Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 R 26/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 1983/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch – SGB X – darüber, ob die der Klägerin ab 01. Juli 2002 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des ungeminderten Zugangsfaktors 1 oder mit dem von der Beklagten zugrunde gelegten Zugangsfaktor 0,943 zu berechnen ist.
Die 1953 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie zog im Jahre 1969 nach Deutschland. Den ersten Pflichtbeitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtete sie im Februar 1970. Seit August 1993 war sie im Wesentlichen arbeitslos und bezog Sozialleistungen. Im Konto der Klägerin sind außerdem Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit vermerkt. Sie war zweimal verheiratet und hat 5 Kinder, die 1973, 1979, 1987, 1989 und 1991 geboren sind. Sie bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von anfangs 20 % (Bescheid vom 25. Juni 1992) und seit Dezember 1995 von 30 % (Bescheid vom 21. Februar 1996).
Auf den Rentenantrag vom 27. Juni 2002 gewährte die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 08. Oktober 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 01. Juli 2002 auf der Grundlage des Eintritts von voller Erwerbsminderung im Juni 2002. Aus dem geklärten Versicherungsverlauf der Klägerin errechnete die Beklagte 40,6806 Entgeltpunkte, die in Anwendung von §§ 77 Abs. 2, 264c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,943 zu 38,3618 persönlichen Entgeltpunkten führten. Daraus errechnete sich eine Rente von (anfangs) 992,04 Euro, die nach teilweiser Anrechnung der Rente aus der Unfallversicherung zu einem Rentenanspruch von 880,34 Euro führte. In die Rentenberechnung ging eine (gegenüber dem Rechtszustand bis 31. Dezember 2000 erhöhte) Zurechnungszeit bis zum 31. Dezember 2011 ein (§§ 59, 253a SGB VI). Den Rentenbescheid griff die Klägerin nicht an.
Die nachfolgenden Bescheide vom 30. Dezember 2004, 09. Juni 2005 sowie vom 26. Oktober 2005 betrafen jeweils nur die Frage der Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung, änderten hingegen die individuellen Grundlagen der Rentenberechnung (persönliche Entgeltpunkte und Zugangsfaktor) nicht.
Der von der Klägerin erstrebte Versorgungsausgleich aus ihrer zweiten (am 06. Oktober 1991 geschlossenen und durch Urteil des Landgerichts B vom 05. Februar 2002 geschiedenen) Ehe führte nach dem rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts P/W vom 28. Oktober 2005 zu dem Ergebnis, dass ein Versorgungsausgleich nicht vorzunehmen war.
Der durchgeführte Versorgungsausgleich für die erste (am 25. Februar 1972 geschlossene und mit Urteil des Landgerichts B vom 15. April 1986 geschiedene) Ehe hatte nach dem seit 30. Oktober 2006 rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts P/W vom 01. Juni 2006 zum Ergebnis, dass aus der Ehezeit vom 01. Februar 1972 bis 30. April 1985 zugunsten der Klägerin Rentenanwartschaften von 8,21 Euro und aus der VBL 111,69 Euro zu übertragen waren.
Aus diesen zu übertragenden Anwartschaften errechneten sich 6,6418 bzw. 0,4883 Entgeltpunkte.
Die zusätzlichen Entgeltpunkte bezüglich der VBL berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2006 ab 01. November 2006. Aus den danach sich ergebenden (40,6806 + 6,6418 =) 47,3224 Entgeltpunkten errechneten sich auf der Grundlage des schon bisher berücksichtigten geminderten Zugangsfaktors von 0,943 persönliche Entgeltpunkte von 44,6250 (vgl. Anlage 6 zum Bescheid). Die danach sich ab 01. November 2006 ergebende Rente von 1.166,05 Euro führte nach anteiliger Berücksichtigung der UV-Rente zu einem Rentenanspruch von 975,54 Euro und zusammen mit dem Zuschuss zur Krankenversicherung zu einem monatlichen Zahlbetrag von 1.046,76 Euro.
Die mit dem Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 ab 01. Januar 2007. Es errechneten sich nunmehr (40,6806 + 6,6418 + 0,4883 =) 47,8107 Entgeltpunkte, die in Multiplikation mit dem geminderten Zugangsfaktor von 0,9430 zu 45,0855 persönlichen Entgeltpunkten führten. Daraus errechnete sich eine Rente von 1.178,08 Euro, die nach Einkommensanrechnung zu einem Rentenanspruch von 987,57 Euro und zuzüglich des Krankenversicherungszuschusses zu einem monatlichen Zahlbetrag von 1.059,67 Euro führte.
Beide Bescheide griff die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 13. Januar 2007 insoweit an, als sie unter Bezugaufnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 16. Mai 2006 (– B 4 RA 22/05 R – in SozR 4-2600 § 77 Nr. 3) die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. November 2006 ohne Minderung des Zugangsfaktors wegen vorzeitiger Inanspruchnahme nach § 77 Abs. 2 SGB VI beanspruchte.
Ergänzend beantragte sie mit dem am 21. März 2007 bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz vom 19. März 2007, "gemäß § 44 SGB X die Rentenbescheide ab 08. Oktober 2006 (gemeint 08. Oktober 2004) zu überprüfen".
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 als unbegründet zurück, da sie dem zitierten Urteil des 4. Senats des BSG über den Einzelfall hinaus nicht folge und an ihrer (bisherigen) Auslegung und Anwendung des § 77 SGB VI festhalte.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 07. Mai 2007 zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen und unter S 13 R 3783/07 registrierten Klage gewandt, mit der sie die Berechnung der ihr zustehenden Rente ohne Minderung des Zugangsfaktors beansprucht (dieses Verfahren ist nach klageabweisendem Urteil vom 10. Januar 2008 nunmehr im Berufungsverfahren L 3 R 182/08 anhängig).
Zwischenzeitlich erließ die Beklagte nach der Klageerhebung zu den Bescheiden vom 18. und 19. Dezember 2006 zu dem Überprüfungsantrag der Klägerin den Bescheid vom 30. Mai 2007, mit dem sie eine Korrektur der Rentengewährung für die früheren Bewilligungszeiträume ablehnte. Dazu führte sie aus, dass sie keine Veranlassung zur Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 08. Oktober 2004 in der Fassung der Folgebescheide sehe, weil die angegriffene Rentenberechnung unter Minderung des Zugangsfaktors von 1,0 zu Recht erfolgt sei, wie sich aus § 77 Abs. 2 i. V. m. der Übergangsregelung in § 264c SGB VI ergebe. Die Rechtsauffassung des 4. Senats des BSG in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 werde von den Trägern der Rentenversicherung nicht geteilt, und über den Einzelfall hinaus werde ihr nicht gefolgt. Nach Hinweis der 13. Kammer des SG Berlin, dass dieser Bescheid nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens werde, weil verschiedene Leistungszeiträume betroffen seien, wies die Beklagte den anschließend von der Klägerin eingelegten Widerspruch gegen den Überprüfungsbescheid vom 30. Mai 2007 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit einer weiteren am 03. Januar 2008 zum SG Berlin erhobenen Klage gewandt und ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat dazu, wie schon in dem vor der 13. Kammer anhängigen Verfahren, ausführlich ihre auf das angeführte Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 gestützte Auffassung dargelegt, dass eine zutreffende Rechtsauslegung ihr Begehren stütze und auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei.
Das SG hat die Klage mit dem hier angefochtenen Urteil vom 13. Oktober 2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 seien Gegenstand des gesonderten Verfahrens S 13 R 3783/07 und beträfen den Zeitraum der Rentengewährung ab 01. November 2006, sodass streitgegenständlich im vorliegenden Verfahren der davor liegende Zeitraum ab 01. Juli 2002 sei. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin habe für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 08. Oktober 2004 in der Fassung der Folgebescheidung und Rentenneuberechnung. Unabhängig davon, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 44 SGB X nicht vorlägen, könne der Antrag der Klägerin schon deshalb teilweise keinen Erfolg haben, weil die auf 4 Jahre begrenzte Rückwirkung die von der Klägerin beanspruchte Neuberechnung und günstigere Rentengewährung bereits ab 01. Juli 2002 nicht zulasse. Die Beklagte habe die Berechnung der der Klägerin ab 1. Juli 2002 gewährten Rente zutreffend unter Minderung des Zugangsfaktors um 0,057 vorgenommen. Der Auffassung des 4. Senats des BSG in dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 16. Mai 2006, wonach eine Kürzung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten für Bezugszeiten vor Beendigung des 60. Lebensjahres nicht zulässig sei, könne – was näher ausgeführt wird – nicht gefolgt werden. Die von diesem Urteil abweichende Rechtsauffassung und Praxis der Rentenversicherungsträger finde ihre Stütze im Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI, in dem Zusammenhang mit anderen Regelungen dieser Norm und anderer Vorschriften, ihrer Entstehungsgeschichte und den aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Regelungsabsichten des Gesetzgebers, der eine Anpassung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten beabsichtigt habe, um Ausweichreaktionen entgegenwirken zu können. Die geänderte Fassung des § 77 SGB VI sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das BSG habe in Gestalt der nunmehr zuständigen Senate im Übrigen die bisherige Rechtsauslegung aufgegeben, wie sich aus den Entscheidungen des 5. Senats des BSG vom 14. August 2008 ergebe.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2008 (ein Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie trägt erneut ausführlich ihre Rechtsauffassung zur Anwendung des § 77 Abs. 2 SGB VI vor und meint, nur die vom 4. Senat des BSG in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 dargelegte Auslegung des § 77 SGB VI sei verfassungsrechtlich zulässig und geboten. Die geänderte Rechtsprechung durch den 5. Senat werde diesen Maßgaben nicht gerecht. Insoweit sei inzwischen auch eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur dauerhaften Minderung des Zugangsfaktors bei vorgezogenen Altersrenten könne für Sachverhalte wie den vorliegenden nicht nutzbar gemacht werden, weil die Freiwilligkeit im Falle der Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente nicht gegeben sei.
Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08. Oktober 2004 teilweise zurückzunehmen und ihr ab 01. Juli 2002 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das der Sach- und Rechtslage entspreche und verweist dazu auf die Entscheidungen des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 14. August 2008.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte (4 Bde., Versicherungsnummer: ) sowie die zur Einsichtnahme beigezogene Gerichtsakte L 3 R 182/08, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann nicht die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 8. Oktober 2004 und eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung für den vorliegend streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 31. Oktober 2006 beanspruchen. Einer Entscheidung über den Überprüfungsbescheid im vorliegenden Verfahren steht § 96 SGG nicht entgegen, da der Überprüfungsbescheid mit dem von ihm nur angesprochenen Leistungszeitraum im Hinblick auf die gesonderte Anfechtung für die Bewilligung ab 1. November 2006 nicht kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens vor der 13. Kammer des SG geworden ist. Gegenstand des Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X ist allein der die Rente bewilligende Bescheid vom 8. Oktober 2004. Entgegen den Ausführungen der Beteiligten und des SG sind in der Folge bis zum Erlass der gesondert angefochtenen Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 keine weiteren die Rentenhöchstwertfestsetzung regelnden Bescheide ergangen; eine "Neufeststellung" ist nicht erfolgt. Lediglich bezüglich eines Anspruchs auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung, also eines anderen nicht den Rentenanspruch betreffenden Regelungsgegenstandes, sind "Folgebescheide" erlassen worden. Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X – ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 8. Oktober 2004 das Recht – hier insbesondere § 77 SGB VI – richtig angewandt und ist auch von dem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen mit der Folge, dass der ablehnende Überprüfungsbescheid vom 30. Mai 2007 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 rechtmäßig ist. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß §§ 63 Abs. 6, 64 Nr. 1 – 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 SGB VI), dessen Höhe in § 77 SGB VI (ggf. in Verbindung mit § 264 c SGB VI) näher geregelt ist. Maßgebend ist im Falle der Klägerin die Fassung der Norm durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I Seite 1827). Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, ob die vom Versicherten während des Erwerbslebens erzielten Entgeltpunkte im vollen Umfang oder nur zu einem Anteil bei der Ermittlung des Monatsbetrages der Rente zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die (wie vorliegend) noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI unter anderem bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0. Die im Juni 1953 geborene Klägerin hatte unzweifelhaft bei Beginn der ihr bewilligten Rente wegen Erwerbsminderung das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – wie im Falle der Klägerin – darüber hinaus schon vor Vollendung des 60. Lebensjahres, so bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" maßgebend ist. Diese Regelung beinhaltet entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Ausschluss einer Kürzung eines Zugangsfaktors für Bezieher von Erwerbsminderungsrenten vor Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern begrenzt die Kürzung auf maximal 36 x 0,003 = 0,108. Dafür sprechen Wortlaut und systematische Stellung des § 77 SGB VI, ferner Sinn und Zweck, systematischer Gesamtzusammenhang und Entstehungsgeschichte der Norm, wie das SG ausführlich und zutreffend dargelegt hat. Auf die betreffenden Ausführungen des SG (Seite 8ff des angefochtenen Urteils) kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Diesen Ausführungen kann die Klägerin auch entnehmen, weshalb sie aus dem von ihr herangezogenen Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R – nichts zu ihren Gunsten herleiten kann. Die Instanzgerichte sind diesem Urteil fast ausnahmslos nicht gefolgt. Aufgrund der daraufhin wiederum eingelegten Revisionen hat das BSG die Rechtsprechung des – nicht mehr für die gesetzliche Rentenversicherung zuständigen – 4. Senats inzwischen ausdrücklich aufgegeben (vgl. Urteile des 5. Senats vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R, zitiert nach juris; der 13. Senat des BSG hatte zuvor auf Anfrage mitgeteilt, an der Rechtsprechung des 4. Senats nicht festhalten zu wollen, vgl. Beschluss vom 26. Juni 2008 – B 13 R 9/08 S –). In den Urteilen vom 14. August 2008 (vgl. nachfolgend auch Urteil vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R –, zitiert nach juris) hat der 5. Senat des BSG eingehend dargelegt, dass und aus welchen Gründen abweichend von der Auffassung des 4. Senats die Regelung des § 77 Abs. 2 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung eine Minderung des Zugangsfaktors auch bei der Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrenten vor dem vollendeten 60. Lebensjahr anordnet und dies auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Der Senat folgt dieser Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteile des Senats vom 29. Januar 2009 – L 8 R 600/08 – und 23. April 2009 – L 8 R 592/08 –, Beschluss vom 15. Mai 2009 – L 8 R 1614/07; so auch Beschlüsse des 16. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2008 – L 16 R 1023/07 – und vom 17. Dezember 2008 – L 16 R 323/08 –, zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den Zugangsfaktor für die Rentenbewilligung ab 01. Juli 2002 zutreffend berechnet; insbesondere hat sie unter Beachtung der Übergangsvorschrift des § 264 e SGB VI für die ab 01. Juli 2002 und damit vor dem 1. Januar 2004 bewilligte Rente die Minderung des Zugangsfaktors nur im eingeschränkten Umfang vorgenommen. Der Senat sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der hier vorgenommenen Auslegung nicht als verfassungswidrig an. Zwar ist der Rentenanspruch ebenso wie die Rentenanwartschaft aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung institutionell durch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) geschützt. Die Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Solange er die zum Begriff des Eigentums gehörende grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis und die Grenze der Verhältnismäßigkeit beachtet, hat er dabei einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, s. – auch zum folgenden – etwa den Beschluss vom 24. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. – mit zahlreichen Nachweisen sowie Nichtannahmebeschluss vom 05. Februar 2009 – 1 BvR 1631/04 –; außerdem im besonderen BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R). In bestehenden Rentenanwartschaften ist von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Denn das Rentenversicherungsverhältnis beruht stets nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Die hier anzuwendenden Vorschriften über den Zugangsfaktor bestimmen das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Sie dienen einem Gemeinwohlzweck und sind zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich. Der Gesetzgeber hat mit ihnen (unter anderem) das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren. Die Vorschriften sind angesichts dessen schon deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie ersichtlich dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den unter anderem durch die demografische Entwicklung veränderten Bedingungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen. Die Verminderung der "Rentenhöhe", die auf der Verringerung des Zugangsfaktors beruht, wird zudem teilweise neutralisiert und damit umso mehr zumutbar. Denn zeitgleich mit den geänderten Vorschriften über den Zugangsfaktor wurde die Grenze für die Bestimmung der Länge der (rentensteigernd wirkenden) Zurechnungszeit von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres heraufgesetzt (§§ 59, 253 a SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Dies kommt gerade Personen wie der Klägerin zugute, die relativ lange vor dem Erreichen der Altersgrenze für die Gewährung einer Altersrente erwerbsgemindert geworden sind. Die hier anzuwendenden Vorschriften verletzten auch nicht das Differenzierungsgebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), indem Versicherte den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung im Gegensatz zu Versicherten, die eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen wollen, nicht willentlich selbst bestimmen können. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass er den "Rentenabschlag" auf maximal 10,8 % begrenzt und – wie bereits erwähnt – die rentensteigernd wirkenden Zurechnungszeiten erhöht hat. Versicherte, die erwerbsgemindert sind, werden folglich bereits "ungleich" im Verhältnis zu den Altersrentnern behandelt. Gründe, die eine noch weitergehendere Ungleichbehandlung erfordern würden, sind nicht zu erkennen. Dies im Besonderen deshalb, weil der Gesetzgeber auf diese Weise vermeidet, dass – dann möglicherweise gerade sachwidrig – die von ihm angestrebte Abwendung von Finanzierungsschwierigkeiten für die gesetzliche Rentenversicherung durch längere Rentenlaufzeiten allein zu Lasten der Altersrentner geht. Angesichts der umfassenden und nach Auffassung des Senats überzeugenden auch verfassungsrechtlichen Erörterung der auch vorliegend maßgeblichen Rechtslage in den angeführten Entscheidungen des 5. Senats des BSG besteht entgegen der von dem Bevollmächtigten geäußerten Auffassung kein Anlass, das Verfahren zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch – SGB X – darüber, ob die der Klägerin ab 01. Juli 2002 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des ungeminderten Zugangsfaktors 1 oder mit dem von der Beklagten zugrunde gelegten Zugangsfaktor 0,943 zu berechnen ist.
Die 1953 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie zog im Jahre 1969 nach Deutschland. Den ersten Pflichtbeitrag zur deutschen Rentenversicherung entrichtete sie im Februar 1970. Seit August 1993 war sie im Wesentlichen arbeitslos und bezog Sozialleistungen. Im Konto der Klägerin sind außerdem Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit vermerkt. Sie war zweimal verheiratet und hat 5 Kinder, die 1973, 1979, 1987, 1989 und 1991 geboren sind. Sie bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von anfangs 20 % (Bescheid vom 25. Juni 1992) und seit Dezember 1995 von 30 % (Bescheid vom 21. Februar 1996).
Auf den Rentenantrag vom 27. Juni 2002 gewährte die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 08. Oktober 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 01. Juli 2002 auf der Grundlage des Eintritts von voller Erwerbsminderung im Juni 2002. Aus dem geklärten Versicherungsverlauf der Klägerin errechnete die Beklagte 40,6806 Entgeltpunkte, die in Anwendung von §§ 77 Abs. 2, 264c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,943 zu 38,3618 persönlichen Entgeltpunkten führten. Daraus errechnete sich eine Rente von (anfangs) 992,04 Euro, die nach teilweiser Anrechnung der Rente aus der Unfallversicherung zu einem Rentenanspruch von 880,34 Euro führte. In die Rentenberechnung ging eine (gegenüber dem Rechtszustand bis 31. Dezember 2000 erhöhte) Zurechnungszeit bis zum 31. Dezember 2011 ein (§§ 59, 253a SGB VI). Den Rentenbescheid griff die Klägerin nicht an.
Die nachfolgenden Bescheide vom 30. Dezember 2004, 09. Juni 2005 sowie vom 26. Oktober 2005 betrafen jeweils nur die Frage der Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung, änderten hingegen die individuellen Grundlagen der Rentenberechnung (persönliche Entgeltpunkte und Zugangsfaktor) nicht.
Der von der Klägerin erstrebte Versorgungsausgleich aus ihrer zweiten (am 06. Oktober 1991 geschlossenen und durch Urteil des Landgerichts B vom 05. Februar 2002 geschiedenen) Ehe führte nach dem rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts P/W vom 28. Oktober 2005 zu dem Ergebnis, dass ein Versorgungsausgleich nicht vorzunehmen war.
Der durchgeführte Versorgungsausgleich für die erste (am 25. Februar 1972 geschlossene und mit Urteil des Landgerichts B vom 15. April 1986 geschiedene) Ehe hatte nach dem seit 30. Oktober 2006 rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts P/W vom 01. Juni 2006 zum Ergebnis, dass aus der Ehezeit vom 01. Februar 1972 bis 30. April 1985 zugunsten der Klägerin Rentenanwartschaften von 8,21 Euro und aus der VBL 111,69 Euro zu übertragen waren.
Aus diesen zu übertragenden Anwartschaften errechneten sich 6,6418 bzw. 0,4883 Entgeltpunkte.
Die zusätzlichen Entgeltpunkte bezüglich der VBL berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2006 ab 01. November 2006. Aus den danach sich ergebenden (40,6806 + 6,6418 =) 47,3224 Entgeltpunkten errechneten sich auf der Grundlage des schon bisher berücksichtigten geminderten Zugangsfaktors von 0,943 persönliche Entgeltpunkte von 44,6250 (vgl. Anlage 6 zum Bescheid). Die danach sich ab 01. November 2006 ergebende Rente von 1.166,05 Euro führte nach anteiliger Berücksichtigung der UV-Rente zu einem Rentenanspruch von 975,54 Euro und zusammen mit dem Zuschuss zur Krankenversicherung zu einem monatlichen Zahlbetrag von 1.046,76 Euro.
Die mit dem Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 ab 01. Januar 2007. Es errechneten sich nunmehr (40,6806 + 6,6418 + 0,4883 =) 47,8107 Entgeltpunkte, die in Multiplikation mit dem geminderten Zugangsfaktor von 0,9430 zu 45,0855 persönlichen Entgeltpunkten führten. Daraus errechnete sich eine Rente von 1.178,08 Euro, die nach Einkommensanrechnung zu einem Rentenanspruch von 987,57 Euro und zuzüglich des Krankenversicherungszuschusses zu einem monatlichen Zahlbetrag von 1.059,67 Euro führte.
Beide Bescheide griff die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 13. Januar 2007 insoweit an, als sie unter Bezugaufnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 16. Mai 2006 (– B 4 RA 22/05 R – in SozR 4-2600 § 77 Nr. 3) die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. November 2006 ohne Minderung des Zugangsfaktors wegen vorzeitiger Inanspruchnahme nach § 77 Abs. 2 SGB VI beanspruchte.
Ergänzend beantragte sie mit dem am 21. März 2007 bei der Beklagten eingegangenen Schriftsatz vom 19. März 2007, "gemäß § 44 SGB X die Rentenbescheide ab 08. Oktober 2006 (gemeint 08. Oktober 2004) zu überprüfen".
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 als unbegründet zurück, da sie dem zitierten Urteil des 4. Senats des BSG über den Einzelfall hinaus nicht folge und an ihrer (bisherigen) Auslegung und Anwendung des § 77 SGB VI festhalte.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 07. Mai 2007 zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen und unter S 13 R 3783/07 registrierten Klage gewandt, mit der sie die Berechnung der ihr zustehenden Rente ohne Minderung des Zugangsfaktors beansprucht (dieses Verfahren ist nach klageabweisendem Urteil vom 10. Januar 2008 nunmehr im Berufungsverfahren L 3 R 182/08 anhängig).
Zwischenzeitlich erließ die Beklagte nach der Klageerhebung zu den Bescheiden vom 18. und 19. Dezember 2006 zu dem Überprüfungsantrag der Klägerin den Bescheid vom 30. Mai 2007, mit dem sie eine Korrektur der Rentengewährung für die früheren Bewilligungszeiträume ablehnte. Dazu führte sie aus, dass sie keine Veranlassung zur Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 08. Oktober 2004 in der Fassung der Folgebescheide sehe, weil die angegriffene Rentenberechnung unter Minderung des Zugangsfaktors von 1,0 zu Recht erfolgt sei, wie sich aus § 77 Abs. 2 i. V. m. der Übergangsregelung in § 264c SGB VI ergebe. Die Rechtsauffassung des 4. Senats des BSG in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 werde von den Trägern der Rentenversicherung nicht geteilt, und über den Einzelfall hinaus werde ihr nicht gefolgt. Nach Hinweis der 13. Kammer des SG Berlin, dass dieser Bescheid nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens werde, weil verschiedene Leistungszeiträume betroffen seien, wies die Beklagte den anschließend von der Klägerin eingelegten Widerspruch gegen den Überprüfungsbescheid vom 30. Mai 2007 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit einer weiteren am 03. Januar 2008 zum SG Berlin erhobenen Klage gewandt und ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat dazu, wie schon in dem vor der 13. Kammer anhängigen Verfahren, ausführlich ihre auf das angeführte Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 gestützte Auffassung dargelegt, dass eine zutreffende Rechtsauslegung ihr Begehren stütze und auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei.
Das SG hat die Klage mit dem hier angefochtenen Urteil vom 13. Oktober 2008 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 seien Gegenstand des gesonderten Verfahrens S 13 R 3783/07 und beträfen den Zeitraum der Rentengewährung ab 01. November 2006, sodass streitgegenständlich im vorliegenden Verfahren der davor liegende Zeitraum ab 01. Juli 2002 sei. Die zulässige Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin habe für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheides vom 08. Oktober 2004 in der Fassung der Folgebescheidung und Rentenneuberechnung. Unabhängig davon, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 44 SGB X nicht vorlägen, könne der Antrag der Klägerin schon deshalb teilweise keinen Erfolg haben, weil die auf 4 Jahre begrenzte Rückwirkung die von der Klägerin beanspruchte Neuberechnung und günstigere Rentengewährung bereits ab 01. Juli 2002 nicht zulasse. Die Beklagte habe die Berechnung der der Klägerin ab 1. Juli 2002 gewährten Rente zutreffend unter Minderung des Zugangsfaktors um 0,057 vorgenommen. Der Auffassung des 4. Senats des BSG in dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 16. Mai 2006, wonach eine Kürzung des Zugangsfaktors bei Erwerbsminderungsrenten für Bezugszeiten vor Beendigung des 60. Lebensjahres nicht zulässig sei, könne – was näher ausgeführt wird – nicht gefolgt werden. Die von diesem Urteil abweichende Rechtsauffassung und Praxis der Rentenversicherungsträger finde ihre Stütze im Wortlaut des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI, in dem Zusammenhang mit anderen Regelungen dieser Norm und anderer Vorschriften, ihrer Entstehungsgeschichte und den aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Regelungsabsichten des Gesetzgebers, der eine Anpassung der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit an die Höhe der vorzeitig in Anspruch genommenen Altersrenten beabsichtigt habe, um Ausweichreaktionen entgegenwirken zu können. Die geänderte Fassung des § 77 SGB VI sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das BSG habe in Gestalt der nunmehr zuständigen Senate im Übrigen die bisherige Rechtsauslegung aufgegeben, wie sich aus den Entscheidungen des 5. Senats des BSG vom 14. August 2008 ergebe.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21. November 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2008 (ein Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie trägt erneut ausführlich ihre Rechtsauffassung zur Anwendung des § 77 Abs. 2 SGB VI vor und meint, nur die vom 4. Senat des BSG in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 dargelegte Auslegung des § 77 SGB VI sei verfassungsrechtlich zulässig und geboten. Die geänderte Rechtsprechung durch den 5. Senat werde diesen Maßgaben nicht gerecht. Insoweit sei inzwischen auch eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur dauerhaften Minderung des Zugangsfaktors bei vorgezogenen Altersrenten könne für Sachverhalte wie den vorliegenden nicht nutzbar gemacht werden, weil die Freiwilligkeit im Falle der Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente nicht gegeben sei.
Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08. Oktober 2004 teilweise zurückzunehmen und ihr ab 01. Juli 2002 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Zugangsfaktor von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das der Sach- und Rechtslage entspreche und verweist dazu auf die Entscheidungen des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 14. August 2008.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte (4 Bde., Versicherungsnummer: ) sowie die zur Einsichtnahme beigezogene Gerichtsakte L 3 R 182/08, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, da sich die Beteiligten mit diesem Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann nicht die teilweise Rücknahme des Bescheides vom 8. Oktober 2004 und eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung für den vorliegend streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 31. Oktober 2006 beanspruchen. Einer Entscheidung über den Überprüfungsbescheid im vorliegenden Verfahren steht § 96 SGG nicht entgegen, da der Überprüfungsbescheid mit dem von ihm nur angesprochenen Leistungszeitraum im Hinblick auf die gesonderte Anfechtung für die Bewilligung ab 1. November 2006 nicht kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens vor der 13. Kammer des SG geworden ist. Gegenstand des Überprüfungsverfahrens gemäß § 44 SGB X ist allein der die Rente bewilligende Bescheid vom 8. Oktober 2004. Entgegen den Ausführungen der Beteiligten und des SG sind in der Folge bis zum Erlass der gesondert angefochtenen Bescheide vom 18. und 19. Dezember 2006 keine weiteren die Rentenhöchstwertfestsetzung regelnden Bescheide ergangen; eine "Neufeststellung" ist nicht erfolgt. Lediglich bezüglich eines Anspruchs auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung, also eines anderen nicht den Rentenanspruch betreffenden Regelungsgegenstandes, sind "Folgebescheide" erlassen worden. Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X – ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 8. Oktober 2004 das Recht – hier insbesondere § 77 SGB VI – richtig angewandt und ist auch von dem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen mit der Folge, dass der ablehnende Überprüfungsbescheid vom 30. Mai 2007 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2007 rechtmäßig ist. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich gemäß §§ 63 Abs. 6, 64 Nr. 1 – 3 SGB VI, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Der Zugangsfaktor ist ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 SGB VI), dessen Höhe in § 77 SGB VI (ggf. in Verbindung mit § 264 c SGB VI) näher geregelt ist. Maßgebend ist im Falle der Klägerin die Fassung der Norm durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I Seite 1827). Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, ob die vom Versicherten während des Erwerbslebens erzielten Entgeltpunkte im vollen Umfang oder nur zu einem Anteil bei der Ermittlung des Monatsbetrages der Rente zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die (wie vorliegend) noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI unter anderem bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0. Die im Juni 1953 geborene Klägerin hatte unzweifelhaft bei Beginn der ihr bewilligten Rente wegen Erwerbsminderung das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – wie im Falle der Klägerin – darüber hinaus schon vor Vollendung des 60. Lebensjahres, so bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 60. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" maßgebend ist. Diese Regelung beinhaltet entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Ausschluss einer Kürzung eines Zugangsfaktors für Bezieher von Erwerbsminderungsrenten vor Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern begrenzt die Kürzung auf maximal 36 x 0,003 = 0,108. Dafür sprechen Wortlaut und systematische Stellung des § 77 SGB VI, ferner Sinn und Zweck, systematischer Gesamtzusammenhang und Entstehungsgeschichte der Norm, wie das SG ausführlich und zutreffend dargelegt hat. Auf die betreffenden Ausführungen des SG (Seite 8ff des angefochtenen Urteils) kann daher zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Diesen Ausführungen kann die Klägerin auch entnehmen, weshalb sie aus dem von ihr herangezogenen Urteil des BSG vom 16. Mai 2006 – B 4 RA 22/05 R – nichts zu ihren Gunsten herleiten kann. Die Instanzgerichte sind diesem Urteil fast ausnahmslos nicht gefolgt. Aufgrund der daraufhin wiederum eingelegten Revisionen hat das BSG die Rechtsprechung des – nicht mehr für die gesetzliche Rentenversicherung zuständigen – 4. Senats inzwischen ausdrücklich aufgegeben (vgl. Urteile des 5. Senats vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R, zitiert nach juris; der 13. Senat des BSG hatte zuvor auf Anfrage mitgeteilt, an der Rechtsprechung des 4. Senats nicht festhalten zu wollen, vgl. Beschluss vom 26. Juni 2008 – B 13 R 9/08 S –). In den Urteilen vom 14. August 2008 (vgl. nachfolgend auch Urteil vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R –, zitiert nach juris) hat der 5. Senat des BSG eingehend dargelegt, dass und aus welchen Gründen abweichend von der Auffassung des 4. Senats die Regelung des § 77 Abs. 2 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung eine Minderung des Zugangsfaktors auch bei der Inanspruchnahme von Erwerbsminderungsrenten vor dem vollendeten 60. Lebensjahr anordnet und dies auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Der Senat folgt dieser Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteile des Senats vom 29. Januar 2009 – L 8 R 600/08 – und 23. April 2009 – L 8 R 592/08 –, Beschluss vom 15. Mai 2009 – L 8 R 1614/07; so auch Beschlüsse des 16. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 15. Dezember 2008 – L 16 R 1023/07 – und vom 17. Dezember 2008 – L 16 R 323/08 –, zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den Zugangsfaktor für die Rentenbewilligung ab 01. Juli 2002 zutreffend berechnet; insbesondere hat sie unter Beachtung der Übergangsvorschrift des § 264 e SGB VI für die ab 01. Juli 2002 und damit vor dem 1. Januar 2004 bewilligte Rente die Minderung des Zugangsfaktors nur im eingeschränkten Umfang vorgenommen. Der Senat sieht § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der hier vorgenommenen Auslegung nicht als verfassungswidrig an. Zwar ist der Rentenanspruch ebenso wie die Rentenanwartschaft aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung institutionell durch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) geschützt. Die Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Solange er die zum Begriff des Eigentums gehörende grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis und die Grenze der Verhältnismäßigkeit beachtet, hat er dabei einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, s. – auch zum folgenden – etwa den Beschluss vom 24. November 2008 – 1 BvL 3/05 u. a. – mit zahlreichen Nachweisen sowie Nichtannahmebeschluss vom 05. Februar 2009 – 1 BvR 1631/04 –; außerdem im besonderen BSG, Urteile vom 25. November 2008 – B 5 R 112/08 R und vom 14. August 2008, u. a. B 5 R 32/07 R). In bestehenden Rentenanwartschaften ist von vornherein die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Denn das Rentenversicherungsverhältnis beruht stets nicht allein auf dem Versicherungsprinzip, sondern auch auf dem Gedanken der Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Die hier anzuwendenden Vorschriften über den Zugangsfaktor bestimmen das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Sie dienen einem Gemeinwohlzweck und sind zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich. Der Gesetzgeber hat mit ihnen (unter anderem) das Ziel verfolgt, das Versicherungsrisiko der unterschiedlich langen Rentenbezugsdauer mit Hilfe versicherungsmathematischer Abschläge zu neutralisieren. Die Vorschriften sind angesichts dessen schon deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, weil sie ersichtlich dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den unter anderem durch die demografische Entwicklung veränderten Bedingungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen. Die Verminderung der "Rentenhöhe", die auf der Verringerung des Zugangsfaktors beruht, wird zudem teilweise neutralisiert und damit umso mehr zumutbar. Denn zeitgleich mit den geänderten Vorschriften über den Zugangsfaktor wurde die Grenze für die Bestimmung der Länge der (rentensteigernd wirkenden) Zurechnungszeit von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres heraufgesetzt (§§ 59, 253 a SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung). Dies kommt gerade Personen wie der Klägerin zugute, die relativ lange vor dem Erreichen der Altersgrenze für die Gewährung einer Altersrente erwerbsgemindert geworden sind. Die hier anzuwendenden Vorschriften verletzten auch nicht das Differenzierungsgebot des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), indem Versicherte den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung im Gegensatz zu Versicherten, die eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen wollen, nicht willentlich selbst bestimmen können. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass er den "Rentenabschlag" auf maximal 10,8 % begrenzt und – wie bereits erwähnt – die rentensteigernd wirkenden Zurechnungszeiten erhöht hat. Versicherte, die erwerbsgemindert sind, werden folglich bereits "ungleich" im Verhältnis zu den Altersrentnern behandelt. Gründe, die eine noch weitergehendere Ungleichbehandlung erfordern würden, sind nicht zu erkennen. Dies im Besonderen deshalb, weil der Gesetzgeber auf diese Weise vermeidet, dass – dann möglicherweise gerade sachwidrig – die von ihm angestrebte Abwendung von Finanzierungsschwierigkeiten für die gesetzliche Rentenversicherung durch längere Rentenlaufzeiten allein zu Lasten der Altersrentner geht. Angesichts der umfassenden und nach Auffassung des Senats überzeugenden auch verfassungsrechtlichen Erörterung der auch vorliegend maßgeblichen Rechtslage in den angeführten Entscheidungen des 5. Senats des BSG besteht entgegen der von dem Bevollmächtigten geäußerten Auffassung kein Anlass, das Verfahren zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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