008 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, seine Heranziehung zur Finanzierung der erweiterten Honorarverteilung sei verfassungswidrig und von der Ermächtigungsgrundlage des § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) vom 22.12.1953 nicht mehr gedeckt. Die Vorschrift verstoße gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG. Unabhängig davon gebe § 8 KVHG eine Kompetenz zur Schaffung einer Altersversorgung für angestellte Ärzte. Außerdem verstoße die Vorschrift gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung und das Äquivalenzprinzip. Es sei schon fraglich, ob die auf § 8 KVHG gestützte Erweiterte Honorarverteilung bereits einem Gemeinwohlbedarf darstelle. Die Minderung der Gesamtvergütung und der Vorwegabzug für die Erweiterte Honorarverteilung stellten Eingriffe in die wirtschaftliche Funktionalität und Rentabilität der Tätigkeit des Klägers dar. Diese Eingriffe seien nicht gerechtfertigt. Inhalt und Schranken des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb würden für § 8 KVHG in verfassungswidriger Weise vorgegeben werden. Für die niedergelassenen Ärzte stellten die Versorgungsanwartschaften und Rentenansprüche der Erweiterten Honorarverteilung verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum dar. Das System beruhe darauf, dass die niedergelassenen Ärzte als Äquivalent für die Minderung der Gesamtvergütung und die Duldung des Vorwegabzugs eine eigentumsgeschützte öffentlich-rechtliche Rechtsposition eingeräumt werde. Dieses Gleichgewicht sei bei einem medizinischen Versorgungszentrum nicht gegeben. Es werde zwar zur Erbringung von Leistungen herangezogen, ihm werde aber keine äquivalente Gegenleistung zugewiesen. Die Gegenleistung komme anderen zugute. Daraus folge, dass die von § 8 KVHG vorgenommene Schrankenziehung gegen den Gleichheitssatz verstoße und damit verfassungswidrig sei. Es liege auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Ein medizinisches Versorgungszentrum unterscheide sich in wesentlichen Punkten von niedergelassenen Vertragsärzten. Es sei fachübergreifend aufgestellt, im Besitz einer institutionellen Zulassung und werde unter unternehmerischen und wirtschaftlichen Grundsätzen geführt und beschäftige angestellte Ärzte. Der angestellte Arzt bedürfe im Gegensatz zum niedergelassenen Arzt keiner eigenen Zulassung. Er trage auch nicht das mit einer Niederlassung verbundenen Investitions- und Insolvenzrisiko. Das Recht auf Teilnahme an der Honorarverteilung stehe ausschließlich dem medizinischen Versorgungszentrum zu. Mit diesem Recht sei nach der Ausgestaltung der Erweiterten Honorarverteilung untrennbar die Pflicht des medizinischen Versorgungszentrums zur Duldung der quotenmäßigen Minderung der Gesamtvergütung des Vorwegabzugs für die Erweiterte Honorarverteilung verbunden. Das medizinische Versorgungszentrum könne aber niemals Empfänger dieser Rentenleistungen sein. Es liege eine Differenz von Finanzierungspflichtigem und Leistungsempfänger vor, die mit dem Äquivalentsprinzip nicht mehr in Einklang zu bringen sei. Umgekehrt könne der angestellte Arzt die Vorteile der EHV in Anspruch nehmen, ohne selbst jemals unmittelbar mit den damit verbundenen Lasten beteiligt gewesen zu sein. Es liege auch ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vor. Das Äquivalenzprinzip sei die beitragsrechtliche Ausformung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ein medizinisches Versorgungszentrum werde nur zur Beitragsleistung verpflichtet, ohne selbst zum Bezug der Erweiterten Honorarverteilung berechtigt zu sein. § 8 KVHG liege das Leitbild des niedergelassenen, in freier Praxis tätigen Kassenarztes zugrunde. Angestellte Ärzte seien dagegen lediglich Mitglieder der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, zugelassen werde das medizinische Versorgungszentrum. Für die hier in Streit stehende wirtschaftliche Absicherung von angestellten Ärzten stelle § 8 KVHG keine Ermächtigungsgrundlage dar. Es fehle der Beklagten an der Regelungskompetenz, ein medizinisches Versorgungszentrum zur Finanzierung der erweiternden Honorarbeteilung heranzuziehen und dort angestellte Ärzte an der erweiterten Honorarverteilung teilhaben zu lassen. § 8 KVHG verstoße auch gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Hierzu verweise er auf ein Gutachten von Herrn Prof. Dr. X. zur Verfassungswidrigkeit der EHV der Beklagten. Selbst bei angenommener Verfassungsmäßigkeit des § 8 KVHG wäre die Heranziehung zur Finanzierung noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Nach § 1 Abs. 1 der Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung nehmen nur zugelassene ärztliche Mitglieder der Beklagten teil. Die angestellten Vertragsärzte rechneten ihr Honorar jedoch nicht mit der Beklagten ab und seien auch nichts rechtskräftig zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Bei ihnen fehle es im Status des "aktiven Vertragsarztes", der konstitutiv für die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung sei. Herr Dr. Dr. F. FV. H sei als natürliche Person Träger des MVZ Laboratoriums und Mikrobiologie A-Stadt. Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung könnten auch nur natürliche Personen Anspruch auf die Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung haben. Ansprüche der Ärzte beruhten indes nicht auf einer Eigenleistung, sondern auf der Fremdenleistung des medizinischen Versorgungszentrums. Medizinische Versorgungszentren bildeten eine eigene Kategorie der Leistungserbringer. Auch ein medizinisches Versorgungszentrum könne kein "Arzt" sein. Nur "Ärzte" nähmen aber, wie die Entscheidungen zu den Psychotherapeuten zeigten, an der Erweiterten Honorarverteilung teil. Hinter einer Gemeinschaftspraxis stünden stets die Gemeinschaftspraxispartner, die zugelassene Vertragsärzte sein müssten. Es treffe zwar zu, dass keine "EHV-Beiträge" erhoben würden. Das Bundessozialgericht habe aber in seinem Urteil vom 16.07.2008 – B 6 KA 38/07 R – darauf hingewiesen, dass der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen Gesamtvergütung die Funktion übernehme, die in der Rentenversicherung der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukomme. Es sei auch in einer früheren Entscheidung die Regelungen der erweiterten Honorarverteilung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Äquivalentsprinzip überprüft.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass er nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, Rechtsgrundlage für die Heranziehung des MVZ zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung sei § 8 Abs. 1 GEHV. Danach erfolge ein Vorwegabzug aus der Gesamtvergütung zur Finanzierung der nach §§ 3 ff. GEHV festgestellten Punktwerte der inaktiven Vertragsärzte. § 8 KHVG i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR seien verfassungskonforme Rechtsgrundlagen der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV). Bei der EHV handele es sich um ein seit Jahrzehnten bestehendes Versorgungssystems, bei dem die Notwendigkeit bestanden habe und auch weiter bestehe, in der Vergangenheit erworbene Anwartschaften in der inaktiven Phase der Vertragsärzte auch weiterhin durch die Gewährung von EHV-Bezügen zu erfüllen. Dies sei nur umsetzbar durch eine fortwährende Umlagenfinanzierung, die u. a. auch von medizinischen Versorgungszentren als seit dem 01.01.2004 neue Form der vertragsärztlichen Berufsausübung mitzufinanzieren sei. Der Begriff des "Kassenarztes" im Sinne von § 8 KVHG sei aus heutiger Sicht auf sämtliche gesetzlichen Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung zu beziehen. Verändere der Gesetzgeber den Mitgliederkreis der Kassenärztlichen Vereinigung, so erfasse diese Erweiterung des Leistungserbringerkreises auch § 8 KVHG und damit die GEHV. Bei der Frage der Einbeziehung der Psychotherapeuten sei es ausschließlich um die Frage der Erweiterung der EHV um einen neuen Personenkreis gegangen. Vorliegend handele es sich aber um einen Personenkreis, der seit Beginn der EHV unterfallen habe und sich nunmehr durch wahlbestimmter gesetzlicher Modifikationen bei fortwährender Leistungserbringung im System der vertragsärztlichen Versorgung der Erweiterten Honorarverteilung zu entziehen versuche. Es liege auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von medizinischen Versorgungszentren vor. Bei Gemeinschaftspraxen gebe es ebenfalls die Situation, dass der abrechnende Honorargläubiger gegenüber der beklagten KV keine Leistungen aus der erweiterten Honorarverteilung selbst erhalte. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liege nicht vor. Bei der Erweiterten Honorarverteilung handele es sich um einen Vorwegabzug von der Gesamtvergütung. "EHV-Beiträge" würden von ihr nicht erhoben werden. Der behauptete Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip finde sich auch in anderen Zusammenhängen im Sozialrecht wieder. So erhalte Beispielsweise ein Arbeitgeber bei der paritätischen Finanzierung von Sozialleistungen für die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer auch keine Gegenleistung. Ein medizinisches Versorgungszentrum habe auch die Möglichkeit, ggf. die von ihm finanzierten EHV-Anwartschaften als zusätzliche Arbeitgeberleistungen bei der Vereinbarung des Arbeitentgelts zu berücksichtigen.
Die Kammer konnte von einer Beiladung der angestellten Ärzte des medizinischen Versorgungszentrums absehen, weil durch ihre Entscheidung nicht in deren Rechte oder Anwartschaften eingegriffen wird. Die angestellten Ärzte leisten selbst unmittelbar keine Zahlungen an die Erweiterte Honorarverteilung. Ihre Anwartschaft wäre allenfalls dann betroffen, wenn die Kammer dem Klageantrag entsprochen hätte und festgestellt hätte, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher gehört wurden (§ 105 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Feststellungsklage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist. Die Klage war daher abzuweisen.
Der Kläger ist zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung verpflichtet.
Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der ab 01.07.2006 gültigen Fassung, veröffentlicht durch Bekanntmachung im Hessischen Ärzteblatt 9/2006, (im Folgenden: GEHV), nimmt jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Die Höhe des Anspruchs ist abhängig von den Honorarzahlungen. Nach § 3 Abs. 1 GEHV wird für jedes Quartal nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z. B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen. Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben. Praxiskosten werden dabei nach Maßgabe des § 5 GEHV berücksichtigt. Nach § 8 Abs. 1 GEHV werden die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet.
Für einen angestellten Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ist nach § 10 Abs. 3 GEHV im Rahmen der Grundsätze der EHV den zugelassenen Vertragsärzten unter Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen gleichgestellt. In MVZ angestellte Vertragsärzte werden gemäß dem vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfang anteilig berücksichtigt. Für in Medizinischen Versorgungszentren angestellte Vertragsärzte werden die angeführten Prozentpunkte und bei Eintritt des Versorgungsfalls die Ansprüche mit dem vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfang anteilig quotiert. Sofern der angestellte Vertragsarzt im MVZ unter Berücksichtigung des vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfangs bei einem festgestellten Anspruch 20 % der jeweiligen Punktzahl der Normalstaffel nicht erreicht, so entfallen die Ansprüche auf Gewährung eines Mindestsatzes/einer Abfindung in den einzelnen Vorschriften. Liegt der festgestellte Anspruch zwischen 20 % und 40 % der jeweiligen Punktzahl der Normalstaffel, erfolgt die Mindestsatzzahlung/Abfindung in Form einer einmaligen Zahlung unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung auf Basis der berufsständigen Sterbetafel. Diese Regelungen gelten auch für angestellte Vertragsärzte in Medizinischen Versorgungszentren, die ab dem 01.01.2005 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wurden, für die Zeit bis zur Mitgliedschaft ab 01.01.2006.
Damit liegt eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Einbeziehung des Klägers zur EHV vor. Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind auch die in einem MVZ angestellten Ärzte Mitglieder einer Kassenärztlichen Vereinigung, soweit sie - § 77 Abs. 3 Satz 3 SGB V -wenigstens halbtags beschäftigt sind. Mit § 10 Abs. 3 GEHV hat der Satzungsgeber klargestellt, dass die in einem MVZ angestellten Ärzte sowohl als aktive – vermittelt über ihren Arbeitgeber - als auch als inaktive Ärzte an der EHV teilnehmen. Für die EHV-Beiträge zum Erwerb der Anwartschaft und damit auch zur Finanzierung der EHV-Zahlungen hat das MVZ als zugelassener Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V und damit als Inhaber des Honoraranspruchs nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V aufzukommen. Diese aus den GEHV folgende Verpflichtung ist nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht für die EHV eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der hier abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, ist Rechtsgrundlage für die EHV § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 22.12.1953 (KVHG; Hessisches GVBl, 206). Die Vorschrift des § 8 KVHG ist ihrerseits bundesrechts- und verfassungskonform und also uneingeschränkt wirksam (vgl. im Einzelnen BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnr. 20 ff.).
Das Bundessozialgericht hat ferner dargelegt, dass § 8 KVHG nicht nur unter dem Aspekt der Entscheidung für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch im Hinblick auf die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse bei der vertragsärztlichen Versorgung hinreichend bestimmt ist. Dies betrifft allein die Frage, wie die Beklagte im Rahmen ihrer normativen Gestaltungsfreiheit zweckmäßigerweise auf Änderungen der tatsächlichen Lebensverhältnisse reagiert (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 48).
Die durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl I 2190 neu eingeführten MVZ sollen der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen durch Überwindung sektoraler Grenzen bei der medizinischen Versorgung und der Verstärkung des Wettbewerbs zwischen verschiedenen Versorgungsformen dienen. Aus Sicht des Gesetzgebers zeichnen sie sich durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen aus, die den Patienten eine Versorgung aus einer Hand anbieten (vgl. BT-Drs. 15/1525 S. 74. Tatsächlich bedeuten sie aber eine Abkehr vom herkömmlichen Bild des niedergelassenen Vertragsarztes, der die ambulante Versorgung der Versicherten als freiberuflich tätiger Arzt erbringt (vgl. Wigge, MedR 2004, S. 123). Auch wenn die Versorgungsform in MVZ trotz kontinuierlicher Steigerung in absoluten Zahlen - 1.088 MVZ, davon 82 in Hessen, im 3.Quartal 2008 vs. 80.000 zugelassene Praxen - noch gering ist, so bilden sich vier Jahre nach Einführung von MVZ zwei Haupttypen heraus: Das von Vertragsärzten und das von Krankenhäusern gegründete MVZ. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt, da auch das bisherige Wachstum ohne Subventionierung oder Schaffung eines geschützten Raums, so wie dies beispielsweise bei der Integrationsversorgung der Fall war, zustande kam. Es zeichnet sich ein dritter MVZ-Typus ab: Das vertragsärztliche MVZ, betrieben durch eine Managementgesellschaft, das sich vom vertragsärztlichen MVZ als Variante der Gemeinschaftspraxis abgrenzt (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, MVZ-Survey 2008, Die strategische Positionierung. Medizinischer Versorgungszentren, Berlin 2009, www.kbv.de, Seite 8 u. 9).
Damit besteht tendenziell eine Entwicklung vom selbständigen Vertragsarzt in eigener Praxis zum abhängig beschäftigten Arzt in einem MVZ. Hierauf hat der Satzungsgeber der GEHV mit der Einbeziehung der angestellten Ärzte in die EHV reagiert. Hinzu kommt, dass ansonsten ein Wettbewerbsvorteil der MVZ gegenüber den freiberuflich tätigen Ärzten bestehen würde, da die MVZ bei Wegfall der EHV-Beiträge eine entsprechend geringere Kostenstruktur hätten. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wäre daher die Nichteinbeziehung der MVZ zumindest als fraglich anzusehen. Der Kläger wird durch die Einbeziehung des Honorars in das MVZ nicht anders behandelt als die freiberuflich tätigen Vertragsärzte. Soweit die freiberuflich tätigen Vertragsärzte zur EHV herangezogen werden können, ist dies ohne Verfassungsverstoß auch für ein MVZ und mittelbar für dessen Träger zulässig. Im Hinblick auf die Umlagefinanzierung ist es auch nicht unangemessen, aufgrund der veränderten Zulassungsstrukturen das MVZ mit den EHV-Beiträgen zu belasten, obwohl ein unmittelbarer Nutzen nur den angestellten Ärzten zugute kommt. Die Beklagte verweist zutreffend auf entsprechende sozialversicherungsrechtliche Beitragsstrukturen und insbesondere darauf hin, dass für das MVZ als Arbeitgeber im Rahmen der arbeitsvertraglichen Privatautonomie die Möglichkeit besteht, ggf. die von ihm finanzierten EHV-Anwartschaften als zusätzliche Arbeitgeberleistungen bei der Vereinbarung des Arbeitentgelts zu berücksichtigen.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Für die Streitwertfestsetzung gilt in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, dass, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen ist von geschätzten durchschnittlichen Kosten für die EHV. Diese betrugen im Jahr 2006 76,4 Mio. EUR und wurden von 8.490 aktiven Ärzten aufgebracht (vgl. Kassenärztliche Vereinigung Hessen: Erweiterte Honorarverteilung (EHV) – die Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte. Daten, Funktionsweise und Hintergründe der EHV (Stand September 2006), November 2006). Durchschnittlich entfielen damit auf einen Arzt 8.998,82 EUR. Dieser Betrag ist auf drei Jahre hochzurechnen (26.996,46 EUR)(§ 42 Abs. 3 GKG). Nach dem Vortrag des Klägers sind drei Ärzte beschäftigt. Für diese entstehen daher in drei Jahren durchschnittlich 80.989,38 EUR Kosten. Dies ergab gerundet den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 80.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Der Kläger ist ein medizinisches Versorgungszentrum, das mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31.01.2006 zur vertragsärztlichen Versorgung ab 01.04.2006 zugelassen wurde. Bei ihr sind als angestellte Ärzte der Laborarzt Dr. med. D, der Laborarzt Dr. med. E und der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. GA. LI. in Vollzeit seit 01.04.2006 beschäftigt. Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 06.04.2006 unter Hinweis auf die Genehmigung der Anstellung der genannten Ärzte mit, nach § 3 Abs. 4 der Grundsätze zur Erweiterten Honorarverteilung nähmen die Ärzte an der Erweiterten Honorarverteilung zu gleichen Teilen teil.
Ab dem 15.03.2007 war ferner der Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie Dr. med. G. G beschäftigt. Die Anstellung des Dr. G endete am 10.03.2008. An seine Stelle trat Herr Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. rer. nat. F, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie. Die Anstellung des Herrn Dr. LI. endete zum 31.05.2007, die Anstellung des Dr. G am 10.03.2008.
Der Kläger hat am 30.07.2008 bei dem Sozialgericht Kassel die Klage erhoben. Das Sozialgericht Kassel hat mit Beschluss vom 01.10.2008 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, seine Heranziehung zur Finanzierung der erweiterten Honorarverteilung sei verfassungswidrig und von der Ermächtigungsgrundlage des § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) vom 22.12.1953 nicht mehr gedeckt. Die Vorschrift verstoße gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG. Unabhängig davon gebe § 8 KVHG eine Kompetenz zur Schaffung einer Altersversorgung für angestellte Ärzte. Außerdem verstoße die Vorschrift gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung und das Äquivalenzprinzip. Es sei schon fraglich, ob die auf § 8 KVHG gestützte Erweiterte Honorarverteilung bereits einem Gemeinwohlbedarf darstelle. Die Minderung der Gesamtvergütung und der Vorwegabzug für die Erweiterte Honorarverteilung stellten Eingriffe in die wirtschaftliche Funktionalität und Rentabilität der Tätigkeit des Klägers dar. Diese Eingriffe seien nicht gerechtfertigt. Inhalt und Schranken des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb würden für § 8 KVHG in verfassungswidriger Weise vorgegeben werden. Für die niedergelassenen Ärzte stellten die Versorgungsanwartschaften und Rentenansprüche der Erweiterten Honorarverteilung verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum dar. Das System beruhe darauf, dass die niedergelassenen Ärzte als Äquivalent für die Minderung der Gesamtvergütung und die Duldung des Vorwegabzugs eine eigentumsgeschützte öffentlich-rechtliche Rechtsposition eingeräumt werde. Dieses Gleichgewicht sei bei einem medizinischen Versorgungszentrum nicht gegeben. Es werde zwar zur Erbringung von Leistungen herangezogen, ihm werde aber keine äquivalente Gegenleistung zugewiesen. Die Gegenleistung komme anderen zugute. Daraus folge, dass die von § 8 KVHG vorgenommene Schrankenziehung gegen den Gleichheitssatz verstoße und damit verfassungswidrig sei. Es liege auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Ein medizinisches Versorgungszentrum unterscheide sich in wesentlichen Punkten von niedergelassenen Vertragsärzten. Es sei fachübergreifend aufgestellt, im Besitz einer institutionellen Zulassung und werde unter unternehmerischen und wirtschaftlichen Grundsätzen geführt und beschäftige angestellte Ärzte. Der angestellte Arzt bedürfe im Gegensatz zum niedergelassenen Arzt keiner eigenen Zulassung. Er trage auch nicht das mit einer Niederlassung verbundenen Investitions- und Insolvenzrisiko. Das Recht auf Teilnahme an der Honorarverteilung stehe ausschließlich dem medizinischen Versorgungszentrum zu. Mit diesem Recht sei nach der Ausgestaltung der Erweiterten Honorarverteilung untrennbar die Pflicht des medizinischen Versorgungszentrums zur Duldung der quotenmäßigen Minderung der Gesamtvergütung des Vorwegabzugs für die Erweiterte Honorarverteilung verbunden. Das medizinische Versorgungszentrum könne aber niemals Empfänger dieser Rentenleistungen sein. Es liege eine Differenz von Finanzierungspflichtigem und Leistungsempfänger vor, die mit dem Äquivalentsprinzip nicht mehr in Einklang zu bringen sei. Umgekehrt könne der angestellte Arzt die Vorteile der EHV in Anspruch nehmen, ohne selbst jemals unmittelbar mit den damit verbundenen Lasten beteiligt gewesen zu sein. Es liege auch ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vor. Das Äquivalenzprinzip sei die beitragsrechtliche Ausformung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ein medizinisches Versorgungszentrum werde nur zur Beitragsleistung verpflichtet, ohne selbst zum Bezug der Erweiterten Honorarverteilung berechtigt zu sein. § 8 KVHG liege das Leitbild des niedergelassenen, in freier Praxis tätigen Kassenarztes zugrunde. Angestellte Ärzte seien dagegen lediglich Mitglieder der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, zugelassen werde das medizinische Versorgungszentrum. Für die hier in Streit stehende wirtschaftliche Absicherung von angestellten Ärzten stelle § 8 KVHG keine Ermächtigungsgrundlage dar. Es fehle der Beklagten an der Regelungskompetenz, ein medizinisches Versorgungszentrum zur Finanzierung der erweiternden Honorarbeteilung heranzuziehen und dort angestellte Ärzte an der erweiterten Honorarverteilung teilhaben zu lassen. § 8 KVHG verstoße auch gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Hierzu verweise er auf ein Gutachten von Herrn Prof. Dr. X. zur Verfassungswidrigkeit der EHV der Beklagten. Selbst bei angenommener Verfassungsmäßigkeit des § 8 KVHG wäre die Heranziehung zur Finanzierung noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Nach § 1 Abs. 1 der Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung nehmen nur zugelassene ärztliche Mitglieder der Beklagten teil. Die angestellten Vertragsärzte rechneten ihr Honorar jedoch nicht mit der Beklagten ab und seien auch nichts rechtskräftig zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Bei ihnen fehle es im Status des "aktiven Vertragsarztes", der konstitutiv für die Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung sei. Herr Dr. Dr. F. FV. H sei als natürliche Person Träger des MVZ Laboratoriums und Mikrobiologie A-Stadt. Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung könnten auch nur natürliche Personen Anspruch auf die Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung haben. Ansprüche der Ärzte beruhten indes nicht auf einer Eigenleistung, sondern auf der Fremdenleistung des medizinischen Versorgungszentrums. Medizinische Versorgungszentren bildeten eine eigene Kategorie der Leistungserbringer. Auch ein medizinisches Versorgungszentrum könne kein "Arzt" sein. Nur "Ärzte" nähmen aber, wie die Entscheidungen zu den Psychotherapeuten zeigten, an der Erweiterten Honorarverteilung teil. Hinter einer Gemeinschaftspraxis stünden stets die Gemeinschaftspraxispartner, die zugelassene Vertragsärzte sein müssten. Es treffe zwar zu, dass keine "EHV-Beiträge" erhoben würden. Das Bundessozialgericht habe aber in seinem Urteil vom 16.07.2008 – B 6 KA 38/07 R – darauf hingewiesen, dass der Vorwegabzug des Anteils der aktuellen Gesamtvergütung die Funktion übernehme, die in der Rentenversicherung der berufsständischen Altersversorgung dem "Beitrag" zukomme. Es sei auch in einer früheren Entscheidung die Regelungen der erweiterten Honorarverteilung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Äquivalentsprinzip überprüft.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass er nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, Rechtsgrundlage für die Heranziehung des MVZ zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung sei § 8 Abs. 1 GEHV. Danach erfolge ein Vorwegabzug aus der Gesamtvergütung zur Finanzierung der nach §§ 3 ff. GEHV festgestellten Punktwerte der inaktiven Vertragsärzte. § 8 KHVG i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR seien verfassungskonforme Rechtsgrundlagen der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV). Bei der EHV handele es sich um ein seit Jahrzehnten bestehendes Versorgungssystems, bei dem die Notwendigkeit bestanden habe und auch weiter bestehe, in der Vergangenheit erworbene Anwartschaften in der inaktiven Phase der Vertragsärzte auch weiterhin durch die Gewährung von EHV-Bezügen zu erfüllen. Dies sei nur umsetzbar durch eine fortwährende Umlagenfinanzierung, die u. a. auch von medizinischen Versorgungszentren als seit dem 01.01.2004 neue Form der vertragsärztlichen Berufsausübung mitzufinanzieren sei. Der Begriff des "Kassenarztes" im Sinne von § 8 KVHG sei aus heutiger Sicht auf sämtliche gesetzlichen Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung zu beziehen. Verändere der Gesetzgeber den Mitgliederkreis der Kassenärztlichen Vereinigung, so erfasse diese Erweiterung des Leistungserbringerkreises auch § 8 KVHG und damit die GEHV. Bei der Frage der Einbeziehung der Psychotherapeuten sei es ausschließlich um die Frage der Erweiterung der EHV um einen neuen Personenkreis gegangen. Vorliegend handele es sich aber um einen Personenkreis, der seit Beginn der EHV unterfallen habe und sich nunmehr durch wahlbestimmter gesetzlicher Modifikationen bei fortwährender Leistungserbringung im System der vertragsärztlichen Versorgung der Erweiterten Honorarverteilung zu entziehen versuche. Es liege auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von medizinischen Versorgungszentren vor. Bei Gemeinschaftspraxen gebe es ebenfalls die Situation, dass der abrechnende Honorargläubiger gegenüber der beklagten KV keine Leistungen aus der erweiterten Honorarverteilung selbst erhalte. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liege nicht vor. Bei der Erweiterten Honorarverteilung handele es sich um einen Vorwegabzug von der Gesamtvergütung. "EHV-Beiträge" würden von ihr nicht erhoben werden. Der behauptete Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip finde sich auch in anderen Zusammenhängen im Sozialrecht wieder. So erhalte Beispielsweise ein Arbeitgeber bei der paritätischen Finanzierung von Sozialleistungen für die von ihm beschäftigten Arbeitnehmer auch keine Gegenleistung. Ein medizinisches Versorgungszentrum habe auch die Möglichkeit, ggf. die von ihm finanzierten EHV-Anwartschaften als zusätzliche Arbeitgeberleistungen bei der Vereinbarung des Arbeitentgelts zu berücksichtigen.
Die Kammer konnte von einer Beiladung der angestellten Ärzte des medizinischen Versorgungszentrums absehen, weil durch ihre Entscheidung nicht in deren Rechte oder Anwartschaften eingegriffen wird. Die angestellten Ärzte leisten selbst unmittelbar keine Zahlungen an die Erweiterte Honorarverteilung. Ihre Anwartschaft wäre allenfalls dann betroffen, wenn die Kammer dem Klageantrag entsprochen hätte und festgestellt hätte, dass der Kläger nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher gehört wurden (§ 105 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Feststellungsklage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er nicht zur Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung verpflichtet ist. Die Klage war daher abzuweisen.
Der Kläger ist zur Teilnahme an der erweiterten Honorarverteilung verpflichtet.
Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der ab 01.07.2006 gültigen Fassung, veröffentlicht durch Bekanntmachung im Hessischen Ärzteblatt 9/2006, (im Folgenden: GEHV), nimmt jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GEHV). Die Höhe des Anspruchs ist abhängig von den Honorarzahlungen. Nach § 3 Abs. 1 GEHV wird für jedes Quartal nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z. B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen. Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben. Praxiskosten werden dabei nach Maßgabe des § 5 GEHV berücksichtigt. Nach § 8 Abs. 1 GEHV werden die für die Finanzierung der nach §§ 3 ff. festgestellten EHV-Ansprüche notwendigen Mittel durch Quotierung der im Rahmen der Honorarverteilung festgestellten Punktwerte bereitgestellt. Die Quote darf dabei einen Wert von 5 % nicht überschreiten. Die festgestellten Ansprüche beziehen sich dabei auf das jeweils anerkannte durchschnittliche Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen gemäß § 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3. Sollten die erforderlichen Mittel (nach Abs. 1 Satz 2) für die Finanzierung der EHV-Ansprüche nicht ausreichen, sind alle Ansprüche über einen Nachhaltigkeitsfaktor so zu quotieren, dass die quotenmäßigen Belastungen der Punktwerte der Honorarverteilung einen Wert von 5 % nicht überschreitet.
Für einen angestellten Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ist nach § 10 Abs. 3 GEHV im Rahmen der Grundsätze der EHV den zugelassenen Vertragsärzten unter Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen gleichgestellt. In MVZ angestellte Vertragsärzte werden gemäß dem vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfang anteilig berücksichtigt. Für in Medizinischen Versorgungszentren angestellte Vertragsärzte werden die angeführten Prozentpunkte und bei Eintritt des Versorgungsfalls die Ansprüche mit dem vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfang anteilig quotiert. Sofern der angestellte Vertragsarzt im MVZ unter Berücksichtigung des vom Zulassungsausschuss festgelegten Tätigkeitsumfangs bei einem festgestellten Anspruch 20 % der jeweiligen Punktzahl der Normalstaffel nicht erreicht, so entfallen die Ansprüche auf Gewährung eines Mindestsatzes/einer Abfindung in den einzelnen Vorschriften. Liegt der festgestellte Anspruch zwischen 20 % und 40 % der jeweiligen Punktzahl der Normalstaffel, erfolgt die Mindestsatzzahlung/Abfindung in Form einer einmaligen Zahlung unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung auf Basis der berufsständigen Sterbetafel. Diese Regelungen gelten auch für angestellte Vertragsärzte in Medizinischen Versorgungszentren, die ab dem 01.01.2005 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wurden, für die Zeit bis zur Mitgliedschaft ab 01.01.2006.
Damit liegt eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Einbeziehung des Klägers zur EHV vor. Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind auch die in einem MVZ angestellten Ärzte Mitglieder einer Kassenärztlichen Vereinigung, soweit sie - § 77 Abs. 3 Satz 3 SGB V -wenigstens halbtags beschäftigt sind. Mit § 10 Abs. 3 GEHV hat der Satzungsgeber klargestellt, dass die in einem MVZ angestellten Ärzte sowohl als aktive – vermittelt über ihren Arbeitgeber - als auch als inaktive Ärzte an der EHV teilnehmen. Für die EHV-Beiträge zum Erwerb der Anwartschaft und damit auch zur Finanzierung der EHV-Zahlungen hat das MVZ als zugelassener Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V und damit als Inhaber des Honoraranspruchs nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V aufzukommen. Diese aus den GEHV folgende Verpflichtung ist nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht für die EHV eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der hier abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, ist Rechtsgrundlage für die EHV § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 22.12.1953 (KVHG; Hessisches GVBl, 206). Die Vorschrift des § 8 KVHG ist ihrerseits bundesrechts- und verfassungskonform und also uneingeschränkt wirksam (vgl. im Einzelnen BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - USK 2008-65, zitiert nach juris Rdnr. 20 ff.).
Das Bundessozialgericht hat ferner dargelegt, dass § 8 KVHG nicht nur unter dem Aspekt der Entscheidung für ein umlagefinanziertes Versorgungssystem, sondern auch im Hinblick auf die Anpassung der EHV an sich ändernde Verhältnisse bei der vertragsärztlichen Versorgung hinreichend bestimmt ist. Dies betrifft allein die Frage, wie die Beklagte im Rahmen ihrer normativen Gestaltungsfreiheit zweckmäßigerweise auf Änderungen der tatsächlichen Lebensverhältnisse reagiert (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 48).
Die durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl I 2190 neu eingeführten MVZ sollen der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen durch Überwindung sektoraler Grenzen bei der medizinischen Versorgung und der Verstärkung des Wettbewerbs zwischen verschiedenen Versorgungsformen dienen. Aus Sicht des Gesetzgebers zeichnen sie sich durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen aus, die den Patienten eine Versorgung aus einer Hand anbieten (vgl. BT-Drs. 15/1525 S. 74. Tatsächlich bedeuten sie aber eine Abkehr vom herkömmlichen Bild des niedergelassenen Vertragsarztes, der die ambulante Versorgung der Versicherten als freiberuflich tätiger Arzt erbringt (vgl. Wigge, MedR 2004, S. 123). Auch wenn die Versorgungsform in MVZ trotz kontinuierlicher Steigerung in absoluten Zahlen - 1.088 MVZ, davon 82 in Hessen, im 3.Quartal 2008 vs. 80.000 zugelassene Praxen - noch gering ist, so bilden sich vier Jahre nach Einführung von MVZ zwei Haupttypen heraus: Das von Vertragsärzten und das von Krankenhäusern gegründete MVZ. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt, da auch das bisherige Wachstum ohne Subventionierung oder Schaffung eines geschützten Raums, so wie dies beispielsweise bei der Integrationsversorgung der Fall war, zustande kam. Es zeichnet sich ein dritter MVZ-Typus ab: Das vertragsärztliche MVZ, betrieben durch eine Managementgesellschaft, das sich vom vertragsärztlichen MVZ als Variante der Gemeinschaftspraxis abgrenzt (vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, MVZ-Survey 2008, Die strategische Positionierung. Medizinischer Versorgungszentren, Berlin 2009, www.kbv.de, Seite 8 u. 9).
Damit besteht tendenziell eine Entwicklung vom selbständigen Vertragsarzt in eigener Praxis zum abhängig beschäftigten Arzt in einem MVZ. Hierauf hat der Satzungsgeber der GEHV mit der Einbeziehung der angestellten Ärzte in die EHV reagiert. Hinzu kommt, dass ansonsten ein Wettbewerbsvorteil der MVZ gegenüber den freiberuflich tätigen Ärzten bestehen würde, da die MVZ bei Wegfall der EHV-Beiträge eine entsprechend geringere Kostenstruktur hätten. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wäre daher die Nichteinbeziehung der MVZ zumindest als fraglich anzusehen. Der Kläger wird durch die Einbeziehung des Honorars in das MVZ nicht anders behandelt als die freiberuflich tätigen Vertragsärzte. Soweit die freiberuflich tätigen Vertragsärzte zur EHV herangezogen werden können, ist dies ohne Verfassungsverstoß auch für ein MVZ und mittelbar für dessen Träger zulässig. Im Hinblick auf die Umlagefinanzierung ist es auch nicht unangemessen, aufgrund der veränderten Zulassungsstrukturen das MVZ mit den EHV-Beiträgen zu belasten, obwohl ein unmittelbarer Nutzen nur den angestellten Ärzten zugute kommt. Die Beklagte verweist zutreffend auf entsprechende sozialversicherungsrechtliche Beitragsstrukturen und insbesondere darauf hin, dass für das MVZ als Arbeitgeber im Rahmen der arbeitsvertraglichen Privatautonomie die Möglichkeit besteht, ggf. die von ihm finanzierten EHV-Anwartschaften als zusätzliche Arbeitgeberleistungen bei der Vereinbarung des Arbeitentgelts zu berücksichtigen.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Für die Streitwertfestsetzung gilt in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, dass, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Auszugehen ist von geschätzten durchschnittlichen Kosten für die EHV. Diese betrugen im Jahr 2006 76,4 Mio. EUR und wurden von 8.490 aktiven Ärzten aufgebracht (vgl. Kassenärztliche Vereinigung Hessen: Erweiterte Honorarverteilung (EHV) – die Altersversorgung der hessischen Vertragsärzte. Daten, Funktionsweise und Hintergründe der EHV (Stand September 2006), November 2006). Durchschnittlich entfielen damit auf einen Arzt 8.998,82 EUR. Dieser Betrag ist auf drei Jahre hochzurechnen (26.996,46 EUR)(§ 42 Abs. 3 GKG). Nach dem Vortrag des Klägers sind drei Ärzte beschäftigt. Für diese entstehen daher in drei Jahren durchschnittlich 80.989,38 EUR Kosten. Dies ergab gerundet den festgesetzten Wert.
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