L 7 AS 4374/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2849/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4374/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die finanzielle Förderung eines vom Kläger gewünschten Praktikums bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig.

Der am 1958 geborene Kläger war bis 1997 als Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-heilkunde (HNO) in Nürtingen niedergelassen; diese Arztpraxis musste er seinen Angaben zufolge am 10. März 1997 wegen Kündigung eines Investitionskredits schließen. Eine auf eigene Kosten erlangte Verkehrsflugzeugführerlizenz war dem Kläger bereits 1996 entzogen worden. Deswegen sowie wegen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Schließung seiner Arztpraxis kam es in den folgenden Jahren zu mehreren Rechtsstreitigkeiten. Ab April 1997 bezog der Kläger mit kurzen Unterbrechungen Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes. Seit 1. Januar 2005 erhält er von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Ausweislich der eigenen Angaben des Klägers (vgl. sein Schreiben vom 12. November 2008) musste er sich in der Vergangenheit verschiedentlich psychiatrischen und psychoanalytischen Behandlungsmaßnahmen unterziehen, und zwar in der Psychiatrischen Universitätsklinik Tübingen vom 29. März bis 2. April 1991 wegen des Verdachts auf eine psychotische Episode, vom 12. bis 26. April 1991 wegen eines Zustands nach Belastungsreaktion mit hypochondrischen Ängsten, Zwangsgedanken und Beziehungsideen, vom 28. Mai bis 14. Juli 1992 wegen einer zweiten psychotischen Episode, vom 29. August bis 5. September 1994 wegen einer dritten psychotischen Episode und vom 19. bis 24. Oktober 1995 wegen einer vierten psychotischen Episode; des Weiteren sei bei Dr. H. E. (Arzt für Psychoanalyse, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Stuttgart) im Zeitraum von November 1994 bis Dezember 1995 eine hochfrequente Psychoanalyse, ferner im Furtbachbachkrankenhaus Stuttgart vom 25. April bis 12. Juli 1996 eine stationär fortgesetzte Psychoanalyse bei der Diagnose eines Borderline-Syndroms durchgeführt worden. Seit September 1995 sei er neuroleptikafrei, seit August 1996 seien keine Analysestunden und auch keine anderen psychotherapeutischen Maßnahmen mehr erfolgt.

Mit Schreiben vom 26. September 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sich seit der Schließung seiner Praxis mit Unfällen in der Luftfahrt auf der ganzen Welt in den vergangenen 100 Jahren befasst habe. Aufgrund seiner achtjährigen Recherchen beabsichtige er, ein Buch über Fehlleistungen in der Luftfahrt zu schreiben. In den 20 Jahren als Fluglehrer sowie einer kurzen Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer habe er, bevor er manifest krank geworden sei, umfassende praktische Kenntnisse erworben. Allerdings fehlten ihm praktische Kenntnisse über die Untersuchung von Flugzeugunfällen, die er aber bei der BFU in Braunschweig oder beim National Transportation Safety Board (NTSB) der USA erlangen könne. Er frage deshalb an, ob die Beklagte ihm eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) einrichten könne. Er sei sicher, dass eine solche praktische Erweiterung seines Wissens den Fortgang des bei der Erlaubnisbehörde anhängigen Verfahrens auf Wiedererlangung seines Verkehrsflugzeugführerscheins beschleunigen könnte.

Am 4. Oktober 2005 wurde dem Kläger im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit der Arbeitsvermittlerin und dem Fallmanager erläutert, dass das SGB II eine derartige Förderung nicht vorsehe; der Kläger wurde gebeten, seine private und berufliche Situation realitätsnah zu überdenken. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 sowie 9. März und 18. Mai 2006 erinnerte der Kläger an seinen Antrag. Bereits zuvor hatte der Teamleiter im Schreiben vom 16. Mai 2006 die Auffassung geäußert, dass es sich beim Schreiben vom 26. September 2005 um eine "Anfrage" und nicht um einen formellen Antrag gehandelt habe. Im Übrigen unterlägen die Förderinstrumente des SGB II arbeitsmarktpolitischen Kriterien und stünden im Ermessen des Trägers der Grundsicherung. Im Fall des Klägers würde ein entsprechend formell gestellter Antrag schon aufgrund des erheblichen finanziellen Aufwandes in Relation zur Chance der direkten Arbeitsmarktintegration wohl abgelehnt werden. Mit Schreiben vom 21. Juli 2006 betonte der Kläger, dass er seine umfangreichen Arbeiten über Unfälle in der Luftfahrt zu einer Habilitationsschrift zusammenstelle wolle, falls er wider Erwarten trotz psychoanalytisch bestätigter psychischer Gesundheit seinen Verkehrsflugzeugführerschein nicht zurückerhalten sollte. In einer Art Praxissemester wolle er einige Monate bei der BFU verbringen und dem einen Aufenthalt beim NTSB anschließen. Mehreren Aufforderungen zur Vorstellung bei der Firma B. Personaldienstleistungen GbR in Esslingen kam der Kläger nicht nach; ebenso wenig erklärte er sich zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung bereit. Auf ein im August 2006 zugesandtes Stellenangebot für ein Tätigkeit als HNO-Arzt in der Steinlach-Klinik in Mössingen meldete er sich nicht. Mit Schreiben vom 25. August 2006 bat er, neben einer ABM auch andere Möglichkeiten zur Finanzierung des Erwerbs praktischer Erfahrungen bei der Untersuchung von Flugunfällen zu eruieren. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 19. Oktober 2006 beanstandete der Kläger die noch ausstehende Bescheidung seines Antrags. Mehrere Einladungstermine (12. und 18. Dezember 2006, 15. Januar 2007, 5. Februar 2007) nahm er in der Folgezeit nicht wahr.

Bereits am 25. Oktober 2006 hatte der Kläger zum Verwaltungsgericht Stuttgart eine Untätigkeitsklage erhoben, welche mit Beschluss vom 22. November 2006 an das Sozialgericht Stuttgart (SG) verwiesen wurde (S 3 AS 47/07). In der Folgezeit schlossen sich mehrere für den Kläger erfolglos gebliebene Eilverfahren beim SG (u.a. Beschlüsse vom 9. Januar 2007 - S 3 AS 9394/06 ER und S 3 AS 46/07 ER -) sowie beim Landessozialgericht (LSG) an (u.a. Beschlüsse vom 31. Januar 2007 - L 3 AS 269/07 ER-B und L 3 AS 271/07 ER-B -). Während des Klageverfahrens (S 3 AS 47/07) erging der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2007, mit welchem die Anträge des Klägers auf Leistungen zur Eingliederung abgelehnt wurden, weil die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen ebenso wie die Zweifel an der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht hätten überprüft werden können. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 17. April 2007 erhob der Kläger gegen den vorgenannten Bescheid Widerspruch; diesen wies die Terminsvertreterin der Beklagten zur Niederschrift des SG zurück. Das daraufhin vom Kläger auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellte Begehren auf Bewilligung finanzieller Mittel für ein sechsmonatiges Praktikum zur Flugunfalluntersuchung wurde vom SG mit Urteil vom 17. April 2007 abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens vor dem LSG (L 13 AS 2280/07) beantragte der Kläger erneut eine einstweilige Anordnung, welche mit Beschluss vom 23. Juli 2007 (L 13 AS 3111/07 ER) abgelehnt wurde. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG vom 26. Februar 2008 (L 13 AS 2280/07) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in welchem sich die Beklagte verpflichtete, über den Widerspruch des Klägers vom 17. April 2007 nach ordnungsgemäßer Durchführung des Vorverfahrens durch Erlass eines schriftlichen Widerspruchsbescheids zu entscheiden. Die in der Folgezeit vom Kläger beim SG beantragte einstweilige Anordnung auf Bewilligung finanzieller Mittel für das sechsmonatige Praktikum blieb wiederum erfolglos (Beschluss vom 4. April 2008 - S 9 AS 2343/08 ER -; Beschluss des LSG vom 3. Juni 2008 - L 3 AS 1740/08 ER-B -).

Unter dem 8. April 2008 erließ die Beklagte schließlich den - den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. März 2007 zurückweisenden - Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008; der Kläger sei der Aufforderung zur Vorlage der für die angestrebte Maßnahme erforderlichen Unterlagen nicht nachgekommen, ferner zur Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit bei der Firma B. zur Überprüfung seiner Erwerbsfähigkeit und zur Mitwirkung bei der etwaig erforderlichen Erstellung eines psychiatrischen bzw. psychologischen Gutachtens nicht bereit gewesen, weshalb die Überprüfung der Förderfähigkeit und insbesondere auch der Erwerbsfähigkeit nicht habe erfolgen können.

Deswegen hat der Kläger am 9. April 2008 erneut Klage zum SG erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. August 2008 hat der Kläger beantragt, ihm unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide finanzielle Mittel für ein sechsmonatiges Praktikum zur Flugunfalluntersuchung bei der BFU in Braunschweig zu bewilligen. Mit Urteil vom 28. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die in § 16 SGB II vorgesehenen Eingliederungsleistungen seien mit nur wenigen - hier nicht einschlägigen Ausnahmen - Ermessensleistungen; die Beklagte habe ihr Ermessen indessen sachgerecht ausgeübt.

Gegen dieses dem Kläger am 4. September 2008 zugestellte Urteil richtet sich seine am 9. September 2008 beim SG eingelegte Berufung zum LSG. Zur Begründung hat er vorgebracht, er habe im Laufe der letzten zehn Jahre schriftlich eine größere Zahl von Publikationen der BFU kommentiert und sei etwa fünf bis zehn Mal auf der Dienststelle persönlich gewesen. Der Kläger hat das Schreiben des Leiters der BFU vom 15. Februar 2006 vorgelegt, in welchem mitgeteilt ist, dass die Ausschreibung einer zeitlich befristeten Stelle bis auf Weiteres im Hinblick auf die Stellensituation nicht möglich sei. Zur Vorlage einer Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht hat der Kläger sich nicht bereit erklären können. Seine psychische Gesundheit und seine, unabhängig vom Lebensalter weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung liegende physische Leistungsfähigkeit sei in Befunden hochkarätiker akademischer Lehrer zweier baden-württembergischer Universitäten dokumentiert; diese lägen dem Luftfahrt-Bundesamt vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. August 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Eingliederung in Form der Bewilligung eines sechsmonatigen Praktikums zur Weiterbildung bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig zu gewähren, hilfsweise, über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden, weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakte des SG (S 2 AS 2849/08), die weiteren Akten des SG (S 3 AS 46/07 ER, AS 47/07), die Berufungsakte des Senats (L 7 AS 4374/08), die weitere Senatsakte (L 7 SF 4416/08 A) und die Akten des LSG (L 3 AS 269/07 ER-B, L 3 AS 271/07 ER-B, L 13 AS 2280/07, L 13 AS 3111/07 ER, L 3 AS 1740/08 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 SGG hier nicht eingreifen. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. April 2008. Diese Bescheide greift der Kläger, wie er auf ausdrückliche Nachfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20. August 2009 erklärt hat, insoweit an, als es ihm bei den begehrten Leistungen zur Eingliederung um eine Förderung eines sechsmonatigen Praktikums bei der BFU "zur Weiterbildung" geht. Nur hierüber ist deshalb im Berufungsverfahren gemäß § 123 SGG noch zu entscheiden. Als denkbare Rechtsgrundlagen kommen damit § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II (in der Fassung ab 1. August 2009 durch Art. 9 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009 (BGBl. I S. 416)) i.V.m. §§ 77 ff. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) oder § 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II i.V.m. §§ 97 ff. SGB III in Betracht (zum Übergangrecht vgl. § 66 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom 21. Dezember 2008, BGBl. I S. 2917); ferner Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 16 Rdnr. 57). Die Voraussetzungen für die Förderung des vom Kläger erstrebten sechsmonatigen Praktikums bei der BFU liegen indessen von vornherein nicht vor. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II - im Gegensatz zu den Teilhabeleistungen des Satzes 3 a.a.O. - regelmäßig Ermessensleistungen sind (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 16 Rdnr. 61; ferner Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 16 Nr. 1 (Rdnr. 28)). Dem hat der Kläger im Übrigen mit seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20. August 2009 gestellten Sachanträgen Rechnung getragen. Wegen der vorliegend umstrittenen Grundfrage, ob das vom Kläger gewünschte Praktikum überhaupt förderungsfähig ist, bedurfte es ferner zur Zulässigkeit der Klage vorliegend noch keiner Konkretisierung der im Einzelnen gewollten Förderleistungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a AL 23/05 R - (juris, Rdnr. 12) m.w.N.).

Der Senat kann offenlassen, ob beim Kläger, der bei der Beklagten im Leistungsbezug steht, gegenwärtig die - auch bei Eingliederungsleistungen zu beachtenden (vgl. BSG SozR 4-4200 § 16 Nr. 1 (Rdnr 20)) - Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II sämtlich erfüllt sind. Es bedarf außerdem vorliegend keiner weiteren Vertiefung der Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II, die als programmatische Kernaussagen und Grundsätze den Leistungsrahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende abstecken, sodass jede in Aussicht genommene Leistung zur Eingliederung regelmäßig daran zu messen ist, ob ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden kann (vgl. BSG a.a.O. (Rdnr. 27); Luthe in Hauck/Noftz, SGB II, K § 3 Rdnr. 29, Stand V/09). Denn über die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen und Grundsätze hinaus sind die besonderen Voraussetzungen für die konkret erstrebte Maßnahme zu beachten; diese liegen jedoch nicht vor.

In der in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Bezug genommenen Regelung des § 77 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom Gesetzes vom 21. Dezember 2008) ist in Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden können, wenn 1. die Weiterbildung u.a. notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch den Leistungsträger erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III, die für jede berufliche Weiterbildungsmaßnahme gelten, sind hier nicht erfüllt. Weder handelt es sich bei dem vom Kläger angestrebten sechsmonatigen Praktikum um eine zugelassene Maßnahme noch ist die BFU als Maßnahmeträger zugelassen. Hierauf kommt es aber grundsätzlich an, denn institutionell handelt es sich bei einer Maßnahme nur dann um eine Weiterbildung im Sinne der §§ 77 ff. SGB III, wenn sowohl der Träger der Maßnahme als auch die Maßnahme selbst - verbunden mit einer entsprechenden Qualitätskontrolle der Maßnahme und des Trägers - förmlich anerkannt ist (vgl. BSG SozR4-4300 § 60 Nr. 1 (Rdnr. 10); Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 77 Rdnr. 116, Stand VI/09). Diese Anerkennung erfolgt in einem speziellen Zertifizierungsverfahren (vgl. hierzu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 Rdnrn. 13 ff., Stand Februar 2009), wobei sich die trägerbezogenen Zulassungsanforderungen aus § 84 SGB III, die maßnahmebezogenen aus § 85 SGB III ergeben. Dieses - abstrakt-generelle - Zulassungsverfahren stellt ein rechtlich selbständiges Verwaltungsverfahren gegenüber dem Maßnahmeträger dar und schließt mit einem Verwaltungsakt ab (vgl. BSG SozR 4-4300 § 86 Nr. 1; Eicher in Eicher/Schlegel, a.a.O., § 77 Rdnr. 52, Stand Februar 2006; ders., a.a.O., Vor §§ 84 bis 87, Rdnr. 15; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 77 Rdnr. 115). Das entsprechende Zulassungsverfahren hat mithin der Maßnahmeträger zu beantragen; bei ihm müssen die erforderlichen träger- und maßnahmebezogenen Anforderungen erfüllt sein (vgl. §§ 7 ff. der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem SGB III vom 16. Juni 2004 (BGBl. I S. 1100), zuletzt geändert durch Art. 453 der 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407)). Nur der Maßnahmeträger ist deshalb zur Anfechtung eines ihn belastenden Verwaltungsakts im Zulassungsverfahren befugt, nicht dagegen der Weiterbildungsinteressent (vgl. Hengelhaupt, a.a.O., Rdnr. 116).

Das Begehren des Klägers scheitert mithin bereits an den Fördervoraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Die BFU hat weder eine träger- noch eine maßnahmebezogene Zulassung des vom Kläger gewünschten Praktikums beantragt. Vielmehr ist aus dem Schreiben des Leiters der BFU vom 15. Februar 2006 zwanglos zu schließen, dass diese dem Kläger eine entsprechende Praktikumsstelle weder einräumen kann noch möchte. Dass die BFU über keine Praktikantenstellen verfügt, war dem Kläger im Übrigen auch aus dem Beschluss des LSG vom 23. Juli 2007 (L 13 AS 3111/07 ER) bekannt, ohne dass aus seinem Vorbringen in der Folgezeit Tatsachen hätten entnommen werden können, welche dies in Zweifel ziehen könnten. Im Gegenteil hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20. August 2009 eingeräumt, dass sich seit dem Schreiben der BFU vom 15. Februar 2006 nichts Neues ergeben habe, wenngleich er der subjektiven Auffassung ist, dass ihm die BFU im Fall der Förderung durch die Beklagte einen derartigen Platz einräumen würde. Hierfür sind indessen keinerlei Anhaltspunkte vorhanden. Gegen ihren Willen kann eine Einrichtung aber keinesfalls als Maßnahmeträger zugelassen werden (vgl. Eicher in Eicher/Schlegel, a.a.O., Vor §§ 84 bis 87 Rdnr. 25).

Nach allem ist vorliegend eine Förderung des vom Kläger gewünschten Praktikums als Weiterbildungsmaßnahme schon wegen der fehlenden Merkmale der Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger ausgeschlossen; die BFU ist nach dem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewonnenen Erkenntnissen zur Einrichtung der vom Kläger gewünschten Praktikumsstelle weder in der Lage noch bereit. Aus eben diesem Gründe kommen aber auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II i.V.m. § 100 Nr. 4 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008) oder § 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III) nicht in Betracht. Deshalb ist auf die Weiterbildungskosten, die einer Übernahme nur im Rahmen des § 79 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB III (Lehrgangskosten und Kosten für die Eignungsfeststellung, Fahrkosten, Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung, Kosten für die Betreuung von Kindern) zugänglich sind - zu den besonderen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben vgl. §§ 109, 111 SGB III -, nicht näher einzugehen, obgleich für das vom Kläger angestrebte Praktikum insbesondere Lehrgangskosten wohl kaum denkbar sind.

Weitere rechtliche Grundlagen für die vom Kläger beantragte Förderung eines sechsmonatigen Praktikums bei der BFU sind nicht erkennbar; solche hat er auch nicht geltend gemacht. Dass für das gewünschte Praktikum die Voraussetzungen für die Zuweisung in eine ABM nach § 16 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 260 ff. SGB III nicht gegeben sind, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. August 2009 selbst erkannt. Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 46 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008)) scheitern ebenfalls daran, dass es an einem Praktikumsplatz bei der BFU fehlt; ganz abgesehen davon dürfen derartige Maßnahmen vier Wochen nicht übersteigen (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB III), während der Kläger ein sechsmonatiges Praktikum gefördert haben möchte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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