L 5 R 4783/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2989/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4783/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.4.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1954 geborene Kläger (GdB 50, Merkzeichen G, Verwaltungsakte S. 231) absolvierte in der Zeit von September 1969 bis März 1974 Ausbildungen zum KfZ-Mechaniker bzw. Maler und Lackierer; er hat diese Ausbildungen jedoch nicht mit der Gesellenprüfung abgeschlossen (vgl. SG-Akte S. 58 ff.). Danach arbeitete der Kläger als Bauhelfer sowie im Malerberuf. Zuletzt war er von November 1986 bis Juli 2004 bei der Firma G-GmbH (Bauunternehmung) mit der Sanierung von Betonbrücken beschäftigt (Arbeitszeugnis SG-Akte S. 64; Arbeitsbescheinigung der Firma G-GmbH, Akte der Agentur für Arbeit S. 3: Beschäftigung als "Maler Spezialfacharbeiter"). Im Anschluss daran bezog der Kläger Arbeitslosengeld I, sodann Arbeitslosengeld II. Wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls im Jahr 1979 erhält er außerdem eine Verletztenrente der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft nach einer MdE von 20 v. H. (Verwaltungsakte S. 93).

Am 22.9.2005 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung; zuvor waren ihm bereits Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bewilligt worden.

Vom 18.10. bis 29.11.2005 absolvierte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung im Therapiezentrum M., K ... Im Entlassungsbericht vom 29.11.2005 (Verwaltungsakte S. 113) sind die Diagnosen Alkoholabhängigkeit, Nikotinabhängigkeit, Steatosis hepatis, Polyneuropathie und chronisch rezidivierende Lumboischialgie links bei Bandscheibendegeneration L 4/5, L5/S1 mit Bandscheibenvorfall festgehalten. Als Bauarbeiter könne der Kläger nur unter 3 Stunden täglich arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) jedoch noch 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Nach Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde vom 1.12.2005 bis 17.5.2006 eine ambulante Entwöhnungsbehandlung bei der Beratungsstelle für Suchtfragen, H., durchgeführt. Im Entlassungsbericht vom 17.5.2006 (Reha-Akte) sind die im Entlassungsbericht des Therapiezentrums M. benannten Diagnosen aufgeführt; die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung des Therapiezentrums M. wird ebenfalls geteilt.

Nach Auswertung weiterer Arztunterlagen (u. a. Attest des Orthopäden Dr. R. vom 2.9.2005, Verwaltungsakte S. 69) und Einholung der sozialmedizinischen Stellungnahme der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. D. vom 18.1.2006 (Verwaltungsakte S. 149) lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24.1.2006 (Verwaltungsakte S. 193) ab. Zur Begründung führte sie aus, als Maler und Lackierer könne der Kläger zwar nicht mehr arbeiten, jedoch den zumutbaren Verweisungsberuf des Registrators mindestens 6 Stunden täglich ausüben. Damit liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte (nach Auswertung weiterer Arztunterlagen) mit Widerspruchsbescheid vom 28.8.2006 (Verwaltungsakte S. 271) zurück; im Widerspruchsbescheid wurde (ebenfalls) der Verweisungsberuf des Registrators benannt.

Am 11.9.2006 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Seine Leistungsfähigkeit sei in rentenberechtigendem Maße gemindert. Auf den Beruf des Registrators dürfe er nicht verwiesen werden, da er über Kenntnisse für Bürotätigkeiten nicht verfüge.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob die Gutachten des Orthopäden Dr. C. vom 21.4.2007 (SG-Akte S. 65), des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 24.7.2007 (SG-Akte S. 92) und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) außerdem das Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. vom 24.1.2008 (SG-Akte S. 160).

Der Orthopäde Dr. R. vertrat die Auffassung, als Maler und Lackierer könne der Kläger nicht mehr arbeiten, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts aber noch 6 Stunden täglich verrichten. Wegen der Unfallfolgen im Bereich des linken Sprunggelenks und der Polyneuropathie beider Beine bestünden Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit; Wegstrecken über 500 m seien nicht zu befürworten (Bericht vom 21.12.2006, SG-Akte S. 28). Der Neurologe und Psychiater Se. teilte die Diagnosen multisegmentale Discopathie und Polyneuropathie mit. Deswegen sei die Gehfähigkeit und Mobilität des Klägers (auf eine Gehstrecke von 300 bis 500 m) eingeschränkt. Öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger nutzen. Er sei nur unter 3 Stunden täglich arbeitsfähig und könne als Maler und Lackierer nicht mehr tätig sein (Bericht vom 15.3.2007, SG-Akte S. 44).

Dr. C. führte in seinem Gutachten zur Untersuchung des Klägers (u. a.) aus, die eingeschränkte Inklinationsfähigkeit des Rumpfes habe etwas im Widerspruch zum freihändig möglichen Aufrichten aus dem Liegen zum Sitzen gestanden; auch beim Anziehen von Hose, Strümpfen und Schuhen im Sitzen sei eine bessere Rumpfinklination zu beobachten gewesen, als sie im Stehen gezeigt worden sei. Die Funktion der Schultergelenke - zunächst gegen fühlbaren Widerstand des Klägers - sei als erheblich eingeschränkt demonstriert worden, während sich bei wiederholter Prüfung und bei den passiv geführten Bewegungen eine beidseits fast völlig freie Schulterfunktion gezeigt habe. Hüft- und Kniegelenke seien frei beweglich. Eine Funktionseinschränkung habe sich im linken oberen Sprunggelenk nur in Form einer endgradig verminderten Beugefähigkeit gefunden; die übrigen Bewegungen seien seitengleich frei ausführbar gewesen. Die Ballen- und Fersenbeschwielung sei seitengleich entwickelt, was nicht auf eine besondere Schonung der linken unteren Extremität schließen lasse. Das Gangbild sei barfuß von einem leichten linksseitigen Schonhinken geprägt, das in orthopädischen Stiefeln nicht mehr erkennbar sei.

Der Gutachter diagnostizierte myalgische Cervicobrachialgie beidseits, ohne Funktionseinschränkung der HWS und ohne neurologische Störungen an den oberen Extremitäten, funktionelle Schulterbeschwerden bei ausgeprägter Schultereckgelenksarthrose beidseits, ohne wesentliche Bewegungseinschränkung, ohne Impingement-Symptomatik, chronische Lumbalgie bei praesacraler Osteochondrose, Spondylarthrose L5/S1 und degenerative lumbale Bandscheibenschäden, Verdacht auf Hinterhornläsion des Innen- oder Außenmeniskus beidseits, ohne Funktionseinschränkung der Kniegelenke, unter Verformung knöchern verheilter Fersenbeinbruch links, beginnende arthrotische Veränderungen im linken Subtalar- und im linken Calcaneo-Cuboidal-Gelenk, Schwellneigung der linken Sprunggelenksregion und endgradige Beugeeinschränkung im linken oberen Sprunggelenk. Aus orthopädischer Sicht spreche nichts gegen den Einsatz des Klägers im Verweisungsberuf des Registrators. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg Gewicht im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, wobei das Sitzen überwiegen solle, mit gelegentlichem Bücken, Treppengehen, an Büromaschinen, in Schicht- und Nachtarbeit, in temperierten Räumen, witterungsabhängig auch im Freien 6 Stunden (höchstens 8 Stunden) täglich verrichten. Der Kläger sei auch wegefähig. Erkrankungen an den Hüft-, Knie- und Sprunggelenken, die sich auf das Gehvermögen relevant auswirken könnten, lägen nicht vor.

Dr. W. erhob einen Tagesablauf des Klägers (aufstehen zwischen 5:00 Uhr und 5:30 Uhr, Frühstück mit der - berufstätigen - Ehefrau, langsames aufräumen von Küche und Wohnzimmer, kümmern um die ein Stockwerk höher wohnenden Eltern - Mutter mit 81 Jahren dement -, dann in den Garten und kümmern um den Fischteich, im Haushalt nach dem Rechten sehen, den Hof kehren, einkaufen, nach Rückkehr der Ehefrau von der Arbeit erneut im Garten, einkaufen oder Haushaltsarbeit, am späten Nachmittag fernsehen, nach dem Abendessen gegen 18:00 Uhr wieder fernsehen, zu Bett gegen 23:00 Uhr). Der Kläger trinke nach eigenen Angaben seit der Alkoholentziehungskur im Oktober/November 2005 keinen Alkohol mehr (zuvor 2 bis 3 Bier pro Tag, auf Festen mitunter mehr). Den Neurologen und Psychiater Se. suche der Kläger alle 3 Monate auf. Seine Angaben zum Alkoholkonsum hätten beschönigend gewirkt.

Der Gutachter fand eine ausgeglichene Stimmungslage, ein gut erhaltenes Antriebs- und Interessevermögen sowie ein nicht eingeschränktes Freude- und ein normales emotionales Schwingungsvermögen. Er diagnostizierte eine symmetrisch-distale Polyneuropathie vom Markscheidentyp, geklagte Schmerzen seitens des Stütz- und Bewegungsapparats ohne aktuelles neurologisches Defizit bei radiologisch bekannter lumbaler Discopathie sowie Alkohol- und Nikotinabhängigkeit. Eine depressive Erkrankung liege nicht vor. Die Angaben zur Dauer, Ausprägung und Häufigkeit der Schmerzen hätten überzeichnet gewirkt. Tätigkeiten an Leitern und Gerüsten, sowie an Maschinen, von denen eine Unfallgefahr ausgehe, könne der Kläger nicht mehr verrichten. Die Alkoholabhängigkeit bewirke keine Funktionsstörung, allerdings solle der Kläger keine Arbeiten leisten, die einen berufsmäßigen Umgang mit Alkohol mit sich brächten. Die noch zumutbaren Tätigkeiten seien aber vollschichtig (8 Stunden täglich) möglich. Der Kläger sei auch wegefähig.

Dr. Sch. erhob ebenfalls einen Tagesablauf des Klägers (aufstehen zwischen 8:00 Uhr und 9:00 Uhr, 2 Stunden am Kaffeetisch, danach aufräumen der Küche, Morgentoilette, Mittagessen gegen 14:00 Uhr, im Winter Sportsendungen im Fernsehen oder basteln an Modellen, am späteren Nachmittag für zwei Stunden Besuch bei den Eltern, Abendessen 18:00 Uhr, fernsehen, zu Bett zwischen 23:00 Uhr und 23:30 Uhr). Die Gutachterin fand bei etwas bedrückter Stimmung eine gut erhaltene affektive Schwingungsfähigkeit und diagnostizierte Alkoholabhängigkeit, eine sensible, axonale Polyneuropathie, wahrscheinlich äthyltoxisch, ein chronisch degeneratives LWS-Syndrom mit NPP L4/5 (mit Spinalkanalstenose) und L5/S1 ohne neurologische Ausfälle. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen oder überwiegend sitzend, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, nicht auf Leitern oder Gerüsten, nicht im Akkord, am Fließband oder in Schicht- und Nachtdienst, nicht in ungünstigen klimatischen Verhältnissen 8 Stunden täglich verrichten. Arbeiten mit Publikumsverkehr seien möglich. Nicht möglich seien Tätigkeiten mit berufsbedingtem Umgang mit Alkohol und mit hohen Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, Anpassungs- und Umstellungsvermögen oder mit dem Erfordernis zur Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge und der Übernahme von Verantwortung für Menschen oder Maschinen. Der Kläger sei auch wegefähig, könne viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m (jeweils) in höchstens 15 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 24.4.2008 wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger hinsichtlich des Berufsschutzes dem Bereich der oberen Angelernten zuzuordnen sein werde. Deswegen könne er auf die Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.

Mit Urteil vom 24.4.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, das Leistungsvermögen des Klägers sei nicht in rentenberechtigendem Maße gemindert, da der Kläger eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit ausüben könne (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das gehe aus den vorliegenden Gutachten hervor. Die abweichende Einschätzung des Neurologen und Psychiaters Se. könne demgegenüber nicht überzeugen. Eine relevante Einschränkung des zumutbaren Arbeitsweges liege nicht vor, wie die Gutachter Dres. C., W. und Sch. ebenfalls festgestellt hätten; die Maßstäbe des Schwerbehindertenrechts seien auf das Rentenversicherungsrecht nicht übertragbar, weshalb die Zuerkennung des Merkzeichens G durch die Versorgungsverwaltung nicht ausschlaggebend sei. Betriebsunübliche Pausen benötige der Kläger nicht; eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor. Dem Kläger stehe auch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) nicht zu. Der Kläger, der die Gesellenprüfung im Maler- und Lackiererhandwerk nicht abgelegt habe, sei ausschließlich in einem eng begrenzten Segment des Berufsbildes (Sanierung von Betonbrücken) tätig gewesen. Sowohl seine Bezeichnung als Spezialfacharbeiter wie die Entlohnung nach Lohngruppe 4 sprächen dafür, ihn hinsichtlich des Berufsschutzsystems dem Bereich der oberen Angelernten zuzuordnen; weitere Ermittlungen seien insoweit nicht möglich, da der letzte Arbeitgeber des Klägers (Firma G-GmbH) bereits vor Jahren insolvent geworden sei. Der Kläger könne damit auf die Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.

Auf das ihm am 24.9.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, nach seiner Auffassung könne er nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich arbeiten. Insoweit schließe er sich den Ausführungen des Nervenarztes Se. an. Den Gutachten der Dres. C., W. und Sch. könne er demgegenüber nicht folgen. Zwischenzeitlich hätten sich seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch weiter verschlechtert; hierfür werde auf Atteste des Nervenarztes Se. und des Orthopäden Dr. R. verwiesen. Außerdem liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor und es sei der zumutbare Arbeitsweg beschränkt; diese Auffassung hätten Dr. R. und der Nervenarzt Se. vertreten. Außerdem habe ihm das Versorgungsamt das Merkzeichen G zuerkannt. Das Sozialgericht hätte klären müssen, ob es für ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hinreichend geeignete Arbeitsplätze gebe. Ihm komme Berufsschutz als Facharbeiter zu, weshalb er auf den Beruf des Pförtners nicht verwiesen werden dürfe, zumal sich seine Alkoholkrankheit insoweit nachteilig auswirken würde.

Der Neurologe und Psychiater Se. hat im Attest vom 12.10.2008 (Senatsakte S. 24) die Diagnosen Polyneuropathie, multisegmentale Discopathie und Coxarthrose beidseits mitgeteilt. Der Kläger habe berichtet, bei ihm habe sich alles verschlechtert, der Rücken, die Gelenke, die Knie, die Hüfte. Er habe 4 Sitzungen Akupunktur gemacht, aber dadurch sei alles noch schlimmer geworden. Der Arzt Se. hat einen unauffälligen Hirnnervenbefund und ein unauffälliges Gangbild gefunden. Zehengang und Fersengang seien nur mit Mühe möglich, bei Prüfung des Seiltänzergangs habe sich eine leichte Unsicherheit gezeigt. Die Beweglichkeit der HWS sei eingeschränkt. Paresen oder umschriebene Muskelatropien gebe es nicht. Zusammenfassend sei beim Kläger unverändert von der ungünstigen Kombination einer schwergradigen Polyneuropathie und einer multisegmentalen Discopathie auszugehen. Dabei seien die HWS und die LWS betroffen. Bei der klinisch-neurologischen Untersuchung lasse sich ein im Wesentlichen unveränderter Neurostatus erheben. Therapeutisch seien konservative physikalische Maßnahmen zu empfehlen.

Der Orthopäde Dr. R. hat im Attest vom 11.5.2009 (Senatsakte S. 31) die beim Kläger auf seinem Fachgebiet vorliegenden chronischen therapiebedürftigen Erkrankungsbilder aufgeführt und außerdem eine neurologisch bestätigte schwergradige Polyneuropathie mit verzögerten motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeiten sowie - als Röntgendiagnose - eine erhebliche Aortensklerose mit Hinweisen auf periphere arterielle Durchblutungsstörung beider Beine benannt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.4.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden Dr. R. (bzw. Dr. Ke.) vom 15.6.2009 (Senatsakte S. 35) erhoben. Darin ist für die Zeit ab 21.12.2006 hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf das (vom Kläger zur Berufungsbegründung vorgelegte) Attest vom 11.5.2009 (und beigefügte Arztbriefe) Bezug genommen. Bei den bereits bekannten Erkrankungen des Klägers seien prinzipiell keine wesentlichen Änderungen eingetreten; neu aufgetreten seien Beschwerden am Kniegelenk rechts. Hierzu heißt es in einem (der sachverständigen Zeugenaussage beigefügten) Arztbrief des Dr. R. vom 6.4.2009 (Senatsakte S. 39), bekannt, jetzt wiederum aktiv, seien Beschwerden am Kniegelenk rechts ohne Trauma. Am rechten Kniegelenk lägen keine wesentliche Kapselschwellung und kein Erguss vor. Es finde sich ein Druckschmerz medial in Höhe des Gelenkspalts bei fraglich angedeutetem Innenmeniskuszeichen. Die Funktion sei weitestgehend frei, die Beugung sei endgradig eingeschränkt mit Spannungsgefühl. Unter Medikation habe sich eine deutliche Befundverbesserung eingestellt. Weiter hat Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenaussage dargelegt, im Zeitraum seit Januar 2007 habe praktisch durchgehend eine analgetisch-antiphlogistische Bedarfsmedikation (anfangs mit Diclofenac, später mit Ibuprofen) stattgefunden. Zudem seien regelmäßig physikalische Therapien durchgeführt worden (33 mal Massagen und 12 mal Ultraschallbehandlung für das rechte Kniegelenk). Hinsichtlich der beruflichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit des Klägers ergäben sich keine wesentlichen Änderungen im Hinblick auf die Beurteilung in der (für das Sozialgericht abgegebenen) sachverständigen Zeugenaussage vom 21.12.2006. Unter Beachtung der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet könne der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden täglich verrichten. Inwieweit sich im Zusammenspiel mit den bekannten Erkrankungen auf neurologischem Fachgebiet weitere Einschränkungen ergäben, könne er nicht beurteilen.

Der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. R. ist (u. a.) ein Bericht des Internisten und Angiologen Dr. B. vom 10.7.2007 beigefügt (Senatsakte S. 44). Darin ist ausgeführt, der Kläger habe beim Laufen Schmerzen in beiden Waden nach ca. 500 m angegeben. Schwere Verkalkungen oder Stenosierungen sowie Farbturbulenzen hätten sich bei der Sonographie nicht gezeigt. Eine tiefe Venenthrombose liege nicht vor. Die Beschwerdesymptomatik sei durch den Gefäßbefund nicht zu erklären.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II. Der Senat weist die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bzw. die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:

Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Aus den vom Sozialgericht erhobenen Gutachten der Dres. C., W. und Sch. geht schlüssig und überzeugend hervor, dass der Kläger leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Leistungseinschätzung der Gutachter hat der behandelnde Orthopäde Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 21.12.2006 zugestimmt. Die - nicht weiter stichhaltig begründete - abweichende Auffassung des Neurologen und Psychiaters Se. ist durch die Gutachten der Neurologen und Psychiater Dres. W. und Sch. ausgeräumt. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen Erkrankungen (insbesondere des depressiven Formenkreises), die das quantitative Leistungsvermögen in rentenberechtigendem Maße einschränken würden, nicht vor. Die Polyneuropathieerkrankung hindert den Kläger ebenfalls nicht an der vollschichtigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit; gleiches gilt für die (vom Kläger zunächst in Abrede gestellte, zur Begründung der Berufung nunmehr aber betonte) Alkoholerkrankung. Die genannten Erkrankungen und die daraus folgenden Leistungseinschränkungen waren den Gutachtern Dres. W. und Sch. bekannt und sind bei ihrer Leistungseinschätzung berücksichtigt worden. Stichhaltige und substantiierte Einwendungen gegen die vorliegenden Gutachten sind weder erhoben noch ersichtlich.

Unbeschadet dessen, dass dem Kläger zumutbare Verweisungsberufe (Pförtner bzw. Registrator) benannt worden sind (dazu noch im Folgenden), liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (dazu KassKomm-Niesel, SGB VI § 43 Rdnr. 47), wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, nicht vor. Die von den Gutachtern angenommenen qualitativen Leistungseinschränkungen gehen über das Erfordernis leichter Tätigkeit nicht hinaus. Aus der Alkoholerkrankung des Klägers folgen abgesehen vom Ausschluss beruflichen Umgangs mit Alkohol keine weitergehenden Einschränkungen (so die Gutachten der Dres. W. und Sch.). Schließlich ist auch die Wegefähigkeit des Klägers nicht in rentenrechtlich beachtlichem Maße eingeschränkt. Letzteres haben die Gutachter ebenfalls überzeugend festgestellt.

Die zur Berufungsbegründung vorgelegten Atteste des Nervenarztes Se. und des Dr. Ro. sowie dessen vom Senat erhobene sachverständige Zeugenaussage rechtfertigen keine andere Sicht der Dinge.

Der Neurologe und Psychiater Se. hat unter dem 12.10.2008 die bereits bekannten und gutachterlich gewürdigten Diagnosen und außerdem einen unauffälligen Hirnnervenbefund sowie ein unauffälliges Gangbild mitgeteilt. Die Bewertung des Schweregrads der beim Kläger vorliegenden und gutachterlich berücksichtigten Polyneuropathie ist für sich genommen rentenversicherungsrechtlich ohne Belang; maßgeblich für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente sind nicht diagnostische Wertungen, sondern sozialmedizinisch relevante Funktionseinschränkungen. Davon abgesehen hat der Arzt Se. im genannten Attest - bezugnehmend auf eine "unverändert" ungünstige Kombination einer schwergradigen Polyneuropathie und einer multisegmentalen Discopathie - keine Leistungseinschätzung, sondern eine Therapieempfehlung ausgesprochen. Dass seine Leistungseinschätzung in der sachverständigen Zeugenaussage vom 15.3.2007 dem Kläger nicht zu einem Rentenanspruch verhelfen kann, wurde bereits dargelegt.

Dr. R. hat im Attest vom 11.5.2009 lediglich die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden und gutachterlich gewürdigten Erkrankungen des Klägers aufgeführt und hinsichtlich der Polyneuropathie auf die neurologische Bestätigung (ersichtlich durch den Nervenarzt Se.) Bezug genommen. Die Röntgendiagnose einer erheblichen Aortensklerose mit Hinweisen auf periphere arterielle Durchblutungsstörungen beider Beine begründet eine sozialmedizinisch beachtliche Einschränkung der Wegefähigkeit nicht, zumal der Internist und Angiologe Dr. B. (Bericht vom 10.7.2007) die vom Kläger behauptete Beschwerdesymptomatik - die außerdem erst nach einer Gehstrecke von 500 m auftreten solle - durch den Gefäßbefund nicht erklären konnte. Nichts anderes gilt für die mit der Berufung geltend gemachten Beschwerden am rechten Kniegelenk, nachdem insoweit eine wesentliche Kapselschwellung und ein Erguss nicht aufzufinden waren, sich die Funktion bei lediglich endgradiger Einschränkung der Beugung als weitestgehend frei erwies und sich (auch dieser Befund) unter Medikation deutlich verbessert hat (so Dr. R. im Arztbrief vom 6.4.2009). Die Zuerkennung des Merkzeichens G durch die Versorgungsverwaltung steht der (renteversicherungsrechtlich maßgeblichen) Wegefähigkeit nicht entgegen; das Sozialgericht hat das zutreffend dargelegt (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 1.7.2003, - L 11 RJ 513/03 -). Im Übrigen hat Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 15.6.2009 dargelegt, dass bei den bereits bekannten Erkrankungen des Klägers prinzipiell keine wesentlichen Änderungen eingetreten sind, was auch für die berufliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit des Klägers gilt. Dr. R. hat den Kläger demzufolge (erneut) für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) noch 6 Stunden täglich zu verrichten.

Das Sozialgericht hat schließlich zu Recht auch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) ausgeschlossen. Für das Vorliegen von Berufsschutz als Facharbeiter ist nichts ersichtlich. Einen Beruf hat der Kläger nicht erlernt, die (begonnenen) Ausbildungen (insbesondere) im Maler- und Lackiererhandwerk vielmehr nicht mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Bei der Firma G-GmbH ist der Kläger auch lediglich in einem eng begrenzten Berufssegment (des Malerberufs) bei der Sanierung von Betonbrücken eingesetzt worden, was die Berufsbezeichnung als "Maler Spezialfacharbeiter" in der für die Arbeitsverwaltung erstellten Arbeitsbescheinigung der Firma G-GmbH verdeutlicht; aus dieser Tätigkeit kann dem Kläger daher weitergehender Berufsschutz ebenfalls nicht erwachsen (vgl. dazu KassKomm-Niesel, SGB VI § 240 Rdnr. 64 ff.; auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 24.4.2007, - L 4 R 774/05 -, unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 25.1.1994, - 4 RA 35/93 -). Der Kläger kann damit dem Bereich der oberen Angelernten zugeordnet werden und muss sich sozial zumutbar auf den ihm in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 24.4.2008 benannten Beruf des Pförtners verweisen lassen (dazu auch LSG Sachsen, Urt. v. 24.4.2007, a. a. O.). Dem fachlichen Anforderungs- und dem gesundheitlichen Belastungsprofil dieses Berufs ist der Kläger gewachsen, wie aus den vom Sozialgericht erhobenen Gutachten (und den Berichten des Dr. R.) hervorgeht. Er kann (aus orthopädischer Sicht) leichte Arbeiten im Wechselrhythmus bei überwiegendem Sitzen mit gelegentlichem Bücken oder Treppengehen in Schicht- und Nachtarbeit, in temperierten Räumen, aber (witterungsabhängig) auch im Freien, vollschichtig verrichten (so insbesondere Dr. C. im Gutachten vom 21.4.2007). Weitergehende Belastungen werden ihm auch bei einer Tätigkeit als Pförtner nicht abverlangt (vgl. auch etwa LSG Sachsen, a. a. O). Der Kläger hat das auch nicht behauptet, vielmehr auf seine (zunächst in Abrede gestellte) Alkoholkrankheit verwiesen. Diese Krankheit haben die (neurologisch-psychiatrischen) Gutachter Dres. W. und Sch. indessen bedacht und qualitative Leistungseinschränkungen lediglich insoweit angenommen, als (im Pförtnerberuf offenkundig nicht vorkommender) berufsmäßiger Umgang mit Alkohol ausgeschlossen ist. Arbeiten mit Publikumsverkehr hat Dr. Sch. demgegenüber ausdrücklich für möglich erachtet. Besondere Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, Anpassungs- oder Umstellungsvermögen oder die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge erfordert der genannte Verweisungsberuf nicht. Im Übrigen wäre der Kläger - Berufsschutz als Facharbeiter unterstellt - auf den ihm in den angefochtenen Bescheiden benannten Beruf des Registrators zu verweisen (vgl. etwa Senatsurteile vom 26.4.2009, - L 5 R 4284/07 -, vom 14.5.2007, - L 5 R 6044/06 - und vom 11.10.2006, - L 5 R 4635/05 -). Dem fachlichen Anforderungs- und dem gesundheitlichen Belastungsprofil dieses Berufs wäre er ebenfalls gewachsen, wobei es nicht von Belang ist, dass der Kläger ausschließlich handwerklich tätig und mit Büroarbeit bislang nicht befasst war (auch dazu die genannten Senatsurteile, a. a. O.).

Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat bei dieser Sachlage weder in medizinischer noch in berufskundlicher Hinsicht auf. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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