S 104 AS 2672/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
104
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 2672/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Leistung zur Eingliederung in Arbeit in Form einer Ausbildung zum Erzieher streitig.

Der am ... 1964 geborene Kläger erlernte den Beruf des Instandhaltungsmechanikers. Seit Januar 2005 bezog er von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Im Dezember 2005 und Januar 2006 absolvierte der Kläger eine Arbeitsgelegenheit mit einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen (so genannter 1 Euro-Job) bei der "T Gemeinnützige Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH" (T.). In diesem Zusammenhang wurde er an zwei R Schulen zur unterstützenden Betreuung von Kindern eingesetzt. Die jeweiligen Arbeitseinsätze wurden infolge von Protesten und Beschwerden von Eltern beim zuständigen Fachpersonal abgebrochen. Auf das Schreiben der T. an die Beklagte vom 26. Januar 2006 wird insoweit Bezug genommen.

Im Dezember 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Umschulung zum Erzieher. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 19. Januar 2006 mit der Begründung abgelehnt, die Notwendigkeit einer Umschulung zum Erzieher im Sinne des § 77 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) liege nicht vor, da ein anerkannter Berufsabschluss existiere. Es lägen keine Einschränkungen vor, die einer Ausübung des erlernten Berufes entgegenstünden. Für den erlernten Beruf bestehe auch ein Bedarf auf dem Arbeitsmarkt. Für die Umschulung zum Erzieher könne ferner keine positive Eingliederungsprognose auf dem ersten Arbeitsmarkt erstellt werden. Hiergegen legte der Kläger am 17. Februar 2006 (Schreiben vom 16. Februar 2006) Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er habe inzwischen im Hort feststellen können, dass es etliche Kinder gebe, die Betreuung nach seiner Art bräuchten. Er sei jetzt fast 13 Jahre ohne Job. Die Chancen für ihn, in seinem Beruf eine Tätigkeit zu finden, seien gleich Null. Für die Unternehmen sei er ein Ungelernter. Als Erzieher habe er vielleicht die Möglichkeit sich etwas Eigenes aufzubauen. Der Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 16. März 2006 zurückgewiesen. Die Beklagte erklärte hierin ergänzend, bei den Förderleistungen handele es sich um "Kannleistungen", auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Bei der Entscheidung seien im Rahmen des Ermessens alle Umstände des Einzelfalles und auch die Haushaltskriterien zu beachten. Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik (hierzu zähle auch die Förderung der beruflichen Weiterbildung) sei unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei sei grundsätzlich auf die Fähigkeit der zu fördernden Person, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und den anhand der Ergebnisse der Beratungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf abzustellen. Vorrangig sollten Maßnahmen eingesetzt werden, die die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen würden. Der Kläger scheine für die Weiterbildung zum Erzieher ungeeignet zu sein. Die Arbeitsgelegenheit bei der T. sei vorzeitig vom Arbeitgeber beendet worden. Ursache seien massive Proteste von Eltern hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit durch den Kläger gewesen. Ferner habe sich der Kläger als für die pädagogische Arbeit ungeeignet herausgestellt, da es ihm an Teamfähigkeit und Selbstreflexion mangele.

Hiergegen hat der Kläger am 27. März 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Leistung zur Eingliederung in Arbeit in Form einer dreijährigen Ausbildung zum Erzieher zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Wegen der Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akte des Sozialgerichts Berlin S , Auszüge aus der Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. März 2006 ist rechtmäßig, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Leistung zur Eingliederung in Arbeit in Form einer Ausbildung zum Erzieher. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II können als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit unter anderem alle in VI. Abschnitt des IV. Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbracht werden. Nach § 77 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und

3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Ergänzend hierzu ist § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu entnehmen, dass Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden können, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. Auch bei diesen auf der Tatbestandsseite der Norm angesiedelten unbestimmten Rechtsbegriffen besteht eine volle gerichtliche Kontrollmöglichkeit (vgl. Münder, Sozialgesetzbuch II, § 3, Rdnr. 5). Im vorliegenden Fall kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung der erstrebten Weiterbildung zum Erzieher im vorgenannten Sinne gegeben sind. Denn selbst für den Fall, dass dieses bejaht werden sollte, hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Leistung. Denn der Gesetzgeber hat der Beklagten in den maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 3 und 16 SGB II bzw. 77 SGB III) Ermessen eingeräumt. Ein "Anspruch" kann in diesem Zusammenhang nur bestehen, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles nur die von dem Antragsteller begehrte Leistung im Rahmen des grundsätzlich bestehenden Ermessensspielraums als rechtmäßig erscheinen würde. Hiervon kann im Fall des Klägers jedoch keineswegs ausgegangen werden. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu Recht auch auf die Eignung des Klägers für den Beruf des Erziehers abgestellt (vgl. insoweit die in § 3 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB II genannten Ermessenskriterien). Auch zur Einschätzung der Kammer erscheint der Kläger für den von ihm favorisierten Berufswunsch als völlig ungeeignet. Die Kammer bezieht sich insoweit auf die Stellungnahme der T. gegenüber der Beklagten vom 26. Januar 2006, der der folgende Passus zu entnehmen ist:

"Von der fachlichen Eignung erfüllt Herr N für mich 2 Grundregeln in der pädagogischen Arbeit nicht: Teamfähigkeit und Reflexion. Bedenklich empfinde ich sein distanzloses Verhalten Kindern gegenüber, das Phantasien freien Lauf lässt."

Diese Einschätzung war für die Kammer auch überzeugend, denn ihr liegt der Abbruch von Arbeitseinsätzen des Klägers als Erzieher an zwei Schulen in R sowie die in dem Schreiben der T. vom 26. Januar 2006 genannten Gründe hierfür zugrunde. Ausweislich der Ausführungen des Klägers in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren S wird dieses von ihm auch gar nicht in Abrede gestellt. Vielmehr bestätigen seine Ausführungen die Einschätzung der T. dahingehend, dass der Kläger die gegen seine Tätigkeit als Erzieher vorgebrachten Einwände nicht reflektiert hat und er in keiner Weise geneigt gewesen ist, dienstliche Anweisungen und Absprachen zu befolgen bzw. einzuhalten. Die Klage konnte daher in der Sache keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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