L 19 B 15/09 AL

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 11/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 15/09 AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.04.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Erlass von Forderungen.

Mit Antrag an die Beklagte vom 10.09.2009 hat die Klägerin unter Hinweis auf schlechte berufliche Perspektiven sowie aktuellen Sozialleistungsbezug beantragt, gegen sie bestehende Forderungen (4.834,39 EUR) niederzuschlagen, hilfsweise diese auf unbestimmte Zeit zu stunden.

Mit Bescheid vom 29.09 2008 hat die Beklagte den Erlass der Forderung unter Hinweis auf § 76 Abs. 2 Nr. 4 SGB IV abgelehnt und der Klägerin eine Tilgung in monatlichen Raten in Höhe von 35,00 EUR ab dem 01.11.2008 bei Stundung im Übrigen nachgelassen.

Ihren Widerspruch hiergegen hat die Klägerin unter Hinweis auf ihre schlechte finanzielle Situation begründet. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Auf die Begründung der Entscheidung wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 09.04.2009 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die am 19.01.2009 erhobene Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2008 wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt und zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen den am 17.04.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.04.2009 vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.04.2009 eingelegte Beschwerde, die trotz zwischenzeitlich gewährter Akteneinsicht und mehrerer Aufforderungen unbegründet geblieben ist. Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung weist nicht die nach §§ 73 a SGG, 114 ff. ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht auf. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2008 entspricht den Anforderungen seiner Rechtsgrundlage in § 76 Abs. 2 SGB IV. Hiernach darf der Versicherungsträger Ansprüche nur

1. stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird,

2. niederschlagen, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruches stehen,

3. erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; ...
Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.

Bei der von der Klägerin begehrten Entscheidung handelt es sich, obgleich sie nach dem Wortlaut von § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB IV die vorherige Feststellung einer Unbilligkeit nach Lage des einzelnen Falles voraussetzt, um eine Ermessensentscheidung, die auch hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung den Regeln der Überprüfung von Ermessensentscheidungen unterfällt (Urteil des BSG vom 09.02.1995, SozR 3 - 4427, § 5 Nr. 1 = NZS 1996, 39 zu § 59 Abs. 1 BHO; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 16.02.2001 - L 4 KR 3649/00; Urteil des LSG NRW vom 23.01.1997 - L 16 KR 121/96 - zur Verengung des Ermessensspielraumes beim Erlass von Beitragsforderungen). Damit folgt die Rechtsprechung der Sozialgerichte einer Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Bundesgerichte (Entscheidung vom 19.10.1971 - GmS - OGB 3/70 = BGHZ 58, 399 f. zu § 131 Abs. 1 S. 1 AO - Abgabenordnung - jetzt § 227 Abs. 1 Halbsatz 1 AO 1977). Hiernach ist hinsichtlich der Begriffe "unbillig" und der Handlungsanweisung "darf" von einer unlösbaren Verbindung auszugehen, wobei der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich dergestalt hineinragt, dass der Maßstab der Billigkeit Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimmt.

Diese Maßstäbe hat die Beklagte nach der Formulierung ihrer Entscheidung erkannt und in einer nicht zu beanstandenden Ermessensentscheidung angewendet. Bei der Prüfung des Vorliegens einer Unbilligkeit hat die Beklagte die hierzu vorzunehmende Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Versichertengemeinschaft mit denen der Klägerin (zum Maßstab vgl. von Boetticher in jurisPK - SGB IV, § 76 Rn. 29) vorgenommen.

Insoweit die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung hierbei das relativ geringe Lebensalter der Klägerin und die teils nur vorübergehenden Hindernisse der Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit gegen fiskalische Interessen, die Forderung nicht endgültig zu verlieren, abgewogen hat, ist diese Entscheidung weder hinsichtlich der berücksichtigten Gesichtspunkte noch hinsichtlich des Abwägungsprozesses zu beanstanden.

Soweit die Beklagte die Forderung auf der Grundlage von § 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB IV vorläufig gestundet und der Klägerin eine Ratenzahlung nachgelassen hat, hat sie der derzeitig schlechten wirtschaftlichen Situation der Klägerin Rechnung getragen und ist bereits von dem in § 76 Abs. 2 SGB IV vorgesehenen gesetzlichen Regelfall der Stundung gegen angemessene Verzinsung und Sicherheitsleistung abgewichen.

Der Klägerin ist es unbenommen, zur Existenzgefährdung durch Zahlung der zunächst vorgesehenen Monatsraten von 35,00 EUR - konkret und mit Belegen - vorzutragen, um so eine Verringerung der Ratenhöhe zu erreichen.

Kosten des Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahrens sind nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Rechtskraft
Aus
Saved