L 9 R 4475/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4973/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4475/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf diese Rente erfüllt sind.

Die 1961 geborene Klägerin, die 1974 aus der Türkei zugezogen ist und 3 Kinder - am 21. Juni 1979 E., am 10. November 1980 T. und am 20. September 1986 S. - geboren hat, war - mit Unterbrechungen u. a. durch Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft, Mutterschutz und Kindererziehung - im Zeitraum von September 1977 bis 14. Februar 1996 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach bezog sie mit Unterbrechungen bis 22. Juli 2003 Sozialleistungen bzw. Krankengeld und Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, wofür Pflichtbeiträge entrichtet sind. Die Zeit danach ist bis 9. Dezember 2004 nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Anschließend war sie vom 10. Dezember 2004 bis 30. Juli 2007 ohne Leistungsbezug arbeitslos gemeldet. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 29. Januar 2009 verwiesen.

Aus einem Heilverfahren in der M.-B.-Klinik (27. Mai bis 24. Juni 2003) wurde die Klägerin mit den Diagnosen mittelgradige depressive Episode, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Rückenschmerzen, Varizen-Operation vor vier Jahren und Harnwegsinfektion arbeitsfähig und im Übrigen sechs Stunden und mehr leistungsfähig entlassen.

Den ersten Rentenantrag vom 23. September 2004, mit welchem die Klägerin geltend machte, sie sei seit Juli 2004 wegen Gelenkschmerzen, Knieentzündung, Rücken- und Beinproblemen, Gefühllosigkeit in den Armen, Kopfschmerzen, Schilddrüsenproblemen, seelischen Problemen und Migräne erwerbsgemindert, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. November 2004 und Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2005 ab, weil die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung und ohne Wechselschicht mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.

Dem lagen u. a. ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. A. vom 15. Oktober 2004 (u. a. chronische Lumboischialgie, chronische Schmerzen im Bereich der Schultern und des Nackens, Kniegelenksarthrose, Depression mit Somatisierungsstörung bei emotional instabiler Persönlichkeit) sowie Berichte des Neurologen und Psychiaters Dr. T. vom 17. Juni 2004 (emotional instabile Persönlichkeitsstörung, mittelgradige depressive Episode), des Chirurgen Dr. S. vom 6. Mai 2004 (Venenoperation), des PD Dr. H., Chefarzt der Kliniken für Psychosomatik und Psychologische Medizin, C. Göppingen, vom 29. März 2004 (mittelschwere Depression mit Somatisierungsstörung, Verdacht auf emotional instabile Persönlichkeit, Struma II. Grades) und des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 17. März 2004 (Hinweise auf beginnende Polyneuropathie, Nervenleitung allerdings noch komplett im Normbereich) zu Grunde. Weitere Grundlage waren Gutachten des Internisten Dr. G. vom 21. Oktober 2004 (psychogenes Wirbelsäulensyndrom; aus rein organischer Sicht seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar, leistungsmindernd erscheine eine Somatisierung bzw. psychische Erkrankung, die durch ein entsprechendes Gutachten geklärt werden sollte) und der Nervenärztin Dr. Saul vom 15. November 2004 (emotional instabile einfach strukturierte Persönlichkeit mit inadäquat verarbeiteten biografischen Belastungen, aktuell mittelschwere depressive Symptomatik, hinsichtlich der Wirbelsäule keine Hinweise für belangvolle Wurzelreizsymptomatik; die Mutter sei vor ihren Augen, als sie 11 Jahre alt gewesen sei, erschossen worden; in geistiger Hinsicht anspruchslose leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Wechselschicht seien vollschichtig zuzumuten) und eine Stellungnahme von Dr. K. vom 12. Januar 2005 (Zustimmung zu den vorgenannten Gutachten).

Am 23. März 2006 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, da sie seit Mai 2005 wegen Bandscheibenvorfall, Wirbelsäulen- und Kniebeschwerden, Depressionen, Beschwerden an der oberen HWS, Kopfschmerzen, Migräne und Schilddrüsenproblemen erwerbsgemindert sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 23. Mai 2006 ab.

Grundlage dieser Entscheidung waren u. a. Berichte des Orthopäden Prof. Dr. K. vom 14. Juli 2005 und 15. Februar sowie 21. März 2006 (zuletzt stationäre Behandlung vom 17. Februar bis 3. März 2006; akute Exazerbation mit Immobilisierung bei chronischer Lumbalgie, Somatisierungsstörung mit depressiver Symptomatik; konservative Therapie und multimodale Schmerztherapie Infusionstherapie, u. a., psychologische Mitbetreuung; insgesamt deutlich Somatisierungsstörung mit aktuell mittelgradiger depressiver Episode auf Grund von sozialen und familiären Problemen, Entlassung im leicht gebesserten Zustand) und des Nervenarztes Dr. R. vom 27. Juli 2005 (Angabe starker Rückenschmerzen, selten auch mit Einstrahlung in die Beine; Lumbalsyndrom ohne Anhaltspunkte für eine Wurzelläsion) sowie das Gutachten des Internisten Dr. G. vom 11. Mai 2006 (Dauerbeschwerden an der LWS, chronifizierte Lumbalgie, gemütsbedingte Schmerzverstärkung und psychische Überlagerung, Zustand nach Varizenstripping, Knieaffektion unklarer Genese; rein organischer Befund mit angegebenen Beschwerden nicht in Deckung zu bringen; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten - ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, häufiges Bücken, Zwangshaltungen der LWS, Zeitdruck, Akkord, Teamarbeit und Nachtschicht - seien vollschichtig möglich; keine Abweichung von der früheren Leistungsbeurteilung, auch gegenüber dem Gutachten von Dr. S.).

Den Antrag der Klägerin vom 10. August 2006 auf Überprüfung des Bescheids vom 23. Mai 2006 und Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2006 und Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2006 ab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - 3 Jahre Pflichtbeiträge in dem dem Versicherungsfall vorausgegangenen 5-Jahreszeitraum - nicht erfüllt seien und die Klägerin auch nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert sei.

Grundlage der Entscheidung waren u. a. von der Klägerin vorgelegte ärztliche Äußerungen des Dr. A. vom 5. April 2004 (neben Wirbelsäulenbeschwerden und chronischen Schmerzen im Bereich der beiden Schultern und des Nackens, Kniegelenksarthrose, Depression mit Somatisierungsstörung) und ein Attest vom 17. Oktober 2006 (die Klägerin sei seit 16. September 2002 wegen chronischem BS-Syndrom und chronischer Depression arbeitsunfähig, es liege Erwerbsminderung vor) sowie die Stellungnahme des Dr. G. vom 4. Oktober 2006 zur Widerspruchsbegründung.

Deswegen hat die Klägerin am 20. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie sei bereits in der ersten Jahreshälfte 2005 erwerbsgemindert gewesen. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Seit 1996 leide sie unter Depression, weswegen sie u. a. bei der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. in Behandlung sei, sowie unter Wirbelsäulenbeschwerden, Bewusstseinstrübung und Gleichgewichtsstörung. Nach einem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 28. Oktober 2002 habe kein sinnvolles Leistungsbild mehr vorgelegen. Schon damals habe sie keine 3 Stunden täglich mehr arbeiten können. Danach sei von einer Verschlechterung des Leistungsbildes in den Jahren 2004/2005 auszugehen.

Über die von ihnen erhobenen Befunde haben als sachverständige Zeugen der Nervenarzt Dr. R. am 15. Februar 2007 (erstmalige Untersuchung am 21. Juli 2005, Angabe von Rückenschmerzen, das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege am ehesten auf orthopädischem Gebiet), der Chirurg Dr. B. am 26. Februar 2007 (Erstbehandlung am 18. Juli 2005; rechtskonvexe geringgradige Skoliose, dringender Verdacht auf Aggravation, Somatisierungsstörung bei depressiver Symptomatik, Ergebnis der klinischen Untersuchung kaum verwertbar, da massive Aggravationstendenz bestanden habe, Leistungslimitierung am ehesten auf psychiatrischem Fachgebiet, aus rein körperlichen Gründen sicherlich keine wesentliche Einschränkung) und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. T. am 28. Februar 2007 (letzte Untersuchung am 7. März 2005, mittelgradige depressive Episode bei einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und grenzwertiger Begabung, keine auffällige Verschlechterung gegenüber den Untersuchungen vom 12. November 2002, 11. Februar 2003 und 17. Juni 2004, trotz Persönlichkeitsauffälligkeiten und Depression keine Hinweise auf eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit, war erstaunt über Rentenantragsstellung) berichtet.

Ferner hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie W., Oberarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie, C. Göppingen, vom 29. Januar 2008 eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestünden eine mittelgradige rezidivierende depressive Störung mit Somatisierung, eine Schmerzverstärkung mit psychischer Überlagerung, eine emotional instabile einfach strukturierte Persönlichkeit, ein Zustand nach Arthroskopie sowie nach Varizenoperationen. Aktuell sei die Klägerin nicht in der Lage, ihre Tätigkeit weiterhin auszuüben. Sie könne eine leichte Tätigkeit im allgemeinen Arbeitsmarkt leisten, wenn sie von einer Depressionstherapie profitieren könne, wobei die Tätigkeit keine hohe Konzentrationsfähigkeit erfordern dürfe. Die noch möglichen Tätigkeiten seien zwischen 3 und 6 Stunden täglich möglich. Die Arbeitsbedingungen sollten nicht kontakt- und/oder sprachfördernd sein, alle 2 Stunden werde eine kurze Pause benötigt und die Klägerin könne nicht auf eine Leiter steigen, mehr als 5 kg tragen und nicht länger sitzen, gehen oder stehen, sich häufig bücken, klettern und unter Feuchtigkeit arbeiten. Die Klägerin sei in der Lage, mindestens 4 mal täglich mehr als 500 Metern zu Fuß zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Auf die Frage, seit wann die Leistungseinschränkung unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde bestehe, hat der Sachverständige angegeben, eine Leistungsminderung bestehe seit 2006, dem sozialmedizinischen Gutachten von Dr. G. vom 5. Mai 2006.

Mit Urteil vom 27. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen - § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und §§ 43, 241 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - seien nicht erfüllt. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 23. Mai 2006 und auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, da die Erwerbsminderung frühestens im Jahr 2006 eingetreten sei. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die nur vorlägen, wenn die Erwerbsminderung bereits im Juli/August 2005 eingetreten gewesen wäre, nicht erfüllt. Dr. T. habe als damals behandelnder Facharzt für Neurologie und Psychiatrie nachvollziehbar ausgeführt, dass bei seiner letzten Untersuchung 2005 trotz der Persönlichkeitsauffälligkeiten und einer Depression keine Hinweise auf eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bestanden hätten. Er habe auch mit Erstaunen vom Rentenantrag der Klägerin Kenntnis genommen. Die klinischen Untersuchungen des Dr. B., der die Klägerin erstmals am 18. Juli 2005 behandelt habe, seien kaum verwertbar gewesen, da eine massive Aggravationtendenz bestanden habe. Auch der Nervenarzt Dr. R. habe die Klägerin wegen eines Lumbalsyndroms ohne Hinweise für eine Wurzelläsion erstmals im Juli 2005 behandelt. Damit ließen sich keine Hinweis für eine damals bestehende Erwerbsminderung entnehmen. Ferner habe der Sachverständige W. ein auf zwischen 3 bis 6 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten erst ab 2006 angenommen, womit auch nach diesem Gutachten eine Erwerbsminderung frühestens im Jahr 2006 eingetreten sei. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Verlängerungstatbestände lägen nicht vor, Anrechungs- und Berücksichtigungszeiten seien nicht gespeichert. In der Zeit seit 1. Januar 1984 lägen auch nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten vor.

Gegen das am 20. August 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. September 2008 Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei bereits in der ersten Jahreshälfte 2005 eingetreten. Der MDK Baden-Württemberg habe bereits am 28. Oktober 2002 gemäß dem Gutachten von Dr. M.-W. ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden angenommen. Die Leistungseinschätzung des Dr. Reutter im Gutachten vom 10. April 2003 (zum Antrag auf die stationäre Heilbehandlung, die in der M.-B.-Klinik durchgeführt wurde) sei lediglich aus orthopädisch-chirurgischer Sicht erfolgt. Er habe auch auf eine psychische Störung hingewiesen. Eine Verschlimmerung sei dadurch dokumentiert, dass sie sich im Juli 2005 in stationärer Behandlung der Klinik am E., Göppingen befunden habe. Hierzu hat sie eine Äußerung des Dr. A. vom 15. April 2009 vorgelegt (regelmäßige Behandlung vom 4. Februar 1998 bis 4. März 2008, Diagnosen u. a. Lumboischialgie, depressive Anpassungsstörung, Somatisation, die Klägerin sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich zu verrichten, wegen mangelnder Schulausbildung und seelischen und andauernden körperlichen Krankheiten könne sie keinen neuen Beruf erlernen, in der Zeit sei der Gesundheitszustand nicht besser geworden sondern habe sich verschlechtert, die maßgeblichen Leiden lägen gleichermaßen im orthopädischen und psychiatrischen Fachgebiet) sowie eine "Befundmitteilung" an die Bevollmächtigten der Klägerin vom 21. April 2009 (der "Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung" sei "schon im Juli 2005 eingetreten").

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2006 zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 23. Mai 2006 ab 23. März 2006 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt wären, müsste der Versicherungsfall bis 31. Juli 2005 eingetreten sein, was nicht der Fall sei. Hierzu hat sie den Versicherungsverlauf vom 2. März 2009 vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Zustimmung der Klägerin zur Entscheidung durch Beschluss bedarf es nicht.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil ihr Leistungsvermögen nicht vor dem Jahr 2006 in rentenberechtigendem Umfang gemindert, insbesondere nicht auf weniger als 6 Stunden täglich abgesunken war, und damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eines Rentenanspruches nicht erfüllt waren und der Bescheid vom 23. Mai 2006 nicht zurückzunehmen ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Zunächst stellt der Senat fest, dass der Versicherungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 31. Juli 2005 eingetreten sein müsste, damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 4 SGB VI erfüllt sind. Der letzte Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit wurde am 14. Februar 1996 entrichtet. Danach sind alle Kalendermonate bis 22. Juli 2003 mit Pflichtbeiträgen wegen Bezuges von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bzw. Sozialleistungen belegt. Nach dem 22. Juli 2003 liegen weder Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, noch den Zeitraum von 5 Jahren, in dem mindestens 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen müssen, verlängernde Tatbestände vor. Vom 23. Juli 2003 bis 9. Dezember 2004, einem Zeitraum von 16 Monaten, liegt keine rentenrechtliche Zeit vor, insbesondere auch keine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit, weil die Klägerin in diesem Zeitraum nicht bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet war. Die Zeit ab 10. Dezember 2004, während der die Klägerin wieder arbeitslos gemeldet war, stellt gleichfalls weder eine Anrechnungszeit noch einen Verlängerungstatbestand dar. Eine Anrechnungszeit liegt deshalb nicht vor, weil durch diese Zeit der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht unterbrochen wurde. Ein Verlängerungstatbestand nach § 43 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI liegt nicht vor, weil auch in den letzten 6 Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeit kein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Anrechnungszeit, Zeit des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Berücksichtigungszeit vorliegt. Damit fehlen spätestens nach Ablauf von 2 Jahren nach dem 22. Juli 2003 im maßgeblichen 5-Jahreszeitraum mindestens 25 Monate, so dass die Mindestbelegung mit 3 Jahren bzw. 36 Monaten nicht erreicht ist, wenn der Versicherungsfall nach Juli 2005 eingetreten ist.

Vorliegend ist schon nicht feststellbar, dass eine einen Rentenanspruch begründende Erwerbsminderung vor dem 1. Januar 2006 eingetreten ist. Dies ergibt sich für den Senat unter Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens der Dr. S. vom 15. November 2004, die trotz einer mittelschweren depressiven Symptomatik leichte bis mittelschwere Arbeiten für 6 Stunden und mehr zumutbar angesehen hat, und aus dem Gutachten des Internisten Dr. Gregor vom 11. Mai 2006. Dr. G. hat die ihm vorliegenden ärztlichen Äußerungen, auch über stationäre Behandlungen in der Klinik am E. in den Jahren 2005 und 2006 sowie des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. T., der auf Grund seiner Untersuchung vom 7. März 2005 zu diesem Zeitpunkt bei im Wesentlichen seit seinen Untersuchungen in der Zeit ab 12. November 2002 unverändertem Gesundheitszustand eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit verneint hat, berücksichtigt und ausgewertet. Nach dem von ihm bei seiner Untersuchung erhobenen psychischen Befund war die Klägerin örtlich, zeitlich, zur Situation und Person voll orientiert, die Stimmung war lamentierend, Antrieb und Psychomotorik waren normal und das Resonanzverhalten war reduziert. Die affektive Schwingungsfähigkeit war nicht eingeschränkt, das Denken war inhaltlich und formal intakt, auffällige Konzentrationsstörungen und Hinweise auf psychotische Symptome fanden sich nicht. Es zeigte sich eine Aggravationstendenz, so begann die Klägerin sich langsam und stöhnend von der Liege aufzuheben mit dem Wunsch, ihr aufzuhelfen, ließ sich zurückfallen und konnte dann aber alleine aufstehen. Angesichts dessen ist die Leistungsbeurteilung des Dr. G., der Internist und auch Sozialmediziner ist, vom 11. Mai 2006, wonach ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und noch mehr bestand, für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Auch durch das auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG eingeholte Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, W., der zwar von einer (auch) quantitativen Leistungsminderung ausgeht, diese jedoch erst seit bzw. ab dem Gutachten des Dr. G. vom Mai 2006 als nachgewiesen ansieht, ist der Eintritt eines Leistungsfalles im Jahr 2005 nicht nachgewiesen.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei bereits im Jahr 2002 bzw. 2003 rentenrechtlich erheblich leistungsgemindert gewesen und dazu auf das MDK-Gutachten vom 28. Oktober 2002 sowie das Gutachten des Dr. R. vom 10. April 2003 (zum Antrag auf Gewährung einer stationären Heilbehandlung) verweist, ist eine dauerhafte Leistungsminderung nicht belegt, nachdem die Klägerin aus dem Heilverfahren in der M.-B.-Klinik als arbeitsfähig und 6 Stunden und mehr leistungsfähig entlassen wurde und auch die von der Beklagten im ersten Rentenantragsverfahren zeitlich später eingeholten Gutachten von Dr. G. und Dr. S. ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden ergeben haben.

Soweit die Klägerin geltend macht, ihr Gesundheitszustand habe sich auf orthopädischem Gebiet nach 2004 verschlechtert, kann der Senat nicht feststellen, dass im Jahr 2005 eine wesentliche qualitative Einschränkung und insbesondere auch eine quantitative Einschränkung auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet eingetreten ist. Er entnimmt dem Bericht von Prof. Dr. K. vom 14. Juli 2005, dass die Klägerin nach einer ambulanten Vorstellung am 29. Juni 2005 vom 1. Juli bis 9. Juli 2005 in der orthopädischen Klinik der Klinik am E. wegen einer akuten immobilisierenden Lumbalgie konservativ behandelt und in deutlich gebessertem Allgemeinzustand und gut mobilisiert wieder entlassen wurde. Eine Fortführung der Schmerztherapie wurde empfohlen. Der Neurologe Dr. R., den die Klägerin am 21. Juli 2005 mit starken Rückenschmerzen aufsuchte und der eine Wurzelläsion ausschloss, empfahl ebenfalls weitere therapeutische Maßnahmen. Im Anschluss daran stellte sich die Klägerin erst wieder am 13. Februar 2006 in der orthopädischen Klinik vor, wobei im Bericht vom 15. Februar 2006 festgehalten wird, dass sich nach der stationären Behandlung im Juli 2005 die Beschwerden gebessert hätten und jetzt wieder eine therapieresistente Lumbago vorliege. Im Bericht vom 21. März 2006 über die anschließende stationäre Behandlung vom 17. Februar bis 3. März 2006 wird anamnestisch ausgeführt, dass es zu einer Akutexazerbation der LWS-Beschwerden seit wenigen Wochen gekommen sei. Damit kann eine andauernde Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet im Jahr 2005 nicht festgestellt werden, zumal der Chirurg Dr. B. auf Grund seiner im Juli 2005 getroffenen Feststellungen das Schmerzgeschehen ausweislich seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26. Februar 2007 nicht auf chirurgisch-orthopädischem sondern auf psychiatrischem Gebiet verortete.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei auf Grund ihrer psychischen Erkrankung bereits in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2005 quantitativ leistungsgemindert gewesen, und sich dabei auf den Allgemeinmediziner Dr. A. und dessen von ihr vorgelegten ärztlichen Äußerungen beruft, ist festzustellen, dass dieser in den vorgelegten Äußerungen selbst zum aktuellen Zustand und zum Zustand in der zweiten Jahreshälfte 2005 keine konkreten objektiven Befunde des psychiatrischen Fachgebietes vorgelegt und im Übrigen bereits im Jahr 2004 eine quantitative Leistungsminderung angenommen hat. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens steht im Widerspruch zu fachärztlichen Einschätzungen - auch des gemäß § 109 SGG tätig gewordenen Sachverständigen - und ist für den Senat nicht überzeugend. Es bestand daher kein Anlass, weitere Ermittlungen durchzuführen.

Da somit ein Eintritt des Versicherungsfalles vor dem Jahr 2006 nicht festzustellen ist, liegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vor.

Die Beklagte hat demnach zu Recht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Deshalb weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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