Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 667/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5545/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. September 2007 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2007 wird aufgehoben, soweit die Beklagten für die Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005 Beiträge von mehr als EUR 8.847,50 (Beiträge zur Krankenversicherung von mehr als EUR 9.729,09 und Beiträge zur Pflegeversicherung von mehr als EUR 1.199,61 abzüglich bereits gezahlter Beiträge von EUR 2.081,20) verlangen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagten haben der Klägerin als Gesamtschuldner die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Nachforderung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) und zur sozialen Pflegepflichtversicherung (PV) für die Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005.
Die am 1969 geborene Klägerin, die tschechische Staatsangehörige ist, ist seit 2002 mit M. S., geboren am. 1954, verheiratet. Der Ehemann befand sich von Februar 2002 bis 2005 in Haft. Die Klägerin war seit 01. Oktober 2000 als Bardame und stellvertretende Geschäftsführerin in einem Gaststättenbetrieb des E. B. abhängig beschäftigt, und zwar bis zum 02. September 2002 (Ende der Mutterschaftsfrist). Wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2000 DM 6.450,00 = EUR 3.297,83) war die Klägerin insoweit versicherungsfrei. Aufgrund einer Mitgliedserklärung und Anmeldung vom 15. Dezember 2000 mit dem Zusatz, die Beiträge würden vom Arbeitgeber gezahlt, war die Klägerin bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Der monatliche Beitrag zur KV betrug seit 01. Oktober 2000 DM 870,76 und der zur PV DM 109,66, wovon die Hälfte der Arbeitgeber übernahm (Schreiben der Beklagten zu 1) vom 23. Januar 2001). Bis zum 07. Juli 2002 wurden diese Beiträge vom Arbeitgeber überwiesen. Über das Vermögen des genannten Arbeitgebers wurde am 30. Dezember 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 08. Juli 2002 entband die Klägerin. Die Mutterschutzfrist lief am 02. September 2002 aus. Für die Zeit vom 01. Juli bis 02. September 2002 gewährte die Agentur für Arbeit K. der Klägerin Insolvenzgeld in Höhe von EUR 8.851,11. Beiträge zur KV bzw. zur PV wurden für diese Zeit an die Beklagten nicht entrichtet, da diese bei der Agentur für Arbeit keinen Antrag auf Erstattung gestellt hatten (Auskunft vom 07. Juli 2008). Vom 03. September 2002 bis 07. Juli 2005 nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Während dieser Zeit wurde sie bei den Beklagten als beitragsfreie Versicherte geführt. Ab 08. Juli 2005 (Ende der Elternzeit) forderten die Beklagten von der Klägerin erneut die Zahlung freiwilliger Beiträge zur KV sowie von Pflichtbeiträgen zur PV. Die freiwillige KV wurde zum 15. Oktober 2005 beendet, nachdem Beiträge nicht mehr gezahlt worden waren. Die Beiträge vom 08. Juli 2005 bis 15. Oktober 2005 in Höhe von insgesamt EUR 2.081,20 sind danach gezahlt worden.
Am 19. April 2001 hatte die Klägerin nach einer ihr am 04. April 2001 erteilten Erlaubnis ein Gewerbe hinsichtlich einer in K. betriebenen Schankwirtschaft in Verbindung mit der Veranstaltung von Schaustellungen von Personen im Sinne des § 33a der Gewerbeordnung, Beginn der Tätigkeit 01. April 2001, angemeldet. Sie hatte den Gastbetrieb (C.-Bar) gepachtet und als Arbeitgeberin verschiedene Personen als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte angemeldet. Von dieser selbstständigen Tätigkeit erfuhr die Beklagte zu 1) dadurch, dass bei ihr von der Klägerin als Arbeitgeberin ihr Ehemann als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter angemeldet worden war. Zur entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Prüfung der Tätigkeit des Ehemanns wurden der Beklagten der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen sowie der Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer zwischen der Klägerin ("Firma S. S.") als Arbeitgeber und dem Ehemann vom 01. Januar 2005 (Tätigkeit ab 01. Januar 2005 als Service-Mitarbeiter bei einem Gehalt von EUR 1.000,00) vorgelegt. Mit Schreiben vom 16. März 2005 bestätigte die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin, dass insoweit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Ferner teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2005 mit, dass im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Mitarbeit des Ehemannes festgestellt worden sei, dass sie (die Klägerin) seit April 2001 selbstständig tätig sei. Zur Prüfung, ob diese selbstständige Tätigkeit neben dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis haupt- oder nebenberuflich ausgeübt worden sei, wurde sie gebeten, die Einkommenssteuerbescheide seit 2001 einzureichen. Die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmerin werde ab dem Zeitpunkt, zu dem eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit vorliege, in eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Selbstständige umgewandelt. Nachdem die Klägerin die Einkommenssteuerbescheide nicht eingereicht hatte, stellte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 22. Juli 2005 fest, dass die Klägerin seit April 2001 hauptberuflich selbstständig tätig sei. Die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmerin werde in eine freiwillige Versicherung als selbstständig Tätige ohne Anspruch auf Krankengeld bei Verdienstausfall umgewandelt. Für diese freiwillige Versicherung bestehe keine Beitragsfreiheit während der Schutzfristen und der Elternzeiten. Die Beitragsberechnung zur KV und zur PV erfolge in den nächsten Tagen. Für die Beitragseinstufung zur freiwilligen KV und PV werde die monatliche Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt. Dies entspreche den gesetzlichen Regelungen, wonach die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Selbstständigen zur Beitragszahlung heranzuziehen sei. Eine geringere Einkommensermittlung zur Beitragsberechnung sei nur gegen Vorlage entsprechender Nachweise möglich. Mit weiterem Bescheid vom 03. August 2005 berechnete die Beklagte zu 1) die Beiträge der Klägerin als hauptberuflich Selbstständige nach, und zwar vom 01. April 2001 bis 31. Juli 2005 für die KV in Höhe von EUR 24.241,08 und für die PV in Höhe von EUR 3.033,70. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass die Berechnung aus der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt sei; sofern die Einkünfte niedriger gewesen sein sollten, möge sie sich mit dem Mitarbeiter Schaffner in Verbindung setzen. Bei nachgewiesenen niedrigeren Einkünften werde die Einstufung noch einmal korrigiert werden. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie berief sich auf Vertrauensschutz. Die Beklagte zu 1) habe ihr gegenüber während der Elternzeit Beitragsfreiheit bestätigt, obwohl ihr (der Beklagten zu 1) bekannt gewesen sein müsse, dass sie (die Klägerin) als Selbstständige die Anmeldung von abhängig Beschäftigten vorgenommen habe. Die Voraussetzungen für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts seien nicht gegeben. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2005). Deswegen hatte die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) gegen die Beklagte zu 1) erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 8 KR 3087/05 geführt wurde. In dem Klageverfahren bestritt die Klägerin eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit, weil sie lediglich als Konzessionsträgerin für ihren Ehemann aufgetreten sei und der ganz überwiegende Schwerpunkt ihrer Arbeitsleistung in dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gelegen habe, und wandte sich dagegen, dass sie nun auch für die Elternzeit als Selbstständige beitragspflichtig sein solle. Sie machte auch weiter geltend, dass die Beklagte zu 1) selbst in der Lage gewesen wäre, infolge ihrer Anmeldung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu erkennen, dass sie Arbeitgeberin gewesen sei. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2006 hatte die Klägerin die Einkommensteuerbescheide des Finanzamts K. für 2001 vom 04. August 2003 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb DM 201.158,00), für 2002 vom 29. Juni 2005 (negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 21.793,00), für 2003 vom 08. Juli 2005 (negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 20.421,00 und für 2004 vom 29. Juli 2005 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 9.152,00) vorgelegt. Im Erörterungstermin vor dem SG vom 20. Juli 2006 schlossen dann die dortigen Beteiligten folgenden Vergleich:
1. Die Beklagte (zu 1) erklärt sich bereit, über den streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung der bisher geleisteten Beitragszahlungen und der nun vorgelegten Einkommensteuerbescheide einen neuen Bescheid zu erteilen. 2. Die Beklagte erklärt sich bereit, 2/3 (zwei Drittel) der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu übernehmen. 3. Damit ist der Rechtsstreit S 8 KR 3087/05 erledigt.
Danach erließ die Beklagte zu 1) den Beitragsbescheid vom 10. August 2006. Die Klägerin sei seit 01. April 2001 hauptberuflich selbstständig tätig gewesen. Mithin seien die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Selbstständige nachzuberechnen. Für freiwillige Mitglieder werde die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, gelte als beitragspflichtige Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze. Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises könnten nur zum auf den Monat der Vorlage dieses Nachweises folgenden Monat wirksam werden. Die Beiträge seien hier aus den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der Jahre 2001 bis 2005 zu berechnen. Lediglich die Beitragszahlungen des früheren Arbeitgebers vom 01. April 2001 bis 07. Juli 2002 könnten auf die Beitragsschuld angerechnet werden. Die Nachforderung betrage mithin für die KV EUR 18.805,26 und für die PV EUR 2.317,32, insgesamt EUR 21.122,58. Dieser Bescheid, so wurde weiter ausgeführt, ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2). Dagegen legte die Klägerin erneut Widerspruch ein, mit dem sie weiterhin bestritt, hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen zu sein. Auch sei es den Beklagten aufgrund von Vertrauensschutz versagt, nach Feststellung der Beitragsfreiheit jetzt nachträglich Beiträge zur KV und PV zu erheben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsausschuss des bei den Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 08. Februar 2007). Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss wie bereits im Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2005 - unter Bezugnahme auf § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aus, der Klägerin bzw. ihrem Steuerberater sei es möglich gewesen, die Rechtslage zu erkennen. Als hauptberuflich selbstständig Tätige aufgrund einer Elternzeit beitragsfrei gesetzlich versichert sein zu können, entspreche nicht den Grundsätzen der deutschen Sozialversicherung.
Deswegen erhob die Klägerin am 08. März 2007 erneut Klage beim SG, die das SG, weil der Bescheid vom 10. August 2006 auch im Namen der Beklagten zu 2) ergangen war, auch gegen die Pflegekasse als Beklagte zu 2) gerichtet ansah. Der neue Beitragsbescheid verstoße gegen die §§ 45, 47 SGB X. Die Beklagten hätten mit der zunächst gewährten Versicherungsfreiheit durch Einordnung in die Elternzeit für lange Jahre einen Vertrauenstatbestand gesetzt, der es nicht rechtfertige, ohne Weiteres zu ihren Lasten durch die Nachforderung von Beiträgen einzugreifen. Sie (die Klägerin) habe nicht mehr damit rechnen müssen, dass die Beklagten rückwirkend für einen langen Zeitraum noch Beiträge verlangen würden. Ihr Vertrauen sei besonders schutzwürdig, da sie sich in ihren sonstigen wirtschaftlichen Vermögensdispositionen auf die Beitragsfreiheit eingestellt habe. Eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung liege bei ihr nicht vor. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagten zu 1) bekannt gewesen sein müsse, dass sie (die Klägerin) als Arbeitgeberin die Anmeldung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vorgenommen habe. Die Beklagten hätten sie auch im Rahmen ihrer Beratungs- und Informationsverpflichtungen auf die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen einer selbstständigen Tätigkeit hinweisen müssen.
Die Beklagten traten der Klage entgegen. Durch die hauptberuflich selbstständige Tätigkeit sei eine Beitragsfreiheit während der Elternzeit ausgeschlossen. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht verjährt. § 45 SGB X finde hier keine Anwendung. Jedenfalls liege bei der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vor. Ihr bzw. ihrem Steuerberater hätte es auffallen müssen, dass es keinen Ausgabeposten für ihren Krankenversicherungsbeitrag gegeben habe. Nach den gesetzlichen Bestimmungen habe die Klägerin auch die Verpflichtung gehabt, jegliche Änderungen in ihren Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich seien, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin sei auch ihrer Auskunfts- und Mitteilungspflicht nach dem Schreiben vom 11. Mai 2005 nicht nachgekommen. Da die Beiträge vom 08. Juli 2005 bis 15. Oktober 2005 in Höhe von insgesamt EUR 2.081,20 gezahlt worden seien, seien noch Beiträge für die Elternzeit vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 in Höhe von EUR 19.041,38 offen.
Mit Urteil vom 20. September 2007 wies das SG die Klage ab. Die Beitragsnachforderung sei nicht zu beanstanden. Seit April 2001 sei die Klägerin als Geschäftsführerin hauptberuflich selbstständig tätig gewesen. Die Leitung eines Betriebs sei die typische Aufgabe eines selbstständigen Geschäftsführers. Ob er seine Arbeit selbst ausführe oder teilweise an Mitarbeiter abgebe, lasse eine hauptberufliche Selbstständigkeit nicht entfallen, zumal wenn daneben keiner sonstigen (entgeltlichen) Tätigkeit nachgegangen werde. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit spiele hier wegen des Fehlens einer anderweitigen Erwerbstätigkeit keine entscheidende Rolle. Zudem habe sich der Ehemann der Klägerin im streitigen Zeitraum (08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005) überwiegend in Haft befunden, sodass auch der Vortrag der Klägerin, dass sie nur die vorgeschobene Konzessionsträgerin gewesen sei und in Wirklichkeit ihr Ehemann den Betrieb leite, nicht greife. Der Beitragsforderung stehe kein bestandskräftig gewordener Beitragsbescheid entgegen. Es seien im vorliegenden Fall keine Bescheide über eine beitragsfreie Kranken- und Pflegeversicherung ab 08. Juli 2002 ergangen. Die Beitragsnachforderung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Insoweit liege auch keine Verwirkung vor. Über eine nicht bestehende Beitragspflicht der Klägerin als Selbstständige hätten die Beklagten keine verbindliche oder ausdrückliche Aussage getroffen. Allein das allgemeine Vertrauen, es werde alles seine Richtigkeit haben, genüge für die Annahme der Verwirkung nicht. Auch sei bei Erlass des Bescheids vom 10. August 2006 noch keine Verjährung eingetreten gewesen. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2007 zugestellt.
Dagegen hat die Klägerin am 09. November 2007 beim SG schriftlich Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Widerspruchsbescheid leide an einem erheblichen Mangel, da nicht erkennbar sei, dass die Beklagte zu 2) beteiligt gewesen sei. Insoweit sei das Widerspruchsverfahren bezüglich der streitgegenständlichen Beiträge zur PV fehlerhaft gewesen. Ferner sei davon auszugehen, dass die Beklagten für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002, für die sie (die Klägerin) Insolvenzgeld erhalten habe, auch Beiträge zur KV und zur PV von der Agentur für Arbeit erhalten haben. Jedenfalls hätten die Beklagten einen entsprechenden Antrag stellen können. Im Übrigen sei die nachträgliche Geltendmachung von Beitragsforderungen verwirkt. Einerseits habe sie (die Klägerin) im streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte zu 1) als Einzugsstelle erkennbar als Arbeitgeberin mehrere Beschäftigte angemeldet und es seien für diese Beschäftigte Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Nach der Geburt ihrer Tochter am 08. Juli 2002 habe sie sich auch über ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten zu 1) nach einer etwa bestehenden Beitragsfreiheit während der Elternzeit erkundigt. Es sei schließlich die Beitragsfreiheit bestätigt worden. Nachdem dann für einen Zeitraum von mehreren Jahren keine Beiträge mehr gefordert worden seien, habe sie (die Klägerin) zu Recht davon ausgehen können, dass sie in dieser Richtung auch nicht mehr in Anspruch genommen werde. Es sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, auf den sie sich eingerichtet habe. Die Nachforderung der Beiträge würde einen unzumutbaren Nachteil mit sich bringen, denn sie (die Klägerin) habe keinerlei finanzielle Rücklagen für eine eventuelle Nachzahlung gebildet, sondern die nicht bezahlten Beiträge im Zusammenhang mit der Lebensführung auch ihrer Familie verbraucht. Jedenfalls hätten die Beiträge im Hinblick auf den Vergleich vom 20. Juli 2006 nur noch nach den in den vorliegenden Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb nachberechnet werden dürfen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2008 auch den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts K. für 2005 vom 02. Oktober 2007 eingereicht, der bei der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 14.229,00 ausweist.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. September 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2007 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Bei den Mitgliedern der Widerspruchsausschüsse der Kranken- und Pflegeversicherung handle es sich jeweils um die gleichen Personen und im Rahmen der Belange, die die Kranken- und Pflegeversicherung tangierten, seien es insofern gemeinsame Entscheidungen der Widerspruchsausschüsse der Kranken- und Pflegeversicherung. Dies sei jedoch im Widerspruchsbescheid nicht zum Ausdruck gekommen. Das SG habe jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus den äußeren Umständen gleichwohl ergebe, dass auch der Widerspruchsbescheid ebenfalls von ihr, der Beklagten zu 2), stamme. Dazu haben die Beklagten Auszüge aus ihren Satzungen vorgelegt. Bescheide über die Beitragsfreiheit ab 08. Juli 2002 seien der Klägerin nicht erteilt worden. Sie (die Beklagten) hätten für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002 von der Agentur für Arbeit keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Klägerin erhalten, was auch die Agentur für Arbeit im Schreiben vom 07. Juli 2008 bestätigt habe. Die nachträgliche Beitragsberechnung hätten sie (die Beklagten) so vorgenommen, als wäre die Klägerin ihren jeweiligen Mitwirkungspflichten zeitlich und inhaltlich nachgekommen. Es seien insoweit Veränderungen in den Einkommensverhältnissen bei der Beitragsberechnung wie bei hauptberuflich Selbstständigen üblich und im Rahmen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch vorgesehen jeweils zu Beginn des Folgemonats nach Erstellung des Einkommenssteuerbescheids berücksichtigt worden. Im Kalenderjahr 2001 (Steuerbescheid vom 04. August 2003) habe die Klägerin sowohl mit ihren Einkünften aus der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit (DM 201.158,00) als auch als Arbeitnehmerin (DM 84.000,00) über der damaligen Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Die Einnahmen aus der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit (Gewerbebetrieb) seien nach Gesetz und gängiger Rechtsprechung insofern auch dauerhaft anzunehmen, bis entsprechende vermindernde Einkünfte nachgewiesen würden. Grundsätzlich wirkten sich Veränderungen in der Absenkung der Bemessungsgrundlage zusätzlich immer erst dann aus, wenn diese beantragt und durch entsprechende Bescheide belegt seien. Im Rahmen der Gleichbehandlung von freiwillig versicherten hauptberuflich selbstständig Tätigen sei auf eine entsprechende Umsetzung der Berücksichtigung von Veränderungen in den Einkommensverhältnissen im Sinne der Rechtsprechung des BSG zu achten. Die im Beitragsbescheid vom 10. August 2006 im Namen der Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemachte Forderung entspreche den vorgenannten Grundsätzen, da bei entsprechender Beantragung durch die Klägerin frühestens zum 01. August 2005, mithin allenfalls für die Zeit vom 01. August bis 15. Oktober 2005, eine Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage von der Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung auf die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für hauptberuflich selbstständig Tätige möglich gewesen wäre, diese jedoch nicht beantragt worden sei. Die Beklagten haben auch die in der Zeit von Juli 2002 bis Oktober 2005 geltenden Satzungsbestimmungen zur Berechnung der freiwilligen Beiträge vorgelegt.
Der Berichterstatter des Senats hat die Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit K.) vom 07. Juli 2008) eingeholt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der weiteren Akten des SG S 8 KR 1169/03 und S 8 KR 3087/05 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, denn die Beitragsnachforderung bezieht sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und ist auch sonst zulässig. Die Berufung ist auch zum Teil begründet, soweit die Beklagten mit dem angegriffenen Bescheid vom 10. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2007 für die streitige Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005 Beiträge von mehr als EUR 8.847,50 nachgefordert haben. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Nachforderungsbetrags hätte das SG die Klage nicht abweisen dürfen (1.). Hingegen erweist sich der genannte Bescheid in der Gestalt des Widerspruchs als rechtmäßig, soweit die Beklagten die Nachforderung in Höhe der genannten Summe festgestellt haben, weshalb die Klägerin nicht die völlige Aufhebung der Beitragsbescheide verlangen kann (2.).
Streitig ist die Beitragserhebung und Festsetzung zur freiwilligen Krankenversicherung für die Klägerin als hauptberuflich Selbstständige für die Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005 (Ende der Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung) und die entsprechende Beitragserhebung und Festsetzung zur sozialen Pflegepflichtversicherung.
1. Die Beklagten können nur Beiträge in Höhe von EUR 8.847,50 nachfordern.
1.1 Für die Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung bestimmt § 240 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der hier in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist (dieses gilt auch für die folgenden Bestimmungen), dass für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt wird, wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V muss die Satzung der Krankenkasse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diese Bestimmung des § 240 SGB V gilt im Übrigen auch für die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 57 Abs. 4 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Zu den insoweit beitragspflichtigen Einnahmen gehören nach der Satzung der Beklagten zu 1) alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung, wobei die steuerliche Behandlung der Einnahmen keine Rolle spielt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung). Darauf verweist auch § 8 der Satzung der Beklagten zu 2). Zu diesen Einnahmen zum Lebensunterhalt zählen auch die Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gilt: Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30igste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40igste, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) oder eine entsprechende Leistung nach § 16 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB II) haben, der 60igste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nach Satz 3 der genannten Vorschrift gilt weiter: Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweise folgenden Monats wirksam werden. Die Krankenkasse ist dabei berechtigt, die Höhe der Beiträge eines in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, der hauptberuflich selbstständig tätig ist, bei Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit durch einen einstweiligen Bescheid zu regeln, wenn Nachweise für eine Prognose der künftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden können. War in einer vorläufigen Beitragsfestsetzung die Korrektur nach Vorlage von Einkommensnachweisen vorbehalten, so steht der Grundsatz, dass die Veränderung der Beitragsbemessung nur für die Zukunft wirksam wird, einer Änderung der vorläufigen Beitragsfestsetzung für die Vergangenheit nicht entgegen, was auch für den Nachweis niedrigerer Einnahmen gilt (vgl. BSGE 96, 119; Urteil vom 11. März 2009 - P 12 KR 30/07 R). Entsprechendes gilt auch für die Beitragsfestsetzung durch die Pflegekasse.
1.2. Die Klägerin war in der streitigen Zeit mit der von ihr bereits seit 01. April 2001 betriebenen Corso Bar als Schankwirtschaft in Verbindung mit der Veranstaltung von Schaustellungen von Personen im Sinne des § 33a der Gewerbeordnung hauptberuflich selbstständig, was auch von ihr ersichtlich angesichts des gerichtlichen Vergleichs nicht mehr bestritten wird, denn die Klägerin wendet sich lediglich gegen die Nachforderung der Beiträge. Die Klägerin hat auch ab 08. Juli 2002 eine abhängige Beschäftigung nicht mehr ausgeübt. Der Umstand, dass die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2002 und 2003 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgewiesen haben, steht der Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen. Dass die Klägerin in der Zeit vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 Elternzeit in Anspruch genommen hatte, stand der hauptberuflichen Selbstständigkeit ebenfalls nicht entgegen. Im Hinblick auf die schon seit 01. Oktober 2000 bestehende freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten zu 1) und der entsprechenden Pflichtversicherung bei der Beklagten zu 2), mag die freiwillige Mitgliedschaft auch seinerzeit noch wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze begründet worden sein, bestand diese freiwillige Krankenversicherung mit der Folge der Pflegepflichtversicherung auch fort, nachdem die Klägerin von den Beklagten vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 als in Elternzeit befindlich und damit beitragsfrei geführt worden war. Dabei hatten die Beklagten der Klägerin diese Beitragsfreiheit nicht mit einem Bescheid bestätigt.
1.3 Der Erhebung von Beiträgen wegen hauptberuflicher selbstständiger Tätigkeit steht die Beitragsfreiheit wegen Elternzeit nicht entgegen. Dabei waren für die Beitragsfestsetzung und -erhebung ab 08. Juli 2002 auch nicht die Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X zu beachten. Die Anwendung dieser Bestimmungen im Hinblick auf eine Änderung der Beitragsfestsstellung hätte eine vorausgegangene beitragsmäßige Feststellung der Beitragsfreiheit vorausgesetzt, die hier nicht erfolgt ist, wie die Beklagten dargelegt haben.
1.4. Hier ist im Hinblick auf den gerichtlichen Vergleich vom 20. Juli 2006, der von den Beklagten auszuführen war, streitig die erstmalige Beitragsfestsetzung für die Klägerin als hauptberuflich Selbstständige ab 08. Juli 2002 unter Anrechnung der für die Zeit vom 08. Juli bis 15. Oktober 2005 gezahlten Beiträge. In dem ursprünglichen (erstmaligen) Beitragsbescheid vom 03. August 2005 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2005) waren die Beiträge im Hinblick auf § 240 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB V nach der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden, nachdem die Einkommensteuerbescheide für die Jahre ab 2001 trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden waren. Allerdings enthielt der Bescheid vom 03. August 2005 den Vorbehalt, dass bei nachgewiesenen niedrigeren Einkünften die Einstufung noch einmal korrigiert werde. Mithin war der Klägerin durchaus die Möglichkeit eröffnet worden, durch Vorlage von Einkommensnachweisen, insbesondere der Einkommensteuerbescheide, auch rückwirkend noch eine Korrektur der Beitragsfestsetzung zu erreichen. Im gerichtlichen Vergleich vom 20. Juli 2006 hatte sich die dort Beklagte zu 1), nachdem mit Anwaltsschriftsatz vom 12. Juli 2006 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 eingereicht worden waren, bereit erklärt, über den streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung der bisher geleisteten Beitragszahlungen (was sich auf die Zeit bis 07. Juli 2002 bezogen hatte) und der nun vorgelegten Einkommensteuerbescheide einen neuen Bescheid zu erteilen. Aufgrund auch der Erledigungserklärung war damit der frühere Bescheid vom 03. August 2005 gegenstandslos geworden. Der nun streitgegenständliche Zeitraum war die Zeit ab 08. Juli 2002. Angesichts des Vorbehalts einer Korrektur zugunsten der Klägerin im Bescheid vom 03. August 2005 kann auch der Vergleich nur dahin ausgelegt werden, dass sich die erneute Beitragsfestsetzung nun an den für die jeweiligen Jahre 2002 bis 2004 nachgewiesenen Einnahmen aus Gewerbebetrieb orientieren sollte. Die Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V, auf die sich die Beklagten bei der erneuten Bescheidung gestützt haben, wie sich aus deren Schriftsatz vom 20. November 2008 ergibt, war hier auch angesichts des Vergleichs, dem sich die Beklagten unterworfen haben, nicht anwendbar. Denn die Bestimmung schließt lediglich eine Änderung einer vorbehaltlosen Beitragsfestsetzung für die Vergangenheit aus. Daran fehlt es hier, da es sich bei dem Bescheid vom 10. August 2006 im Hinblick auf den Vergleich überhaupt um die erstmalige Festsetzung der Beiträge, wenn auch für die Vergangenheit, handelte. Mithin gibt es keine Grundlage dafür, es für die Zeit bis Juli 2005 bei der Festsetzung nach der Beitragsbemessungsgrenze zu belassen und erst für die Zeit ab 01. August 2005 nach § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V zu verfahren. Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses lagen die im Vergleich vorausgesetzten Beitragsnachweise in Form der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 vor, weshalb es nicht gerechtfertigt war, die Beitragsfestsetzung auch für die Zeit ab 08. Juli 2002 aufgrund der im Jahre 2001 erzielten Einnahmen aus Gewerbebetrieb festzusetzen.
Für die Beitragsbemessung für die streitige Zeit ist deshalb für 2002 und 2003 von negativen Einkünften sowie von monatlichen positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb für 2004 von EUR 762,67 (= EUR 9.152,00 ÷ 12) und für 2005 von EUR 1.1.85,75 (= 14.229,00 ÷ 12) auszugehen. Mithin hat die Beitragsberechnung auf der Grundlage der Mindestbemessung nach § 240 Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz SGB V (40 v.H. der Bezugsgröße) zu erfolgen, da ein beitragspflichtiges Einkommen in Höhe der Mindestbemessung jeweils nicht erreicht wurde. Damit ist für die Zeit vom 08. Juli bis 31. Dezember 2002 ein monatlicher Betrag von EUR 1.758,75 als Berechnungsgrundlage maßgebend (= EUR 2.345 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30), für 2003 von EUR 1.785,00 (= EUR 2.380,00 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30) sowie für 2004 und 2005 von EUR 1.811,25 (EUR 2.415,00 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30). Danach ergibt sich eine Beitragsforderung der Beklagten von insgesamt EUR 8.847,50 (Beiträge zur Krankenversicherung von EUR 9.729,09 und Beiträge zur Pflegeversicherung von EUR 1.199,61, abzüglich für die Zeit vom 08. Juli bis 15. Oktober 2005 bereits gezahlter Beiträge von EUR 2.081,20). Dieser Gesamtbetrag berechnet sich wie folgt:
Zeitraum vom - bis Prozentsatz % Berechnungsgrundlage EUR Beiträge EUR 08.07. - 31.07.2002 KV 13,2 PV 1,7 1.407,00 (1.758,75÷ 30 x 24) KV 185,72 PV 23,92 01.08. - 31.12.2002 KV 13,2 PV 1,7 1.758,75 KV 1.155,80 PV 149,50 01.01. - 31.12.2003 KV 13,9 PV 1,7 1.785,00 KV 2.977,44 PV 364,20 01.01. - 31.12.2004 KV 13,9 PV 1,7 1.811,25 KV 3.021,12 PV 369,48 01.01. - 31.08. 2005 KV 13,9 PV 1,7 1.811,25 KV 2.014,08 PV 246,32 01.09. - 30.09.2005 KV 13,8 PV 1,7 1.811,25 KV 249,95 PV 30,79 01.10. - 15.10.2009 KV 13,8 PV 1,7 905,63 (1.811,25÷ 30 x 15) KV 124,98 PV 15,40
2. Die weiter gegen die danach bestehende (verminderte) Beitragsnachforderung von EUR 8.847,50 erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
2.1. Soweit es um die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung geht, für deren Festsetzung die Beklagte zu 2) zuständig ist, entnimmt der Senat dem im Bescheid im 10. August 2006 enthaltenen Zusatz, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse, also der Beklagten zu 2), ergangen ist, dass für die Klägerin erkennbar eine Verwaltungsentscheidung auch der insoweit zuständigen Beklagten zu 2) vorliegt, wie auch das SG zutreffend entschieden hat. Die Klägerin selbst ist jedenfalls bis zum Berufungsverfahren - hiervon ausgegangen und hat dies zuvor nie gerügt, insoweit auch nicht, dass das SG die Klage auch gegen die Beklagte zu 2) gerichtet ansah. Für die Entscheidung über den gegen die Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung eingelegten Widerspruch war nach § 10 Abs. 1 und 2 der Satzung der Beklagten zu 2) i. V. mit den §§ 23 Abs. 1 und 4, 23b Abs. 2 der Satzung der Beklagten zu 1) hier auch der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss der zuständigen Bezirksdirektion der Beklagten zu 1) zuständig, denn dieser nahm für die Pflegekasse (Beigeladene zu 2) die Aufgabe des Widerspruchsausschusses als Widerspruchsstelle (örtlicher Pflegekassen-Widerspruchsausschuss) war. Der Umstand, dass bei Personen identischer Besetzung der Widerspruchsstelle diese Aufgabenwahrnehmung im Widerspruchsbescheid selbst, in dem über die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entschieden wurde, nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, berührt die Wirksamkeit der Feststellung der Beiträge zur Pflegeversicherung nicht. Insoweit fehlt es insbesondere nicht an einem Widerspruchsbescheid der zuständigen Widerspruchsstelle. Auch berührt der fehlende Hinweis die Wirksamkeit des Widerspruchsbescheids insoweit nicht.
2.2. Die Klägerin kann sich auch auf Vertrauensschutz nicht berufen. Dieser Einwand greift nicht durch, weil auch sie dem gerichtlichen Vergleich zugestimmt hatte. Zu prüfen war deshalb nur, ob die Beklagten den Vergleich zutreffend hinsichtlich der Berechnung der Beiträge ausgeführt haben. Denn die Beklagten hatten, wie oben dargelegt, die Beitragsfreiheit während der Elternzeit nicht etwa in einem Bescheid festgestellt, der nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X hätte aufgehoben werden können. Damit waren insbesondere die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht zu prüfen. Es liegt auch keine schriftliche Zusicherung der Beklagten im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, dass beispielsweise die Beitragsfreiheit auch bei Ausübung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit während der Elternzeit besteht. Allein der Umstand, dass die Beklagten während der Elternzeit zunächst Beiträge nicht gefordert hatten, begründete keinen Vertrauensschutz.
2.3. Zutreffend hat das SG - abgesehen von der Bindung auch der Klägerin an den Vergleich - auch entschieden, dass die Beitragsnachforderung ab 08. Juli 2002 weder verjährt und auch nicht verwirkt war. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wäre darauf hinzuweisen, dass den Beklagten ersichtlich erstmals aufgrund des Feststellungsverfahrens hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann, nachdem ihre Meldung bei der Einzugsstelle ergeben hatte, dass der Beschäftigte Ehegatte des Arbeitgebers war, im März 2005 bekannt geworden war, dass die Klägerin Arbeitgeberin war. Darauf, dass die Klägerin als Arbeitgeberin auch schon vor der Anmeldung des Ehemanns im Jahr 2005 in ihrem Berieb sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei der Einzugsstelle angemeldet hatte, kann sie sich nicht berufen, zumal die Klägerin selbst hinsichtlich der Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit der Mitteilungspflicht nach § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V nicht nachgekommen war, worauf die Beklagten hingewiesen haben. Dieser Mitteilungspflicht hinsichtlich der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit hat die Klägerin nicht dadurch genügt, dass sie bei ihr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei der Beklagten zu 1) als Einzugsstelle angemeldet hat.
2.4. Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, dass sie für die (nachträgliche) Beitragsforderung keine Rücklagen gebildet hat.
2.5. Schließlich greift im Hinblick auf die eingeholte Auskunft der Agentur für Arbeit vom 07. Juli 2008 und die entsprechende Angabe der Beklagten auch der Einwand der Klägerin, die Beklagten hätten im Hinblick auf die Zahlung von Insolvenzgeld bis zum 02. September 2002 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Agentur für Arbeit erhalten, nicht durch. Insoweit war keine weitere Verminderung des Beitragsanspruchs für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002 vorzunehmen, denn die Agentur für Arbeit hat mitgeteilt, die Beklagten hätten für die Klägerin keinen Antrag auf Erstattung von Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gestellt, weshalb für die Klägerin auch keine Beiträge an die Beklagten gezahlt worden seien. Darauf, dass die Beklagten einen Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt haben, kann sich die Klägerin nicht berufen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagten haben der Klägerin als Gesamtschuldner die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Nachforderung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) und zur sozialen Pflegepflichtversicherung (PV) für die Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005.
Die am 1969 geborene Klägerin, die tschechische Staatsangehörige ist, ist seit 2002 mit M. S., geboren am. 1954, verheiratet. Der Ehemann befand sich von Februar 2002 bis 2005 in Haft. Die Klägerin war seit 01. Oktober 2000 als Bardame und stellvertretende Geschäftsführerin in einem Gaststättenbetrieb des E. B. abhängig beschäftigt, und zwar bis zum 02. September 2002 (Ende der Mutterschaftsfrist). Wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2000 DM 6.450,00 = EUR 3.297,83) war die Klägerin insoweit versicherungsfrei. Aufgrund einer Mitgliedserklärung und Anmeldung vom 15. Dezember 2000 mit dem Zusatz, die Beiträge würden vom Arbeitgeber gezahlt, war die Klägerin bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Der monatliche Beitrag zur KV betrug seit 01. Oktober 2000 DM 870,76 und der zur PV DM 109,66, wovon die Hälfte der Arbeitgeber übernahm (Schreiben der Beklagten zu 1) vom 23. Januar 2001). Bis zum 07. Juli 2002 wurden diese Beiträge vom Arbeitgeber überwiesen. Über das Vermögen des genannten Arbeitgebers wurde am 30. Dezember 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 08. Juli 2002 entband die Klägerin. Die Mutterschutzfrist lief am 02. September 2002 aus. Für die Zeit vom 01. Juli bis 02. September 2002 gewährte die Agentur für Arbeit K. der Klägerin Insolvenzgeld in Höhe von EUR 8.851,11. Beiträge zur KV bzw. zur PV wurden für diese Zeit an die Beklagten nicht entrichtet, da diese bei der Agentur für Arbeit keinen Antrag auf Erstattung gestellt hatten (Auskunft vom 07. Juli 2008). Vom 03. September 2002 bis 07. Juli 2005 nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Während dieser Zeit wurde sie bei den Beklagten als beitragsfreie Versicherte geführt. Ab 08. Juli 2005 (Ende der Elternzeit) forderten die Beklagten von der Klägerin erneut die Zahlung freiwilliger Beiträge zur KV sowie von Pflichtbeiträgen zur PV. Die freiwillige KV wurde zum 15. Oktober 2005 beendet, nachdem Beiträge nicht mehr gezahlt worden waren. Die Beiträge vom 08. Juli 2005 bis 15. Oktober 2005 in Höhe von insgesamt EUR 2.081,20 sind danach gezahlt worden.
Am 19. April 2001 hatte die Klägerin nach einer ihr am 04. April 2001 erteilten Erlaubnis ein Gewerbe hinsichtlich einer in K. betriebenen Schankwirtschaft in Verbindung mit der Veranstaltung von Schaustellungen von Personen im Sinne des § 33a der Gewerbeordnung, Beginn der Tätigkeit 01. April 2001, angemeldet. Sie hatte den Gastbetrieb (C.-Bar) gepachtet und als Arbeitgeberin verschiedene Personen als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte angemeldet. Von dieser selbstständigen Tätigkeit erfuhr die Beklagte zu 1) dadurch, dass bei ihr von der Klägerin als Arbeitgeberin ihr Ehemann als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter angemeldet worden war. Zur entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Prüfung der Tätigkeit des Ehemanns wurden der Beklagten der Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen sowie der Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer zwischen der Klägerin ("Firma S. S.") als Arbeitgeber und dem Ehemann vom 01. Januar 2005 (Tätigkeit ab 01. Januar 2005 als Service-Mitarbeiter bei einem Gehalt von EUR 1.000,00) vorgelegt. Mit Schreiben vom 16. März 2005 bestätigte die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin, dass insoweit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Ferner teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2005 mit, dass im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Prüfung der Mitarbeit des Ehemannes festgestellt worden sei, dass sie (die Klägerin) seit April 2001 selbstständig tätig sei. Zur Prüfung, ob diese selbstständige Tätigkeit neben dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis haupt- oder nebenberuflich ausgeübt worden sei, wurde sie gebeten, die Einkommenssteuerbescheide seit 2001 einzureichen. Die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmerin werde ab dem Zeitpunkt, zu dem eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit vorliege, in eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Selbstständige umgewandelt. Nachdem die Klägerin die Einkommenssteuerbescheide nicht eingereicht hatte, stellte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 22. Juli 2005 fest, dass die Klägerin seit April 2001 hauptberuflich selbstständig tätig sei. Die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmerin werde in eine freiwillige Versicherung als selbstständig Tätige ohne Anspruch auf Krankengeld bei Verdienstausfall umgewandelt. Für diese freiwillige Versicherung bestehe keine Beitragsfreiheit während der Schutzfristen und der Elternzeiten. Die Beitragsberechnung zur KV und zur PV erfolge in den nächsten Tagen. Für die Beitragseinstufung zur freiwilligen KV und PV werde die monatliche Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt. Dies entspreche den gesetzlichen Regelungen, wonach die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Selbstständigen zur Beitragszahlung heranzuziehen sei. Eine geringere Einkommensermittlung zur Beitragsberechnung sei nur gegen Vorlage entsprechender Nachweise möglich. Mit weiterem Bescheid vom 03. August 2005 berechnete die Beklagte zu 1) die Beiträge der Klägerin als hauptberuflich Selbstständige nach, und zwar vom 01. April 2001 bis 31. Juli 2005 für die KV in Höhe von EUR 24.241,08 und für die PV in Höhe von EUR 3.033,70. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass die Berechnung aus der Beitragsbemessungsgrenze erfolgt sei; sofern die Einkünfte niedriger gewesen sein sollten, möge sie sich mit dem Mitarbeiter Schaffner in Verbindung setzen. Bei nachgewiesenen niedrigeren Einkünften werde die Einstufung noch einmal korrigiert werden. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie berief sich auf Vertrauensschutz. Die Beklagte zu 1) habe ihr gegenüber während der Elternzeit Beitragsfreiheit bestätigt, obwohl ihr (der Beklagten zu 1) bekannt gewesen sein müsse, dass sie (die Klägerin) als Selbstständige die Anmeldung von abhängig Beschäftigten vorgenommen habe. Die Voraussetzungen für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts seien nicht gegeben. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2005). Deswegen hatte die Klägerin Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) gegen die Beklagte zu 1) erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 8 KR 3087/05 geführt wurde. In dem Klageverfahren bestritt die Klägerin eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit, weil sie lediglich als Konzessionsträgerin für ihren Ehemann aufgetreten sei und der ganz überwiegende Schwerpunkt ihrer Arbeitsleistung in dem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gelegen habe, und wandte sich dagegen, dass sie nun auch für die Elternzeit als Selbstständige beitragspflichtig sein solle. Sie machte auch weiter geltend, dass die Beklagte zu 1) selbst in der Lage gewesen wäre, infolge ihrer Anmeldung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu erkennen, dass sie Arbeitgeberin gewesen sei. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2006 hatte die Klägerin die Einkommensteuerbescheide des Finanzamts K. für 2001 vom 04. August 2003 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb DM 201.158,00), für 2002 vom 29. Juni 2005 (negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 21.793,00), für 2003 vom 08. Juli 2005 (negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 20.421,00 und für 2004 vom 29. Juli 2005 (Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 9.152,00) vorgelegt. Im Erörterungstermin vor dem SG vom 20. Juli 2006 schlossen dann die dortigen Beteiligten folgenden Vergleich:
1. Die Beklagte (zu 1) erklärt sich bereit, über den streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung der bisher geleisteten Beitragszahlungen und der nun vorgelegten Einkommensteuerbescheide einen neuen Bescheid zu erteilen. 2. Die Beklagte erklärt sich bereit, 2/3 (zwei Drittel) der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu übernehmen. 3. Damit ist der Rechtsstreit S 8 KR 3087/05 erledigt.
Danach erließ die Beklagte zu 1) den Beitragsbescheid vom 10. August 2006. Die Klägerin sei seit 01. April 2001 hauptberuflich selbstständig tätig gewesen. Mithin seien die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Selbstständige nachzuberechnen. Für freiwillige Mitglieder werde die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig seien, gelte als beitragspflichtige Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze. Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises könnten nur zum auf den Monat der Vorlage dieses Nachweises folgenden Monat wirksam werden. Die Beiträge seien hier aus den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der Jahre 2001 bis 2005 zu berechnen. Lediglich die Beitragszahlungen des früheren Arbeitgebers vom 01. April 2001 bis 07. Juli 2002 könnten auf die Beitragsschuld angerechnet werden. Die Nachforderung betrage mithin für die KV EUR 18.805,26 und für die PV EUR 2.317,32, insgesamt EUR 21.122,58. Dieser Bescheid, so wurde weiter ausgeführt, ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2). Dagegen legte die Klägerin erneut Widerspruch ein, mit dem sie weiterhin bestritt, hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen zu sein. Auch sei es den Beklagten aufgrund von Vertrauensschutz versagt, nach Feststellung der Beitragsfreiheit jetzt nachträglich Beiträge zur KV und PV zu erheben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsausschuss des bei den Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 08. Februar 2007). Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss wie bereits im Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2005 - unter Bezugnahme auf § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aus, der Klägerin bzw. ihrem Steuerberater sei es möglich gewesen, die Rechtslage zu erkennen. Als hauptberuflich selbstständig Tätige aufgrund einer Elternzeit beitragsfrei gesetzlich versichert sein zu können, entspreche nicht den Grundsätzen der deutschen Sozialversicherung.
Deswegen erhob die Klägerin am 08. März 2007 erneut Klage beim SG, die das SG, weil der Bescheid vom 10. August 2006 auch im Namen der Beklagten zu 2) ergangen war, auch gegen die Pflegekasse als Beklagte zu 2) gerichtet ansah. Der neue Beitragsbescheid verstoße gegen die §§ 45, 47 SGB X. Die Beklagten hätten mit der zunächst gewährten Versicherungsfreiheit durch Einordnung in die Elternzeit für lange Jahre einen Vertrauenstatbestand gesetzt, der es nicht rechtfertige, ohne Weiteres zu ihren Lasten durch die Nachforderung von Beiträgen einzugreifen. Sie (die Klägerin) habe nicht mehr damit rechnen müssen, dass die Beklagten rückwirkend für einen langen Zeitraum noch Beiträge verlangen würden. Ihr Vertrauen sei besonders schutzwürdig, da sie sich in ihren sonstigen wirtschaftlichen Vermögensdispositionen auf die Beitragsfreiheit eingestellt habe. Eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung liege bei ihr nicht vor. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Beklagten zu 1) bekannt gewesen sein müsse, dass sie (die Klägerin) als Arbeitgeberin die Anmeldung von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten vorgenommen habe. Die Beklagten hätten sie auch im Rahmen ihrer Beratungs- und Informationsverpflichtungen auf die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen einer selbstständigen Tätigkeit hinweisen müssen.
Die Beklagten traten der Klage entgegen. Durch die hauptberuflich selbstständige Tätigkeit sei eine Beitragsfreiheit während der Elternzeit ausgeschlossen. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht verjährt. § 45 SGB X finde hier keine Anwendung. Jedenfalls liege bei der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vor. Ihr bzw. ihrem Steuerberater hätte es auffallen müssen, dass es keinen Ausgabeposten für ihren Krankenversicherungsbeitrag gegeben habe. Nach den gesetzlichen Bestimmungen habe die Klägerin auch die Verpflichtung gehabt, jegliche Änderungen in ihren Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich seien, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin sei auch ihrer Auskunfts- und Mitteilungspflicht nach dem Schreiben vom 11. Mai 2005 nicht nachgekommen. Da die Beiträge vom 08. Juli 2005 bis 15. Oktober 2005 in Höhe von insgesamt EUR 2.081,20 gezahlt worden seien, seien noch Beiträge für die Elternzeit vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 in Höhe von EUR 19.041,38 offen.
Mit Urteil vom 20. September 2007 wies das SG die Klage ab. Die Beitragsnachforderung sei nicht zu beanstanden. Seit April 2001 sei die Klägerin als Geschäftsführerin hauptberuflich selbstständig tätig gewesen. Die Leitung eines Betriebs sei die typische Aufgabe eines selbstständigen Geschäftsführers. Ob er seine Arbeit selbst ausführe oder teilweise an Mitarbeiter abgebe, lasse eine hauptberufliche Selbstständigkeit nicht entfallen, zumal wenn daneben keiner sonstigen (entgeltlichen) Tätigkeit nachgegangen werde. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit spiele hier wegen des Fehlens einer anderweitigen Erwerbstätigkeit keine entscheidende Rolle. Zudem habe sich der Ehemann der Klägerin im streitigen Zeitraum (08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005) überwiegend in Haft befunden, sodass auch der Vortrag der Klägerin, dass sie nur die vorgeschobene Konzessionsträgerin gewesen sei und in Wirklichkeit ihr Ehemann den Betrieb leite, nicht greife. Der Beitragsforderung stehe kein bestandskräftig gewordener Beitragsbescheid entgegen. Es seien im vorliegenden Fall keine Bescheide über eine beitragsfreie Kranken- und Pflegeversicherung ab 08. Juli 2002 ergangen. Die Beitragsnachforderung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Insoweit liege auch keine Verwirkung vor. Über eine nicht bestehende Beitragspflicht der Klägerin als Selbstständige hätten die Beklagten keine verbindliche oder ausdrückliche Aussage getroffen. Allein das allgemeine Vertrauen, es werde alles seine Richtigkeit haben, genüge für die Annahme der Verwirkung nicht. Auch sei bei Erlass des Bescheids vom 10. August 2006 noch keine Verjährung eingetreten gewesen. Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2007 zugestellt.
Dagegen hat die Klägerin am 09. November 2007 beim SG schriftlich Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Widerspruchsbescheid leide an einem erheblichen Mangel, da nicht erkennbar sei, dass die Beklagte zu 2) beteiligt gewesen sei. Insoweit sei das Widerspruchsverfahren bezüglich der streitgegenständlichen Beiträge zur PV fehlerhaft gewesen. Ferner sei davon auszugehen, dass die Beklagten für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002, für die sie (die Klägerin) Insolvenzgeld erhalten habe, auch Beiträge zur KV und zur PV von der Agentur für Arbeit erhalten haben. Jedenfalls hätten die Beklagten einen entsprechenden Antrag stellen können. Im Übrigen sei die nachträgliche Geltendmachung von Beitragsforderungen verwirkt. Einerseits habe sie (die Klägerin) im streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte zu 1) als Einzugsstelle erkennbar als Arbeitgeberin mehrere Beschäftigte angemeldet und es seien für diese Beschäftigte Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Nach der Geburt ihrer Tochter am 08. Juli 2002 habe sie sich auch über ihren Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten zu 1) nach einer etwa bestehenden Beitragsfreiheit während der Elternzeit erkundigt. Es sei schließlich die Beitragsfreiheit bestätigt worden. Nachdem dann für einen Zeitraum von mehreren Jahren keine Beiträge mehr gefordert worden seien, habe sie (die Klägerin) zu Recht davon ausgehen können, dass sie in dieser Richtung auch nicht mehr in Anspruch genommen werde. Es sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, auf den sie sich eingerichtet habe. Die Nachforderung der Beiträge würde einen unzumutbaren Nachteil mit sich bringen, denn sie (die Klägerin) habe keinerlei finanzielle Rücklagen für eine eventuelle Nachzahlung gebildet, sondern die nicht bezahlten Beiträge im Zusammenhang mit der Lebensführung auch ihrer Familie verbraucht. Jedenfalls hätten die Beiträge im Hinblick auf den Vergleich vom 20. Juli 2006 nur noch nach den in den vorliegenden Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften aus Gewerbebetrieb nachberechnet werden dürfen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. August 2008 auch den Einkommensteuerbescheid des Finanzamts K. für 2005 vom 02. Oktober 2007 eingereicht, der bei der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 14.229,00 ausweist.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. September 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2007 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Bei den Mitgliedern der Widerspruchsausschüsse der Kranken- und Pflegeversicherung handle es sich jeweils um die gleichen Personen und im Rahmen der Belange, die die Kranken- und Pflegeversicherung tangierten, seien es insofern gemeinsame Entscheidungen der Widerspruchsausschüsse der Kranken- und Pflegeversicherung. Dies sei jedoch im Widerspruchsbescheid nicht zum Ausdruck gekommen. Das SG habe jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus den äußeren Umständen gleichwohl ergebe, dass auch der Widerspruchsbescheid ebenfalls von ihr, der Beklagten zu 2), stamme. Dazu haben die Beklagten Auszüge aus ihren Satzungen vorgelegt. Bescheide über die Beitragsfreiheit ab 08. Juli 2002 seien der Klägerin nicht erteilt worden. Sie (die Beklagten) hätten für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002 von der Agentur für Arbeit keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Klägerin erhalten, was auch die Agentur für Arbeit im Schreiben vom 07. Juli 2008 bestätigt habe. Die nachträgliche Beitragsberechnung hätten sie (die Beklagten) so vorgenommen, als wäre die Klägerin ihren jeweiligen Mitwirkungspflichten zeitlich und inhaltlich nachgekommen. Es seien insoweit Veränderungen in den Einkommensverhältnissen bei der Beitragsberechnung wie bei hauptberuflich Selbstständigen üblich und im Rahmen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch vorgesehen jeweils zu Beginn des Folgemonats nach Erstellung des Einkommenssteuerbescheids berücksichtigt worden. Im Kalenderjahr 2001 (Steuerbescheid vom 04. August 2003) habe die Klägerin sowohl mit ihren Einkünften aus der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit (DM 201.158,00) als auch als Arbeitnehmerin (DM 84.000,00) über der damaligen Beitragsbemessungsgrenze gelegen. Die Einnahmen aus der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit (Gewerbebetrieb) seien nach Gesetz und gängiger Rechtsprechung insofern auch dauerhaft anzunehmen, bis entsprechende vermindernde Einkünfte nachgewiesen würden. Grundsätzlich wirkten sich Veränderungen in der Absenkung der Bemessungsgrundlage zusätzlich immer erst dann aus, wenn diese beantragt und durch entsprechende Bescheide belegt seien. Im Rahmen der Gleichbehandlung von freiwillig versicherten hauptberuflich selbstständig Tätigen sei auf eine entsprechende Umsetzung der Berücksichtigung von Veränderungen in den Einkommensverhältnissen im Sinne der Rechtsprechung des BSG zu achten. Die im Beitragsbescheid vom 10. August 2006 im Namen der Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemachte Forderung entspreche den vorgenannten Grundsätzen, da bei entsprechender Beantragung durch die Klägerin frühestens zum 01. August 2005, mithin allenfalls für die Zeit vom 01. August bis 15. Oktober 2005, eine Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage von der Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung auf die Mindestbeitragsbemessungsgrenze für hauptberuflich selbstständig Tätige möglich gewesen wäre, diese jedoch nicht beantragt worden sei. Die Beklagten haben auch die in der Zeit von Juli 2002 bis Oktober 2005 geltenden Satzungsbestimmungen zur Berechnung der freiwilligen Beiträge vorgelegt.
Der Berichterstatter des Senats hat die Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit K.) vom 07. Juli 2008) eingeholt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von den Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der weiteren Akten des SG S 8 KR 1169/03 und S 8 KR 3087/05 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, denn die Beitragsnachforderung bezieht sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und ist auch sonst zulässig. Die Berufung ist auch zum Teil begründet, soweit die Beklagten mit dem angegriffenen Bescheid vom 10. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2007 für die streitige Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005 Beiträge von mehr als EUR 8.847,50 nachgefordert haben. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Nachforderungsbetrags hätte das SG die Klage nicht abweisen dürfen (1.). Hingegen erweist sich der genannte Bescheid in der Gestalt des Widerspruchs als rechtmäßig, soweit die Beklagten die Nachforderung in Höhe der genannten Summe festgestellt haben, weshalb die Klägerin nicht die völlige Aufhebung der Beitragsbescheide verlangen kann (2.).
Streitig ist die Beitragserhebung und Festsetzung zur freiwilligen Krankenversicherung für die Klägerin als hauptberuflich Selbstständige für die Zeit vom 08. Juli 2002 bis 15. Oktober 2005 (Ende der Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung) und die entsprechende Beitragserhebung und Festsetzung zur sozialen Pflegepflichtversicherung.
1. Die Beklagten können nur Beiträge in Höhe von EUR 8.847,50 nachfordern.
1.1 Für die Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung bestimmt § 240 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der hier in der bis zum 31. März 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist (dieses gilt auch für die folgenden Bestimmungen), dass für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt wird, wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V muss die Satzung der Krankenkasse mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diese Bestimmung des § 240 SGB V gilt im Übrigen auch für die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 57 Abs. 4 Satz 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Zu den insoweit beitragspflichtigen Einnahmen gehören nach der Satzung der Beklagten zu 1) alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung, wobei die steuerliche Behandlung der Einnahmen keine Rolle spielt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung). Darauf verweist auch § 8 der Satzung der Beklagten zu 2). Zu diesen Einnahmen zum Lebensunterhalt zählen auch die Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gilt: Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30igste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40igste, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) oder eine entsprechende Leistung nach § 16 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB II) haben, der 60igste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nach Satz 3 der genannten Vorschrift gilt weiter: Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweise folgenden Monats wirksam werden. Die Krankenkasse ist dabei berechtigt, die Höhe der Beiträge eines in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, der hauptberuflich selbstständig tätig ist, bei Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit durch einen einstweiligen Bescheid zu regeln, wenn Nachweise für eine Prognose der künftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden können. War in einer vorläufigen Beitragsfestsetzung die Korrektur nach Vorlage von Einkommensnachweisen vorbehalten, so steht der Grundsatz, dass die Veränderung der Beitragsbemessung nur für die Zukunft wirksam wird, einer Änderung der vorläufigen Beitragsfestsetzung für die Vergangenheit nicht entgegen, was auch für den Nachweis niedrigerer Einnahmen gilt (vgl. BSGE 96, 119; Urteil vom 11. März 2009 - P 12 KR 30/07 R). Entsprechendes gilt auch für die Beitragsfestsetzung durch die Pflegekasse.
1.2. Die Klägerin war in der streitigen Zeit mit der von ihr bereits seit 01. April 2001 betriebenen Corso Bar als Schankwirtschaft in Verbindung mit der Veranstaltung von Schaustellungen von Personen im Sinne des § 33a der Gewerbeordnung hauptberuflich selbstständig, was auch von ihr ersichtlich angesichts des gerichtlichen Vergleichs nicht mehr bestritten wird, denn die Klägerin wendet sich lediglich gegen die Nachforderung der Beiträge. Die Klägerin hat auch ab 08. Juli 2002 eine abhängige Beschäftigung nicht mehr ausgeübt. Der Umstand, dass die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2002 und 2003 negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgewiesen haben, steht der Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen. Dass die Klägerin in der Zeit vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 Elternzeit in Anspruch genommen hatte, stand der hauptberuflichen Selbstständigkeit ebenfalls nicht entgegen. Im Hinblick auf die schon seit 01. Oktober 2000 bestehende freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten zu 1) und der entsprechenden Pflichtversicherung bei der Beklagten zu 2), mag die freiwillige Mitgliedschaft auch seinerzeit noch wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze begründet worden sein, bestand diese freiwillige Krankenversicherung mit der Folge der Pflegepflichtversicherung auch fort, nachdem die Klägerin von den Beklagten vom 08. Juli 2002 bis 07. Juli 2005 als in Elternzeit befindlich und damit beitragsfrei geführt worden war. Dabei hatten die Beklagten der Klägerin diese Beitragsfreiheit nicht mit einem Bescheid bestätigt.
1.3 Der Erhebung von Beiträgen wegen hauptberuflicher selbstständiger Tätigkeit steht die Beitragsfreiheit wegen Elternzeit nicht entgegen. Dabei waren für die Beitragsfestsetzung und -erhebung ab 08. Juli 2002 auch nicht die Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X zu beachten. Die Anwendung dieser Bestimmungen im Hinblick auf eine Änderung der Beitragsfestsstellung hätte eine vorausgegangene beitragsmäßige Feststellung der Beitragsfreiheit vorausgesetzt, die hier nicht erfolgt ist, wie die Beklagten dargelegt haben.
1.4. Hier ist im Hinblick auf den gerichtlichen Vergleich vom 20. Juli 2006, der von den Beklagten auszuführen war, streitig die erstmalige Beitragsfestsetzung für die Klägerin als hauptberuflich Selbstständige ab 08. Juli 2002 unter Anrechnung der für die Zeit vom 08. Juli bis 15. Oktober 2005 gezahlten Beiträge. In dem ursprünglichen (erstmaligen) Beitragsbescheid vom 03. August 2005 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2005) waren die Beiträge im Hinblick auf § 240 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB V nach der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden, nachdem die Einkommensteuerbescheide für die Jahre ab 2001 trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden waren. Allerdings enthielt der Bescheid vom 03. August 2005 den Vorbehalt, dass bei nachgewiesenen niedrigeren Einkünften die Einstufung noch einmal korrigiert werde. Mithin war der Klägerin durchaus die Möglichkeit eröffnet worden, durch Vorlage von Einkommensnachweisen, insbesondere der Einkommensteuerbescheide, auch rückwirkend noch eine Korrektur der Beitragsfestsetzung zu erreichen. Im gerichtlichen Vergleich vom 20. Juli 2006 hatte sich die dort Beklagte zu 1), nachdem mit Anwaltsschriftsatz vom 12. Juli 2006 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 eingereicht worden waren, bereit erklärt, über den streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung der bisher geleisteten Beitragszahlungen (was sich auf die Zeit bis 07. Juli 2002 bezogen hatte) und der nun vorgelegten Einkommensteuerbescheide einen neuen Bescheid zu erteilen. Aufgrund auch der Erledigungserklärung war damit der frühere Bescheid vom 03. August 2005 gegenstandslos geworden. Der nun streitgegenständliche Zeitraum war die Zeit ab 08. Juli 2002. Angesichts des Vorbehalts einer Korrektur zugunsten der Klägerin im Bescheid vom 03. August 2005 kann auch der Vergleich nur dahin ausgelegt werden, dass sich die erneute Beitragsfestsetzung nun an den für die jeweiligen Jahre 2002 bis 2004 nachgewiesenen Einnahmen aus Gewerbebetrieb orientieren sollte. Die Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V, auf die sich die Beklagten bei der erneuten Bescheidung gestützt haben, wie sich aus deren Schriftsatz vom 20. November 2008 ergibt, war hier auch angesichts des Vergleichs, dem sich die Beklagten unterworfen haben, nicht anwendbar. Denn die Bestimmung schließt lediglich eine Änderung einer vorbehaltlosen Beitragsfestsetzung für die Vergangenheit aus. Daran fehlt es hier, da es sich bei dem Bescheid vom 10. August 2006 im Hinblick auf den Vergleich überhaupt um die erstmalige Festsetzung der Beiträge, wenn auch für die Vergangenheit, handelte. Mithin gibt es keine Grundlage dafür, es für die Zeit bis Juli 2005 bei der Festsetzung nach der Beitragsbemessungsgrenze zu belassen und erst für die Zeit ab 01. August 2005 nach § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V zu verfahren. Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses lagen die im Vergleich vorausgesetzten Beitragsnachweise in Form der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2004 vor, weshalb es nicht gerechtfertigt war, die Beitragsfestsetzung auch für die Zeit ab 08. Juli 2002 aufgrund der im Jahre 2001 erzielten Einnahmen aus Gewerbebetrieb festzusetzen.
Für die Beitragsbemessung für die streitige Zeit ist deshalb für 2002 und 2003 von negativen Einkünften sowie von monatlichen positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb für 2004 von EUR 762,67 (= EUR 9.152,00 ÷ 12) und für 2005 von EUR 1.1.85,75 (= 14.229,00 ÷ 12) auszugehen. Mithin hat die Beitragsberechnung auf der Grundlage der Mindestbemessung nach § 240 Abs. 4 Satz 2 zweiter Halbsatz SGB V (40 v.H. der Bezugsgröße) zu erfolgen, da ein beitragspflichtiges Einkommen in Höhe der Mindestbemessung jeweils nicht erreicht wurde. Damit ist für die Zeit vom 08. Juli bis 31. Dezember 2002 ein monatlicher Betrag von EUR 1.758,75 als Berechnungsgrundlage maßgebend (= EUR 2.345 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30), für 2003 von EUR 1.785,00 (= EUR 2.380,00 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30) sowie für 2004 und 2005 von EUR 1.811,25 (EUR 2.415,00 (Bezugsgröße) ÷ 40 x 30). Danach ergibt sich eine Beitragsforderung der Beklagten von insgesamt EUR 8.847,50 (Beiträge zur Krankenversicherung von EUR 9.729,09 und Beiträge zur Pflegeversicherung von EUR 1.199,61, abzüglich für die Zeit vom 08. Juli bis 15. Oktober 2005 bereits gezahlter Beiträge von EUR 2.081,20). Dieser Gesamtbetrag berechnet sich wie folgt:
Zeitraum vom - bis Prozentsatz % Berechnungsgrundlage EUR Beiträge EUR 08.07. - 31.07.2002 KV 13,2 PV 1,7 1.407,00 (1.758,75÷ 30 x 24) KV 185,72 PV 23,92 01.08. - 31.12.2002 KV 13,2 PV 1,7 1.758,75 KV 1.155,80 PV 149,50 01.01. - 31.12.2003 KV 13,9 PV 1,7 1.785,00 KV 2.977,44 PV 364,20 01.01. - 31.12.2004 KV 13,9 PV 1,7 1.811,25 KV 3.021,12 PV 369,48 01.01. - 31.08. 2005 KV 13,9 PV 1,7 1.811,25 KV 2.014,08 PV 246,32 01.09. - 30.09.2005 KV 13,8 PV 1,7 1.811,25 KV 249,95 PV 30,79 01.10. - 15.10.2009 KV 13,8 PV 1,7 905,63 (1.811,25÷ 30 x 15) KV 124,98 PV 15,40
2. Die weiter gegen die danach bestehende (verminderte) Beitragsnachforderung von EUR 8.847,50 erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.
2.1. Soweit es um die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung geht, für deren Festsetzung die Beklagte zu 2) zuständig ist, entnimmt der Senat dem im Bescheid im 10. August 2006 enthaltenen Zusatz, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse, also der Beklagten zu 2), ergangen ist, dass für die Klägerin erkennbar eine Verwaltungsentscheidung auch der insoweit zuständigen Beklagten zu 2) vorliegt, wie auch das SG zutreffend entschieden hat. Die Klägerin selbst ist jedenfalls bis zum Berufungsverfahren - hiervon ausgegangen und hat dies zuvor nie gerügt, insoweit auch nicht, dass das SG die Klage auch gegen die Beklagte zu 2) gerichtet ansah. Für die Entscheidung über den gegen die Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung eingelegten Widerspruch war nach § 10 Abs. 1 und 2 der Satzung der Beklagten zu 2) i. V. mit den §§ 23 Abs. 1 und 4, 23b Abs. 2 der Satzung der Beklagten zu 1) hier auch der bei der Beklagten zu 1) gebildete Widerspruchsausschuss der zuständigen Bezirksdirektion der Beklagten zu 1) zuständig, denn dieser nahm für die Pflegekasse (Beigeladene zu 2) die Aufgabe des Widerspruchsausschusses als Widerspruchsstelle (örtlicher Pflegekassen-Widerspruchsausschuss) war. Der Umstand, dass bei Personen identischer Besetzung der Widerspruchsstelle diese Aufgabenwahrnehmung im Widerspruchsbescheid selbst, in dem über die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entschieden wurde, nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, berührt die Wirksamkeit der Feststellung der Beiträge zur Pflegeversicherung nicht. Insoweit fehlt es insbesondere nicht an einem Widerspruchsbescheid der zuständigen Widerspruchsstelle. Auch berührt der fehlende Hinweis die Wirksamkeit des Widerspruchsbescheids insoweit nicht.
2.2. Die Klägerin kann sich auch auf Vertrauensschutz nicht berufen. Dieser Einwand greift nicht durch, weil auch sie dem gerichtlichen Vergleich zugestimmt hatte. Zu prüfen war deshalb nur, ob die Beklagten den Vergleich zutreffend hinsichtlich der Berechnung der Beiträge ausgeführt haben. Denn die Beklagten hatten, wie oben dargelegt, die Beitragsfreiheit während der Elternzeit nicht etwa in einem Bescheid festgestellt, der nur unter den Voraussetzungen der §§ 45, 48 SGB X hätte aufgehoben werden können. Damit waren insbesondere die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht zu prüfen. Es liegt auch keine schriftliche Zusicherung der Beklagten im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, dass beispielsweise die Beitragsfreiheit auch bei Ausübung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit während der Elternzeit besteht. Allein der Umstand, dass die Beklagten während der Elternzeit zunächst Beiträge nicht gefordert hatten, begründete keinen Vertrauensschutz.
2.3. Zutreffend hat das SG - abgesehen von der Bindung auch der Klägerin an den Vergleich - auch entschieden, dass die Beitragsnachforderung ab 08. Juli 2002 weder verjährt und auch nicht verwirkt war. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend wäre darauf hinzuweisen, dass den Beklagten ersichtlich erstmals aufgrund des Feststellungsverfahrens hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann, nachdem ihre Meldung bei der Einzugsstelle ergeben hatte, dass der Beschäftigte Ehegatte des Arbeitgebers war, im März 2005 bekannt geworden war, dass die Klägerin Arbeitgeberin war. Darauf, dass die Klägerin als Arbeitgeberin auch schon vor der Anmeldung des Ehemanns im Jahr 2005 in ihrem Berieb sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei der Einzugsstelle angemeldet hatte, kann sie sich nicht berufen, zumal die Klägerin selbst hinsichtlich der Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit der Mitteilungspflicht nach § 206 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V nicht nachgekommen war, worauf die Beklagten hingewiesen haben. Dieser Mitteilungspflicht hinsichtlich der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit hat die Klägerin nicht dadurch genügt, dass sie bei ihr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei der Beklagten zu 1) als Einzugsstelle angemeldet hat.
2.4. Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, dass sie für die (nachträgliche) Beitragsforderung keine Rücklagen gebildet hat.
2.5. Schließlich greift im Hinblick auf die eingeholte Auskunft der Agentur für Arbeit vom 07. Juli 2008 und die entsprechende Angabe der Beklagten auch der Einwand der Klägerin, die Beklagten hätten im Hinblick auf die Zahlung von Insolvenzgeld bis zum 02. September 2002 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Agentur für Arbeit erhalten, nicht durch. Insoweit war keine weitere Verminderung des Beitragsanspruchs für die Zeit vom 08. Juli bis 02. September 2002 vorzunehmen, denn die Agentur für Arbeit hat mitgeteilt, die Beklagten hätten für die Klägerin keinen Antrag auf Erstattung von Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung gestellt, weshalb für die Klägerin auch keine Beiträge an die Beklagten gezahlt worden seien. Darauf, dass die Beklagten einen Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt haben, kann sich die Klägerin nicht berufen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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