L 8 SB 5724/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 818/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5724/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtlich Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei dem Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "RF" (Rundfunkgebührenbefreiung und Sozialtarif für Telefonanschlüsse) vorliegen.

Bei dem 1966 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Ravensburg (VA) wegen der Behinderungen Morbus Bechterew, operative Behandlung (Teil-GdB 80) und Fußdeformität mit degenerativen Veränderungen, Hüftendoprothese rechts und Hüftarthrose links (Teil-GdB 40) mit Neufeststellungsbescheid vom 25.11.1998 einen Gesamt-GdB von 100 seit 19.10.1998 sowie wie bisher das Merkzeichen "G" fest. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und bat um Feststellung des Merkzeichens "aG". Es sei ihm wegen der Hüftarthrose und der Hüftendoprothese nicht mehr möglich, eine längere Gehstrecke zurückzulegen. Das VA wertete den Widerspruch des Klägers als Antrag auf Feststellung des Merkzeichens "aG", über das im Bescheid vom 25.11.1998 nicht entschieden worden sei (Schreiben vom 23.06.1999). Es zog die Berichte der S.-Klinik Z. GmbH vom 25.01.1999, 20.05.1999 und 10.03.1999 bei und ließ diese versorgungsärztlich auswerten. Mit Bescheid vom 28.07.1999 wiederholte das VA den Bescheid vom 25.11.1998 hinsichtlich des Gesamt-GdB und des Merkzeichens "G" und lehnte die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" ab.

Am 18.12.2003 stellte der Kläger unter Vorlage der Berichte des Gesundheitszentrums J. GmbH B. G. vom 02.07.2003, der S.-Klinik vom 10.11.2003 und 06.11.2003 einen weiteren Neufeststellungsantrag auf Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "aG" und "RF". Nach versorgungsärztlicher Auswertung der vorgelegten Berichte (Obermedizinalrat N. vom 23.01.2004, der wegen einer hinzugetretenen Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes einen weiteren Teil-GdB von 30 annahm) entsprach das VA mit Bescheid vom 27.01.2004 dem Antrag auf Feststellung der Merkzeichen "aG" und "RF" nicht, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien.

Hiergegen legte der Kläger am 04.02.2004 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 10.03.2004 zurückgewiesen wurde. In den Befundberichten würden keine Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben, welche die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung rechtfertigen könnten. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "RF" seien nicht erfüllt. Der Kläger sei durchaus noch in der Lage, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen. Er übe eine Nebentätigkeit in der Gastronomie aus. Von einer Hausgebundenheit könne somit keinesfalls ausgegangen werden.

Am 08.04.2004 erhob der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage. Er trug zur Begründung vor, durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen und wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei eine außergewöhnliche Gehbehinderung gegeben. Er könne Gehstrecken auch mit Gehhilfen nur noch 100 Meter zurückzulegen. Weiter könne er für die Dauer von eineinhalb bis zwei Stunden weder sitzen noch stehen, da dann so schwere Schmerzzustände aufträten, dass er den Besuch einer öffentlichen Veranstaltung abbrechen müsse. Seine geringfügige Beschäftigung im Gastronomiegewerbe habe er aus gesundheitlichen Gründen im Oktober 2003 beendet. Entsprechendes gelte für eine Beschäftigung in einer Dreherei.

Das SG hörte Dr. Schmidt schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte in seiner Stellungnahme vom 20.07.2004 mit, der Kläger sei zwar nicht immobilisiert im Sinne einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Er sei jedoch für sämtliche Erledigungen auf sein Fahrzeug angewiesen. Durch seine fixierte gebeugte Körperhaltung bei vollständig aufgehobener Kopfbeweglichkeit könne der Kläger ständig öffentliche Veranstaltungen nicht besuchen und nicht verfolgen. Bei der Schwere des Krankheitsbildes mit ungewöhnlich früh begonnener Erkrankung im Jugendalter sei es medizinisch gerechtfertigt, eine großzügige Entscheidung zu treffen. Es bestehe ein Härtefall.

Der Beklagte trat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 04.10.2004 der Klage entgegen. Der Kläger trug weiter zuvor, Dr. W. bemerke richtig, dass es sich bei seiner Behinderung nicht um die eines Doppeloberschenkelamputierten handele. Er bemerke jedoch nicht, dass es sich bei der Wirbelsäule um den Stütz- und Bewegungsapparat handele, der für sämtliche Bewegungsabläufe zuständig sei. Bei Einschränkungen oder einer kompletten Versteifung der Wirbelsäule müsse der restliche Körper ein vieles mehr an Arbeit leisten, um die Behinderungen auszugleichen.

Mit Urteil vom 28.02.2005 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen "aG" und "RF" könnten nicht festgestellt werden. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des SG Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 11.04.2005 zugestellte Urteil hat er am 21.04.2005 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, der medizinische Sachverhalt müsse weiter aufgeklärt werden. Er habe schon seit längerer Zeit sehr große Probleme mit dem rechten Arm bzw. mit der rechten Schulter. Ein Schulter TEP müsse implantiert werden. Der Kläger hat hierzu den Bericht der W.-Z. Kliniken O. vom 25.07.2005 (Implantation einer Schultergelenkshemiprothese rechts am 05.07.2005) und vom 11.11.2005 vorgelegt. Von der AOK sei die Pflegestufe 1 festgestellt worden. Hierzu hat der Kläger das Schreiben der AOK O. vom 22.12.2005 vorgelegt.

Der Senat hat auf Anregung des Klägers die Physiotherapeutin H. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Sie hat in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2005 unter Vorlage insbesondere von Berichten der W.-Z. Kliniken vom 19.08.2005, 25.07.2005, 22.06.2005 und 03.05.2005, des Radiologen Dr. R. vom 17.05.2005, des Behandlungszentrums V. vom 17.05.2004, die Befunde mitgeteilt und weiter ausgeführt, die Funktionseinschränkung und der Kraftverlust der Wirbelsäule bzw. der Hüft- und Schultergelenke hätten in den letzten zwei Jahren zu einer Verschlechterung der Situation des Klägers geführt. Da mit weiteren Einschränkungen der Gehfähigkeit zu rechnen sei, seien die Voraussetzungen für die Gewährung des Merkzeichens "aG" gegeben. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" seien im Moment noch nicht gegeben, was jedoch nicht ausbleibe, wenn die Krankheit des Klägers weiterhin so verlaufe. Der Senat hat außerdem das Gutachten des MDK O. zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Klägers vom 19.12.2005 beigezogenen.

In der öffentlichen Sitzung des Senats am 21.07.2006 ist auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, nachdem der Kläger beantragt hat, bei ihm die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "B" festzustellen.

Das VA zog den Befundbericht der B.-Klinik Ü. vom 18.08.2006 bei, der versorgungsärztlich ausgewertet wurde (Dr. Z. vom 21.10.2006). Entsprechend der versorgungsärztlichen Empfehlung lehnte das VA mit Bescheid vom 27.10.2006 den Antrag des Klägers auf Zuerkennung des Merkzeichens "B" ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 19.02.2007 mit Widerspruchsbescheid des zwischenzeitlich zuständigen Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 21.02.2007 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2007 beim SG Klage (S 1 SB 851/07). Das SG hörte Dr. Schmidt schriftlich als sachverständigen Zeugen, der sich mit Stellungnahmen vom 25.06.2007 und 12.10.2007 unter Vorlage von Befundberichten äußerte. Außerdem holte das SG von Amts wegen das orthopädische Gutachten des Dr. K., S., vom 02.01.2008 ein. Mit Gerichtsbescheid vom 21.04.2008 (S 1 SB 851/07) wies das SG die auf Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "B" gerichtete Klage des Klägers ab. Die vom Kläger gegen diesen Gerichtsbescheid eingelegte Berufung (L 8 SB 2485/08) nahm er in der nichtöffentlichen Sitzung am 30.10.2008 zurück.

Am 08.12.2008 hat der Kläger das ruhende Verfahren wieder angerufen, das unter dem vorliegenden Aktenzeigen fortgeführt worden ist.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in nichtöffentlicher Sitzung am 17.07.2009 mit den Beteiligten erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 17.07.2009 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2005 und den Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "aG" und "RF" seit dem 18.12.2003 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 28.02.2006 vorgelegt.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten, die Gerichtsakten S 1 SB 851/07 und L 8 SB 2485/08 sowie auf ein Band Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die Feststellung der Merkzeichen "aG" und "RF".

1. Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 12 Nr. 4 des Gesetzes vom 30.07.2004 (BGBl I S. 1950) ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich "aG" in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.

Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger - unstreitig - nicht.

Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).

Danach gehört der Kläger nicht zum berechtigten Personenkreis, wie das SG im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat. Dies wird auch durch die vom Senat durchführten weiteren Ermittlungen bestätigt. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu der Überzeugung, dass beim Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "aG" nicht vorliegen. Er schließt sich den hierzu ausgeführten Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an, die er teilt, und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auch hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt auszuführen:

Dass die Gehfähigkeit des Klägers durch die Erkrankung am (rechten) Schultergelenk in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt wird, ist nicht ersichtlich. Hierauf weist Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.02.2006, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, überzeugend hin.

Beim Kläger bestehen nach den im Entlassungsbericht der W.-Z. Kliniken vom 03.05.2005 und den von der Physiotherapeutin H. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 25.10.2005 mitgeteilten Funktionswerten hinsichtlich der unteren Extremitäten (Hüft-, Knie- und Fußgelenke) keine Bewegungseinschränkungen, die eine Einschränkung seiner Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße plausibel machen können (Hüftgelenke: Ext./Flex. 0-0-90O, Abd. 20O, Innen-/Außenrotation 10-0-20O - Entlassungsbericht der W.-Z. Kliniken -; Flex. 0-55O li. und 0-50O re., Kniegelenke: unauffällig - Entlassungsbericht der W.-Z. Kliniken -; Ext./Flex. 0-140O li. und 0-135O re. - Bericht der Physiotherapeutin H. -; Sprunggelenke unauffällig - Entlassungsbericht der W.-Z. Kliniken -; DE 15O li. und 20O re., PF 30O li. und 65O re.). Soweit Physiotherapeutin H. in ihrer Stellungnahme die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "aG" beim Kläger bejaht, begründet sie dies lediglich mit einer von ihr erwarteten weiteren Einschränkung der Gefähigkeit des Klägers. Dies rechtfertigt jedoch die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht, weshalb ihrer Ansicht nicht gefolgt werden kann.

Die beim Kläger komplett versteifte Wirbelsäule bewirkt einen breitbasigen, steifen aber doch zügigen Gang ohne Abrollbehinderung oder Koordinationsstörung mit deutlich außen rotierendem Bein beiderseits, wobei der Fersen- und Zehenstand sicher möglich ist, wie sich aus dem Bericht der W.-Z. Kliniken vom 03.05.2005 ergibt. Dem entsprechen auch die Feststellungen des MDK im Gutachten vom 19.12.2005, wonach der Kläger bei ausreichend freier Beweglichkeit der unteren Extremitäten durch die aufgehobene Rumpfbeweglichkeit im Stand- und Gangbild steif wirkt bei staksig breitbasigem Gehen. Nach den Feststellungen des MDK besteht beim Kläger jedoch auf der Ebene und beim Treppensteigen je nach Tagesform/Beschwerdebild noch Selbständigkeit, wenn auch ein beschwerliches Fortbewegen mit teilweise Abstützen bzw. am Treppenlauf festhalten und hochziehen notwendig ist. Je nach Tagesform/Beschwerdebild sind beim Gehen im Innenbereich Hilfsmittel (UAG) oder ggf. Fremdhilfe erforderlich. Danach trifft beim Kläger nicht zu, dass er sich praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann. Dem entsprechen auch seine im Bericht der W.-Z. Kliniken vom 03.05.2005 wiedergegeben Angaben, dass längeres Sitzen, Gehen und Stehen erheblich erschwert seien. Damit sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" beim Kläger nicht erfüllt, wie Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.02.2006 überzeugend ausgeführt hat, der sich der Senat anschließt. Dies wird auch durch die im Klageverfahren S 1 SB 851/07 zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und das Gutachten des Dr. K. vom 02.01.2008 bestätigt. So war der Kläger nach dem Bericht der Birkle-Klinik Ü. vom 18.08.2006 in der Lage, zur Untersuchung stockfrei und nicht hinkend zu erscheinen. Bei der Begutachtung durch Dr. K. gab der Kläger bei seiner Untersuchung am 02.01.2008 u.a. an, er benutze keine Gehstöcke; seitens der Wirbelsäule seien nur geringe Beschwerden vorhanden. Weiter sind beim Kläger Ober- und Unterschenkelmuskulatur nach den Ausführungen von Dr. K. in seinem Gutachten unauffällig, was der Senat auch den dem Gutachten beigefügten Lichtbildern entnehmen kann. Auch nach den von Dr. K. festgestellten Befunden liegen beim Kläger keine Bewegungseinschränkungen, die eine Einschränkung seiner Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße plausibel machen, vor. Diese Befunde sprechen ebenso dagegen, dass der Kläger außergewöhnlich gehbehindert ist. Gegen diese Ausführungen im Gutachten hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Der bestehenden Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers hat der Beklagte mit der Zuerkennung des Merkzeichens "G" ausreichend Rechnung getragen. Das vom Klägerbevollmächtigten im Termin am 17.07.2009 vorgelegte ärztliche Attest des Dr. S. vom 06.07.2009 nennt keine neuen Befunde, die eine andere Bewertung rechtfertigen, weshalb der Senat der Ansicht des Dr. S., dem Kläger "sollte" das Merkzeichen "aG" zugesprochen werden, nicht zu folgen vermag.

2. Ferner liegen beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" nicht vor. Voraussetzung hierfür ist nach dem seit 01.04.2005 insoweit geltenden Art. 5 § 6 Abs. 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 08. bis 15.10.2004 idF des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl 2005, 189), dass der GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und der behinderte Mensch wegen seines Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen kann. Dies ist nicht ersichtlich. Der Senat ist mit dem SG aus den im angefochtenen Urteil dargestellten Entscheidungsgründen der Überzeugung, dass der Kläger trotzt seiner Behinderungen nicht ständig und allgemein vom Besuch von Veranstaltungen ausgeschlossen ist. Der Senat schließt sich auch insoweit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an, die er teilt, und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Dem entspricht auch die Bewertung von Physiotherapeutin H. in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2005. Soweit sie den Eintritt der Voraussetzungen aufgrund des weiteren Verlaufes der Erkrankung erwartet, rechtfertigt dies aus den bereits oben genannten Gründen die Feststellung des Merkzeichens "RF" noch nicht. Dafür, dass der Kläger noch nicht ständig und allgemein vom Besuch von Veranstaltungen ausgeschlossen ist, spricht im Übrigen auch, dass der Kläger nach seinen im Bericht der W.-Z. Kliniken vom 03.05.2005 wiedergegebenen Angaben gerne ein paar Stunden täglich arbeiten würde, jedoch noch keinen Erfolg bei Bewerbungen gehabt habe. Auch Dr. S. hat in dem im Termin am 17.07.2009 vorgelegten Attest das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" nicht angesprochen. Auch sonst lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen wie auch dem Vorbringen des Klägers nicht nachvollziehbar entnehmen, dass die beim Kläger vorliegenden Behinderungen es ihm ständig unmöglich machen, Veranstaltungen zu besuchen.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und die sonst vorliegenden zahlreichen medizinischen Befundberichte aufgeklärt. Dass beim Kläger zwischenzeitlich eine relevante Verschlimmerung im Gesundheitszustand eingetreten ist, ist nicht ersichtlich und wird im Übrigen von ihm auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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