Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 2657/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5474/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. August 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Bei dem 1956 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Heilbronn zuletzt mit Abhilfebescheid vom 03.12.2002 wegen einer Nierenerkrankung in Heilungsbewährung (Nierenzellkarzinom, Tumornephrektomie rechts am 05.06.2000) - Teil-GdB 60 -, Bluthochdruck - Teil-GdB 10 -, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - Teil-GdB 20 - und Refluxkrankheit der Speiseröhre - Teil-GdB 10 - den GdB mit 70 seit 03.07.2002 neu fest.
Im April 2006 leitete das Landratsamt Heilbronn - Versorgungsamt - (VA) hinsichtlich der Nierenerkrankung des Klägers ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Befundbericht des Dr. S. vom 19.05.2006 ein und ließ ihn versorgungsärztlich auswerten. Die Ärztin S. empfahl in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2006 wegen Heilungsbewährung - Verlust der rechten Niere Teil-GdB 30 - unter unveränderter Berücksichtigung der mit Bescheid vom 03.12.2002 sonst festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen den GdB auf 40 herabzusetzen. Mit Schreiben vom 16.03.2007 hörte das VA den Kläger zur beabsichtigten Feststellung des GdB mit 40 an. Am 20.03.2007 beantragte der Kläger die Neufeststellung eines höheren GdB. Das VA zog daraufhin weitere medizinische Befundunterlagen bei (Reha-Entlassungsbericht Klinik H. vom 31.10.2006, Befundbericht Dr. B./Dr. B.vom 05.04.2006) und ließ sie durch die Versorgungsärztin S. (Stellungnahme vom 31.05.2007) auswerten. Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme stellte das VA mit Bescheid vom 04.06.2007 beim Kläger wegen des Verlustes der Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere (Teil-GdB 40), Bluthochdruck (Teil-GdB 10), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 30) sowie Refluxkrankheit der Speiseröhre (Teil-GdB 10) den GdB mit 50 seit dem 08.06.2007 neu fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21.06.2007 Widerspruch ein. Er berief sich zur Begründung auf sozialgerichtliche Rechtsprechung und machte geltend, die erfolgte Bewertung sei nicht nachvollziehbar. Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 28.06.2007 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich der Niere sei durch Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Bewertung des GdB mit 50 durch den Sachverständigen beim Landratsamt Heilbronn sei schlüssig. Die zitierte Rechtsprechung könne keine andere Bewertung des GdB rechtfertigen.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.07.2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er führte zur Begründung aus, für ihn sei nicht nachvollziehbar, ob das VA den Gesamt-GdB nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen zutreffend beurteilt habe. Die Funktionseinschränkung der verbliebenen Niere (chronische Niereninsuffizienz Stad. 2, eGFR 65 ml/Min / 1,73 m² KOF, Sekundärleiden Bluthochdruck) sei zusätzlich zu bewerten. Diese gesonderte Bewertung fehle bzw. sei nicht nach den geltenden Grundsätzen vorgenommen worden. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass sich bei einem Nierenzellkarzinom immer Rezidive oder Metastasen bilden könnten, weshalb eine lebenslange ärztliche Kontrolle und Überwachung nötig sei. Weiter seien die erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (häufig auftretende, regelmäßige Schmerzattacken, allgemeine erheblich reduzierte Leistungsfähigkeit) durch die degenerativen LWS-Veränderungen, Lumbalgie und Protrusio L4/5 nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Der Beklagte unterbreitet dem Kläger mit Schriftsatz vom 07.12.2007 unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 04.12.2007 wegen des Verlustes der Niere bei Funktionseinschränkung der anderen Niere (Teil-GdB 40), Bluthochdruck (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 30) und Refluxkrankheit der Speiseröhre (Teil-GdB 10) ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 60 seit dem 08.06.2007 festzustellen, das der Kläger nicht annahm. Der Kläger legte das Attest des Dr. S. vom 25.01.2008 (zum Bluthochdruck) vor.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 13.08.2008 gab der Beklagte das vom Kläger angenommene Teilanerkenntnis ab, einen GdB von 60 ab 08.06.2007 festzustellen.
Mit Urteil vom 13.08.2008 verurteilte das SG den Beklagten, entsprechend dem Teilanerkenntnis einen GdB vom 60 ab 08.06.2007 festzustellen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das SG führte zur Begründung den vorsorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin S. und Dr. B. folgend aus, die Nierenerkrankung des Klägers sei nunmehr mit einem GdB von 40, der Bluthochdruck mit einem GdB von 20, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 30 sowie die Refluxkrankheit der Speiseröhre mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der vom Kläger weiterhin geltend gemachte GdB von 70 sei nicht mehr gegeben.
Mit Ausführungsbescheid vom 18.11.2008 stellte der Beklagte beim Kläger den GdB mit 60 seit dem 08.06.2007 fest.
Gegen das dem Kläger am 31.10.2008 zugestellte Urteil hat er am 26.11.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, es fehle an der hinlänglichen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes. Es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass bei einem Nierenzellkarzinom jederzeit Rezidive auftreten könnten. Eine absolute Heilungsbewährung gebe es deswegen nicht. Im Übrigen seien bei der sogenannten Heilungsbewährung die gesundheitlichen Umstände entscheidend. Die Aus-, Nach- und Nebenwirkungen durch den gravierenden operativen Eingriff auf die allgemeine Lebensqualität aufgrund des Organverlustes, die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen, Schmerzattacken und Schmerzzustände auf die Auswirkungen im täglichen Leben seien zu berücksichtigen. Es fehle auch der Nachweis, dass eine Beurteilung nach den maßgeblichen Grundsätzen der Anhaltspunkte vorgenommen worden sei. Pathologische Veränderungen (z. B. Bewegungseinschränkungen durch Arthrose, Schmerzsyndrome bei degenerativer LWS und Lumbalgie) seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Aufgrund seiner Erkrankungen bestünden negative Auswirkungen in Form von Polyarthrose, Blockierung, Periarthritis humerocapularis rechts und ein chronisches Schmerzsyndrom, welche akut behandlungsbedürftig seien. Für die Berechnungssystematik des GdB durch das SG finde sich weder ein rechtliche Grundlage, noch liege sie in der Intention des Gesetzgebers begründet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.08.2008 abzuändern und den Beklagten und Abänderung des Bescheides vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2007 zu verurteilen, bei ihm den GdB mit 70 ab 08.06.2007 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, die Herabsetzung des GdB wegen Ablaufs der Heilungsbewährungsfrist sei zulässig. Beim Auftreten eines Rezidivs nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist wäre der GdB wieder zu erhöhen. Die mit der Behinderung üblicherweise verbundenen Schmerzen führten zu keiner Höherbewertung des GdB. Die vom SG in der mündlichen Verhandlung geschilderte Methode zur Bildung des GdB entspreche der üblichen Praxis.
Der Senat hat Dr. S. und Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Orthopäde Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 01.03.2009 die von ihm während der Behandlung des Klägers erhobenen Befunde mitgeteilt und sich auf seinem Fachgebiet der versorgungsärztlichen Bewertung des Beklagten angeschlossen. Der Internist und Nephrologe Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 03.03.2009 unter Vorlage von Befundberichten die Befunde mitgeteilt und auf seinem Fachgebiet den GdB mit 30 eingestuft.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in nicht öffentlicher Sitzung am 24.04.2009 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 24.04.2009 wird verwiesen.
Der Kläger hat im Anschluss an den Erörterungstermin weiter vorgetragen und sein bisheriges Vorbringen vertieft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2007 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 18.11.2008 sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von über 60 für die Zeit ab 08.02.2007 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht formell rechtswidrig, da der Kläger vor dem Erlass des Bescheides ordnungsgemäß angehört worden ist (§ 24 Abs. 1 SGB X). Dem Bescheid lassen sich auch hinreichend die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe entnehmen, sodass er auch nicht wegen eines Begründungsmangels rechtswidrig ist. Er ist auch nicht materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die erfolgte Herabsetzung des GdB wegen Eintritts einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erfüllt sind.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der im Abhilfebescheid vom 09.12.2002 mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Hiervon ausgehend ist die - auch mit einbezogene Entscheidung über den Neufeststellungsantrag des Klägers - erfolgte Herabsetzung des GdB von 70 auf 60 nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Nierenerkrankung des Klägers ist Heilungsbewährung eingetreten (vgl. zur Heilungsbewährung VG Teil B Nr. 1c). Ein Rezidiv oder eine Metastase des Nierenkarzinoms rechts ist beim Kläger unstreitig nicht aufgetreten. Dies rechtfertigt die Herabsetzung des Teil-GdB für die Nierenerkrankung von 60 auf 40. Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit eines Rezidivs auch nach dem Ablauf der Heilungsbewährung beruft, rechtfertigt dieser Umstand nicht, den Eintritt einer Heilungsbewährung zu verneinen. Denn Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, sind beim GdB nicht zu berücksichtigen (VG Teil A Nr. 2h). Nach den VG (Teil B Nr. 12.1.3) ist bei Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere leichten Grades ein GdB 40 bis 50 gerechtfertigt. Dies trifft beim Kläger zu. Nach der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. S. vom 03.03.2009 besteht beim Kläger eine stabile, eingeschränkte Nierenfunktionsstörung leichten Grades der verbliebenen Niere bei ordentlichem Befinden (zum Letzteren Bericht Dr. Fuchs/Dr. S. vom 13.05.2008). Eine Nierenfunktionsstörung mittleren Grades, die nach den VG einen GdB von 60 bis 80 rechtfertigt, liegt beim Kläger nach der Stellungnahme von Dr. S. vom 03.03.2009 nicht vor. Eine Nierenfunktionsstörung mittleren Grades kann auch den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnommen werden. Bei dieser Befundlage hält auch der Senat einen Teil-GdB von 40 für das Nierenleiden des Klägers für ausreichend und angemessen. Anlass, den nach den VG gegebenen Bewertungsrahmen nach oben auszuschöpfen (GdB 50), besteht auch für den Senat nicht. Dr. S. selbst hält einen Teil-GdB von 30 für angemessen. Das Vorbringen des Klägers, die Aus-, Nach- und Nebenwirkungen durch den gravierenden operativen Eingriff auf die allgemeine Lebensqualität aufgrund des Organverlustes, die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen, Schmerzattacken und Schmerzzustände auf die Auswirkungen im täglichen Leben seien zu berücksichtigen, rechtfertigt keine höhere Bewertung des GdB. Die mit dem Verlust der rechten Niere und der Nierenfunktionsstörung der linken Niere verbundenen körperlichen Einschränkungen sind mit dem Teil-GdB von 40 ausreichend berücksichtigt. Weiter berücksichtigen die in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätze bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen. Nur dann, wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Solche außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z.B. eine Psychotherapie - erforderlich ist. Ähnliches gilt für die Berücksichtigung von Schmerzen (vgl. VG Teil A Nr. 2i und Nr. 2 j). Dass eine solche Sondersituation beim Kläger besteht, ist nicht ersichtlich.
Als Sekundärleiden ist der Bluthochdruck nach den VG (Teil B Nr. 12.1.3) zusätzlich zu berücksichtigen. Hierfür hat der Beklagte zutreffend einen Teil-GdB von 20 anerkannt. Nach der Auskunft des Dr. S. in der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 03.03.3009 ist der Bluthochdruck beim Kläger akzeptabel eingestellt. Nach dem von Dr. S. vorgelegten Befundbericht vom 13.05.2008 beträgt der Blutdruck 130 bis 140/80 bis 90 mmHg und nach dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Attest des Dr. S. vom 25.01.2008 der unter häuslichen Ruhebedingungen gemessene Blutdruck 120/70 bis 140/90 mmHg bzw. in der Praxis 140/90 bis 160/100 mmHg. In diesem Bereich liegen auch die vom Kläger an das SG mitgeteilten Blutdruckwerte. Diese Blutdruckwerte rechtfertigen keinen höheren Teil-GdB als 20. Nach den VG (Teil B Nr. 9.3) ist bei leichter Form des Bluthochdrucks (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung, höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) ein Teil-GdB von 0 bis 10 und bei mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I - II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung ein Teil-GdB von 20 - 40 anzunehmen. Nach den dargestellten Blutdruckwerten ist beim Kläger - allenfalls - knapp von einem Blutdruckleiden mittelschwerer Form auszugehen. Anlass, den nach den VG vorgesehen GdB-Rahmen nach oben auszuschöpfen, besteht bei dieser Sachlage nicht.
Auch das Wirbelsäulenleiden des Klägers ist mit einem Teil-GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet. Nach den VG (Teil B Nr. 18.9) ist bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 anzunehmen. Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, die einen Teil-GdB von 40 rechtfertigen, trifft nicht zu. Nach den Angaben des vom Senat schriftlich als sachverständiger Zeuge gehörten Orthopäden Dr. L. besteht beim Kläger eine Teilsteife der Lendenwirbelsäule. Die Halswirbelsäule ist nur endgradig funktionsgemindert. Auch im Reha-Entlassungsbericht der Klinik H. vom 31.10.2006 wird von einer endgradig schmerzhaften Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule des Klägers berichtet. Nach diesen Befunden kann beim Kläger hinsichtlich der Wirbelsäule - allenfalls - von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen werden. Soweit sich der Kläger außerdem auf negative Auswirkungen in Form von Polyarthrose, Blockierung, Periarthritis humerocapularis rechts beruft, lässt sich seinem Vorbringen wie auch den zu den Akten gelangten Befundunterlagen nicht entnehmen, dass damit Funktionsbeeinträchtigungen verbunden sind, die nach den oben dargestellten Grundsätzen bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend zu berücksichtigen sind. Dem entspricht auch die Bewertung des GdB durch Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 01.03.2009, der beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet von einem Teil-GdB von 30 ausgeht.
Sonstige Funktionsbehinderungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen nach den zu den Akten gelangten Befundberichten und den Stellungnahmen der als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte des Klägers nicht vor. Insbesondere ist - entgegen dem Hinweis des Dr. L., es fehle die Würdigung der Psyche - nicht ersichtlich, dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an GdB-rechtlich relevanten Beeinträchtigungen leidet. Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik H. vom 31.10.2006 wird lediglich eine psychovegetative Erschöpfung als Diagnose und Angst des Klägers, vor einem erneuten Aufflammen seines Nierenkarzinoms genannt. Daraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen werden nicht beschrieben. Entsprechendes gilt für die Refluxkrankheit der Speiseröhre, für die der Beklagte einen Teil-GdB von 10 anerkannt hat. Der Kläger befindet sich in einem guten Ernährungszustand (Bericht der Klinik H. vom 31.10.2006), was gegen eine relevante Funktionsbeeinträchtigung durch diese Gesundheitsstörung spricht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Den für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Sachverhalt hält der Senat aufgrund der eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der den Kläger behandelnde Ärzte und die sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen für geklärt.
Nach den oben dargelegten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist nach alledem die Neufeststellung des GdB mit 60 ab dem 08.06.2007 nicht zu beanstanden. Der Einwand des Klägers, für die Berechnungssystematik des GdB finde sich weder ein rechtliche Grundlage, noch liege sie in der Intention des Gesetzgebers begründet, lässt sich nicht mit den VG bzw. den AHP sowie mit der gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Bildung des Gesamt-GdB vereinbaren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.
Bei dem 1956 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Heilbronn zuletzt mit Abhilfebescheid vom 03.12.2002 wegen einer Nierenerkrankung in Heilungsbewährung (Nierenzellkarzinom, Tumornephrektomie rechts am 05.06.2000) - Teil-GdB 60 -, Bluthochdruck - Teil-GdB 10 -, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - Teil-GdB 20 - und Refluxkrankheit der Speiseröhre - Teil-GdB 10 - den GdB mit 70 seit 03.07.2002 neu fest.
Im April 2006 leitete das Landratsamt Heilbronn - Versorgungsamt - (VA) hinsichtlich der Nierenerkrankung des Klägers ein Nachprüfungsverfahren ein. Das VA holte den Befundbericht des Dr. S. vom 19.05.2006 ein und ließ ihn versorgungsärztlich auswerten. Die Ärztin S. empfahl in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2006 wegen Heilungsbewährung - Verlust der rechten Niere Teil-GdB 30 - unter unveränderter Berücksichtigung der mit Bescheid vom 03.12.2002 sonst festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen den GdB auf 40 herabzusetzen. Mit Schreiben vom 16.03.2007 hörte das VA den Kläger zur beabsichtigten Feststellung des GdB mit 40 an. Am 20.03.2007 beantragte der Kläger die Neufeststellung eines höheren GdB. Das VA zog daraufhin weitere medizinische Befundunterlagen bei (Reha-Entlassungsbericht Klinik H. vom 31.10.2006, Befundbericht Dr. B./Dr. B.vom 05.04.2006) und ließ sie durch die Versorgungsärztin S. (Stellungnahme vom 31.05.2007) auswerten. Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme stellte das VA mit Bescheid vom 04.06.2007 beim Kläger wegen des Verlustes der Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere (Teil-GdB 40), Bluthochdruck (Teil-GdB 10), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 30) sowie Refluxkrankheit der Speiseröhre (Teil-GdB 10) den GdB mit 50 seit dem 08.06.2007 neu fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21.06.2007 Widerspruch ein. Er berief sich zur Begründung auf sozialgerichtliche Rechtsprechung und machte geltend, die erfolgte Bewertung sei nicht nachvollziehbar. Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 28.06.2007 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich der Niere sei durch Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Bewertung des GdB mit 50 durch den Sachverständigen beim Landratsamt Heilbronn sei schlüssig. Die zitierte Rechtsprechung könne keine andere Bewertung des GdB rechtfertigen.
Hiergegen erhob der Kläger am 17.07.2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er führte zur Begründung aus, für ihn sei nicht nachvollziehbar, ob das VA den Gesamt-GdB nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen zutreffend beurteilt habe. Die Funktionseinschränkung der verbliebenen Niere (chronische Niereninsuffizienz Stad. 2, eGFR 65 ml/Min / 1,73 m² KOF, Sekundärleiden Bluthochdruck) sei zusätzlich zu bewerten. Diese gesonderte Bewertung fehle bzw. sei nicht nach den geltenden Grundsätzen vorgenommen worden. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass sich bei einem Nierenzellkarzinom immer Rezidive oder Metastasen bilden könnten, weshalb eine lebenslange ärztliche Kontrolle und Überwachung nötig sei. Weiter seien die erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (häufig auftretende, regelmäßige Schmerzattacken, allgemeine erheblich reduzierte Leistungsfähigkeit) durch die degenerativen LWS-Veränderungen, Lumbalgie und Protrusio L4/5 nicht hinreichend berücksichtigt worden.
Der Beklagte unterbreitet dem Kläger mit Schriftsatz vom 07.12.2007 unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 04.12.2007 wegen des Verlustes der Niere bei Funktionseinschränkung der anderen Niere (Teil-GdB 40), Bluthochdruck (Teil-GdB 20), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 30) und Refluxkrankheit der Speiseröhre (Teil-GdB 10) ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 60 seit dem 08.06.2007 festzustellen, das der Kläger nicht annahm. Der Kläger legte das Attest des Dr. S. vom 25.01.2008 (zum Bluthochdruck) vor.
In der öffentlichen Sitzung des SG am 13.08.2008 gab der Beklagte das vom Kläger angenommene Teilanerkenntnis ab, einen GdB von 60 ab 08.06.2007 festzustellen.
Mit Urteil vom 13.08.2008 verurteilte das SG den Beklagten, entsprechend dem Teilanerkenntnis einen GdB vom 60 ab 08.06.2007 festzustellen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das SG führte zur Begründung den vorsorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin S. und Dr. B. folgend aus, die Nierenerkrankung des Klägers sei nunmehr mit einem GdB von 40, der Bluthochdruck mit einem GdB von 20, die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem GdB von 30 sowie die Refluxkrankheit der Speiseröhre mit einem GdB von 10 zu bewerten. Der vom Kläger weiterhin geltend gemachte GdB von 70 sei nicht mehr gegeben.
Mit Ausführungsbescheid vom 18.11.2008 stellte der Beklagte beim Kläger den GdB mit 60 seit dem 08.06.2007 fest.
Gegen das dem Kläger am 31.10.2008 zugestellte Urteil hat er am 26.11.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, es fehle an der hinlänglichen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes. Es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass bei einem Nierenzellkarzinom jederzeit Rezidive auftreten könnten. Eine absolute Heilungsbewährung gebe es deswegen nicht. Im Übrigen seien bei der sogenannten Heilungsbewährung die gesundheitlichen Umstände entscheidend. Die Aus-, Nach- und Nebenwirkungen durch den gravierenden operativen Eingriff auf die allgemeine Lebensqualität aufgrund des Organverlustes, die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen, Schmerzattacken und Schmerzzustände auf die Auswirkungen im täglichen Leben seien zu berücksichtigen. Es fehle auch der Nachweis, dass eine Beurteilung nach den maßgeblichen Grundsätzen der Anhaltspunkte vorgenommen worden sei. Pathologische Veränderungen (z. B. Bewegungseinschränkungen durch Arthrose, Schmerzsyndrome bei degenerativer LWS und Lumbalgie) seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Aufgrund seiner Erkrankungen bestünden negative Auswirkungen in Form von Polyarthrose, Blockierung, Periarthritis humerocapularis rechts und ein chronisches Schmerzsyndrom, welche akut behandlungsbedürftig seien. Für die Berechnungssystematik des GdB durch das SG finde sich weder ein rechtliche Grundlage, noch liege sie in der Intention des Gesetzgebers begründet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.08.2008 abzuändern und den Beklagten und Abänderung des Bescheides vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2007 zu verurteilen, bei ihm den GdB mit 70 ab 08.06.2007 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, die Herabsetzung des GdB wegen Ablaufs der Heilungsbewährungsfrist sei zulässig. Beim Auftreten eines Rezidivs nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist wäre der GdB wieder zu erhöhen. Die mit der Behinderung üblicherweise verbundenen Schmerzen führten zu keiner Höherbewertung des GdB. Die vom SG in der mündlichen Verhandlung geschilderte Methode zur Bildung des GdB entspreche der üblichen Praxis.
Der Senat hat Dr. S. und Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Orthopäde Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 01.03.2009 die von ihm während der Behandlung des Klägers erhobenen Befunde mitgeteilt und sich auf seinem Fachgebiet der versorgungsärztlichen Bewertung des Beklagten angeschlossen. Der Internist und Nephrologe Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 03.03.2009 unter Vorlage von Befundberichten die Befunde mitgeteilt und auf seinem Fachgebiet den GdB mit 30 eingestuft.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in nicht öffentlicher Sitzung am 24.04.2009 mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift vom 24.04.2009 wird verwiesen.
Der Kläger hat im Anschluss an den Erörterungstermin weiter vorgetragen und sein bisheriges Vorbringen vertieft.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2007 in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 18.11.2008 sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung des GdB von über 60 für die Zeit ab 08.02.2007 zu. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht formell rechtswidrig, da der Kläger vor dem Erlass des Bescheides ordnungsgemäß angehört worden ist (§ 24 Abs. 1 SGB X). Dem Bescheid lassen sich auch hinreichend die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe entnehmen, sodass er auch nicht wegen eines Begründungsmangels rechtswidrig ist. Er ist auch nicht materiell rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die erfolgte Herabsetzung des GdB wegen Eintritts einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erfüllt sind.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der im Abhilfebescheid vom 09.12.2002 mit einem GdB von 70 bewertete Behinderungszustand.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. In den VG ist ebenso wie in den AHP (BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22) der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. zum Vorstehenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.02.2009 - L 6 SB 4693/08 -).
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 Seite 10 der VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP).
Hiervon ausgehend ist die - auch mit einbezogene Entscheidung über den Neufeststellungsantrag des Klägers - erfolgte Herabsetzung des GdB von 70 auf 60 nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Nierenerkrankung des Klägers ist Heilungsbewährung eingetreten (vgl. zur Heilungsbewährung VG Teil B Nr. 1c). Ein Rezidiv oder eine Metastase des Nierenkarzinoms rechts ist beim Kläger unstreitig nicht aufgetreten. Dies rechtfertigt die Herabsetzung des Teil-GdB für die Nierenerkrankung von 60 auf 40. Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit eines Rezidivs auch nach dem Ablauf der Heilungsbewährung beruft, rechtfertigt dieser Umstand nicht, den Eintritt einer Heilungsbewährung zu verneinen. Denn Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, sind beim GdB nicht zu berücksichtigen (VG Teil A Nr. 2h). Nach den VG (Teil B Nr. 12.1.3) ist bei Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere leichten Grades ein GdB 40 bis 50 gerechtfertigt. Dies trifft beim Kläger zu. Nach der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. S. vom 03.03.2009 besteht beim Kläger eine stabile, eingeschränkte Nierenfunktionsstörung leichten Grades der verbliebenen Niere bei ordentlichem Befinden (zum Letzteren Bericht Dr. Fuchs/Dr. S. vom 13.05.2008). Eine Nierenfunktionsstörung mittleren Grades, die nach den VG einen GdB von 60 bis 80 rechtfertigt, liegt beim Kläger nach der Stellungnahme von Dr. S. vom 03.03.2009 nicht vor. Eine Nierenfunktionsstörung mittleren Grades kann auch den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnommen werden. Bei dieser Befundlage hält auch der Senat einen Teil-GdB von 40 für das Nierenleiden des Klägers für ausreichend und angemessen. Anlass, den nach den VG gegebenen Bewertungsrahmen nach oben auszuschöpfen (GdB 50), besteht auch für den Senat nicht. Dr. S. selbst hält einen Teil-GdB von 30 für angemessen. Das Vorbringen des Klägers, die Aus-, Nach- und Nebenwirkungen durch den gravierenden operativen Eingriff auf die allgemeine Lebensqualität aufgrund des Organverlustes, die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen, Schmerzattacken und Schmerzzustände auf die Auswirkungen im täglichen Leben seien zu berücksichtigen, rechtfertigt keine höhere Bewertung des GdB. Die mit dem Verlust der rechten Niere und der Nierenfunktionsstörung der linken Niere verbundenen körperlichen Einschränkungen sind mit dem Teil-GdB von 40 ausreichend berücksichtigt. Weiter berücksichtigen die in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätze bereits die üblichen seelischen Begleiterscheinungen. Nur dann, wenn die seelischen Begleiterscheinungen erheblich höher sind als aufgrund der organischen Veränderungen zu erwarten wäre, ist ein höherer GdB gerechtfertigt. Solche außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen, dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z.B. eine Psychotherapie - erforderlich ist. Ähnliches gilt für die Berücksichtigung von Schmerzen (vgl. VG Teil A Nr. 2i und Nr. 2 j). Dass eine solche Sondersituation beim Kläger besteht, ist nicht ersichtlich.
Als Sekundärleiden ist der Bluthochdruck nach den VG (Teil B Nr. 12.1.3) zusätzlich zu berücksichtigen. Hierfür hat der Beklagte zutreffend einen Teil-GdB von 20 anerkannt. Nach der Auskunft des Dr. S. in der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 03.03.3009 ist der Bluthochdruck beim Kläger akzeptabel eingestellt. Nach dem von Dr. S. vorgelegten Befundbericht vom 13.05.2008 beträgt der Blutdruck 130 bis 140/80 bis 90 mmHg und nach dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Attest des Dr. S. vom 25.01.2008 der unter häuslichen Ruhebedingungen gemessene Blutdruck 120/70 bis 140/90 mmHg bzw. in der Praxis 140/90 bis 160/100 mmHg. In diesem Bereich liegen auch die vom Kläger an das SG mitgeteilten Blutdruckwerte. Diese Blutdruckwerte rechtfertigen keinen höheren Teil-GdB als 20. Nach den VG (Teil B Nr. 9.3) ist bei leichter Form des Bluthochdrucks (keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung, höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) ein Teil-GdB von 0 bis 10 und bei mittelschwerer Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I - II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung ein Teil-GdB von 20 - 40 anzunehmen. Nach den dargestellten Blutdruckwerten ist beim Kläger - allenfalls - knapp von einem Blutdruckleiden mittelschwerer Form auszugehen. Anlass, den nach den VG vorgesehen GdB-Rahmen nach oben auszuschöpfen, besteht bei dieser Sachlage nicht.
Auch das Wirbelsäulenleiden des Klägers ist mit einem Teil-GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet. Nach den VG (Teil B Nr. 18.9) ist bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 anzunehmen. Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, die einen Teil-GdB von 40 rechtfertigen, trifft nicht zu. Nach den Angaben des vom Senat schriftlich als sachverständiger Zeuge gehörten Orthopäden Dr. L. besteht beim Kläger eine Teilsteife der Lendenwirbelsäule. Die Halswirbelsäule ist nur endgradig funktionsgemindert. Auch im Reha-Entlassungsbericht der Klinik H. vom 31.10.2006 wird von einer endgradig schmerzhaften Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule des Klägers berichtet. Nach diesen Befunden kann beim Kläger hinsichtlich der Wirbelsäule - allenfalls - von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen werden. Soweit sich der Kläger außerdem auf negative Auswirkungen in Form von Polyarthrose, Blockierung, Periarthritis humerocapularis rechts beruft, lässt sich seinem Vorbringen wie auch den zu den Akten gelangten Befundunterlagen nicht entnehmen, dass damit Funktionsbeeinträchtigungen verbunden sind, die nach den oben dargestellten Grundsätzen bei der Bildung des Gesamt-GdB erhöhend zu berücksichtigen sind. Dem entspricht auch die Bewertung des GdB durch Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 01.03.2009, der beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet von einem Teil-GdB von 30 ausgeht.
Sonstige Funktionsbehinderungen, die bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigen sind, liegen nach den zu den Akten gelangten Befundberichten und den Stellungnahmen der als sachverständige Zeugen gehörten Ärzte des Klägers nicht vor. Insbesondere ist - entgegen dem Hinweis des Dr. L., es fehle die Würdigung der Psyche - nicht ersichtlich, dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an GdB-rechtlich relevanten Beeinträchtigungen leidet. Im Reha-Entlassungsbericht der Klinik H. vom 31.10.2006 wird lediglich eine psychovegetative Erschöpfung als Diagnose und Angst des Klägers, vor einem erneuten Aufflammen seines Nierenkarzinoms genannt. Daraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen werden nicht beschrieben. Entsprechendes gilt für die Refluxkrankheit der Speiseröhre, für die der Beklagte einen Teil-GdB von 10 anerkannt hat. Der Kläger befindet sich in einem guten Ernährungszustand (Bericht der Klinik H. vom 31.10.2006), was gegen eine relevante Funktionsbeeinträchtigung durch diese Gesundheitsstörung spricht.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Den für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Sachverhalt hält der Senat aufgrund der eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der den Kläger behandelnde Ärzte und die sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen für geklärt.
Nach den oben dargelegten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist nach alledem die Neufeststellung des GdB mit 60 ab dem 08.06.2007 nicht zu beanstanden. Der Einwand des Klägers, für die Berechnungssystematik des GdB finde sich weder ein rechtliche Grundlage, noch liege sie in der Intention des Gesetzgebers begründet, lässt sich nicht mit den VG bzw. den AHP sowie mit der gefestigten sozialgerichtlichen Rechtsprechung zur Bildung des Gesamt-GdB vereinbaren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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