Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 RJ 311/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 473/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).
Der am ... 1957 geborene Kläger war nach seinen Angaben nach Abschluss der achten Schulklasse in der Zeit vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1974 erfolgreich zum Zimmerer ausgebildet worden. Er war dann vom 1. Januar 1975 bis zum 1. Juni 1984 als Zimmerer, vom 4. Juni 1984 bis zum 19. Juni 1985 als Heizer, vom 20. Juni 1985 bis 30. Juni 1989 als Rangierleiter und vom 1. Juli 1989 bis zum 31. März 1990 als Rangierleiter und Aufsicht - zuletzt bei der Deutschen Reichsbahn - tätig gewesen. Nach anschließender Arbeitslosigkeit arbeitete er von April bis November 1991 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Waldarbeiter. Nach erneuter Arbeitslosigkeit verrichtete er von Januar 1992 bis November 1992 verschiedene Hilfstätigkeiten. Zuletzt war der Kläger in der Zeit vom 2. Dezember 1992 bis zum 31. Juli 1997 wiederum als Zimmerer versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits ab dem 13. Mai 1997 war er arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 2. Dezember 1998 bezog er Arbeitslosengeld, später Arbeitslosenhilfe.
Der Kläger ist im Besitz einer Fahrerlaubnis und verfügt über einen PKW.
Er hatte erstmals am 28. September 1999 bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung beantragt und hierzu einen Bescheid des Amtes für Versorgung und Soziales vom 24. September 1999 vorgelegt, wonach wegen der Behinderung "Nierenfunktionsstörung" ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt war. Die Beklagte hatte mehrere medizinische Unterlagen beigezogen. Nach dem Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. P. vom 20. Dezember 1999 lagen ein chronisch wiederkehrender belastungsabhängiger Kreuzschmerz bei Bandscheibenvorwölbung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS), eine chronische Nierenfunktionsstörung mit verminderter körperlicher Belastbarkeit und ein erhöhter Leidensdruck mit klinischem Anhalt auf reaktive traurige Verstimmung vor. Der Kläger sei noch vollschichtig für leichte Arbeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen einsetzbar. Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dipl.-Med. K. hatte in dem Gutachten vom 17. Oktober 2000 aufgezeigt, der Kläger sei mit seiner gesundheitlichen und sozialen Lage nicht zufrieden (chronisches Schmerzsyndrom, Arbeitslosigkeit, Eheprobleme, finanzielle Unsicherheit), wodurch seine zeitweise subdepressive Verstimmung mit Lustlosigkeit und Schlaflosigkeit zu erklären sei. Psychische Störungen von Krankheitswert habe sie nicht festgestellen können. Er könne leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten. In dem internistischen Gutachten vom 4. Dezember 2000 hatte Dipl.-Med. N. eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, eine arterielle Hypertonie, eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion sowie ein lumbales Schmerzsyndrom beidseits diagnostiziert. Der Kläger sei vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich mit weiteren Leistungseinschränkungen, insbesondere ohne Kälte, Nässe und Zugluft, einsetzbar. Mit Bescheid vom 28. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2001 hatte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt. In dem anschließendem Klageverfahren S 10 RI 42/01 hatte das Sozialgericht Halle Beweis durch Einholung eines internistisch-nephrologischen Gutachtens von Prof. Dr. O. vom 16. Oktober 2001 erhoben. Prof. Dr. O. hatte folgende Diagnosen gestellt:
Chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention bei histologisch gesicherter IgA-Nephropathie (Kreatinin:136). Arterielle Hypertonie Stadium I nach WHO. Hypercholesterolämie. Adipositas. Zustand nach Hepatitis A – Infektion. Degenerative LWS-Erkrankung, lumbosakrales Schmerzsyndrom beidseits. Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion.
Der Kläger sei in der Lage, mittelschwere Arbeiten regelmäßig und ganztägig auszuüben. Vermieden werden sollten ungünstige klimatische Verhältnisse am Arbeitsplatz, insbesondere Kälte- und Nässeexposition oder direkte Sonneneinstrahlung, sowie eine Exposition gegenüber potentiellen nephrotoxischen Substanzen.
In dem am 20. März 2002 vor dem Sozialgericht Halle geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger ab dem 1. Januar 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu zahlen.
Der Kläger beantragte am 19. November 2003 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er machte geltend, er sei seit 2000 wegen Bluthochdruck, Niereninsuffizienz, Rückenleiden, Herzbeschwerden, Sehverschlechterung sowie Herz- und Kreislaufproblemen leistungsunfähig. Die Beklagte veranlasste eine erneute internistische Begutachtung des Klägers durch Dipl.-Med. N ... Bei der Untersuchung am 2. Februar 2004 gab der Kläger an, er bewirtschafte zusammen mit seiner Ehefrau einen kleinen Garten, halte aber höchstens 20 Minuten eine leichte Arbeit durch, dann wäre das Kreuz wie gebrochen. Er müsse gehäuft Wasserlassen, auch nachts mindestens zweimal. Dipl.-Med. N. gab an, Umgangs- und Flüstersprache verstehe der Kläger. Sein Nahsehvermögen sei herabgesetzt (bisher keine Brillenverordnung), Farben erkenne er. Der Blutdruck habe bei 125/95 bzw. 130/90 gelegen. Der Lasègue sei beidseits bei 5° positiv gewesen. Eine Prüfung der Wirbelsäulenfunktion sei nicht möglich gewesen, Seitneige und Rotation der Wirbelsäule hätten schmerzbedingt nur angedeutet ausgeführt werden können. Der Kreatinin-Wert habe 180,0 betragen. Eine Belastungsuntersuchung sei wegen der massiven Schmerzen/psychischen Alteration nicht durchführbar gewesen. Dipl.-Med. N. führte als Diagnosen eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, eine arterielle Hypertonie Stadium II nach WHO, ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits und eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion an. Der Kläger sei vollschichtig belastbar für zeitlich geregelte, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Witterungsschutz und ohne erhöhte Unfallgefahr.
Ferner ließ die Beklagte MR Dr. A. das orthopädische Gutachten vom 1. April 2004 erstatten. Der Kläger habe bei der der Untersuchung am 31. März 2004 vordergründig über Rückenschmerzen geklagt, ferner über Schmerzen in beiden Kniegelenken und im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Ausstrahlung der Schmerzen in den Hinterkopf und in beide Hände. Als fachorthopädischen Befund beschrieb MR Dr. A.: Vorneige im Bereich der LWS bis zu einem FBA von 39 cm, Schober im Bereich des LWS 10/13, Rückneige 10°, Seitneige je 20°, Rotation je 60°; Vorneige im Bereich der HWS bis zu einem KJA von 0 cm, Rückneige 20°, Seitneige je 20°, Rotation je 50°. Bei der Gesamtuntersuchung der LWS habe der Kläger ständig über Schmerzen geklagt. Seine Mitarbeit sei dabei mangelhaft gewesen. Nach dem MRT-Befund vom 12. Januar 2004 bestehe im Zwischenwirbelraum L4/5 eine Höhenminderung, ansonsten seien keine krankhaften Veränderungen der Lendenwirbelsäule, die das Alterstypische überschreiten würden, nachweisbar. Der Kläger habe bei der Untersuchung nicht den Eindruck gemacht, an einer Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion zu leiden. MR Dr. A. diagnostizierte:
Lokales Cervicalsyndrom und pseudoradikuläres Cervicobrachialsyndrom bei Osteochondrose, Spondylose und beginnender Bandscheibenschädigung in den Segmenten C 4 bis C 6/7. Blandes Impingementsyndrom im Bereich der rechten Schulter. Lokales Lumbalsyndrom bei isoliertem Bandscheibenschaden mit reaktiver Osteochondrose und Spondylose sowie Spondylarthrose im Segment L 4/5 bei zugleich bestehender massiver Bauchmuskelinsuffizienz und Stammadipositas. Retropatellararthrose beidseits ohne Funktionseinbuße im Bereich der Kniegelenke. Dysplasie des 4. Strahles im Bereich beider Füße. Beginnende Arthrose der Großzehengrundgelenke beidseits, rechts mehr als links bei Spreizfüßen, ohne subjektive Beschwerden.
Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Arbeiten zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig einsetzbar. Dabei sollten Überkopfarbeiten, längere Arbeiten mit Belastungen des Schultergürtels in und über der Horizontalen sowie mit Zwangshaltungen für die LWS, schweres Heben und Tragen von Lasten und Ganzkörpervibrationen vermieden werden. Orthopädischerseits sei die dem Kläger bereits gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu vertreten. Mit Bescheid vom 16. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbserminderung ab. Zur Begründung führte sie an, die Erwerbsfähigkeit sei durch ein schmerzhaftes Wirbelsäulen- und Gelenkleiden (Kniegelenke und Großzehen beidseits, Schulter rechts), ein chronisches Nierenleiden, einen Bluthochdruck, eine Harnsäureerhöhung, Befindlichkeitsstörungen sowie eine leichte Rot-Grün-Schwäche eingeschränkt. Der Kläger könne jedoch noch eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben.
Dagegen legte der Kläger am 29. April 2004 Widerspruch ein und beantragte u.a. die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Halle am 20. Juli 2004 Klage erhoben und zur Begründung auf einen Bandscheibenvorfall, eine Osteoporose, eine Niereninsuffizienz, Depressionen und einen Bluthochdruck hingewiesen. Er müsse täglich zwei bis vier Liter trinken und acht- bis zehnmal am Tag und drei- bis viermal nachts die Toilette aufsuchen. Er verfüge über einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50. Er stütze seinen Rentenantrag insbesondere auf die psychischen Erkrankungen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Facharzt für Innere Medizin R. hat unter dem 21. September 2004 ausgeführt, der Kläger klage rezidivierend über Wirbelsäulenbeschwerden in wechselnden Bereichen, wobei seit Sommer 2004 zunehmend eine depressive Überlagerung des Beschwerdebildes eingetreten sei. Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie Dr. L. hat unter dem 1. Oktober 2004 mitgeteilt, der Kläger sei seit November 2000 in regelmäßiger nephrologischer Betreuung. Blutdruck und Harnsäure hätten gut eingestellt werden können. Das Fortschreiten der Grunderkrankung Glomerulonephritis sei nicht aufzuhalten (Kreatinin vom 6. November 2000: 115,6; vom 2. September 2004: 191,2). Eine kontinuierliche Abnahme der Nierenfunktionsleistung sei zu beobachten. Aus nephrologischer Sicht schließe der Gesundheitszustand eine Beschäftigung des Klägers für leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich nicht aus. Voraussetzung seien die Gewährung der notwendigen kontinuierlichen Flüssigkeitszufuhr (mehr als 2,5 Liter täglich) und die ungehinderte Toilettennutzung. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. E., bei dem der Kläger im Behandlungszeitraum vom 2. Februar 2001 bis zum 11. Februar 2004 insgesamt viermal in Behandlung war, hat berichtet, der Kläger habe über ständige Schmerzen im Lumbalbereich, zwischenzeitlich auch über Schmerzen im HWS-Bereich mit Missempfindungen im rechten Arm und über Kniebeschwerden geklagt. Er habe den Kläger aufgrund der Chronizität der Schmerzsituation im Lumbalbereich zur periradikulären Schmerztherapie überwiesen. Er habe ein rezidivierendes sensibles C 6-Dermatom links bei Osteochondrose sowie ein chronisches lumbales peripheres Pseudoradikulärsyndrom diagnostiziert. In einem weiteren Schreiben vom 15. Oktober 2004 hat er mitgeteilt, sollte die Schmerztherapie einen positiven Effekt erzielen, sei der Kläger mindestens sechs Stunden für leichte körperliche Arbeiten einsetzbar. Die Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Dr. A. hat den Kläger als bewusstseinsklar mit ungestörter Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit beschrieben. Die Stimmung sei depressiv, der Antrieb reduziert, der Kläger sei nicht suizidal. Dr. A. hat eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens von Priv.Doz. (PD) Dr. D. vom 21. März 2005. Der Kläger hat dort bei der Untersuchung am 9. März 2005 angegeben, er habe Schmerzen im gesamten Rücken und in den Kniegelenken, insbesondere beim Treppensteigen. Er sei psychisch weiter verunsichert, da seine Geschwister ihm vom Ableben der Mutter im Jahr 2004 keine Information gegeben hätten. Er habe wenig Lust, Aktivitäten zu entwickeln. Ihm sei alles egal, er spreche auch kaum mit seiner Frau zu Hause. Er sei seit August 2004 wegen nervlicher Probleme arbeitsunfähig. PD Dr. D. hat mitgeteilt, insgesamt seien nur leichtgradige Bewegungseinschränkungen für Nickbewegungen des Kopfes bzw. Beugebewegungen im Lendenwirbelsäulenbereich und kein auffälliger Befund der Kniegelenke zu verzeichnen. Die Seitneigung des Kopfes sei beidseits bis 30°, die Drehung bis 70° möglich gewesen; der Schober im Bereich der LWS betrage 10/14, der Fingerbodenabstand 27 cm. Der Kreatinin-Wert sei mit 167,6 leicht erhöht gewesen. Bei der Fahrradergometrie sei der Abbruch wegen muskulärer Erschöpfung und Knieschmerzen nach 75/100 Watt zu je zwei Minuten bei Erreichen der fast submaximalen Pulsfrequenz erfolgt. Ischämiezeichen und Rhythmusstörungen seien nicht feststellbar, das Blutdruckverhalten sei bei erhöhtem diastolischem Blutdruckanteil regulär gewesen. Es bestehe aus internistischer Sicht vorwiegend eine leichtgradige, aber kompensierte Niereninsuffizienz im Rahmen einer Glomerulonephritis/Nierenentzündung. Die derzeitigen Laborwerte seien allerdings gegenüber früheren Untersuchungen wesentlich günstiger. Ein Fortschreiten der Niereninsuffizienz sei nicht festzustellen. Ferner liege eine muskuläre Imbalance der Rückenmuskulatur bei Verschleißerscheinungen sowohl an der Halswirbelsäule als auch an der Lendenwirbelsäule vor. Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen stehe eine depressive Stimmungslage, durch die das jetzige Beschwerdebild seitens des Muskelskelettsystems erheblich gefördert und unterhalten werde. Eine wesentliche Sensibilitätsstörung bzw. Muskelatrophien im Arm- und Beinbereich habe er nicht feststellen können.
Der Kläger könne regelmäßig körperliche Arbeiten von leichtem Charakter (regelmäßiges Tragen von weniger als zehn Kilogramm) noch täglich drei bis sechs Stunden täglich in Tagschicht verrichten. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Freien auch unter Witterungsschutz sowie mit starken Temperaturschwankungen und in Zugluft oder Nässe, Arbeiten mit besonderem Zeitdruck wie Akkord und Fließband sowie Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr seien auszuschließen. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände sei gegeben. Der Kläger könne nur Arbeiten mit einfachen geistigen Anforderungen sowie mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie Zuverlässigkeit ausführen. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Es müsste ihm möglich sein, zumindest Fußwege von 500 bis 600 Meter zwei- bis dreimal am Tag zurückzulegen. Infolge der depressiven Stimmungslage könne es jedoch zu einer negativen Rückkopplung hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik kommen. Deshalb könnten auch kurzfristig so starke Beschwerden empfunden werden, dass Fußwege auch unter 400 Meter mit deutlichen Beschwerden zurückgelegt würden. Wegen der Behandlung der Depressionen und der depressiven Stimmungslage sei das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht angezeigt. PD Dr. D. hat eine fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung des Klägers empfohlen.
Dr. A. hat mit Schreiben vom 1. Juni 2006 eine Epikrise über einen stationären Aufenthalt des Klägers der HNO-Klinik der M.-L.-Universität H.-W. wegen einer Neuropathia vestibularis beidseits übersandt. Die Diagnostik sei nicht abgeschlossen, die geplante tagesklinische Psychotherapie verzögere sich. Der psychische Zustand sei unverändert schlecht.
Das Sozialgericht hat ferner das sozialmedizinisch Gutachten von Frau S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 5. Mai 2005 beigezogen. Darin wurde mitgeteilt, es bestünden eine depressive Herabgestimmtheit mit unverhohlenen Suiziddrohungen sowie eine deutliche Antriebsminderung. Beim Kläger liege keinerlei Anstrengungsbereitschaft vor. Es sei davon auszugehen, dass jeglicher Behandlungsversuch durch Passivität und versteckte Aggressivität torpediert werde und zur Erfolglosigkeit verurteilt sei. Als Diagnosen wurden eine Dysthymia bei kombinierter Persönlichkeitsstörung, eine Niereninsuffizienz bei chronischer Glomerulonephritis, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit chronischem Lumbalpseudoradikulärsyndrom und eine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits angeführt. Eine Besserung habe durch die ambulante nervenärztliche Behandlung nicht erzielt werden können. Maßnahmen zur Intensivierung der Behandlung würden vom Kläger strikt abgelehnt. Die alternativ vorgeschlagene teilstationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Krankenhausbehandlung am Heimatort sei vom ihm mit Verweis auf seine begleitenden körperlichen Erkrankungen vereitelt worden. Der Kläger sei nicht in der Lage, sich dem freien Arbeitsmarkt auch nur teilschichtig zur Verfügung zu stellen; ein Leistungsbild habe nicht erstellt werden können.
Abschließend hat das Sozialgericht das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten von Dr. J. vom 20. Februar 2005 erstatten lassen. Beim Kläger liege eine leicht depressive Episode im Rahmen körperlicher Beschwerdesymptomatik und familiär sozialer Belastungsfaktoren bei selbstunsicherer, aggressiv-gehemmter Primärpersönlichkeit vor. Es seien nur leichte psychopathologische Auffälligkeiten nachweisbar gewesen. Die Bedrücktheit, Resignation, Enttäuschung und Frustration des Klägers seien eindeutig normal psychologisch zu werten und entsprächen der familiär schwierigen Situation, auch der erlebten Entwertung durch den Verlust des Arbeitsplatzes, durch die Erkrankung der Ehefrau und durch körperliche Beeinträchtigungen, die der Kläger durchgemacht habe. Sein Verhalten, seine Darstellung der Krankheitsentwicklung und die entsprechenden therapeutischen Interventionen zeigten eindeutig, dass es sich nur um eine passager bedingte, leichte depressive Auffälligkeit handele. Bei der Untersuchung sei sich der Kläger nicht sicher gewesen, ob er die verordneten, leicht antidepressiv und angstlösend wirkenden Cipralex-Tabletten einnehme. Auch habe er die Dosierung nicht angeben können. Aggravative Tendenzen im Sinne von unbewusster Verstärkung körperlicher und/oder seelischer Beeinträchtigungen seien nachweisbar. Der Kläger sei in der Lage, regelmäßig leichte Arbeiten sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Das Sozialgericht Halle hat mit Urteil vom 29. August 2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach den Gutachten von Dr. J. vom 20. Februar 2006 und von PD Dr. D. vom 21. März 2005 sei der Kläger in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten ohne einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, ohne Knien, Hocken, Bücken und Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Einsatz auf Leitern und Gerüsten, in ausreichend temperierten Räumen ohne Beeinflussung durch starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie nephrotoxische Substanzen, ohne besondere Anforderungen an den Farbsinn, in Tagesschicht bei sanitären Gegebenheiten in Arbeitsplatznähe täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten.
Gegen das ihm am 26. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Oktober 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt die Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, im Hinblick auf die seelischen Beschwerden und Depressionen sei er nicht mehr in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Dezember 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. A. hat unter dem 26. Juli 2007 angegeben, Veränderungen im Behandlungszeitraum seien nicht eingetreten. Sie hat eine leichte depressive Episode und ein chronisches nephritisches Syndrom diagnostiziert. Es erfolge eine medikamentöse antidepressive Behandlung. Gesprächskontakte fänden alle acht Wochen statt. Dr. L. hat am 30. Juli 2007 berichtet, der Konsultationszeitraum habe sich seit 2006 auf alle drei bis fünf Monate ausgeweitet. Die Grunderkrankung sei zur Zeit nicht aktiv. Während sich zunächst in den ersten vier Jahren seiner Behandlung die Nierenfunktion kontinuierlich verschlechtert habe, bestehe momentan ein inaktives Intervall. Nach dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Salewski vom 30. Juli 2007, bei dem sich der Kläger seit 26. Januar 2007 in Behandlung befindet, hätten sich die Rückenschmerzen im Verlauf der Behandlung verbessert. Der Fingerbodenabstand habe am 26. Januar 2007 40 cm betragen, das Lasègue’sche Zeichen sei negativ gewesen. Als Bewegungsbefund der HWS vom 10. Juli 2007 hat er angegeben: Rotation rechts/links 70/0/70, Seitneige rechts/links 25/0/25. Herr S. hat als Diagnosen ein femoropatellares Schmerzsyndrom rechts, eine Lumboischialgie beidseits, eine Osteochondrose der Lendenwirbelsäule bei L 4/5 und eine Spondylose der LWS mitgeteilt. Herr R. hat unter dem 4. August 2007 eine Stabilität der Befunde ohne wesentliche Veränderungen aufgezeigt. Neben den bekannten Diagnosen bestehe der Verdacht auf eine paroxysmale Tachykardie unter Hinweis auf einen beigefügten Befund der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. W. vom 4. Juni 2007. Nach diesem Bericht habe innerhalb eines Langzeit-EKG‘s keine relevante Herzrhythmusstörung festgestellt werden können. Die Fortführung der antihypertensiven Therapie sei empfohlen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
1. Der Kläger ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 19. November 2003 die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) erfüllt. Ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Wartezeitaufstellung lagen bis zum 19. November 2003 363 Monate mit Beitragszeiten vor und es waren im maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor diesem Zeitpunkt alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt, so dass auch die so genannte 3/5-Belegung erfüllt ist.
2. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist seit dem 1. Dezember 2003 nicht erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen kann. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche und geistige seinem Bildungsniveau entsprechende Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken bzw. mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten im Freien auch unter Witterungsschutz. Der Kläger kann lediglich Arbeiten in ausreichend temperierten Räumen ohne starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie ohne besonderen Zeitdruck bewältigen. Ferner sind nur Arbeiten ohne häufigen Publikumsverkehr in Tagschicht und mit Toilettenzugang möglich.
Das Leistungsvermögen des Klägers wird auf orthopädischem Fachgebiet durch eine muskuläre Imbalance der Rückenmuskulatur bei Verschleißerscheinungen der Hals- und der Lendenwirbelsäule beeinträchtigt. PD Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 21. März 2005 anhand der Bewegungsmesswerte eine gesteigerte Beweglichkeit der Wirbelsäule im Vergleich zu dem Gutachten von Dr. A. dargelegt. Die Drehbewegungen des Kopfes haben sich beidseits um 20° verbessert. Der Fingerbodenabstand hat sich um 12 cm verringert. Die Messungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind gleichfalls günstiger ausgefallen. Anhand der objektiven Befunde ist die sachverständige Einschätzung nachvollziehbar, dass die Veränderungen des Skelett- und Muskelbereichs nicht erheblich ausgeprägt sind und eine sechsstündige Tätigkeit zulassen. Allerdings muss der Kläger einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben sowie Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel meiden.
Die von dem Kläger noch bei der Untersuchung durch Dipl.-Med. E. angegebenen Missempfindungen im rechten Arm sowie die Kniegelenksbeschwerden beidseits hat PD Dr. D. nicht bestätigen können. Auch MR Dr. A. hatte keinen krankhaften Befund der Kniegelenke sowie der oberen Extremitäten feststellen können. Dipl-Med. E. hat zwar mitgeteilt, den Kläger zur periradikulären Schmerztherapie überwiesen zu haben, und seine Leistungseinschätzung von dem Behandlungserfolg dieser Therapie abhängig gemacht. Herr S. hat in seinem Befundbericht vom 30. Juli 2007 dann auf eine Verbesserung der vom Kläger angegebenen Rückenschmerzen verwiesen. Der Fingerbodenabstand hat dem von MR Dr. A. mitgeteilten Wert entsprochen, die Beweglichkeitsausmaße der HWS sind bei der Seitneige um 5° und bei der Rotation mit 20° besser gewesen. Da ausweislich des Befundberichts von Herrn S. keine gravierende Veränderung auf orthopädischem Fachgebiet eingetreten ist, hat der Senat auf die Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens verzichten können.
Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet an einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention bei histologisch gesicherter IgA-Nephropathie. Diese Erkrankung befindet sich nach dem letzten Befundbericht von Dr. L. vom 30. Juli 2007 in einem inaktiven Intervall. Seit 2006 sind deshalb ärztliche Konsultationen beim Nephrologen im Abstand von drei bis fünf Monate ausreichend. Die Harnsäure konnte gut eingestellt werden, der Kreatinin-Messwert lag zuletzt im Mai 2007 bei 170. Zwar hatte sich der Kreatinin-Wert seit dem Jahr 2000 zunächst kontinuierlich erhöht, was eine Verschlechterung der Nierenfunktion erkennen ließ. Nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. Oktober 2004 lag der Kretinin-Wert am 6. November 2000 bei 115,6 und am 2. September 2004 bei 191,2. Prof. Dr. O. hatte in seinem Gutachten vom 16. Oktober 2001 den Wert mit 136 beziffert. Im Vergleich zu dem im Gutachten von Dipl.-Med. N. vom 3. Februar 2004 angegebenen Kreatinin-Wert von 180 ist nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. Oktober 2004 seitdem aber keine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion eingetreten. Vielmehr liegt eine Remission der Erkrankung vor. Dies belegen zudem die im Gutachten von PD Dr. D. vom 21. März 2005 mitgeteilten, gegenüber früheren Untersuchungen noch günstigeren Laborwerte mit einem Kreatinin-Wert von 167,6. Die Niereninsuffizienz steht somit bei ausreichender regelmäßiger Flüssigkeitszufuhr einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit des Klägers in temperierten Räumen und mit Toilettenzugang nicht entgegen.
Darüber hinaus leidet der Kläger auf internistischem Fachgebiet an einer Bluthochdruckerkrankung. Der Blutdruck ist nach den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen medikamentös kompensiert. Herr R. hat in dem Befundbericht vom 4. August 2007 den Blutdruck mit 110/70 angegeben, Dr. L. hat in seinem Befundbericht vom 30. Juli 2007 einen ebenfalls gut eingestellten Blutdruck mit 110/70 mitgeteilt. Wegen der Nierenerkrankung im Zusammenhang mit der Blutdruckerhöhung ist als zusätzliche Leistungseinschränkung zu beachten, dass dem Kläger Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht zumutbar sind.
Weitere Einschränkungen bestehen aus internistischer Sicht nicht. Nach dem Langzeit-EKG vom Juni 2007 hat zudem das Vorliegen einer Herzrhythmusstörung ausgeschlossen werden können.
Auf psychiatrischem Gebiet liegt beim Kläger eine rezidivierende, leicht depressive Episode vor, die seine Erwerbsfähigkeit quantitativ nicht beeinträchtigt. Dr. J. hat in seinem Gutachten vom 20. Februar 2005 nachvollziehbar in Anbetracht der gesamten Krankheitsentwicklung und der entsprechenden therapeutischen Interventionen eine lediglich leichte depressive Symptomatik festgestellt, die er als Ausdruck der nicht einfachen Lebenssituation des Klägers bewertet hat. Auch Dr. A. hat in ihrem Befundbericht vom 26. Juli 2007 lediglich eine leichte depressive Episode bei einem unveränderten Gesundheitszustand mitgeteilt. Sie hat als Krankheitssymptome eine depressive Verstimmung und einen reduzierten Antrieb des Klägers beschrieben. In dem Befundbericht vom 24. September 2004 hatte sie zwar als Diagnose eine mittelgradige depressive Episode angegeben. Allerdings hatte sie auch schon damals einen gleichlautenden, weitestgehend unauffälligen psychopathologischen Befund aufgeführt, kognitive Beeinträchtigungen verneint und ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers bestätigt. Ferner hat PD Dr. D. in seinem Gutachten vom 21. März 2005 eine deutliche depressive Stimmungsverschiebung des Klägers dargestellt, welche sich negativ auf dessen organische Beschwerden auswirken könne. Er hat diese Feststellung jedoch nicht psychopathologisch untermauert und keine psychiatrische Diagnose gestellt, sondern lediglich eine depressive Stimmungslage beschrieben, die durch eine psychiatrische Begutachtung näher zu untersuchen sei. Im Rahmen dieser psychiatrischen Begutachtung ist dann lediglich eine leichte depressive Symptomatik festgestellt worden.
Der Senat vermag der isolierten Leistungseinschätzung von Frau Dr. S. vom 5. August 2005, dass der Kläger auch nicht teilschichtig erwerbstätig sein könne, nicht zu folgen. Die Gutachterin des MDK beschrieb eine depressive Herabgestimmtheit und eine Verschlimmerung der Depression des Klägers mit deutlicher Antriebsminderung und deutete dies als eine schwere neurotische Fehlentwicklung im Sinne einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Für den Senat ist dabei nicht nachvollziehbar, wie sie im Gegensatz zu den anderen Gutachtern und auch zu den den Kläger behandelnden Ärzten zu der Einschätzung gelangen konnte, sein Leistungsvermögen sei aufgehoben. Die angegebenen Argumente, die langjährige Chronifizierung der psychiatrischen Symptomatik und die strikte Vermeidung jeglicher Maßnahmen zur Besserung seines Befindens können diese Leistungseinschätzung nicht stützen. Gerade die ablehnende Haltung des Klägers gegenüber intensiveren Behandlungsmaßnahmen, seine bei der Untersuchung von Dr. J. dargelegte Haltung zum Umgang mit Medikamenten und der aktuelle, achtwöchige Behandlungsturnus bei Dr. A. sprechen nicht für einen hohen Leidensdruck des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet. Hinzu kommen beim Kläger aggravative Tendenzen im Sinne von unbewusster Verstärkung von körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen mit dem Ziel, die beantragte Rente zu erlangen. Schon MR Dr. A. hatte in seinem Gutachten vom 1. April 2004 ausdrücklich aufgezeigt, keine Anhaltspunkte für eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion beim Kläger gefunden zu haben. Diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit den von Dr. J. in seinem Gutachten gemachten Ausführungen. Der Senat geht ferner entgegen des Gutachtens von Dipl.-Med. K. vom 16. Oktober 2000 aus den bereits dargelegten Gründen nicht von dem Vorliegen einer Anpassungsstörung aus. Unabhängig davon hatte aber auch Dipl.-Med. K. dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt.
Da Dr. A. in ihrem Befundbericht vom 26. Juli 2007 keine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers angegeben und auch im Übrigen auf eine nur leichte depressive Symptomatik hingewiesen hat, hatte der Senat keine Veranlassung, ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen. Leistungseinschränkungen auf psychologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen nicht vor. Insoweit ist für den Senat die Einschätzung von PD Dr. D. nicht nachvollziehbar, dass dem Kläger nur noch Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein möglich sein sollen. Dafür bestehen unter Berücksichtigung der übrigen Gutachten und Befundberichte keine Anhaltspunkte.
Weitere Gesundheitsstörungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Insbesondere bestehen beim Kläger keine Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens.
Bei dem Kläger liegen damit keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).
Auch liegt im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. Bundessozialgericht, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich vier mal Wegstrecken von knapp mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zwei mal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße eingeschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Der Kläger kann unter Berücksichtigung der dem Senat vorliegenden Gutachten und Befundberichte noch täglich mehr als viermal 500 Meter regelmäßig in angemessener Zeit zurücklegen. PD Dr. D. hatte zwar dargelegt, dass Fußwege von 500 bis 600 Metern zwei- bis dreimal am Tag zurückgelegt werden können. Für den Senat bestehen jedoch keine Anhaltspunkte, warum der Kläger nicht auch ein viertes Mal mehr als 500 Meter täglich zu Fuß zurücklegen können soll. Dem steht die von PD Dr. D. aufgezeigte unbewusste Verstärkung der körperlichen Symptome nicht entgegen. Da beim Kläger lediglich eine leichte depressive Symptomatik vorliegt und der Einsatz der unteren Extremitäten ohne Einschränkung möglich ist, sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Wegefähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).
Der am ... 1957 geborene Kläger war nach seinen Angaben nach Abschluss der achten Schulklasse in der Zeit vom 1. September 1972 bis 31. Dezember 1974 erfolgreich zum Zimmerer ausgebildet worden. Er war dann vom 1. Januar 1975 bis zum 1. Juni 1984 als Zimmerer, vom 4. Juni 1984 bis zum 19. Juni 1985 als Heizer, vom 20. Juni 1985 bis 30. Juni 1989 als Rangierleiter und vom 1. Juli 1989 bis zum 31. März 1990 als Rangierleiter und Aufsicht - zuletzt bei der Deutschen Reichsbahn - tätig gewesen. Nach anschließender Arbeitslosigkeit arbeitete er von April bis November 1991 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als Waldarbeiter. Nach erneuter Arbeitslosigkeit verrichtete er von Januar 1992 bis November 1992 verschiedene Hilfstätigkeiten. Zuletzt war der Kläger in der Zeit vom 2. Dezember 1992 bis zum 31. Juli 1997 wiederum als Zimmerer versicherungspflichtig beschäftigt. Bereits ab dem 13. Mai 1997 war er arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 2. Dezember 1998 bezog er Arbeitslosengeld, später Arbeitslosenhilfe.
Der Kläger ist im Besitz einer Fahrerlaubnis und verfügt über einen PKW.
Er hatte erstmals am 28. September 1999 bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung beantragt und hierzu einen Bescheid des Amtes für Versorgung und Soziales vom 24. September 1999 vorgelegt, wonach wegen der Behinderung "Nierenfunktionsstörung" ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt war. Die Beklagte hatte mehrere medizinische Unterlagen beigezogen. Nach dem Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. P. vom 20. Dezember 1999 lagen ein chronisch wiederkehrender belastungsabhängiger Kreuzschmerz bei Bandscheibenvorwölbung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS), eine chronische Nierenfunktionsstörung mit verminderter körperlicher Belastbarkeit und ein erhöhter Leidensdruck mit klinischem Anhalt auf reaktive traurige Verstimmung vor. Der Kläger sei noch vollschichtig für leichte Arbeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen einsetzbar. Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dipl.-Med. K. hatte in dem Gutachten vom 17. Oktober 2000 aufgezeigt, der Kläger sei mit seiner gesundheitlichen und sozialen Lage nicht zufrieden (chronisches Schmerzsyndrom, Arbeitslosigkeit, Eheprobleme, finanzielle Unsicherheit), wodurch seine zeitweise subdepressive Verstimmung mit Lustlosigkeit und Schlaflosigkeit zu erklären sei. Psychische Störungen von Krankheitswert habe sie nicht festgestellen können. Er könne leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten. In dem internistischen Gutachten vom 4. Dezember 2000 hatte Dipl.-Med. N. eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, eine arterielle Hypertonie, eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion sowie ein lumbales Schmerzsyndrom beidseits diagnostiziert. Der Kläger sei vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich mit weiteren Leistungseinschränkungen, insbesondere ohne Kälte, Nässe und Zugluft, einsetzbar. Mit Bescheid vom 28. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2001 hatte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt. In dem anschließendem Klageverfahren S 10 RI 42/01 hatte das Sozialgericht Halle Beweis durch Einholung eines internistisch-nephrologischen Gutachtens von Prof. Dr. O. vom 16. Oktober 2001 erhoben. Prof. Dr. O. hatte folgende Diagnosen gestellt:
Chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention bei histologisch gesicherter IgA-Nephropathie (Kreatinin:136). Arterielle Hypertonie Stadium I nach WHO. Hypercholesterolämie. Adipositas. Zustand nach Hepatitis A – Infektion. Degenerative LWS-Erkrankung, lumbosakrales Schmerzsyndrom beidseits. Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion.
Der Kläger sei in der Lage, mittelschwere Arbeiten regelmäßig und ganztägig auszuüben. Vermieden werden sollten ungünstige klimatische Verhältnisse am Arbeitsplatz, insbesondere Kälte- und Nässeexposition oder direkte Sonneneinstrahlung, sowie eine Exposition gegenüber potentiellen nephrotoxischen Substanzen.
In dem am 20. März 2002 vor dem Sozialgericht Halle geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger ab dem 1. Januar 2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu zahlen.
Der Kläger beantragte am 19. November 2003 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er machte geltend, er sei seit 2000 wegen Bluthochdruck, Niereninsuffizienz, Rückenleiden, Herzbeschwerden, Sehverschlechterung sowie Herz- und Kreislaufproblemen leistungsunfähig. Die Beklagte veranlasste eine erneute internistische Begutachtung des Klägers durch Dipl.-Med. N ... Bei der Untersuchung am 2. Februar 2004 gab der Kläger an, er bewirtschafte zusammen mit seiner Ehefrau einen kleinen Garten, halte aber höchstens 20 Minuten eine leichte Arbeit durch, dann wäre das Kreuz wie gebrochen. Er müsse gehäuft Wasserlassen, auch nachts mindestens zweimal. Dipl.-Med. N. gab an, Umgangs- und Flüstersprache verstehe der Kläger. Sein Nahsehvermögen sei herabgesetzt (bisher keine Brillenverordnung), Farben erkenne er. Der Blutdruck habe bei 125/95 bzw. 130/90 gelegen. Der Lasègue sei beidseits bei 5° positiv gewesen. Eine Prüfung der Wirbelsäulenfunktion sei nicht möglich gewesen, Seitneige und Rotation der Wirbelsäule hätten schmerzbedingt nur angedeutet ausgeführt werden können. Der Kreatinin-Wert habe 180,0 betragen. Eine Belastungsuntersuchung sei wegen der massiven Schmerzen/psychischen Alteration nicht durchführbar gewesen. Dipl.-Med. N. führte als Diagnosen eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, eine arterielle Hypertonie Stadium II nach WHO, ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom beidseits und eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion an. Der Kläger sei vollschichtig belastbar für zeitlich geregelte, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Witterungsschutz und ohne erhöhte Unfallgefahr.
Ferner ließ die Beklagte MR Dr. A. das orthopädische Gutachten vom 1. April 2004 erstatten. Der Kläger habe bei der der Untersuchung am 31. März 2004 vordergründig über Rückenschmerzen geklagt, ferner über Schmerzen in beiden Kniegelenken und im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Ausstrahlung der Schmerzen in den Hinterkopf und in beide Hände. Als fachorthopädischen Befund beschrieb MR Dr. A.: Vorneige im Bereich der LWS bis zu einem FBA von 39 cm, Schober im Bereich des LWS 10/13, Rückneige 10°, Seitneige je 20°, Rotation je 60°; Vorneige im Bereich der HWS bis zu einem KJA von 0 cm, Rückneige 20°, Seitneige je 20°, Rotation je 50°. Bei der Gesamtuntersuchung der LWS habe der Kläger ständig über Schmerzen geklagt. Seine Mitarbeit sei dabei mangelhaft gewesen. Nach dem MRT-Befund vom 12. Januar 2004 bestehe im Zwischenwirbelraum L4/5 eine Höhenminderung, ansonsten seien keine krankhaften Veränderungen der Lendenwirbelsäule, die das Alterstypische überschreiten würden, nachweisbar. Der Kläger habe bei der Untersuchung nicht den Eindruck gemacht, an einer Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion zu leiden. MR Dr. A. diagnostizierte:
Lokales Cervicalsyndrom und pseudoradikuläres Cervicobrachialsyndrom bei Osteochondrose, Spondylose und beginnender Bandscheibenschädigung in den Segmenten C 4 bis C 6/7. Blandes Impingementsyndrom im Bereich der rechten Schulter. Lokales Lumbalsyndrom bei isoliertem Bandscheibenschaden mit reaktiver Osteochondrose und Spondylose sowie Spondylarthrose im Segment L 4/5 bei zugleich bestehender massiver Bauchmuskelinsuffizienz und Stammadipositas. Retropatellararthrose beidseits ohne Funktionseinbuße im Bereich der Kniegelenke. Dysplasie des 4. Strahles im Bereich beider Füße. Beginnende Arthrose der Großzehengrundgelenke beidseits, rechts mehr als links bei Spreizfüßen, ohne subjektive Beschwerden.
Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Arbeiten zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig einsetzbar. Dabei sollten Überkopfarbeiten, längere Arbeiten mit Belastungen des Schultergürtels in und über der Horizontalen sowie mit Zwangshaltungen für die LWS, schweres Heben und Tragen von Lasten und Ganzkörpervibrationen vermieden werden. Orthopädischerseits sei die dem Kläger bereits gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zu vertreten. Mit Bescheid vom 16. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbserminderung ab. Zur Begründung führte sie an, die Erwerbsfähigkeit sei durch ein schmerzhaftes Wirbelsäulen- und Gelenkleiden (Kniegelenke und Großzehen beidseits, Schulter rechts), ein chronisches Nierenleiden, einen Bluthochdruck, eine Harnsäureerhöhung, Befindlichkeitsstörungen sowie eine leichte Rot-Grün-Schwäche eingeschränkt. Der Kläger könne jedoch noch eine Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben.
Dagegen legte der Kläger am 29. April 2004 Widerspruch ein und beantragte u.a. die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Halle am 20. Juli 2004 Klage erhoben und zur Begründung auf einen Bandscheibenvorfall, eine Osteoporose, eine Niereninsuffizienz, Depressionen und einen Bluthochdruck hingewiesen. Er müsse täglich zwei bis vier Liter trinken und acht- bis zehnmal am Tag und drei- bis viermal nachts die Toilette aufsuchen. Er verfüge über einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50. Er stütze seinen Rentenantrag insbesondere auf die psychischen Erkrankungen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Facharzt für Innere Medizin R. hat unter dem 21. September 2004 ausgeführt, der Kläger klage rezidivierend über Wirbelsäulenbeschwerden in wechselnden Bereichen, wobei seit Sommer 2004 zunehmend eine depressive Überlagerung des Beschwerdebildes eingetreten sei. Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie Dr. L. hat unter dem 1. Oktober 2004 mitgeteilt, der Kläger sei seit November 2000 in regelmäßiger nephrologischer Betreuung. Blutdruck und Harnsäure hätten gut eingestellt werden können. Das Fortschreiten der Grunderkrankung Glomerulonephritis sei nicht aufzuhalten (Kreatinin vom 6. November 2000: 115,6; vom 2. September 2004: 191,2). Eine kontinuierliche Abnahme der Nierenfunktionsleistung sei zu beobachten. Aus nephrologischer Sicht schließe der Gesundheitszustand eine Beschäftigung des Klägers für leichte körperliche Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich nicht aus. Voraussetzung seien die Gewährung der notwendigen kontinuierlichen Flüssigkeitszufuhr (mehr als 2,5 Liter täglich) und die ungehinderte Toilettennutzung. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. E., bei dem der Kläger im Behandlungszeitraum vom 2. Februar 2001 bis zum 11. Februar 2004 insgesamt viermal in Behandlung war, hat berichtet, der Kläger habe über ständige Schmerzen im Lumbalbereich, zwischenzeitlich auch über Schmerzen im HWS-Bereich mit Missempfindungen im rechten Arm und über Kniebeschwerden geklagt. Er habe den Kläger aufgrund der Chronizität der Schmerzsituation im Lumbalbereich zur periradikulären Schmerztherapie überwiesen. Er habe ein rezidivierendes sensibles C 6-Dermatom links bei Osteochondrose sowie ein chronisches lumbales peripheres Pseudoradikulärsyndrom diagnostiziert. In einem weiteren Schreiben vom 15. Oktober 2004 hat er mitgeteilt, sollte die Schmerztherapie einen positiven Effekt erzielen, sei der Kläger mindestens sechs Stunden für leichte körperliche Arbeiten einsetzbar. Die Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Dr. A. hat den Kläger als bewusstseinsklar mit ungestörter Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit beschrieben. Die Stimmung sei depressiv, der Antrieb reduziert, der Kläger sei nicht suizidal. Dr. A. hat eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Der Kläger könne noch sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens von Priv.Doz. (PD) Dr. D. vom 21. März 2005. Der Kläger hat dort bei der Untersuchung am 9. März 2005 angegeben, er habe Schmerzen im gesamten Rücken und in den Kniegelenken, insbesondere beim Treppensteigen. Er sei psychisch weiter verunsichert, da seine Geschwister ihm vom Ableben der Mutter im Jahr 2004 keine Information gegeben hätten. Er habe wenig Lust, Aktivitäten zu entwickeln. Ihm sei alles egal, er spreche auch kaum mit seiner Frau zu Hause. Er sei seit August 2004 wegen nervlicher Probleme arbeitsunfähig. PD Dr. D. hat mitgeteilt, insgesamt seien nur leichtgradige Bewegungseinschränkungen für Nickbewegungen des Kopfes bzw. Beugebewegungen im Lendenwirbelsäulenbereich und kein auffälliger Befund der Kniegelenke zu verzeichnen. Die Seitneigung des Kopfes sei beidseits bis 30°, die Drehung bis 70° möglich gewesen; der Schober im Bereich der LWS betrage 10/14, der Fingerbodenabstand 27 cm. Der Kreatinin-Wert sei mit 167,6 leicht erhöht gewesen. Bei der Fahrradergometrie sei der Abbruch wegen muskulärer Erschöpfung und Knieschmerzen nach 75/100 Watt zu je zwei Minuten bei Erreichen der fast submaximalen Pulsfrequenz erfolgt. Ischämiezeichen und Rhythmusstörungen seien nicht feststellbar, das Blutdruckverhalten sei bei erhöhtem diastolischem Blutdruckanteil regulär gewesen. Es bestehe aus internistischer Sicht vorwiegend eine leichtgradige, aber kompensierte Niereninsuffizienz im Rahmen einer Glomerulonephritis/Nierenentzündung. Die derzeitigen Laborwerte seien allerdings gegenüber früheren Untersuchungen wesentlich günstiger. Ein Fortschreiten der Niereninsuffizienz sei nicht festzustellen. Ferner liege eine muskuläre Imbalance der Rückenmuskulatur bei Verschleißerscheinungen sowohl an der Halswirbelsäule als auch an der Lendenwirbelsäule vor. Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen stehe eine depressive Stimmungslage, durch die das jetzige Beschwerdebild seitens des Muskelskelettsystems erheblich gefördert und unterhalten werde. Eine wesentliche Sensibilitätsstörung bzw. Muskelatrophien im Arm- und Beinbereich habe er nicht feststellen können.
Der Kläger könne regelmäßig körperliche Arbeiten von leichtem Charakter (regelmäßiges Tragen von weniger als zehn Kilogramm) noch täglich drei bis sechs Stunden täglich in Tagschicht verrichten. Zu vermeiden seien einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Freien auch unter Witterungsschutz sowie mit starken Temperaturschwankungen und in Zugluft oder Nässe, Arbeiten mit besonderem Zeitdruck wie Akkord und Fließband sowie Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr seien auszuschließen. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände sei gegeben. Der Kläger könne nur Arbeiten mit einfachen geistigen Anforderungen sowie mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein sowie Zuverlässigkeit ausführen. Er könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Es müsste ihm möglich sein, zumindest Fußwege von 500 bis 600 Meter zwei- bis dreimal am Tag zurückzulegen. Infolge der depressiven Stimmungslage könne es jedoch zu einer negativen Rückkopplung hinsichtlich der Beschwerdesymptomatik kommen. Deshalb könnten auch kurzfristig so starke Beschwerden empfunden werden, dass Fußwege auch unter 400 Meter mit deutlichen Beschwerden zurückgelegt würden. Wegen der Behandlung der Depressionen und der depressiven Stimmungslage sei das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht angezeigt. PD Dr. D. hat eine fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung des Klägers empfohlen.
Dr. A. hat mit Schreiben vom 1. Juni 2006 eine Epikrise über einen stationären Aufenthalt des Klägers der HNO-Klinik der M.-L.-Universität H.-W. wegen einer Neuropathia vestibularis beidseits übersandt. Die Diagnostik sei nicht abgeschlossen, die geplante tagesklinische Psychotherapie verzögere sich. Der psychische Zustand sei unverändert schlecht.
Das Sozialgericht hat ferner das sozialmedizinisch Gutachten von Frau S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 5. Mai 2005 beigezogen. Darin wurde mitgeteilt, es bestünden eine depressive Herabgestimmtheit mit unverhohlenen Suiziddrohungen sowie eine deutliche Antriebsminderung. Beim Kläger liege keinerlei Anstrengungsbereitschaft vor. Es sei davon auszugehen, dass jeglicher Behandlungsversuch durch Passivität und versteckte Aggressivität torpediert werde und zur Erfolglosigkeit verurteilt sei. Als Diagnosen wurden eine Dysthymia bei kombinierter Persönlichkeitsstörung, eine Niereninsuffizienz bei chronischer Glomerulonephritis, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit chronischem Lumbalpseudoradikulärsyndrom und eine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits angeführt. Eine Besserung habe durch die ambulante nervenärztliche Behandlung nicht erzielt werden können. Maßnahmen zur Intensivierung der Behandlung würden vom Kläger strikt abgelehnt. Die alternativ vorgeschlagene teilstationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Krankenhausbehandlung am Heimatort sei vom ihm mit Verweis auf seine begleitenden körperlichen Erkrankungen vereitelt worden. Der Kläger sei nicht in der Lage, sich dem freien Arbeitsmarkt auch nur teilschichtig zur Verfügung zu stellen; ein Leistungsbild habe nicht erstellt werden können.
Abschließend hat das Sozialgericht das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten von Dr. J. vom 20. Februar 2005 erstatten lassen. Beim Kläger liege eine leicht depressive Episode im Rahmen körperlicher Beschwerdesymptomatik und familiär sozialer Belastungsfaktoren bei selbstunsicherer, aggressiv-gehemmter Primärpersönlichkeit vor. Es seien nur leichte psychopathologische Auffälligkeiten nachweisbar gewesen. Die Bedrücktheit, Resignation, Enttäuschung und Frustration des Klägers seien eindeutig normal psychologisch zu werten und entsprächen der familiär schwierigen Situation, auch der erlebten Entwertung durch den Verlust des Arbeitsplatzes, durch die Erkrankung der Ehefrau und durch körperliche Beeinträchtigungen, die der Kläger durchgemacht habe. Sein Verhalten, seine Darstellung der Krankheitsentwicklung und die entsprechenden therapeutischen Interventionen zeigten eindeutig, dass es sich nur um eine passager bedingte, leichte depressive Auffälligkeit handele. Bei der Untersuchung sei sich der Kläger nicht sicher gewesen, ob er die verordneten, leicht antidepressiv und angstlösend wirkenden Cipralex-Tabletten einnehme. Auch habe er die Dosierung nicht angeben können. Aggravative Tendenzen im Sinne von unbewusster Verstärkung körperlicher und/oder seelischer Beeinträchtigungen seien nachweisbar. Der Kläger sei in der Lage, regelmäßig leichte Arbeiten sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Das Sozialgericht Halle hat mit Urteil vom 29. August 2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Nach den Gutachten von Dr. J. vom 20. Februar 2006 und von PD Dr. D. vom 21. März 2005 sei der Kläger in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten ohne einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, ohne Knien, Hocken, Bücken und Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Einsatz auf Leitern und Gerüsten, in ausreichend temperierten Räumen ohne Beeinflussung durch starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie nephrotoxische Substanzen, ohne besondere Anforderungen an den Farbsinn, in Tagesschicht bei sanitären Gegebenheiten in Arbeitsplatznähe täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten.
Gegen das ihm am 26. September 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Oktober 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt die Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, im Hinblick auf die seelischen Beschwerden und Depressionen sei er nicht mehr in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Dezember 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. A. hat unter dem 26. Juli 2007 angegeben, Veränderungen im Behandlungszeitraum seien nicht eingetreten. Sie hat eine leichte depressive Episode und ein chronisches nephritisches Syndrom diagnostiziert. Es erfolge eine medikamentöse antidepressive Behandlung. Gesprächskontakte fänden alle acht Wochen statt. Dr. L. hat am 30. Juli 2007 berichtet, der Konsultationszeitraum habe sich seit 2006 auf alle drei bis fünf Monate ausgeweitet. Die Grunderkrankung sei zur Zeit nicht aktiv. Während sich zunächst in den ersten vier Jahren seiner Behandlung die Nierenfunktion kontinuierlich verschlechtert habe, bestehe momentan ein inaktives Intervall. Nach dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Salewski vom 30. Juli 2007, bei dem sich der Kläger seit 26. Januar 2007 in Behandlung befindet, hätten sich die Rückenschmerzen im Verlauf der Behandlung verbessert. Der Fingerbodenabstand habe am 26. Januar 2007 40 cm betragen, das Lasègue’sche Zeichen sei negativ gewesen. Als Bewegungsbefund der HWS vom 10. Juli 2007 hat er angegeben: Rotation rechts/links 70/0/70, Seitneige rechts/links 25/0/25. Herr S. hat als Diagnosen ein femoropatellares Schmerzsyndrom rechts, eine Lumboischialgie beidseits, eine Osteochondrose der Lendenwirbelsäule bei L 4/5 und eine Spondylose der LWS mitgeteilt. Herr R. hat unter dem 4. August 2007 eine Stabilität der Befunde ohne wesentliche Veränderungen aufgezeigt. Neben den bekannten Diagnosen bestehe der Verdacht auf eine paroxysmale Tachykardie unter Hinweis auf einen beigefügten Befund der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. W. vom 4. Juni 2007. Nach diesem Bericht habe innerhalb eines Langzeit-EKG‘s keine relevante Herzrhythmusstörung festgestellt werden können. Die Fortführung der antihypertensiven Therapie sei empfohlen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten und der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten und das sie bestätigende Urteil des Sozialgerichts sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).
Nach § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
1. Der Kläger ist bei der Beklagten versichert und hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 19. November 2003 die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 SGB VI von fünf Jahren (60 Monaten) erfüllt. Ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Wartezeitaufstellung lagen bis zum 19. November 2003 363 Monate mit Beitragszeiten vor und es waren im maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor diesem Zeitpunkt alle Monate mit Pflichtbeiträgen belegt, so dass auch die so genannte 3/5-Belegung erfüllt ist.
2. Der Kläger ist aber nicht erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist seit dem 1. Dezember 2003 nicht erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen kann. Dabei geht der Senat von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche und geistige seinem Bildungsniveau entsprechende Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken bzw. mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten im Freien auch unter Witterungsschutz. Der Kläger kann lediglich Arbeiten in ausreichend temperierten Räumen ohne starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie ohne besonderen Zeitdruck bewältigen. Ferner sind nur Arbeiten ohne häufigen Publikumsverkehr in Tagschicht und mit Toilettenzugang möglich.
Das Leistungsvermögen des Klägers wird auf orthopädischem Fachgebiet durch eine muskuläre Imbalance der Rückenmuskulatur bei Verschleißerscheinungen der Hals- und der Lendenwirbelsäule beeinträchtigt. PD Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 21. März 2005 anhand der Bewegungsmesswerte eine gesteigerte Beweglichkeit der Wirbelsäule im Vergleich zu dem Gutachten von Dr. A. dargelegt. Die Drehbewegungen des Kopfes haben sich beidseits um 20° verbessert. Der Fingerbodenabstand hat sich um 12 cm verringert. Die Messungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind gleichfalls günstiger ausgefallen. Anhand der objektiven Befunde ist die sachverständige Einschätzung nachvollziehbar, dass die Veränderungen des Skelett- und Muskelbereichs nicht erheblich ausgeprägt sind und eine sechsstündige Tätigkeit zulassen. Allerdings muss der Kläger einseitige körperliche Belastungen und Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben sowie Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel meiden.
Die von dem Kläger noch bei der Untersuchung durch Dipl.-Med. E. angegebenen Missempfindungen im rechten Arm sowie die Kniegelenksbeschwerden beidseits hat PD Dr. D. nicht bestätigen können. Auch MR Dr. A. hatte keinen krankhaften Befund der Kniegelenke sowie der oberen Extremitäten feststellen können. Dipl-Med. E. hat zwar mitgeteilt, den Kläger zur periradikulären Schmerztherapie überwiesen zu haben, und seine Leistungseinschätzung von dem Behandlungserfolg dieser Therapie abhängig gemacht. Herr S. hat in seinem Befundbericht vom 30. Juli 2007 dann auf eine Verbesserung der vom Kläger angegebenen Rückenschmerzen verwiesen. Der Fingerbodenabstand hat dem von MR Dr. A. mitgeteilten Wert entsprochen, die Beweglichkeitsausmaße der HWS sind bei der Seitneige um 5° und bei der Rotation mit 20° besser gewesen. Da ausweislich des Befundberichts von Herrn S. keine gravierende Veränderung auf orthopädischem Fachgebiet eingetreten ist, hat der Senat auf die Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens verzichten können.
Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet an einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention bei histologisch gesicherter IgA-Nephropathie. Diese Erkrankung befindet sich nach dem letzten Befundbericht von Dr. L. vom 30. Juli 2007 in einem inaktiven Intervall. Seit 2006 sind deshalb ärztliche Konsultationen beim Nephrologen im Abstand von drei bis fünf Monate ausreichend. Die Harnsäure konnte gut eingestellt werden, der Kreatinin-Messwert lag zuletzt im Mai 2007 bei 170. Zwar hatte sich der Kreatinin-Wert seit dem Jahr 2000 zunächst kontinuierlich erhöht, was eine Verschlechterung der Nierenfunktion erkennen ließ. Nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. Oktober 2004 lag der Kretinin-Wert am 6. November 2000 bei 115,6 und am 2. September 2004 bei 191,2. Prof. Dr. O. hatte in seinem Gutachten vom 16. Oktober 2001 den Wert mit 136 beziffert. Im Vergleich zu dem im Gutachten von Dipl.-Med. N. vom 3. Februar 2004 angegebenen Kreatinin-Wert von 180 ist nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 1. Oktober 2004 seitdem aber keine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion eingetreten. Vielmehr liegt eine Remission der Erkrankung vor. Dies belegen zudem die im Gutachten von PD Dr. D. vom 21. März 2005 mitgeteilten, gegenüber früheren Untersuchungen noch günstigeren Laborwerte mit einem Kreatinin-Wert von 167,6. Die Niereninsuffizienz steht somit bei ausreichender regelmäßiger Flüssigkeitszufuhr einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit des Klägers in temperierten Räumen und mit Toilettenzugang nicht entgegen.
Darüber hinaus leidet der Kläger auf internistischem Fachgebiet an einer Bluthochdruckerkrankung. Der Blutdruck ist nach den dem Senat vorliegenden medizinischen Unterlagen medikamentös kompensiert. Herr R. hat in dem Befundbericht vom 4. August 2007 den Blutdruck mit 110/70 angegeben, Dr. L. hat in seinem Befundbericht vom 30. Juli 2007 einen ebenfalls gut eingestellten Blutdruck mit 110/70 mitgeteilt. Wegen der Nierenerkrankung im Zusammenhang mit der Blutdruckerhöhung ist als zusätzliche Leistungseinschränkung zu beachten, dass dem Kläger Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht zumutbar sind.
Weitere Einschränkungen bestehen aus internistischer Sicht nicht. Nach dem Langzeit-EKG vom Juni 2007 hat zudem das Vorliegen einer Herzrhythmusstörung ausgeschlossen werden können.
Auf psychiatrischem Gebiet liegt beim Kläger eine rezidivierende, leicht depressive Episode vor, die seine Erwerbsfähigkeit quantitativ nicht beeinträchtigt. Dr. J. hat in seinem Gutachten vom 20. Februar 2005 nachvollziehbar in Anbetracht der gesamten Krankheitsentwicklung und der entsprechenden therapeutischen Interventionen eine lediglich leichte depressive Symptomatik festgestellt, die er als Ausdruck der nicht einfachen Lebenssituation des Klägers bewertet hat. Auch Dr. A. hat in ihrem Befundbericht vom 26. Juli 2007 lediglich eine leichte depressive Episode bei einem unveränderten Gesundheitszustand mitgeteilt. Sie hat als Krankheitssymptome eine depressive Verstimmung und einen reduzierten Antrieb des Klägers beschrieben. In dem Befundbericht vom 24. September 2004 hatte sie zwar als Diagnose eine mittelgradige depressive Episode angegeben. Allerdings hatte sie auch schon damals einen gleichlautenden, weitestgehend unauffälligen psychopathologischen Befund aufgeführt, kognitive Beeinträchtigungen verneint und ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers bestätigt. Ferner hat PD Dr. D. in seinem Gutachten vom 21. März 2005 eine deutliche depressive Stimmungsverschiebung des Klägers dargestellt, welche sich negativ auf dessen organische Beschwerden auswirken könne. Er hat diese Feststellung jedoch nicht psychopathologisch untermauert und keine psychiatrische Diagnose gestellt, sondern lediglich eine depressive Stimmungslage beschrieben, die durch eine psychiatrische Begutachtung näher zu untersuchen sei. Im Rahmen dieser psychiatrischen Begutachtung ist dann lediglich eine leichte depressive Symptomatik festgestellt worden.
Der Senat vermag der isolierten Leistungseinschätzung von Frau Dr. S. vom 5. August 2005, dass der Kläger auch nicht teilschichtig erwerbstätig sein könne, nicht zu folgen. Die Gutachterin des MDK beschrieb eine depressive Herabgestimmtheit und eine Verschlimmerung der Depression des Klägers mit deutlicher Antriebsminderung und deutete dies als eine schwere neurotische Fehlentwicklung im Sinne einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Für den Senat ist dabei nicht nachvollziehbar, wie sie im Gegensatz zu den anderen Gutachtern und auch zu den den Kläger behandelnden Ärzten zu der Einschätzung gelangen konnte, sein Leistungsvermögen sei aufgehoben. Die angegebenen Argumente, die langjährige Chronifizierung der psychiatrischen Symptomatik und die strikte Vermeidung jeglicher Maßnahmen zur Besserung seines Befindens können diese Leistungseinschätzung nicht stützen. Gerade die ablehnende Haltung des Klägers gegenüber intensiveren Behandlungsmaßnahmen, seine bei der Untersuchung von Dr. J. dargelegte Haltung zum Umgang mit Medikamenten und der aktuelle, achtwöchige Behandlungsturnus bei Dr. A. sprechen nicht für einen hohen Leidensdruck des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet. Hinzu kommen beim Kläger aggravative Tendenzen im Sinne von unbewusster Verstärkung von körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen mit dem Ziel, die beantragte Rente zu erlangen. Schon MR Dr. A. hatte in seinem Gutachten vom 1. April 2004 ausdrücklich aufgezeigt, keine Anhaltspunkte für eine Anpassungsstörung mit subdepressiver Reaktion beim Kläger gefunden zu haben. Diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit den von Dr. J. in seinem Gutachten gemachten Ausführungen. Der Senat geht ferner entgegen des Gutachtens von Dipl.-Med. K. vom 16. Oktober 2000 aus den bereits dargelegten Gründen nicht von dem Vorliegen einer Anpassungsstörung aus. Unabhängig davon hatte aber auch Dipl.-Med. K. dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt.
Da Dr. A. in ihrem Befundbericht vom 26. Juli 2007 keine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers angegeben und auch im Übrigen auf eine nur leichte depressive Symptomatik hingewiesen hat, hatte der Senat keine Veranlassung, ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen. Leistungseinschränkungen auf psychologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen nicht vor. Insoweit ist für den Senat die Einschätzung von PD Dr. D. nicht nachvollziehbar, dass dem Kläger nur noch Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein möglich sein sollen. Dafür bestehen unter Berücksichtigung der übrigen Gutachten und Befundberichte keine Anhaltspunkte.
Weitere Gesundheitsstörungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor. Insbesondere bestehen beim Kläger keine Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens.
Bei dem Kläger liegen damit keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des sechsstündigen Leistungsvermögens zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f.).
Auch liegt im Falle des Klägers kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. Bundessozialgericht, Großer Senat, a.a.O., Seite 35). Der Arbeitsmarkt gilt unter anderem als verschlossen, wenn einem Versicherten die so genannte Wegefähigkeit fehlt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich vier mal Wegstrecken von knapp mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zwei mal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehender Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße eingeschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Sind Arbeitsplätze auf andere Art als zu Fuß erreichbar, zum Beispiel mit dem eigenen Kraftfahrzeug bzw. mit einem Fahrrad, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10).
Der Kläger kann unter Berücksichtigung der dem Senat vorliegenden Gutachten und Befundberichte noch täglich mehr als viermal 500 Meter regelmäßig in angemessener Zeit zurücklegen. PD Dr. D. hatte zwar dargelegt, dass Fußwege von 500 bis 600 Metern zwei- bis dreimal am Tag zurückgelegt werden können. Für den Senat bestehen jedoch keine Anhaltspunkte, warum der Kläger nicht auch ein viertes Mal mehr als 500 Meter täglich zu Fuß zurücklegen können soll. Dem steht die von PD Dr. D. aufgezeigte unbewusste Verstärkung der körperlichen Symptome nicht entgegen. Da beim Kläger lediglich eine leichte depressive Symptomatik vorliegt und der Einsatz der unteren Extremitäten ohne Einschränkung möglich ist, sieht der Senat keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Wegefähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.
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