L 5 AS 116/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AS 38/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 116/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zulassung - Beistand - Verwaltungsverfahren - einstweiliger Rechtsschutz
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 5.070,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen ihn als Beistand zurückweisenden Bescheid des Antragsgegners sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, dass er als Beistand oder Bevollmächtigter bei den Leistungsträgern des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) auftreten darf. Er ist nach eigenem Bekunden im Bereich Dienstleistungen für Empfänger von Leistungen nach dem SGB II entgeltlich geschäftsmäßig tätig. Wesentliche Säulen seiner Einnahmen seien "Erfolgshonorare für rückwirkend gezahlte Leistungen, die auf Grund fehlender bzw. nicht vollständiger Anwendung der Rechtsnormen in der Vergangenheit in Anwendung des § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) durch den Leistungsträger vorenthalten wurden" und "das Entgelt für Hilfe bei der Erstellung von Widersprüchen, Anhörungsbögen und Stellungnahmen". In einem sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren nahm der Antragsteller die Interessen von Herrn L. G. und Frau P. B. wahr. In einer mündlichen Vorsprache am 30. September 2008 beim Antragsgegner wollte er als Beistand für Herrn G. auftreten. Eine Mitarbeiterin des Antragsgegners befragte ihn nach seiner fachlichen Qualifikation in rechtlichen Angelegenheiten und einer Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Aus der einschlägigen Presse war ihr bekannt, dass der Antragsteller entgeltlich Rechtberatungen vornahm. Sie sah in der Vertretung des Herrn G. durch den Antragsteller einen Verstoß gegen das RDG und wies ihn als Beistand zurück. Das Verfahren im Leistungsfall G./B. wurde durch Abschluss eines Vergleichs in einem gerichtlichen Eilverfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg (SG) (S 12 AS 2955/08 ER) am 11. Dezember 2008 beendet. Mit Bescheid des Antragsgegners vom 9. Dezember 2008 erfolgte die Zurückweisung als Beistand im sozialverwaltungsrechtlichen Verfahren nach einer Anhörung des Antragstellers in schriftlicher Form. Den gegen diesen Bescheid seitens des Antragstellers eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2009 zurück. Der Antragsteller erhob unter dem 6. Mai 2009 Klage beim SG gegen den Zurückweisungsbescheid. Bereits am 7. Januar 2009 hat der Antragsteller beim SG einen Antrag auf Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gestellt mit dem Begehren, festzustellen, dass seine entgeltliche Tätigkeit nicht dem Erlaubnisvorbehalt des RDG unterliege und anzuordnen, dass er als Beistand oder Bevollmächtigter bei den Leistungsträgern des SGB II auftreten dürfe. Gleichzeitig hat er sich gegen die Zurückweisung als Beistand im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren im Fall G./B. gewandt. Das SG hat mit Beschluss vom 9. Februar 2009 den Antrag zurückgewiesen. Es hat darauf hingewiesen, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nur insoweit gegeben sei, als der Antragsteller die Zurückweisung als Beistand im konkreten Fall (Leistungsfall G./B.) überprüfen lassen wolle. Grundsätzlich seien den Sozialgerichten nicht generelle Entscheidungen über die Verfahren nach dem RDG zugewiesen. Der Antrag auf generelle Feststellung, dass der Antragsteller nach dem RDG tätig werden könne, sei daher unzulässig. Soweit er die Überprüfung der Zurückweisung als Beistand durch den Antragsgegner im konkreten Leistungsfall begehre, sei der Antrag zumindest unbegründet. Die Tätigkeit des Antragstellers dürfte dem RDG unterfallen. Rechtsdienstleistungen lägen vor, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erforderten. Gerade dies sei bei der vom Antragsteller angebotenen Dienstleistung der Fall. Auf andere Weise könne er seinen Klienten eine Überprüfung und Beanstandung von Bescheiden nicht versprechen bzw. diese gewährleisten. Er müsse das konkrete Anliegen anhand rechtlicher Vorschriften überprüfen. Gegen den ihm am 20. Februar 2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10. März 2009 Beschwerde eingelegt. In der Sache verfolgt er seine Begehren weiter. Mit Beschluss vom 6. April 2009 hat der erkennende Senat das Verfahren hinsichtlich des Streitgegenstands der Anerkennung der Eigenschaft als Bevollmächtigter nach dem RDG abgetrennt und den Rechtsstreit insoweit an das sachlich zuständige Verwaltungsgericht Magdeburg verwiesen. Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, unter Aufhebung des Beschlusses des SG vom 9. Februar 2009 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2009 festzustellen sowie den Antragsgegner zu verpflichten, ihn als Beistand bzw. Bevollmächtigten in sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren zuzulassen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.

Die Beschwerde ist zulässig nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zulässig, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre, d.h., wenn der Beschwerdegegenstand einen Wert über 750,00 EUR hat. Dies ist vorliegend der Fall. Allein das Begehren der Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller als Beistand oder Bevollmächtigter in sozialverwaltungsrechtlichen Verfahren zuzulassen, hat einen über 750,00 EUR liegenden Streitwert. Der Antragsteller lässt sich die angebotene Hilfe von den Auftraggebern vergüten. Sein Begehren ist auf die Zukunft gerichtet. Er will mit den Einnahmen aus dieser Dienstleistung seinen Lebensunterhalt bestreiten. A. Soweit der Antragsteller sich gegen die Zurückweisung seiner Person als Beistand für Herrn L. G. und Frau P. B. durch Bescheid vom 9. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2009 wendet, ist sein Begehren als Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen diesen Bescheid auszulegen. Dieses Rechtsschutzbegehren ist unter entsprechender Anwendung des § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zulässig. Danach kann das Gericht auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Gemäß § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt in den Fällen des § 86a Abs. 2 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs könnte hier allenfalls entfallen sein nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG, wenn der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet hätte. Das hat er allerdings nicht getan. Die gegen den Zurückweisungsbescheid eingereichte Klage hat demnach zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Das Rechtsschutzbegehren auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ist dennoch unbegründet, denn das Begehren hatte bereits durch Abschluss des Verfahrens S 12 AS 2955/08 ER beim SG seine Erledigung gefunden. Dem Antragsteller fehlt zur Durchführung dieses hier streitgegenständlichen Eilverfahrens das Rechtsschutzinteresse. Die Zurückweisung eines Beistands nach § 13 Abs. 5 SGB X bezieht sich grundsätzlich nur auf das konkrete Verfahren, in dem der Zurückgewiesene als Beistand oder Bevollmächtigter aufgetreten ist (vgl. von Wulffen, SGB X, § 13 Rn. 14). Ist dieses - wie hier - abgeschlossen, besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr an der Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b SGG entsprechend. Der Antragsteller kann in diesem konkreten Verfahren nicht mehr für seine Auftraggeber tätig werden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 7. Januar 2009 hatte das Verfahren, in dem er als Beistand auftreten wollte, sein Ende gefunden. B. Soweit der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihn grundsätzlich als Beistand bzw. Bevollmächtigten in sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren zuzulassen, ist das Begehren zwar nach § 86b Abs. 2 SGG zulässig. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt kann der Antragsgegner verpflichtet werden, den Antragsteller in sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren als Beistand oder Bevollmächtigten generell zuzulassen. Es fehlt bereits an einer entsprechenden Anspruchsnorm. Zudem bietet der Antragsteller nach den zutreffenden Ausführungen des SG wohl Dienstleistungen an, die der Erlaubnispflicht des RDG unterfallen. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen. Über eine solche Erlaubnis aber verfügt der Antragsteller nicht. Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. C. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Streitwert war nach § 197a SGG festzusetzen, da weder der Antragsteller noch der Antragsgegner zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Antragsteller macht im vorliegenden Verfahren eigene, nicht zu den Versicherungsleistungen gehörende Rechte geltend. Die Höhe des Streitwerts war nach § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5070,00 EUR festzusetzen. In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG); bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Der Antragsteller begehrt zum einen die generelle Zulassung als Beistand bzw. Bevollmächtigter bei den Leistungsträgern des SGB II, da er mit der Vergütung aus der entsprechenden Dienstleistung seinen Lebensunterhalt finanzieren will. Da sich aus dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz kein Streitwert entnehmen lässt, war auf den Regelstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG zurückzugreifen. Streitwertmindernd war hier nicht zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, in dem die Rechtsverhältnisse in der Regel nur vorläufig geklärt werden. Im vorliegenden Verfahren wurde die Entscheidung in der Hauptsache faktisch vorweggenommen. Hinzuzurechnen ist der wirtschaftliche Wert des Antragstellers, den die Zurückweisung als Beistand im Leistungsfall G./B. hat. Diesen hat der Antragsteller mit 70,00 EUR beziffert. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG). Eine Beschwerde zum Bundessozialgericht hinsichtlich der Streitwertfestsetzung findet nicht statt. (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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