L 12 AS 2907/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2328/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2907/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutz über die laufenden Kosten der Unterkunft des Antragstellers sowie die Übernahme aufgelaufener Mietschulden.

Der 1965 geborene Antragsteller schloss zum 1. Mai 2002 einen Mietvertrag mit der W.-Werk Wohnungsbau GmbH über eine 1-Zimmer-Wohnung in der J.str. in E. ab. Seit 2005 bezieht er mit Unterbrechungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Ab September 2008 wurden die von der Antragsgegnerin in Höhe von 182,19 EUR anerkannten Kosten der Unterkunft direkt an die "W. Werk Stiftung" überwiesen, der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass er den fehlenden Mietanteil (Differenz zwischen anerkannten und tatsächlichen Mietkosten) in eigener Verantwortung zu überweisen habe.

Bei einer persönlichen Vorsprache im November 2008 teilte der Antragsteller mit, dass er eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erhalten habe, Strom und Gas auch schon abgeschaltet seien. Er sitze schon auf gepackten Koffern, bisher sei die Wohnungssuche jedoch erfolglos geblieben. Nach einem Aktenvermerk vom 14. Januar 2009 teilte der Antragsteller mit, dass er vorläufig in der Wohnung einer Bekannten lebe und sich in der J.strasse nicht mehr aufhalte, sondern nur ab und zu Post abhole. Mit Bescheid vom 19. Januar 2009 bewilligte die Antragsgegnerin für den neuen Bewilligungsabschnitt vom 1. Februar bis 31. Juli 2009 nur noch Leistungen in Höhe von 351 EUR. Am 17. Februar 2009 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er wieder in der Wohnung in der J.strasse sei und dort auch wieder schlafe. Der Außendienst der Beklagten traf den Antragsteller am 20. Februar 2009 und am Folgetag nicht an; eine über die Haussprechanlage befragte Nachbarin habe angegeben, der Antragsteller sei vor einer Woche ausgezogen, sie habe ihn seither nicht wieder gesehen. Am 8. Mai 2009 sprach der Antragsteller erneut persönlich vor und teilte mit, nach wie vor in der J.strasse zu wohnen.

Mit Bescheid vom 14. Mai 2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden ab. Der Vermieter habe mitgeteilt, dass er auch bei vollständiger Begleichung der Mietschulden das Mietverhältnis nicht fortsetzen werde. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch.

Am 7. Mai 2009 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Freiburg (SG) mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gewandt und sinngemäß die Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft ab 1. Februar 2009 und die Übernahme der Mietschulden begehrt.

Mit Beschluss vom 25. Juni 2009 hat das SG die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 8. Mai 2009 monatliche Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 276 EUR monatlich bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis 7. November 2009 zu gewähren. Ferner hat es die Antragsgegnerin verpflichtet, über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Mai 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bis spätestens zum 13. Juli 2009 zu entscheiden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Auf Nachfrage hat er mitgeteilt, die Beschwerde richte sich gegen den Tenor zu 2, der zwar eine einstweilige Anordnung wegen des Zahlungsrückstandes ergebe, diesen aber nicht beziffere und nicht vollstreckungsfähig sei. Der Prozesskostenhilfebeschluss beinhalte nicht die Beiordnung eines Gerichtsvollziehers für die Vollstreckung.

Die Antragsgegnerin hat sodann mit Bescheiden vom 5. August 2009 dem Antragsteller für die Zeiträume 1. Februar bis 7. Mai 2009, 8. Mai bis 31. Juli 2009 und 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 dem Antragsteller Leistungen bewilligt unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 276 EUR. Ferner hat sie mit weiteren Bescheiden vom 5. August 2009 Darlehen für Energieschulden in Höhe von 334,28 EUR (Gas) und von 286,73 EUR (Strom) gewährt, wobei die Beträge jeweils direkt an den Energieversorger überwiesen wurden. Der W. Werk Stiftung hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5. August 2009 mitgeteilt, dass die Mietnachzahlungen ab Februar 2009 direkt überwiesen würden und Mietrückstände für die Zeit davor übernommen würden, wenn neben der fristlosen auch die ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30. April 2009 zurückgenommen werde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Wie auch das SG lässt der Senat offen, ob Herr A. S. als Prozessbevollmächtigter des Antragstellers nach § 73 Sozialgerichtsgesetz (SGG) tätig sein könnte bzw. dürfte. Herr S. hat sich auch für das Beschwerdeverfahren damit einverstanden erklärt, dass wegen der Eilbedürftigkeit der Sache insoweit auf eine Klärung verzichtet wird und er nicht formal als Bevollmächtigter, sondern lediglich im Hintergrund dem Antragsteller beratend zur Seite steht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42).

Soweit das SG dem Antrag stattgegeben hat, ist die Beschwerde nicht statthaft, denn der Antragsteller ist durch die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung des SG nicht beschwert. Soweit das SG dem Begehren des Antragstellers nicht stattgegeben hat (Leistungen für Unterkunft und Heizung ab Februar 2009) hat die Antragsgegnerin inzwischen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Bewilligung überprüft und den Änderungsbescheid vom 5. August 2009 erlassen, welcher auch für die Zeit vom 1. Februar bis 7. Mai 2009 Leistungen unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft bewilligt, so dass damit das Begehren des Klägers insoweit erledigt ist.

Auch die Energiekostenrückstände hat die Antragsgegnerin darlehensweise übernommen, so dass die aktuelle Energieversorgung des Antragstellers gesichert ist. Schließlich hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Vermieter des Antragstellers ihre Bereitschaft zur Übernahme der Mietrückstände angekündigt, sofern dadurch angesichts der anhängigen Räumungsklage noch die Unterkunft gesichert werden kann. Für eine darüber hinaus gehende Anordnung des Senats besteht kein Raum, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist. Nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II können Mietschulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Kann die Wohnung trotz Zahlung der Mietrückstände nicht gehalten werden, ist die Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Zahlung davon abhängig macht, dass der Vermieter seine Kündigungen zurücknimmt bzw. die Räumungsklage ohne Erfolg bleibt.

Nachdem die Antragsgegnerin den angefochtenen Beschluss des SG vollständig umgesetzt hat, verbleibt auch kein Raum für ein Zwangsvollstreckungsverfahren, soweit es dem Antragsteller darum gehen sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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