Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
18
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 (16) SB 39/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Auf die Erinnerung des Beklagten vom 24.02.2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 07.01.2009 geändert. Kostenschuldner ist der Kreis Düren. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Gründe:
I. Streitig ist zum einen, wer richtiger Kostenschuldner ist und zum anderen die Höhe von Verfahrens- und fiktiver Terminsgebühr.
In dem zugrunde liegenden Verfahren klagte der Kläger gegen die Herabsetzung eines GdB. Die Klage war gerichtet gegen das Land Nordrhein-Westfalen als damaligen Träger der Versorgungsverwaltung (vertreten durch die Bezirksregierung Münster). Nachdem der Kläger sich im Vorverfahren durch die Sozietät U. und Kollegen hatte vertreten lassen, wechselte er während des Klageverfahrens den Bevollmächtigten. Das Verfahren endete am 20.12.2007 durch schriftliche Annahme eines ebenfalls schriftlichen Anerkenntnisses – auch hinsichtlich der Kosten.
Mit Gesetz vom 30.10.2007 löste das Land Nordrhein-Westfalen die Versorgungsämter mit Wirkung zum 01.01.2008 auf und übertrug die von diesen bis dahin wahrgenommenen Aufgaben nach §§ 69, 145 SGB IX den Kreisen und kreisfreien Städten. Mit Vereinbarung vom 02.01.2008 übertrug der Kreis Düren die Prozessführung insbesondere in anhängigen Klageverfahren der Bezirksregierung Münster.
Auf Antrag der Klägerin vom 21.04.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 07.01.2009 die zu erstattenden Kosten in Höhe von 559,30 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.04.2008 fest. Dabei berücksichtigte er eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG sowie eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG jeweils in Höhe der Mittelgebühr. Der Beschluss ging der Bezirksergierung Münster am 29.01.2009 zu.
Am 24.02.2009 hat die Bezirksregierung Münster Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt. Nach der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung bestehe kein Kostenanspruch gegenüber dem Land. Da auch im Vorverfahren eine anwaltliche Vertretung erfolgt sei, komme als Verfahrensgebühr nur die Nr. 3103 VV-RVG in Betracht. Hinsichtlich der Terminsgebühr seien die Kriterien des § 14 RVG einzeln zu prüfen. Da Umfang und Schwierigkeit der Annahme eines Anerkenntnisses gleich "0" seien, sei die Mittelgebühr um die Hälfte der Differenz von Mindest- und Mittelgebühr abzusenken.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Erinnerung ist im Hinblick auf die Kostenschuldnerschaft begründet, im Hinblick auf die Gebührenhöhe unbegründet.
Aufgrund der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung zum 01.01.2008 (vgl. hierzu grundlegend Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2008, L 6 SB 101/06; Urteil vom 05.03.2008, L 10 SB 40/06; Sozialgericht - SG - Aachen, Urteil vom 11.02.2008, S 18 SB 187/06) ist die Kostenschuldnerschaft für das bereits am 20.12.2007 abgeschlossene Verfahren auf den Kreis Düren übergegangen. Damit war der Kreis Düren auch richtiger Beteiligter des Erinnerungsverfahrens auf Beklagtenseite. Er wurde in diesem Verfahren wirksam durch die Bezirksregierung Münster vertreten. Die durch die Bezirksregierung Münster am 15.07.2008 eingelegte Erinnerung ist damit wirksam und innerhalb der Monatsfrist des § 197 Abs. 2 SGG eingelegt worden.
Das SG Dortmund hat allerdings mit Beschluss vom 15.07.2008 (S 7 SB 357/05) entschieden, dass eine Kostentragungspflicht einer Kommune in vergleichbaren Fällen deshalb ausscheide, weil das sog. Straffungsgesetz einen Übergang der Kostenlast aus abgeschlossenen Verfahren nicht ausdrücklich vorsehe. Tatsächlich ist keine ausdrückliche Regelung zum Übergang der Kostenlast ersichtlich. Das Zweite Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 und insbesondere das als dessen Art. 1 erlassene Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen befasst sich ausdrücklich nur mit Fragen der Aufgabenübertragung u.a. nach den §§ 69, 145 SGB IX, mit personalrechtlichen Maßnahmen und mit Kostenfolgen (vgl. die entsprechenden Überschriften im Gesetzestext). Der Abschnitt zu den Kostenfolgen wiederum beschäftigt sich fast ausschließlich mit Personalkosten. Auch aus § 23 Abs. 4 und § 24 ergibt sich nichts anderes (vgl. hierzu die Begründung des Gesetzesentwurfs, LT-Drs. 14/4342). Wenn im Haushaltsplan 2008 den Kommunen eine "im Rahmen der den Kreisen und kreisfreien Städten. übertragenen Aufgaben in Versorgungs- und Schwerbehindertenangelegenheiten zu verwenden(de)" Pauschale u.a. für "Kosten nach dem Sozialgerichtsgesetz" gewährt wird (vgl. die Erläuterungen zu Titel 633 10, Kapitel 11 320, Haushaltsplan NRW 2008), so lässt dies ebenfalls keinen Schluss auf eine bewusste Übertragung auch der Kostenschuld aus in 2007 bereits abgeschlossenen Verfahren auf die Kommunen durch den Landesgesetzgeber zu.
Eine ausdrückliche Regelung zum Übergang der Kostenlast ist aber nicht erforderlich. Denn das Zweite Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 verfolgt offensichtlich eine umfassende Aufgabenübertragung im Sinne einer Funktionsnachfolge. Mangels gegenteiliger Regelung sind davon auch Folge- und Begleitfragen wie die Kostentragung für abgeschlossene Klageverfahren und - daraus folgend - die Zuständigkeit für Streitigkeiten hierüber erfasst (vgl. zum Fall eines Rechtsstreits über die Kosten eines abgeschlossenen Vorverfahrens SG Aachen, Urteil vom 15.05.2008, S 18 SB 19/08).
Dem steht nicht entgegen, dass die Gebührenforderung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2, 2.Alt. RVG mit Abschluss des Rechtszugs und damit hier vor dem Zeitpunkt der Funktionsnachfolge fällig wurde. Denn dies bedeutet nicht, dass jene im Folgenden nicht auf die Kommune übergehen konnte. Die Gebührenforderung wurde mit Fälligkeit auch nicht eine "beliebige" Forderung gegen das damals beklagte Land. Sie war und blieb vielmehr eine Gebührenforderung aus einem schwerbehindertenrechtlichen Rechtsstreit. Unmittelbar wird die Kostentragungspflicht zwar durch die Beteiligtenstellung im Verfahren (und ein zumindest teilweises Unterliegen) begründet. Die Beteiligtenstellung im Verfahren resultiert aber aus der Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung, die somit den eigentlichen Grund für die Kostentragung darstellt. Geht die Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung dann im Rahmen einer (als solchen umfassenden) Funktionsnachfolge über, so schlägt dies auf die Kostenlast für abgeschlossene Verfahren durch. So wie die Kommunen ohne Weiteres Verpflichtungen aus vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Klageverfahren umsetzen müssen, so müssen sie aufgrund des Zusammenhangs von Aufgabenwahrnehmung und Kostenschuldnerschaft auch die entsprechende Kostenlast übernehmen.
Entsprechend ist die Kommune dann im Erinnerungsverfahren richtiger Beteiligter auf Beklagtenseite. Gerade eine prozessuale Betrachtungsweise bestätigt dieses Ergebnis. Denn untechnisch gesprochen wird das Verfahren zwar nicht in der Hauptsache, wohl aber in einer Neben- bzw. Folgefrage, nämlich der der Kostenfestsetzung, weitergeführt. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein "Annex" zum Klageverfahren (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 197 Rdnr. 4). Wenn aber "das Verfahren" weitergeführt wird, dann ist es naheliegend, dass eine zwischenzeitlich erfolgte Funktionsnachfolge wie bei einer anhängigen Hauptsache zum Beteiligtenwechsel führt.
Der im Fall des Klägers danach ab dem 01.01.2008 zuständige Kreis Düren wurde im Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren zulässigerweise durch die Bezirksregierung Münster aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kreis Düren und der Bezirksregierung Münster vom 02.01.2008 vertreten. Gemäß § 1 Abs. 1 der Vereinbarung bearbeitet die Bezirksregierung Münster all diejenigen Streitverfahren, in denen der Ausgangsbescheid aus der Zeit vor dem 01.01.2008 stammt. Das war in dem hier zugrunde liegenden Rechtsstreit der Fall. Die Vollmacht erstreckt sich gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 auf "alle(r) Handlungen im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens". Außerdem heißt es unter § 3 Abs. 4 ausdrücklich, dass die Bezirksregierung Münster "für die Entscheidung dem Grunde und der Höhe nach im Zusammenhang mit der Erstattung von Anwalts- und Gerichtskosten" zuständig ist. Aus der Vereinbarung kann insgesamt gefolgert werden, dass - unter Beachtung der o.g. zeitlichen Zäsur - eine umfassende Vertretung vereinbart worden ist.
Das Rubrum war entsprechend von Amts wegen zu ändern (vgl. für den Fall einer Funktionsnachfolge während eines anhängigen Klageverfahrens Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 6a).
Wegen der des Weiteren streitigen Höhe von Verfahrens- und fiktiver Terminsgebühr wird auf die zutreffenden Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Bezug genommen, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen.
Die Verfahrensgebühr nach Ziffer 3103 VV-RVG setzt voraus, dass derselbe Bevollmächtigte bereits im vorangegangenen Verwaltungs– bzw. Widerspruchsverfahren tätig war. Denn Grund der Reduzierung des Gebührenrahmens ist, dass ein Rechtsanwalt im Fall einer vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungs– bzw. Widerspruchsverfahren aufgrund der dort erworbenen Sach- und Rechtskenntnis im gerichtlichen Verfahren einen geringeren Aufwand hat (vgl. Straßfeld, SGb 11/2008, S. 635, 637, rechte Spalte m.w.N.). Hier aber wurde der gegenwärtige Bevollmächtigte erst im Laufe des Klageverfahrens mandatiert. Die vorherige Tätigkeit der Sozietät Thuir und Kollegen brachte ihm keine "Sach- und Rechtskenntnis".
Eine Kürzung der fiktiven Terminsgebühr ist hier nicht angezeigt. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in einem Beschluss vom 03.11.2008 (L 7 B 289/07 AS) ausgeführt: " ...dass der Normgeber mit der VV RVG Nr. 3106 Nr. 3 eine Regelung gerade für den Fall geschaffen hat, dass "das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet". Er hat dabei nicht angeordnet, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nur die Annahme einer Mindestgebühr (oder einer geringfügig erhöhten Mindestgebühr) gerechtfertigt sei. Vielmehr hat der Normgeber hier einen Gebührenrahmen von 20,00 Euro bis 380,00 Euro eröffnet. Der Umstand, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, führt damit entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht dazu, dass stets von der Mindestgebühr auszugehen sei." Wenn der Beklagte hier vorträgt, er prüfe die Kriterien des § 14 RVG und komme eben aufgrund der Tatsache, dass Umfang und Schwierigkeit der Annahme eines Anerkenntnisses praktisch "0" seien, zu einer Reduzierung, so kommt dies einer automatischen Reduzierung der fiktiven Terminsgebühr gleich und steht deshalb nicht im Einklang mit dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen. Die beiden Kriterien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen deshalb – soweit sie allein auf die Annahme des Anerkenntnisses bezogen werden – außen vor bleiben (vgl. hierzu Straßfeld, SGb 12/2008, S. 705, 709, linke Spalte m.w.N.). Sonstige Anhaltspunkte für eine Kürzung der fiktiven Terminsgebühr sind nicht ersichtlich.
Der Beschluss ist endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG).
Gründe:
I. Streitig ist zum einen, wer richtiger Kostenschuldner ist und zum anderen die Höhe von Verfahrens- und fiktiver Terminsgebühr.
In dem zugrunde liegenden Verfahren klagte der Kläger gegen die Herabsetzung eines GdB. Die Klage war gerichtet gegen das Land Nordrhein-Westfalen als damaligen Träger der Versorgungsverwaltung (vertreten durch die Bezirksregierung Münster). Nachdem der Kläger sich im Vorverfahren durch die Sozietät U. und Kollegen hatte vertreten lassen, wechselte er während des Klageverfahrens den Bevollmächtigten. Das Verfahren endete am 20.12.2007 durch schriftliche Annahme eines ebenfalls schriftlichen Anerkenntnisses – auch hinsichtlich der Kosten.
Mit Gesetz vom 30.10.2007 löste das Land Nordrhein-Westfalen die Versorgungsämter mit Wirkung zum 01.01.2008 auf und übertrug die von diesen bis dahin wahrgenommenen Aufgaben nach §§ 69, 145 SGB IX den Kreisen und kreisfreien Städten. Mit Vereinbarung vom 02.01.2008 übertrug der Kreis Düren die Prozessführung insbesondere in anhängigen Klageverfahren der Bezirksregierung Münster.
Auf Antrag der Klägerin vom 21.04.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 07.01.2009 die zu erstattenden Kosten in Höhe von 559,30 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.04.2008 fest. Dabei berücksichtigte er eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG sowie eine (fiktive) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG jeweils in Höhe der Mittelgebühr. Der Beschluss ging der Bezirksergierung Münster am 29.01.2009 zu.
Am 24.02.2009 hat die Bezirksregierung Münster Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt. Nach der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung bestehe kein Kostenanspruch gegenüber dem Land. Da auch im Vorverfahren eine anwaltliche Vertretung erfolgt sei, komme als Verfahrensgebühr nur die Nr. 3103 VV-RVG in Betracht. Hinsichtlich der Terminsgebühr seien die Kriterien des § 14 RVG einzeln zu prüfen. Da Umfang und Schwierigkeit der Annahme eines Anerkenntnisses gleich "0" seien, sei die Mittelgebühr um die Hälfte der Differenz von Mindest- und Mittelgebühr abzusenken.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Erinnerung ist im Hinblick auf die Kostenschuldnerschaft begründet, im Hinblick auf die Gebührenhöhe unbegründet.
Aufgrund der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung zum 01.01.2008 (vgl. hierzu grundlegend Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2008, L 6 SB 101/06; Urteil vom 05.03.2008, L 10 SB 40/06; Sozialgericht - SG - Aachen, Urteil vom 11.02.2008, S 18 SB 187/06) ist die Kostenschuldnerschaft für das bereits am 20.12.2007 abgeschlossene Verfahren auf den Kreis Düren übergegangen. Damit war der Kreis Düren auch richtiger Beteiligter des Erinnerungsverfahrens auf Beklagtenseite. Er wurde in diesem Verfahren wirksam durch die Bezirksregierung Münster vertreten. Die durch die Bezirksregierung Münster am 15.07.2008 eingelegte Erinnerung ist damit wirksam und innerhalb der Monatsfrist des § 197 Abs. 2 SGG eingelegt worden.
Das SG Dortmund hat allerdings mit Beschluss vom 15.07.2008 (S 7 SB 357/05) entschieden, dass eine Kostentragungspflicht einer Kommune in vergleichbaren Fällen deshalb ausscheide, weil das sog. Straffungsgesetz einen Übergang der Kostenlast aus abgeschlossenen Verfahren nicht ausdrücklich vorsehe. Tatsächlich ist keine ausdrückliche Regelung zum Übergang der Kostenlast ersichtlich. Das Zweite Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 und insbesondere das als dessen Art. 1 erlassene Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen befasst sich ausdrücklich nur mit Fragen der Aufgabenübertragung u.a. nach den §§ 69, 145 SGB IX, mit personalrechtlichen Maßnahmen und mit Kostenfolgen (vgl. die entsprechenden Überschriften im Gesetzestext). Der Abschnitt zu den Kostenfolgen wiederum beschäftigt sich fast ausschließlich mit Personalkosten. Auch aus § 23 Abs. 4 und § 24 ergibt sich nichts anderes (vgl. hierzu die Begründung des Gesetzesentwurfs, LT-Drs. 14/4342). Wenn im Haushaltsplan 2008 den Kommunen eine "im Rahmen der den Kreisen und kreisfreien Städten. übertragenen Aufgaben in Versorgungs- und Schwerbehindertenangelegenheiten zu verwenden(de)" Pauschale u.a. für "Kosten nach dem Sozialgerichtsgesetz" gewährt wird (vgl. die Erläuterungen zu Titel 633 10, Kapitel 11 320, Haushaltsplan NRW 2008), so lässt dies ebenfalls keinen Schluss auf eine bewusste Übertragung auch der Kostenschuld aus in 2007 bereits abgeschlossenen Verfahren auf die Kommunen durch den Landesgesetzgeber zu.
Eine ausdrückliche Regelung zum Übergang der Kostenlast ist aber nicht erforderlich. Denn das Zweite Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 verfolgt offensichtlich eine umfassende Aufgabenübertragung im Sinne einer Funktionsnachfolge. Mangels gegenteiliger Regelung sind davon auch Folge- und Begleitfragen wie die Kostentragung für abgeschlossene Klageverfahren und - daraus folgend - die Zuständigkeit für Streitigkeiten hierüber erfasst (vgl. zum Fall eines Rechtsstreits über die Kosten eines abgeschlossenen Vorverfahrens SG Aachen, Urteil vom 15.05.2008, S 18 SB 19/08).
Dem steht nicht entgegen, dass die Gebührenforderung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2, 2.Alt. RVG mit Abschluss des Rechtszugs und damit hier vor dem Zeitpunkt der Funktionsnachfolge fällig wurde. Denn dies bedeutet nicht, dass jene im Folgenden nicht auf die Kommune übergehen konnte. Die Gebührenforderung wurde mit Fälligkeit auch nicht eine "beliebige" Forderung gegen das damals beklagte Land. Sie war und blieb vielmehr eine Gebührenforderung aus einem schwerbehindertenrechtlichen Rechtsstreit. Unmittelbar wird die Kostentragungspflicht zwar durch die Beteiligtenstellung im Verfahren (und ein zumindest teilweises Unterliegen) begründet. Die Beteiligtenstellung im Verfahren resultiert aber aus der Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung, die somit den eigentlichen Grund für die Kostentragung darstellt. Geht die Zuständigkeit für die Aufgabenwahrnehmung dann im Rahmen einer (als solchen umfassenden) Funktionsnachfolge über, so schlägt dies auf die Kostenlast für abgeschlossene Verfahren durch. So wie die Kommunen ohne Weiteres Verpflichtungen aus vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Klageverfahren umsetzen müssen, so müssen sie aufgrund des Zusammenhangs von Aufgabenwahrnehmung und Kostenschuldnerschaft auch die entsprechende Kostenlast übernehmen.
Entsprechend ist die Kommune dann im Erinnerungsverfahren richtiger Beteiligter auf Beklagtenseite. Gerade eine prozessuale Betrachtungsweise bestätigt dieses Ergebnis. Denn untechnisch gesprochen wird das Verfahren zwar nicht in der Hauptsache, wohl aber in einer Neben- bzw. Folgefrage, nämlich der der Kostenfestsetzung, weitergeführt. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein "Annex" zum Klageverfahren (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 197 Rdnr. 4). Wenn aber "das Verfahren" weitergeführt wird, dann ist es naheliegend, dass eine zwischenzeitlich erfolgte Funktionsnachfolge wie bei einer anhängigen Hauptsache zum Beteiligtenwechsel führt.
Der im Fall des Klägers danach ab dem 01.01.2008 zuständige Kreis Düren wurde im Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren zulässigerweise durch die Bezirksregierung Münster aufgrund der Vereinbarung zwischen dem Kreis Düren und der Bezirksregierung Münster vom 02.01.2008 vertreten. Gemäß § 1 Abs. 1 der Vereinbarung bearbeitet die Bezirksregierung Münster all diejenigen Streitverfahren, in denen der Ausgangsbescheid aus der Zeit vor dem 01.01.2008 stammt. Das war in dem hier zugrunde liegenden Rechtsstreit der Fall. Die Vollmacht erstreckt sich gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 auf "alle(r) Handlungen im Rahmen des Kostenausgleichsverfahrens". Außerdem heißt es unter § 3 Abs. 4 ausdrücklich, dass die Bezirksregierung Münster "für die Entscheidung dem Grunde und der Höhe nach im Zusammenhang mit der Erstattung von Anwalts- und Gerichtskosten" zuständig ist. Aus der Vereinbarung kann insgesamt gefolgert werden, dass - unter Beachtung der o.g. zeitlichen Zäsur - eine umfassende Vertretung vereinbart worden ist.
Das Rubrum war entsprechend von Amts wegen zu ändern (vgl. für den Fall einer Funktionsnachfolge während eines anhängigen Klageverfahrens Leitherer, a.a.O., § 99 Rdnr. 6a).
Wegen der des Weiteren streitigen Höhe von Verfahrens- und fiktiver Terminsgebühr wird auf die zutreffenden Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Bezug genommen, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen.
Die Verfahrensgebühr nach Ziffer 3103 VV-RVG setzt voraus, dass derselbe Bevollmächtigte bereits im vorangegangenen Verwaltungs– bzw. Widerspruchsverfahren tätig war. Denn Grund der Reduzierung des Gebührenrahmens ist, dass ein Rechtsanwalt im Fall einer vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungs– bzw. Widerspruchsverfahren aufgrund der dort erworbenen Sach- und Rechtskenntnis im gerichtlichen Verfahren einen geringeren Aufwand hat (vgl. Straßfeld, SGb 11/2008, S. 635, 637, rechte Spalte m.w.N.). Hier aber wurde der gegenwärtige Bevollmächtigte erst im Laufe des Klageverfahrens mandatiert. Die vorherige Tätigkeit der Sozietät Thuir und Kollegen brachte ihm keine "Sach- und Rechtskenntnis".
Eine Kürzung der fiktiven Terminsgebühr ist hier nicht angezeigt. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in einem Beschluss vom 03.11.2008 (L 7 B 289/07 AS) ausgeführt: " ...dass der Normgeber mit der VV RVG Nr. 3106 Nr. 3 eine Regelung gerade für den Fall geschaffen hat, dass "das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet". Er hat dabei nicht angeordnet, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nur die Annahme einer Mindestgebühr (oder einer geringfügig erhöhten Mindestgebühr) gerechtfertigt sei. Vielmehr hat der Normgeber hier einen Gebührenrahmen von 20,00 Euro bis 380,00 Euro eröffnet. Der Umstand, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, führt damit entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht dazu, dass stets von der Mindestgebühr auszugehen sei." Wenn der Beklagte hier vorträgt, er prüfe die Kriterien des § 14 RVG und komme eben aufgrund der Tatsache, dass Umfang und Schwierigkeit der Annahme eines Anerkenntnisses praktisch "0" seien, zu einer Reduzierung, so kommt dies einer automatischen Reduzierung der fiktiven Terminsgebühr gleich und steht deshalb nicht im Einklang mit dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen. Die beiden Kriterien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen deshalb – soweit sie allein auf die Annahme des Anerkenntnisses bezogen werden – außen vor bleiben (vgl. hierzu Straßfeld, SGb 12/2008, S. 705, 709, linke Spalte m.w.N.). Sonstige Anhaltspunkte für eine Kürzung der fiktiven Terminsgebühr sind nicht ersichtlich.
Der Beschluss ist endgültig (§ 197 Abs. 2 SGG).
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