Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1697/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 816/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.10.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger (GdB 50, SG-Akte S 2 R 1697/90, S. 21) absolvierte von 1971 bis 1974 eine Ausbildung zum Schreiner; er verfügt jedoch nur über einen Berufsschulabschluss und hat die handwerkliche Abschlussprüfung (praktische Prüfung; Gesellenprüfung) nicht abgelegt. Danach war er bis 1976 als Schreinergehilfe beschäftigt. Nach kurzzeitiger Tätigkeit als Auslieferer arbeitete der Kläger von 1977 bis 1980 erneut im Schreinerberuf; sodann von 1980 bis 1982 als Verkaufsberater. Im Juli 1982 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig; seit 1983 ist er arbeitslos (Verwaltungsakte S. 15).
Am 27.6.1994 stellte der Kläger erstmals einen Rentenantrag, worauf die Beklagte Gutachten erhob.
Dr. E. führte im Gutachten vom 9.11.1994 (Verwaltungsakte S. 71) aus, es werde deutlich, dass der Kläger seit vielen Jahren als Hausmann tätig sei, während seine Ehefrau vollschichtig arbeite; der Kläger versorge die drei Kinder und den Haushalt. Die Gutachterin diagnostizierte ein chronisches, stark myogenes HWS- und LWS-Syndrom, verbunden mit Funktionsteileinschränkungen, eine WS-Fehlstatik, ausgeprägte Hohlkreuzbildung und myostatische Insuffizienz, differenzialdiagnostisch ein fragliches Fibromyalgie-Syndrom, serologisch kein Nachweis einer rheumatischen oder immunologischen Erkrankung, chronisch-rezidivierende Cephalgien und Schwindelgefühl, chronisch rezidivierende Gelenkbeschwerden, betont der Kniegelenke ohne Funktionsdefizit, eine Spreizfußdeformität sowie eine Neigung zur Hypercholesterinämie. Der Kläger könne leichte Arbeiten vollschichtig verrichten.
Der Orthopäde Dr. R. fand im Gutachten vom 27.11.1994 (Verwaltungsakte S. 123) eine knochennarbige Deformierung des HWK 5 nach Fraktur 1982 (Badeunfall) ohne Beteiligung der Wirbelkörperhinterkante und ohne Einengung der Zwischenwirbellöcher mit endgradigem Bewegungsschmerz, eine geringfügige Fehlstellung sowie diskrete Aufbraucherscheinungen der Rumpfwirbelsäule im BWS-Bereich ohne wesentlichen Reizzustand und ohne Funktionseinbuße sowie ein generalisiertes Fibromyalgie-Syndrom. Die geklagten Beschwerden an den Gliedmaßengelenken könnten klinisch und röntgenmorphologisch nicht objektiviert werden. Leichte und mittelschwere Arbeiten seien (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig möglich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Sch. führte im Gutachten vom 28.11.1994 (Verwaltungsakte S. 153) aus, der Kläger habe seit dem Badeunfall 1982 nicht mehr gearbeitet und gelte als nicht vermittelbar; zum Abschluss der Schreinerlehre durch Ablegen der praktischen Prüfung habe er seinerzeit wegen Ärger mit Vorgesetzten keine Lust gehabt. Nachdem er zunächst an einer bürgerlichen Existenz wenig Interesse gezeigt habe, sei er mittlerweile ein "braver Ehe- und Hausmann" geworden. Er versorge die drei Kinder und erledige alle Haushaltsarbeiten. Beim Sozialamt habe man ihm zu einem Rentenantrag geraten. Der Gutachter diagnostizierte bei dem ausgeruht, ruhig und ausgeglichen wirkenden Kläger ein chronifiziertes Fibromyalgie-Syndrom ohne Nachweis krankhafter Untersuchungsbefunde auf neurologischem Fachgebiet und ohne Nachweis eines fassbar krankhaften psychiatrischen Befundes. Aus nervenärztlicher Sicht sei die psycho-physische Belastbarkeit nicht nennenswert eingeschränkt; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 28.12.1994 (Verwaltungsakte S. 257) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.1996 (Verwaltungsakte S. 349) zurückgewiesen, worauf der Kläger am 21.3.1996 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhob (Verfahren S 6 An 662/96). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (u.a.: Internistin und Rheumatologin Dr. Schr.-K. Bericht vom 28.8.1996, SG-Akte S. 15: abgesehen vom rheumatologischen Befund leichte bis mittelschwere Arbeiten bei fehlender Vermittelbarkeit vollschichtig möglich; Neurologe und Psychiater Dr. Schi. Bericht vom 27.8.1996, SG-Akte S 17: bei psychogen einzustufenden Schmerzen leichte Arbeiten vollschichtig möglich) und erhob die Gutachten des Orthopäden Dr. St. vom 13.1.1997 (SG-Akte S. 40a), des Internisten Dr. S. vom 18.1.1997 (Verwaltungsakte S. 84) und des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 27.11.1996 (SG-Akte S. 113).
Dr. St. führte aus, sämtliche erforderlichen Fibromyalgiedruckpunkte hätten sich als negativ erwiesen. Die angegebenen großflächigen Muskelschmerzen besonders im Schultergürtel- und Oberarmbereich hätten sich auch bei intensiver Austastung der entsprechenden Muskulatur nicht reproduzieren lassen. Es fänden sich auch keinerlei Muskelverschmächtigungszeichen an oberen und unteren Extremitäten bzw. am Rumpf; die Hände zeigten mittelgradige Verarbeitungsspuren, die Fußsohlenbeschwielung sei sehr kräftig. Das gesamte Verhaltens- und Bewegungsmuster des Klägers während der mehr als dreistündigen Untersuchung habe keinerlei Hinweise auf eine irgendwie geartete Schonhaltung erkennen lassen. Insgesamt bestehe eine sehr ausgeprägte Aggravationstendenz hinsichtlich der subjektiv vorgetragenen Beschwerden und Schmerzzustände. Hinweise auf ein weichteilrheumatisches oder gelenkrheumatisches Geschehen an den oberen Extremitäten gebe es nicht. Der Diagnose eines generalisierten Fibromyalgiesyndroms (Dr. R.) könne nicht zugestimmt werden; hierfür reiche der subjektive Klagevortrag nicht aus. Die von Dr. Schr.-K. beschriebenen Druckschmerzen an sämtlichen Sehnen und sämtlichen Muskeln der oberen und unteren Extremitäten sprächen eher für Aggravations- und Simulationstendenzen, denn für ein echtes rheumatisches Krankheitsgeschehen. Der Gutachter hielt die sozialmedizinisch relevanten Diagnosen fest (Gutachten S. 40), schloss insbesondere ein Fibromyalgie-Syndrom aus und erachtete den Kläger für fähig, leichte und mittelschwere Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig zu verrichten.
Dr. S. fand keine Hinwiese auf eine relevante Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis bzw. des kardiorespiratorischen Systems. Die nach 33 Sekunden abgebrochene ergometrische Belastung wegen "starker Schmerzen im Hüftgelenksbereich" entspreche einer Aggravationshaltung und sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten.
Dr. W. führte aus, während der gesamten Untersuchung hätten sich Hinweise für eine ausgeprägte Aggravation bis hin zur Simulation ergeben, insbesondere im Hinblick auf eine auffallende Diskrepanz zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und beobachtetem Verhalten. Der Gutachter fand keinen Anhalt für eine neurologische oder psychiatrische Erkrankung, ein chronisches Schmerzsyndrom seit dem Badeunfall 1982 sowie ausgeprägte Aggravation und einen Verdacht auf Simulation. Beim Kläger liege ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn vor. Der Kläger könne vollschichtig arbeiten.
Mit Urteil vom 25.7.1997 (S 6 An 662/96) wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Unter dem 12.12.2000 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (Verwaltungsakte S. 655). Zuvor hatte er im Jahr 1997 eine Tätigkeit als Hausmann in einem Heim für schwer erziehbare Kinder aufgenommen (vgl. Verwaltungsakte S. 753; Kündigung zum 30.6.2001, Verwaltungsakte S. 853).
Die Beklagte erhob die Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 25.1.2001 (Verwaltungsakte S. 723) und des Neurologen und Psychiaters Schw. vom 14.3.2001 (Verwaltungsakte S. 751).
Dr. R. diagnostizierte eine Fehlstellung und verstärkte Gefügestörung der mittleren und unteren HWS-Abschnitte mit rezidivierendem Schulter-Arm-Syndrom ohne Wurzelirritation, Gefügestörungen der BWS und der LWS mit rezidivierendem muskulärem Reizsyndrom ohne Wurzelreizung, eine geringe Polyarthrose beider Hände ohne Funktionsbehinderung oder Kapselreizung, eine beginnende Coxarthrose beidseits mit geringer Kapselreizung ohne wesentliche Funktionsbehinderung sowie eine beginnende Gonarthrose links mit deutlicher Synovitis und endgradiger Bewegungseinschränkung. Als Tischler könne der Kläger nicht vollschichtig tätig sein, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sowie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Hausmannes aber vollschichtig verrichten.
De Neurologe und Psychiater Schw. teilte mit, der Kläger sei nach eigenen Angaben seit einigen Jahren (halbschichtig) als Hausmann im Johann-Peter-Hebel-Heim in Mannheim beschäftigt (4,9 Stunden täglich) und habe zwei Wohneinheiten mit jeweils vier bis fünf besonders schwer erziehbaren Jugendlichen betreut; wegen längerer Arbeitsunfähigkeitszeiten drohe die Kündigung. Bei der Untersuchung hätten sich keine Verdeutlichungs- oder Aggravationstendenzen gezeigt. Der Gutachter diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, spezifische Phobien, einen Reizzustand des linken Kniegelenkes bei medianer Gonarthrose links sowie eine Fehlstellung und Gefügestellung der Wirbelsäule ohne Wurzelirritation. Beim Kläger liege eine gravierende psychische Störung vor; es handele sich um eine somatoforme Schmerzstörung, die in früheren Jahren irrtümlicherweise dem rheumatologischen Formenkreis der Fibromyalgie zugeordnet worden sei. Die zuletzt ausgeübte, seelisch sehr belastende Tätigkeit könne der Kläger nicht mehr verrichten. Im Vergleich zu dem vorangegangenen Rentenverfahren bzw. Gerichtsverfahren seien hinsichtlich des Leistungsbildes indessen keine neuen Aspekte festzustellen. Im Gegenteil sei es erfreulicherweise durch intensive ambulante Schmerztherapie zu einer gewissen Adaption gekommen. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig leisten. Der Kläger sei auch wegefähig.
Mit Bescheid vom 23.3.2001 (Verwaltungsakte S. 785) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers zog die Beklagte Arztunterlagen bei (u. a. Gutachten des MDK Baden-Württemberg, Dr. H., vom 7.8.2001, Verwaltungsakte S. 865: Arthralgie linkes Kniegelenk, linkes Sprunggelenk und linke Fußwurzel, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, seit Jahren diagnostizierte Fibromyalgie; kein positives Leistungsbild bei dringend notwendiger stationärer Rehabilitationsmaßnahme).
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbare Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten, weshalb ihm Erwerbsminderungsrente nicht zustehe.
Am 8.11.2001 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er halte sich für nicht mehr erwerbsfähig. Aus der zuletzt ausgeübten Tätigkeit (Arbeitszeugnis SG-Akte S. 27) erwachse ihm Berufsschutz als Facharbeiter.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob (zunächst) das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 22.10.2002 (SG-Akte S. 42) sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Diplompsychologen PD Dr. Ha. vom 15.8.2003 (SG-Akte S. 102) mit psychologischem Zusatzgutachten der Diplompsychologin C. vom 12.8.2003 (SG-Akte S. 143) und ergänzenden Stellungnahmen vom 29.10.2003, 17.11.2003, 24.11.2003 und 5.4.2004 (SG-Akte S 190,214,217,229). Die Beklagte legte beratungsärztliche Stellungnahmen vor.
Dr. B. führte aus, die Schmerzambulanz des Klinikums Mannheim habe der Kläger seit zehn Monaten nicht mehr aufgesucht. Bei der Untersuchung habe sich eine deutliche Diskrepanz zwischen dem beklagten und dem vermittelten Leiden gezeigt, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt akut körperlich schmerzleidend (insbesondere im Hinblick auf den angegebenen Schmerzgrad von 100/100) gewesen sei. Signifikant vermehrte Entlastungsbewegungen seien nicht zu beobachten gewesen. Der Kläger habe auch nicht nervös oder ängstlich gewirkt. Die vorgetragenen Beschwerden könnten nicht hinreichend organmedizinisch begründet werden; eine mehr oder weniger ausgeprägte psychosomatische Störung sei anzunehmen. Der Gutachter diagnostizierte eine mittelschwer ausgeprägte, mehrdimensionale (ängstlich-dysthym-somatoforme) psychosomatische (neurotische) Störung. Da vorrangig körperliche Beschwerden und Schmerzen geklagt würden, biete sich die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung an. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger in der Begutachtungssituation seine Beschwerden bewusstseinsnah akzentuiert dargestellt habe. Dabei handele es sich nicht um Simulation, sondern um eine Verdeutlichung/Betonung (Aggravation), um den Gutachter vom Vorhandensein der Beschwerden zu überzeugen. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten. Die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen hätten sich seit Anfang 2001 nicht wesentlich verändert. Dem Kläger sei eine konsequente nervenärztliche und auch psychotherapeutisch orientierte Behandlung anzuraten. In diagnostischer und sozialmedizinischer Hinsicht ergäben sich keine wesentlichen Unterschiede zum Gutachten des Dr. Schw. vom 14.3.2001.
PD Dr. Ha. befragte den Kläger und führte im auf dessen Antrag gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten aus, die Stimmungslage des Klägers sei ausgeglichen, wenn auch wenig schwingungsfähig. Die Überprüfung der Kraft sei schmerzbedingt nur gering eingeschränkt gewesen. Die zahlreichen, vorwiegend geringeren degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparats, die aus orthopädischer Sicht schon zu deutlichen Leistungsminderungen führten, seien vom psychosomatischen Krankheitsbild (Fibromyalgie, somatoforme Schmerzstörung) abzugrenzen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich in absehbarer Zeit an dem nun schon chronifizierten Verlauf etwas grundlegend ändern werde. Er komme zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliege; insoweit stimme er den Gutachten der Ärzte Schw. und B. zu. Der Kläger lebe zurückgezogen, vermeide Aktivitäten außerhalb des Haushaltes und habe einen Mangel an sozialen Kontakten; außerdem leide das Sexualleben erheblich. Die Einschränkungen des Leistungsbildes seien umfangreich und von den Vorgutachtern aufgeführt worden; sie begründeten sich im Wesentlichen aus orthopädischen Erkrankungen. Nach seiner Einschätzung sei der Kläger jedoch nicht mehr in der Lage, vollschichtig zu arbeiten; eine Tätigkeit sei nur noch drei bis sechs Stunden täglich möglich. Der Verdacht auf Simulation habe sich nicht ergeben. Den Ausführungen des Dr. B. hinsichtlich einer Aggravation könne insoweit gefolgt werden, als der Kläger dadurch seinem Leidensdruck Ausdruck verleihen wolle.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Hei. vom 9.10.2003 (SG-Akte S. 188) vor. Darin heißt es, das von PD Dr. Ha. angenommene Leistungsbild lasse sich so nicht reproduzieren. Es sei nicht begründbar, wie der Gutachter zu einem drei- bis sechsstündigen Leistungsvermögen komme. Außerdem habe PD Dr. Ha. ersichtlich im Wesentlichen auf orthopädische Erkrankungen abgestellt.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.10.2003 führte PD Dr. Ha. aus, zur Klärung der Frage, inwiefern sich das Schmerzerleben einschränkend auf Alltagstauglichkeit und Alltagsablauf auswirke sei ein Fragebogen eingesetzt worden. Der Kläger habe die Stärke der Schmerzen mit 70 bis 80 (Skala bis 100) angegeben und vorgebracht, 90 Prozent der täglichen Aktivitäten seien durch Schmerzen beeinträchtigt. Die subjektive Einschätzung der Erschöpflichkeit sei ebenfalls mit 80 bis 90 (Skala bis 100) angegeben worden. Bei Heranziehung der subjektiven Einschätzung der Einschränkungen im Alltagsleben von 90 Prozent ergebe sich ein Leistungsvermögen zwischen drei bis sechs Stunden täglich. In der ergänzenden Stellungnahme vom 24.11.2003 (SG-Akte S. 217) hielt PD Dr. Ha. daran fest, dass die tägliche Leistungsfähigkeit des Klägers unter sechs Stunden liege. Diese Leistungseinschränkung habe mit Wahrscheinlichkeit seit Oktober 2000, in jedem Fall aber bei der Begutachtung im August 2003 bestanden.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme der Neurologen und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, ST. vom 19.12.2003 (SG-Akte S. 222) vor. Diese führte aus, hinsichtlich der Schmerzfragebögen müsse berücksichtigt werden, dass es sich um subjektive Angaben handele, deren Wahrheitsgehalt in der Begutachtungssituation unsicher sei. PD Dr. Ha. habe diese Angaben offenbar gleichwohl zur Grundlage der Leistungsbeurteilung gemacht und außerdem die Angaben des Klägers zu Einschränkungen im Alltagsleben (90 Prozent) herangezogen. Worin diese Einschränkungen bestünden, sei im Gutachten nicht konkretisiert geschildert und nicht objektiv gewertet worden. Der Alltagsablauf und die Alltagstauglichkeit könnten nicht dadurch festgestellt werden, dass man Fragebögen ausfüllen lasse. Entsprechende Angaben könnten im Gespräch bei direkter Beobachtung des Versicherten besser beurteilt werden. Der Kläger habe im Fragebogen zu dem Punkt "wie empfinden Sie Ihre Schmerzen?" alles angestrichen und zwar sehr dramatisch; sein Schmerz sei danach pochend, blitzartig, stechend, zerreißend, drückend, reißend, brennend, beißend, weh, eisig, nagend, kolikartig, beklemmend, zermürbend, schweißtreibend, peinigend, beunruhigend, scheußlich, ausstrahlend und rasend. Angaben dieser Art könnten ersichtlich nicht Grundlage einer sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung sein. Wollte man sie ernst nehmen, müsste der Kläger zur Schmerzbehandlung in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Nach wie vor könne der Kläger leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig leisten.
In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 5.4.2004 (SG-Akte S. 229) führte PD Dr. Ha. aus, die subjektive Einschätzung des Klägers sei aus seiner Sicht als eine Verdeutlichung des Leidensdruck zur verstehen. Unter dem 17.5.2004 (SG-Akte S. 237) legte der Gutachter schließlich dar, eine Tätigkeit als Pförtner oder Museumsdiener, bei der Häufigkeit und Dauer arbeitsunüblicher Pausen gewährleistet sei, wäre zumutbar. Der Kläger legte außerdem eine eigene Schilderung seines Tagesablaufs (SG-Akte S. 242) vor.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, ST. vom 18.6.2004 (SG-Akte S. 249) ist ausgeführt, an der Beurteilung in der Stellungnahme vom 19.12.2003 werde festgehalten. Nach wie vor erscheine es offensichtlich, dass die Krankheitsdarstellung und das Krankheitserleben sehr geprägt seien durch persönliche Ziele, die der Persönlichkeitsstruktur des Klägers sehr entgegen kämen, wobei offensichtlich werde, dass durch seine Hausmannrolle die Familienstruktur stabilisiert und die jetzige Konstellation von allen als positiv und günstig empfunden werde. Der Kläger könne beispielsweise als Pförtner oder Museumsdiener arbeiten. Das Gutachten des PD Dr. Ha. sei (nach wie vor) nicht geeignet, die Wertungen der Vorgutachter zu widerlegen. Ergänzend heißt es unter dem 6.7.2004 (SG-Akte S. 251), angesichts der vom Kläger vorgelegten Schilderung seines Tagesablaufs müsste es sich bei ihm um einen Schwerstpflegefall handeln.
Auf die Mitteilung des Klägers, mittlerweile sei es zu einem Bandscheibenvorfall gekommen (Attest Dr. Mohr vom 8.3.2005, SG-Akte S. 263: wegen unüberwindlicher Angstzustände wolle der Kläger trotz starker Schmerzen keine Operation), ordnete das Sozialgericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 18.4.2005).
Nachdem die Beklagte das Verfahren wieder angerufen hatte (Schriftsatz vom 17.5.2006; Fortführung des Verfahrens unter dem Aktenzeichen S 2 R 1697/06), legte der Kläger (u. a.) ein Attest der psychologischen Ambulanz der Universität Mannheim (Diplompsychologin R.-L.) vor wonach er an einer Fibromyalgie, einer schweren Depressionen und einer sozialen Phobie leide.
Das Sozialgericht holte die sachverständige Zeugenaussage der Diplompsychologin R.-L. vom 15.08.2006 (SG-Akte S. 11) ein und erhob das Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. Sch. (Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung Orthopädie I, orthopädische Schmerztherapie, SG-Akte S. 40) vom 11.9.2007 mit psychologischer Evaluation durch Diplompsychologin Schröter (Gutachten S. 61 ff.) und ergänzender Stellungnahme vom 29.11.2007 (SG-Akte S. 127).
Die Diplompsychologin R.-L. führte aus, der Kläger werde seit 7.3.2005 behandelt (bislang 27 Behandlungsstunden). Die medizinischen Aspekte der bei ihm diagnostizierten Fibromyalgie könne sie nicht beurteilen. Sie stimme jedoch PD Dr. Ha. insoweit zu, als beim Kläger eine psychosomatische Sichtweise seiner Komorbidität vorgenommen werden müsse. Im Rahmen der Psychotherapie seien folgende Diagnosen gestellt worden: Fibromyalgie, schwere depressive Episode, soziale Phobie, narzisstische Persönlichkeitstendenz. Der Beginn des chronischen Schmerzleidens liege laut Gutachten bereits zwanzig Jahre zurück und lasse sich mit dem Badeunfall 1982 in Zusammenhang bringen. Die schwere Depression sei eine Folge der chronischen Schmerzerkrankung. Der Kläger sei nicht arbeitsfähig. Im Rahmen der Psychotherapie könne eine erfolgreiche Behandlung der Depression wie auch der sozialen Phobie, nicht jedoch der Fibromyalgie erreicht werden. Im besten Fall werde es möglich sein, eine Besserung der Symptomatik im häuslichen Umfeld zu erreichen.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 25.1.2007 (SG-Akte S. 26) vor. Dr. G. führte aus, das Gerichtsverfahren habe wegen einer akuten orthopädischen Symptomatik geruht. Insoweit liege nur ein vorläufiger Befundbericht des Klinikums Mannheim vor, wonach lediglich eine kleine Bandscheibenprotrusion dokumentiert sei. Ob es sich dabei um einen operationswürdigen Befund handele, erscheine fraglich; Klinik und Leidensdruck sprächen eher dagegen. Eine relevante Spinalkanalstenose sowie ein größerer Bandscheibenvorfall hätten ausgeschlossen werden können. Die sachverständige Zeugenaussage der Diplompsychologin R.-L. enthalte Vermutungen zu psychodynamischen Zusammenhängen, die für eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung irrelevant seien. Ihre diagnostischen Einschätzungen, insbesondere die nicht einmal ansatzweise begründbare schwere depressive Episode, die zudem noch mit einer Fibromyalgie vermengt werde, seien aus psychiatrischer Sicht nicht nachvollziehbar. Beim Kläger liege seit Jahren ein Beschwerdebild mit auffälliger Diskrepanz zwischen objektiven Befunden und subjektiven Beschwerden vor, das im Sinne einer somatoformen Störung zu interpretieren sei. Eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sei nicht zu belegen.
Prof. Dr. Sch. erhob den Tagesablauf des Klägers (Gutachten S. 9 ff.) und führte aus, das unbeobachtete Gangbild sei nicht beeinträchtigt gewesen - während der Befragung (gut 90 Minuten) keine spontanen Kopfdrehungen und wenig Greifbewegungen, nach etwa 70 Minuten zunehmende Unruhe und entlastende Körperbewegungen; selbsttätiges Entkleiden unter Benutzung beider Hände vorwiegend im Stehen mit Bückfähigkeit. Die Schmerzen würden eher vage dargestellt. Die Lokalisation sei weit verbreitet und könne bestimmten anatomischen Strukturen nicht zugeordnet werden. Die oberen Extremitäten zeigten die typische Muskelprofilierung. An den unteren Extremitäten fänden sich keine Schonungszeichen. Die typischen Kriterien für das Vorliegen einer Fibromyalgie seien nicht erfüllt. Der Kläger habe Hobbies beschrieben (indianische Kultur und Adler), die er durch Lesen, Anschauen von DVDs und das Sammeln von Figuren pflege; die Störung der Sexualität sei durch das Übergewicht (130 kg) der (seinem Schönheitsideal nicht mehr entsprechenden) Ehefrau bedingt. Der klinische Untersuchungsbefund sei weitgehend unauffällig, wobei viele Untersuchungsgänge durch laut hörbares Stöhnen begleitet worden seien, während messbare Einschränkungen nicht hätten nachgewiesen werden können. Wesentlich sei auch, dass das Muskelprofil des insgesamt übergewichtigen Klägers sowohl im Bereich der oberen wie der unteren Extremitäten kräftig sei und sich auch eine ausgeprägte Schwielenbildung im Bereich der Fußsohlen gezeigt habe. Daher könne nicht angenommen werden, dass sich der Kläger regelmäßig schone; hierfür sprächen weder die Gesamtstatur noch die Belastungszeichen. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei frei, das Wiederaufrichten problemlos. Beim Beinhebeversuch habe es keine Hinweise auf körperliche Erschöpfung gegeben. Der Kläger habe beide Beine vertikal für etwa 40 Sekunden nach oben ausstrecken können und sie dann - nach dieser für einen Schmerzpatienten lagen Belastungstoleranz - wieder kontrolliert zurückgelegt. Hinsichtlich der Abklärung eines Fibromyalgiesyndroms habe der Kläger alle Kardinalsymptome und die meisten fakultativen Symptome angegeben, jedoch hätten sich die geforderten Tender Points nicht in der notwendigen Zahl als positiv erwiesen (7 von 18).
Der Gutachter diagnostizierte Aufbrauchserscheinungen der Bandscheiben sowie der Wirbelgelenke der unteren LWS ohne Beeinträchtigung der Beweglichkeit und der Kraftentfaltung und ohne radikuläre Ausfalls- oder Reizsymptomatik, eine Polyarthrose der Fingergelenke ohne objektivierbare Beeinträchtigung der Fingergelenksbeweglichkeit und ohne Reizzustände (Schwellungen), eine beginnende Kniegelenksarthrose links ohne Reizzustand, ohne Beeinträchtigung der Beweglichkeit und ohne Instabilität, die Ausheilung eines Halswirbelkörperbruchs ohne Beeinträchtigung der HWS-Beweglichkeit und ohne Beeinträchtigung der neurologischen Funktionen des cervikalen Halsmarks bzw. der cervikalen Nervenwurzeln, eine Osteochondrose im Bereich beider Mittelhände ohne objektivierbare Funktionsbeeinträchtigung der Hände sowie Adipositas I. Grades trotz häufigen Hinweises darauf, dass der Kläger unter Appetitlosigkeit leide und nichts essen könne. Da die orthopädisch-organmedizinischen Gesundheitsstörungen die geklagten Schmerzen und sonstigen Körperbeschwerden nicht ausreichend erklären könnten, sei es notwendig, krankheitsrelevante psychische Störungen abzuklären. Dabei (Zusatzgutachten der Diplompsychologin Schröter) habe eine Panikstörung mit Agoraphobie, eine Schmerzstörung vom Erscheinungsbild einer Fibromyalgie sowie eine dysthyme Störung festgestellt werden können. Verglichen mit einer im Jahr 1992 durchgeführten psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme habe sich keine wesentliche Befundänderung ergeben. Auch seinerzeit sei der Kläger für einen Beruf außer Haus nicht motiviert gewesen, habe sich vielmehr seit 1992 durch die Ehefrau versorgen lassen. Auch zum Gutachten des Dr. W. (1994) hätten sich keine wesentlichen Veränderungen im Störungsbild ergeben.
Die Konstanz der Befunde spreche gegen Simulation. Die weitgehende Konstanz im Tagesablauf spreche außerdem gegen eine besondere Schwere der körperlichen und psychischen Gesundheitsstörungen, da schwere Störungsbilder ohne Therapie in einem zehnjährigen Verlauf zu einer messbaren Verschlimmerung führten. Außerdem gebe es eine konstante Diskrepanz zwischen Selbstvortrag und nachvollziehbarem Störungsbild. Im Gegensatz zu den vom Kläger geschilderten Einschränkungen im Tagesablauf habe er sich bei der klinischen Untersuchung hinsichtlich der Präsentation typischer Funktionstestungen unbeeinträchtigt gezeigt, und man habe darüber hinaus keine Hinweise auf Schonung (athletischer, muskulöser Muskelaufbau, kräftige Verschwielung der Fußsohlen, gute Belastungstoleranz im Beinhebeversuch) gefunden. Unter zumutbarer Willensanstrengung könne der Kläger deutlich mehr ausführen, als es seinen selbst vorgetragenen Leistungseinschränkungen entspreche. Erstaunlich sei auch, dass er angegeben habe, vor dem Fernseher ständig die Position wechseln zu müssen, obwohl es ihm bei der Untersuchung möglich gewesen sei, vor dem Untersuchungsraum auf einer Holzbank sitzend zu warten und während der Befragung 90 Minuten auf einem Holzstuhl zu sitzen. Die Angaben des Klägers seien zu widersprüchlich und hätten sich bei sämtlichen Begutachtungen (außer durch PD Dr. Ha.) wiederholt, als dass medizinisch begründet werden könnte, weshalb der Kläger die Aktivitäten bei Arztbesuchen, Psychotherapeutensitzungen und Verrichtungen im Haushalt nicht auch andernorts sollte leisten können. Entsprechend der geäußerten Erwartungen an die Rentengewährung suche der Kläger eine medizinische Legitimation für seine Tätigkeit ausschließlich zu Hause als Hausmann. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen (keine Zwangshaltungen, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, kein häufiges Bücken und Treppensteigen, keine Arbeit auf Leitern, im Akkord, am Fließband, keine Schicht- und Nachtarbeit, keine Einwirkung von Staub, Gas oder Dämpfen, kein Publikumsverkehr und keine erhöhte Verantwortung) acht Stunden täglich verrichten. Seit 1992 habe sich das Leistungsvermögen nicht wesentlich geändert. Die Leistungseinschätzung des PD Dr. Ha. könne nicht bestätigt werden, zumal dieser Gutachter unterlassen habe, die Konsistenz der Auswirkungen auf alle Lebensbereiche ausreichend zu sichern. In der ergänzenden Stellungnahme vom 29.11.2007 hielt Prof. Dr. Sch. an seiner Auffassung fest.
Nachdem der Kläger noch ein Attest der Diplompsychologin R.-L. vom 17.4.2008 (SG-Akte S. 137) vorgelegt hatte, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 24.10.2008 ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001 (§ 136 Abs. 3 SGG) aus, aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. gehe hervor, dass der Kläger leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne, was die Gewährung von Erwerbsminderungsrente ausschließe. Das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten des PD Dr. Ha. könne demgegenüber nicht überzeugen, zumal dieser eingeräumt habe, dass eine Tätigkeit als Pförtner oder Museumsdiener denkbar wäre. Damit sei er von seiner ursprünglichen Leistungseinschätzung der Sache nach abgerückt. Der Auffassung der Diplompsychologin R.-L. könne ebenfalls nicht gefolgt werden.
Auf das ihm am 23.1.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.2.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, bei ihm liege bereits seit Jahren ein Fibromyalgie-Syndrom vor. Die Diplompsychologin R.-L. schließe eine Arbeitsleistung bis zu drei Stunden täglich aus. Seine Leistungsfähigkeit sei durch das Zusammenwirken der psychischen Störungsbilder beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Erkrankung bereits seit Jahren chronifiziert bestehe, liege Erwerbsunfähigkeit vor. Daran könne eine Behandlung nichts ändern. Man möge ein fachübergreifendes neurologisch-psychiatrisches Gutachten erheben.
Zuletzt hat der Kläger noch geltend gemacht, bei ihm seien Bandscheibenvorwölbungen festgestellt worden. Hierzu legte er die Befundberichte des Radiologiezentrums Mannheim vom 7.8.2009 (HWS ist gestreckt und gebogen; die Signalgebung des Halsmarkes ist regelrecht; breitbasige dorsale und laterale Bandscheibenvorwölbungen rechtsbetont bei C 5/6 und C 6/7), des Orthopäden Dr. ScharfenSt. vom 14.7.2009 (Befund: Streckhaltung der HWS, endgradig konzentrische Funktionseinschränkung; auch bei Streckbewegungen keine auslösbare radikuläre Symptomatik; leichtes Impingementsyndrom beider Schultern, jedoch freie Funktion dort) sowie den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. Schaden vom 30.7.2009 (C 7 Radikulopathie rechts, depressives Syndrom - Empfehlung: konservative Therapie) vor. Außerdem stellte er den Antrag, bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Brecht, Heidelberg, gemäß § 109 SGG ein Gutachten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.10.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.3.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise, Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 1.1.2001 zu gewähren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil (unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001) zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 44 SGB VI a.F. bzw. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Erwerbsminderungsrente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbingen der Beteiligten anzumerken:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Der Kläger ist auch nach Auffassung des Senats im Stande, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter den im Gutachten des Prof. Dr. Sch. beschriebenen qualitativen Einschränkungen) vollschichtig zu verrichten, weshalb ihm Erwerbsminderungsrente (weder nach §§ 43, 44 SGB VI a.F. noch nach §§ 43, 240 SGB VI n. F.) zusteht. Das geht aus den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erhobenen Gutachten schlüssig hervor.
Auf orthopädischem bzw. rheumatologischem Fachgebiet liegen rentenberechtigende Leistungsminderungen nicht vor. Das hat Dr. R. im Verwaltungsgutachten vom 25.1.2001 festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat dessen Leistungseinschätzung in seinem Gutachten vom 11.9.2007 klar und überzeugend bestätigt. Die diagnostische Einordnung der somatoformen Schmerzstörung - etwa zum Erscheinungsbild einer Fibromyalgie - ist rentenrechtlich ohne Belang, da für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente allein sozialmedizinisch beachtliche Leistungseinschränkungen maßgeblich sind. Einen Rentenanspruch begründende Leistungseinschränkungen dieser Art liegen beim Kläger freilich nicht vor. Auch Erkrankungen des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets hindern den Kläger nicht daran, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, wie die Neurologen und Psychiater Schw. und Dr. B. in den Gutachten vom 14.3.2001 bzw. vom 22.10.2002 schlüssig dargelegt haben. Die von der Diplompsychologin R.-L. behauptete schwere Depression liegt ersichtlich nicht vor. Das geht aus den genannten Gutachten und aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. (Zusatzgutachten der Diplompsychologin Schröter) klar hervor. Der Kläger unternimmt offensichtlich seit Jahren den Versuch, durch (zumindest) das Aggravieren vorhandener Beschwerden einen ihm nicht zustehenden Rentenanspruch zu erwirken. Hierzu kann ihm auch das auf seinen Antrag gem. § 109 SGG erhobene Gutachten des PD Dr. Ha. nicht verhelfen. Dieses Gutachten erschöpft sich im Kern in der Wiederholung und Zusammenfassung des Akteninhalts, während die (eigentlich maßgebliche) Leistungseinschätzung ersichtlich allein auf die subjektiven - nach dem vorstehend Gesagten so nicht ohne Weiteres glaubhaften - Behauptungen des Klägers gestützt wird und deswegen unbrauchbar ist; die Beratungsärzte der Beklagten (Dr. Hei. und die Ärztin ST.) haben das in ihren Stellungnahmen vom 9.10.2003, 19.12.2003 und 18.6.2004 schlüssig und überzeugend dargelegt.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, wie die Erhebung eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Gutachtens, nicht auf. Hierzu geben auch die vom Kläger zuletzt noch vorgelegten Befundberichte von Dr. St., Dr. Sch und Dr. B keinen Anlass, weil darin allenfalls leichte Funktionseinschränkungen mitgeteilt werden. Der Senat folgt insoweit der schlüssigen und gut nachvollziehbaren Stellungnahmen der Beratungsärzte der Beklagten Dr. L und Dr. H vom 25.8.2009, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Dem Antrag des Klägers auf Einholung des Gutachtens gemäß § 109 SGG bei dem Neurologen und Psychiater Prof. Dr. B brauchte der Senat, worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde, nicht zu entsprechen. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in den beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (BSG Urt. v. 14.5.1991 - 5 RJ 32/90 unter Hinweis auf BSG SozR Nr. 18 zu § 109 SGG). Wenn also - wie hier - bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden ist, braucht im Berufungsverfahren zur selben Frage bei unverändertem Sachverhalt kein neues Gutachten eingeholt zu werden. Dies entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer Tatsache beliebig oft nachzukommen (Vgl. BSG SozR 3-1500 § 109 Nr. 1)
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger (GdB 50, SG-Akte S 2 R 1697/90, S. 21) absolvierte von 1971 bis 1974 eine Ausbildung zum Schreiner; er verfügt jedoch nur über einen Berufsschulabschluss und hat die handwerkliche Abschlussprüfung (praktische Prüfung; Gesellenprüfung) nicht abgelegt. Danach war er bis 1976 als Schreinergehilfe beschäftigt. Nach kurzzeitiger Tätigkeit als Auslieferer arbeitete der Kläger von 1977 bis 1980 erneut im Schreinerberuf; sodann von 1980 bis 1982 als Verkaufsberater. Im Juli 1982 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig; seit 1983 ist er arbeitslos (Verwaltungsakte S. 15).
Am 27.6.1994 stellte der Kläger erstmals einen Rentenantrag, worauf die Beklagte Gutachten erhob.
Dr. E. führte im Gutachten vom 9.11.1994 (Verwaltungsakte S. 71) aus, es werde deutlich, dass der Kläger seit vielen Jahren als Hausmann tätig sei, während seine Ehefrau vollschichtig arbeite; der Kläger versorge die drei Kinder und den Haushalt. Die Gutachterin diagnostizierte ein chronisches, stark myogenes HWS- und LWS-Syndrom, verbunden mit Funktionsteileinschränkungen, eine WS-Fehlstatik, ausgeprägte Hohlkreuzbildung und myostatische Insuffizienz, differenzialdiagnostisch ein fragliches Fibromyalgie-Syndrom, serologisch kein Nachweis einer rheumatischen oder immunologischen Erkrankung, chronisch-rezidivierende Cephalgien und Schwindelgefühl, chronisch rezidivierende Gelenkbeschwerden, betont der Kniegelenke ohne Funktionsdefizit, eine Spreizfußdeformität sowie eine Neigung zur Hypercholesterinämie. Der Kläger könne leichte Arbeiten vollschichtig verrichten.
Der Orthopäde Dr. R. fand im Gutachten vom 27.11.1994 (Verwaltungsakte S. 123) eine knochennarbige Deformierung des HWK 5 nach Fraktur 1982 (Badeunfall) ohne Beteiligung der Wirbelkörperhinterkante und ohne Einengung der Zwischenwirbellöcher mit endgradigem Bewegungsschmerz, eine geringfügige Fehlstellung sowie diskrete Aufbraucherscheinungen der Rumpfwirbelsäule im BWS-Bereich ohne wesentlichen Reizzustand und ohne Funktionseinbuße sowie ein generalisiertes Fibromyalgie-Syndrom. Die geklagten Beschwerden an den Gliedmaßengelenken könnten klinisch und röntgenmorphologisch nicht objektiviert werden. Leichte und mittelschwere Arbeiten seien (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig möglich.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Sch. führte im Gutachten vom 28.11.1994 (Verwaltungsakte S. 153) aus, der Kläger habe seit dem Badeunfall 1982 nicht mehr gearbeitet und gelte als nicht vermittelbar; zum Abschluss der Schreinerlehre durch Ablegen der praktischen Prüfung habe er seinerzeit wegen Ärger mit Vorgesetzten keine Lust gehabt. Nachdem er zunächst an einer bürgerlichen Existenz wenig Interesse gezeigt habe, sei er mittlerweile ein "braver Ehe- und Hausmann" geworden. Er versorge die drei Kinder und erledige alle Haushaltsarbeiten. Beim Sozialamt habe man ihm zu einem Rentenantrag geraten. Der Gutachter diagnostizierte bei dem ausgeruht, ruhig und ausgeglichen wirkenden Kläger ein chronifiziertes Fibromyalgie-Syndrom ohne Nachweis krankhafter Untersuchungsbefunde auf neurologischem Fachgebiet und ohne Nachweis eines fassbar krankhaften psychiatrischen Befundes. Aus nervenärztlicher Sicht sei die psycho-physische Belastbarkeit nicht nennenswert eingeschränkt; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne der Kläger vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 28.12.1994 (Verwaltungsakte S. 257) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.1996 (Verwaltungsakte S. 349) zurückgewiesen, worauf der Kläger am 21.3.1996 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhob (Verfahren S 6 An 662/96). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (u.a.: Internistin und Rheumatologin Dr. Schr.-K. Bericht vom 28.8.1996, SG-Akte S. 15: abgesehen vom rheumatologischen Befund leichte bis mittelschwere Arbeiten bei fehlender Vermittelbarkeit vollschichtig möglich; Neurologe und Psychiater Dr. Schi. Bericht vom 27.8.1996, SG-Akte S 17: bei psychogen einzustufenden Schmerzen leichte Arbeiten vollschichtig möglich) und erhob die Gutachten des Orthopäden Dr. St. vom 13.1.1997 (SG-Akte S. 40a), des Internisten Dr. S. vom 18.1.1997 (Verwaltungsakte S. 84) und des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 27.11.1996 (SG-Akte S. 113).
Dr. St. führte aus, sämtliche erforderlichen Fibromyalgiedruckpunkte hätten sich als negativ erwiesen. Die angegebenen großflächigen Muskelschmerzen besonders im Schultergürtel- und Oberarmbereich hätten sich auch bei intensiver Austastung der entsprechenden Muskulatur nicht reproduzieren lassen. Es fänden sich auch keinerlei Muskelverschmächtigungszeichen an oberen und unteren Extremitäten bzw. am Rumpf; die Hände zeigten mittelgradige Verarbeitungsspuren, die Fußsohlenbeschwielung sei sehr kräftig. Das gesamte Verhaltens- und Bewegungsmuster des Klägers während der mehr als dreistündigen Untersuchung habe keinerlei Hinweise auf eine irgendwie geartete Schonhaltung erkennen lassen. Insgesamt bestehe eine sehr ausgeprägte Aggravationstendenz hinsichtlich der subjektiv vorgetragenen Beschwerden und Schmerzzustände. Hinweise auf ein weichteilrheumatisches oder gelenkrheumatisches Geschehen an den oberen Extremitäten gebe es nicht. Der Diagnose eines generalisierten Fibromyalgiesyndroms (Dr. R.) könne nicht zugestimmt werden; hierfür reiche der subjektive Klagevortrag nicht aus. Die von Dr. Schr.-K. beschriebenen Druckschmerzen an sämtlichen Sehnen und sämtlichen Muskeln der oberen und unteren Extremitäten sprächen eher für Aggravations- und Simulationstendenzen, denn für ein echtes rheumatisches Krankheitsgeschehen. Der Gutachter hielt die sozialmedizinisch relevanten Diagnosen fest (Gutachten S. 40), schloss insbesondere ein Fibromyalgie-Syndrom aus und erachtete den Kläger für fähig, leichte und mittelschwere Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig zu verrichten.
Dr. S. fand keine Hinwiese auf eine relevante Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis bzw. des kardiorespiratorischen Systems. Die nach 33 Sekunden abgebrochene ergometrische Belastung wegen "starker Schmerzen im Hüftgelenksbereich" entspreche einer Aggravationshaltung und sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten.
Dr. W. führte aus, während der gesamten Untersuchung hätten sich Hinweise für eine ausgeprägte Aggravation bis hin zur Simulation ergeben, insbesondere im Hinblick auf eine auffallende Diskrepanz zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und beobachtetem Verhalten. Der Gutachter fand keinen Anhalt für eine neurologische oder psychiatrische Erkrankung, ein chronisches Schmerzsyndrom seit dem Badeunfall 1982 sowie ausgeprägte Aggravation und einen Verdacht auf Simulation. Beim Kläger liege ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn vor. Der Kläger könne vollschichtig arbeiten.
Mit Urteil vom 25.7.1997 (S 6 An 662/96) wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Unter dem 12.12.2000 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (Verwaltungsakte S. 655). Zuvor hatte er im Jahr 1997 eine Tätigkeit als Hausmann in einem Heim für schwer erziehbare Kinder aufgenommen (vgl. Verwaltungsakte S. 753; Kündigung zum 30.6.2001, Verwaltungsakte S. 853).
Die Beklagte erhob die Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 25.1.2001 (Verwaltungsakte S. 723) und des Neurologen und Psychiaters Schw. vom 14.3.2001 (Verwaltungsakte S. 751).
Dr. R. diagnostizierte eine Fehlstellung und verstärkte Gefügestörung der mittleren und unteren HWS-Abschnitte mit rezidivierendem Schulter-Arm-Syndrom ohne Wurzelirritation, Gefügestörungen der BWS und der LWS mit rezidivierendem muskulärem Reizsyndrom ohne Wurzelreizung, eine geringe Polyarthrose beider Hände ohne Funktionsbehinderung oder Kapselreizung, eine beginnende Coxarthrose beidseits mit geringer Kapselreizung ohne wesentliche Funktionsbehinderung sowie eine beginnende Gonarthrose links mit deutlicher Synovitis und endgradiger Bewegungseinschränkung. Als Tischler könne der Kläger nicht vollschichtig tätig sein, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sowie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Hausmannes aber vollschichtig verrichten.
De Neurologe und Psychiater Schw. teilte mit, der Kläger sei nach eigenen Angaben seit einigen Jahren (halbschichtig) als Hausmann im Johann-Peter-Hebel-Heim in Mannheim beschäftigt (4,9 Stunden täglich) und habe zwei Wohneinheiten mit jeweils vier bis fünf besonders schwer erziehbaren Jugendlichen betreut; wegen längerer Arbeitsunfähigkeitszeiten drohe die Kündigung. Bei der Untersuchung hätten sich keine Verdeutlichungs- oder Aggravationstendenzen gezeigt. Der Gutachter diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, spezifische Phobien, einen Reizzustand des linken Kniegelenkes bei medianer Gonarthrose links sowie eine Fehlstellung und Gefügestellung der Wirbelsäule ohne Wurzelirritation. Beim Kläger liege eine gravierende psychische Störung vor; es handele sich um eine somatoforme Schmerzstörung, die in früheren Jahren irrtümlicherweise dem rheumatologischen Formenkreis der Fibromyalgie zugeordnet worden sei. Die zuletzt ausgeübte, seelisch sehr belastende Tätigkeit könne der Kläger nicht mehr verrichten. Im Vergleich zu dem vorangegangenen Rentenverfahren bzw. Gerichtsverfahren seien hinsichtlich des Leistungsbildes indessen keine neuen Aspekte festzustellen. Im Gegenteil sei es erfreulicherweise durch intensive ambulante Schmerztherapie zu einer gewissen Adaption gekommen. Leichte Tätigkeiten könne der Kläger (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig leisten. Der Kläger sei auch wegefähig.
Mit Bescheid vom 23.3.2001 (Verwaltungsakte S. 785) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers zog die Beklagte Arztunterlagen bei (u. a. Gutachten des MDK Baden-Württemberg, Dr. H., vom 7.8.2001, Verwaltungsakte S. 865: Arthralgie linkes Kniegelenk, linkes Sprunggelenk und linke Fußwurzel, Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, seit Jahren diagnostizierte Fibromyalgie; kein positives Leistungsbild bei dringend notwendiger stationärer Rehabilitationsmaßnahme).
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbare Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten, weshalb ihm Erwerbsminderungsrente nicht zustehe.
Am 8.11.2001 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim. Er halte sich für nicht mehr erwerbsfähig. Aus der zuletzt ausgeübten Tätigkeit (Arbeitszeugnis SG-Akte S. 27) erwachse ihm Berufsschutz als Facharbeiter.
Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob (zunächst) das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 22.10.2002 (SG-Akte S. 42) sowie auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Diplompsychologen PD Dr. Ha. vom 15.8.2003 (SG-Akte S. 102) mit psychologischem Zusatzgutachten der Diplompsychologin C. vom 12.8.2003 (SG-Akte S. 143) und ergänzenden Stellungnahmen vom 29.10.2003, 17.11.2003, 24.11.2003 und 5.4.2004 (SG-Akte S 190,214,217,229). Die Beklagte legte beratungsärztliche Stellungnahmen vor.
Dr. B. führte aus, die Schmerzambulanz des Klinikums Mannheim habe der Kläger seit zehn Monaten nicht mehr aufgesucht. Bei der Untersuchung habe sich eine deutliche Diskrepanz zwischen dem beklagten und dem vermittelten Leiden gezeigt, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt akut körperlich schmerzleidend (insbesondere im Hinblick auf den angegebenen Schmerzgrad von 100/100) gewesen sei. Signifikant vermehrte Entlastungsbewegungen seien nicht zu beobachten gewesen. Der Kläger habe auch nicht nervös oder ängstlich gewirkt. Die vorgetragenen Beschwerden könnten nicht hinreichend organmedizinisch begründet werden; eine mehr oder weniger ausgeprägte psychosomatische Störung sei anzunehmen. Der Gutachter diagnostizierte eine mittelschwer ausgeprägte, mehrdimensionale (ängstlich-dysthym-somatoforme) psychosomatische (neurotische) Störung. Da vorrangig körperliche Beschwerden und Schmerzen geklagt würden, biete sich die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung an. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger in der Begutachtungssituation seine Beschwerden bewusstseinsnah akzentuiert dargestellt habe. Dabei handele es sich nicht um Simulation, sondern um eine Verdeutlichung/Betonung (Aggravation), um den Gutachter vom Vorhandensein der Beschwerden zu überzeugen. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten. Die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen hätten sich seit Anfang 2001 nicht wesentlich verändert. Dem Kläger sei eine konsequente nervenärztliche und auch psychotherapeutisch orientierte Behandlung anzuraten. In diagnostischer und sozialmedizinischer Hinsicht ergäben sich keine wesentlichen Unterschiede zum Gutachten des Dr. Schw. vom 14.3.2001.
PD Dr. Ha. befragte den Kläger und führte im auf dessen Antrag gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten aus, die Stimmungslage des Klägers sei ausgeglichen, wenn auch wenig schwingungsfähig. Die Überprüfung der Kraft sei schmerzbedingt nur gering eingeschränkt gewesen. Die zahlreichen, vorwiegend geringeren degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparats, die aus orthopädischer Sicht schon zu deutlichen Leistungsminderungen führten, seien vom psychosomatischen Krankheitsbild (Fibromyalgie, somatoforme Schmerzstörung) abzugrenzen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich in absehbarer Zeit an dem nun schon chronifizierten Verlauf etwas grundlegend ändern werde. Er komme zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliege; insoweit stimme er den Gutachten der Ärzte Schw. und B. zu. Der Kläger lebe zurückgezogen, vermeide Aktivitäten außerhalb des Haushaltes und habe einen Mangel an sozialen Kontakten; außerdem leide das Sexualleben erheblich. Die Einschränkungen des Leistungsbildes seien umfangreich und von den Vorgutachtern aufgeführt worden; sie begründeten sich im Wesentlichen aus orthopädischen Erkrankungen. Nach seiner Einschätzung sei der Kläger jedoch nicht mehr in der Lage, vollschichtig zu arbeiten; eine Tätigkeit sei nur noch drei bis sechs Stunden täglich möglich. Der Verdacht auf Simulation habe sich nicht ergeben. Den Ausführungen des Dr. B. hinsichtlich einer Aggravation könne insoweit gefolgt werden, als der Kläger dadurch seinem Leidensdruck Ausdruck verleihen wolle.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Hei. vom 9.10.2003 (SG-Akte S. 188) vor. Darin heißt es, das von PD Dr. Ha. angenommene Leistungsbild lasse sich so nicht reproduzieren. Es sei nicht begründbar, wie der Gutachter zu einem drei- bis sechsstündigen Leistungsvermögen komme. Außerdem habe PD Dr. Ha. ersichtlich im Wesentlichen auf orthopädische Erkrankungen abgestellt.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.10.2003 führte PD Dr. Ha. aus, zur Klärung der Frage, inwiefern sich das Schmerzerleben einschränkend auf Alltagstauglichkeit und Alltagsablauf auswirke sei ein Fragebogen eingesetzt worden. Der Kläger habe die Stärke der Schmerzen mit 70 bis 80 (Skala bis 100) angegeben und vorgebracht, 90 Prozent der täglichen Aktivitäten seien durch Schmerzen beeinträchtigt. Die subjektive Einschätzung der Erschöpflichkeit sei ebenfalls mit 80 bis 90 (Skala bis 100) angegeben worden. Bei Heranziehung der subjektiven Einschätzung der Einschränkungen im Alltagsleben von 90 Prozent ergebe sich ein Leistungsvermögen zwischen drei bis sechs Stunden täglich. In der ergänzenden Stellungnahme vom 24.11.2003 (SG-Akte S. 217) hielt PD Dr. Ha. daran fest, dass die tägliche Leistungsfähigkeit des Klägers unter sechs Stunden liege. Diese Leistungseinschränkung habe mit Wahrscheinlichkeit seit Oktober 2000, in jedem Fall aber bei der Begutachtung im August 2003 bestanden.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme der Neurologen und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, ST. vom 19.12.2003 (SG-Akte S. 222) vor. Diese führte aus, hinsichtlich der Schmerzfragebögen müsse berücksichtigt werden, dass es sich um subjektive Angaben handele, deren Wahrheitsgehalt in der Begutachtungssituation unsicher sei. PD Dr. Ha. habe diese Angaben offenbar gleichwohl zur Grundlage der Leistungsbeurteilung gemacht und außerdem die Angaben des Klägers zu Einschränkungen im Alltagsleben (90 Prozent) herangezogen. Worin diese Einschränkungen bestünden, sei im Gutachten nicht konkretisiert geschildert und nicht objektiv gewertet worden. Der Alltagsablauf und die Alltagstauglichkeit könnten nicht dadurch festgestellt werden, dass man Fragebögen ausfüllen lasse. Entsprechende Angaben könnten im Gespräch bei direkter Beobachtung des Versicherten besser beurteilt werden. Der Kläger habe im Fragebogen zu dem Punkt "wie empfinden Sie Ihre Schmerzen?" alles angestrichen und zwar sehr dramatisch; sein Schmerz sei danach pochend, blitzartig, stechend, zerreißend, drückend, reißend, brennend, beißend, weh, eisig, nagend, kolikartig, beklemmend, zermürbend, schweißtreibend, peinigend, beunruhigend, scheußlich, ausstrahlend und rasend. Angaben dieser Art könnten ersichtlich nicht Grundlage einer sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung sein. Wollte man sie ernst nehmen, müsste der Kläger zur Schmerzbehandlung in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Nach wie vor könne der Kläger leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig leisten.
In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 5.4.2004 (SG-Akte S. 229) führte PD Dr. Ha. aus, die subjektive Einschätzung des Klägers sei aus seiner Sicht als eine Verdeutlichung des Leidensdruck zur verstehen. Unter dem 17.5.2004 (SG-Akte S. 237) legte der Gutachter schließlich dar, eine Tätigkeit als Pförtner oder Museumsdiener, bei der Häufigkeit und Dauer arbeitsunüblicher Pausen gewährleistet sei, wäre zumutbar. Der Kläger legte außerdem eine eigene Schilderung seines Tagesablaufs (SG-Akte S. 242) vor.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin, Sozialmedizinerin, ST. vom 18.6.2004 (SG-Akte S. 249) ist ausgeführt, an der Beurteilung in der Stellungnahme vom 19.12.2003 werde festgehalten. Nach wie vor erscheine es offensichtlich, dass die Krankheitsdarstellung und das Krankheitserleben sehr geprägt seien durch persönliche Ziele, die der Persönlichkeitsstruktur des Klägers sehr entgegen kämen, wobei offensichtlich werde, dass durch seine Hausmannrolle die Familienstruktur stabilisiert und die jetzige Konstellation von allen als positiv und günstig empfunden werde. Der Kläger könne beispielsweise als Pförtner oder Museumsdiener arbeiten. Das Gutachten des PD Dr. Ha. sei (nach wie vor) nicht geeignet, die Wertungen der Vorgutachter zu widerlegen. Ergänzend heißt es unter dem 6.7.2004 (SG-Akte S. 251), angesichts der vom Kläger vorgelegten Schilderung seines Tagesablaufs müsste es sich bei ihm um einen Schwerstpflegefall handeln.
Auf die Mitteilung des Klägers, mittlerweile sei es zu einem Bandscheibenvorfall gekommen (Attest Dr. Mohr vom 8.3.2005, SG-Akte S. 263: wegen unüberwindlicher Angstzustände wolle der Kläger trotz starker Schmerzen keine Operation), ordnete das Sozialgericht auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens an (Beschluss vom 18.4.2005).
Nachdem die Beklagte das Verfahren wieder angerufen hatte (Schriftsatz vom 17.5.2006; Fortführung des Verfahrens unter dem Aktenzeichen S 2 R 1697/06), legte der Kläger (u. a.) ein Attest der psychologischen Ambulanz der Universität Mannheim (Diplompsychologin R.-L.) vor wonach er an einer Fibromyalgie, einer schweren Depressionen und einer sozialen Phobie leide.
Das Sozialgericht holte die sachverständige Zeugenaussage der Diplompsychologin R.-L. vom 15.08.2006 (SG-Akte S. 11) ein und erhob das Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. Sch. (Universitätsklinik Heidelberg, Abteilung Orthopädie I, orthopädische Schmerztherapie, SG-Akte S. 40) vom 11.9.2007 mit psychologischer Evaluation durch Diplompsychologin Schröter (Gutachten S. 61 ff.) und ergänzender Stellungnahme vom 29.11.2007 (SG-Akte S. 127).
Die Diplompsychologin R.-L. führte aus, der Kläger werde seit 7.3.2005 behandelt (bislang 27 Behandlungsstunden). Die medizinischen Aspekte der bei ihm diagnostizierten Fibromyalgie könne sie nicht beurteilen. Sie stimme jedoch PD Dr. Ha. insoweit zu, als beim Kläger eine psychosomatische Sichtweise seiner Komorbidität vorgenommen werden müsse. Im Rahmen der Psychotherapie seien folgende Diagnosen gestellt worden: Fibromyalgie, schwere depressive Episode, soziale Phobie, narzisstische Persönlichkeitstendenz. Der Beginn des chronischen Schmerzleidens liege laut Gutachten bereits zwanzig Jahre zurück und lasse sich mit dem Badeunfall 1982 in Zusammenhang bringen. Die schwere Depression sei eine Folge der chronischen Schmerzerkrankung. Der Kläger sei nicht arbeitsfähig. Im Rahmen der Psychotherapie könne eine erfolgreiche Behandlung der Depression wie auch der sozialen Phobie, nicht jedoch der Fibromyalgie erreicht werden. Im besten Fall werde es möglich sein, eine Besserung der Symptomatik im häuslichen Umfeld zu erreichen.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 25.1.2007 (SG-Akte S. 26) vor. Dr. G. führte aus, das Gerichtsverfahren habe wegen einer akuten orthopädischen Symptomatik geruht. Insoweit liege nur ein vorläufiger Befundbericht des Klinikums Mannheim vor, wonach lediglich eine kleine Bandscheibenprotrusion dokumentiert sei. Ob es sich dabei um einen operationswürdigen Befund handele, erscheine fraglich; Klinik und Leidensdruck sprächen eher dagegen. Eine relevante Spinalkanalstenose sowie ein größerer Bandscheibenvorfall hätten ausgeschlossen werden können. Die sachverständige Zeugenaussage der Diplompsychologin R.-L. enthalte Vermutungen zu psychodynamischen Zusammenhängen, die für eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung irrelevant seien. Ihre diagnostischen Einschätzungen, insbesondere die nicht einmal ansatzweise begründbare schwere depressive Episode, die zudem noch mit einer Fibromyalgie vermengt werde, seien aus psychiatrischer Sicht nicht nachvollziehbar. Beim Kläger liege seit Jahren ein Beschwerdebild mit auffälliger Diskrepanz zwischen objektiven Befunden und subjektiven Beschwerden vor, das im Sinne einer somatoformen Störung zu interpretieren sei. Eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sei nicht zu belegen.
Prof. Dr. Sch. erhob den Tagesablauf des Klägers (Gutachten S. 9 ff.) und führte aus, das unbeobachtete Gangbild sei nicht beeinträchtigt gewesen - während der Befragung (gut 90 Minuten) keine spontanen Kopfdrehungen und wenig Greifbewegungen, nach etwa 70 Minuten zunehmende Unruhe und entlastende Körperbewegungen; selbsttätiges Entkleiden unter Benutzung beider Hände vorwiegend im Stehen mit Bückfähigkeit. Die Schmerzen würden eher vage dargestellt. Die Lokalisation sei weit verbreitet und könne bestimmten anatomischen Strukturen nicht zugeordnet werden. Die oberen Extremitäten zeigten die typische Muskelprofilierung. An den unteren Extremitäten fänden sich keine Schonungszeichen. Die typischen Kriterien für das Vorliegen einer Fibromyalgie seien nicht erfüllt. Der Kläger habe Hobbies beschrieben (indianische Kultur und Adler), die er durch Lesen, Anschauen von DVDs und das Sammeln von Figuren pflege; die Störung der Sexualität sei durch das Übergewicht (130 kg) der (seinem Schönheitsideal nicht mehr entsprechenden) Ehefrau bedingt. Der klinische Untersuchungsbefund sei weitgehend unauffällig, wobei viele Untersuchungsgänge durch laut hörbares Stöhnen begleitet worden seien, während messbare Einschränkungen nicht hätten nachgewiesen werden können. Wesentlich sei auch, dass das Muskelprofil des insgesamt übergewichtigen Klägers sowohl im Bereich der oberen wie der unteren Extremitäten kräftig sei und sich auch eine ausgeprägte Schwielenbildung im Bereich der Fußsohlen gezeigt habe. Daher könne nicht angenommen werden, dass sich der Kläger regelmäßig schone; hierfür sprächen weder die Gesamtstatur noch die Belastungszeichen. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule sei frei, das Wiederaufrichten problemlos. Beim Beinhebeversuch habe es keine Hinweise auf körperliche Erschöpfung gegeben. Der Kläger habe beide Beine vertikal für etwa 40 Sekunden nach oben ausstrecken können und sie dann - nach dieser für einen Schmerzpatienten lagen Belastungstoleranz - wieder kontrolliert zurückgelegt. Hinsichtlich der Abklärung eines Fibromyalgiesyndroms habe der Kläger alle Kardinalsymptome und die meisten fakultativen Symptome angegeben, jedoch hätten sich die geforderten Tender Points nicht in der notwendigen Zahl als positiv erwiesen (7 von 18).
Der Gutachter diagnostizierte Aufbrauchserscheinungen der Bandscheiben sowie der Wirbelgelenke der unteren LWS ohne Beeinträchtigung der Beweglichkeit und der Kraftentfaltung und ohne radikuläre Ausfalls- oder Reizsymptomatik, eine Polyarthrose der Fingergelenke ohne objektivierbare Beeinträchtigung der Fingergelenksbeweglichkeit und ohne Reizzustände (Schwellungen), eine beginnende Kniegelenksarthrose links ohne Reizzustand, ohne Beeinträchtigung der Beweglichkeit und ohne Instabilität, die Ausheilung eines Halswirbelkörperbruchs ohne Beeinträchtigung der HWS-Beweglichkeit und ohne Beeinträchtigung der neurologischen Funktionen des cervikalen Halsmarks bzw. der cervikalen Nervenwurzeln, eine Osteochondrose im Bereich beider Mittelhände ohne objektivierbare Funktionsbeeinträchtigung der Hände sowie Adipositas I. Grades trotz häufigen Hinweises darauf, dass der Kläger unter Appetitlosigkeit leide und nichts essen könne. Da die orthopädisch-organmedizinischen Gesundheitsstörungen die geklagten Schmerzen und sonstigen Körperbeschwerden nicht ausreichend erklären könnten, sei es notwendig, krankheitsrelevante psychische Störungen abzuklären. Dabei (Zusatzgutachten der Diplompsychologin Schröter) habe eine Panikstörung mit Agoraphobie, eine Schmerzstörung vom Erscheinungsbild einer Fibromyalgie sowie eine dysthyme Störung festgestellt werden können. Verglichen mit einer im Jahr 1992 durchgeführten psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme habe sich keine wesentliche Befundänderung ergeben. Auch seinerzeit sei der Kläger für einen Beruf außer Haus nicht motiviert gewesen, habe sich vielmehr seit 1992 durch die Ehefrau versorgen lassen. Auch zum Gutachten des Dr. W. (1994) hätten sich keine wesentlichen Veränderungen im Störungsbild ergeben.
Die Konstanz der Befunde spreche gegen Simulation. Die weitgehende Konstanz im Tagesablauf spreche außerdem gegen eine besondere Schwere der körperlichen und psychischen Gesundheitsstörungen, da schwere Störungsbilder ohne Therapie in einem zehnjährigen Verlauf zu einer messbaren Verschlimmerung führten. Außerdem gebe es eine konstante Diskrepanz zwischen Selbstvortrag und nachvollziehbarem Störungsbild. Im Gegensatz zu den vom Kläger geschilderten Einschränkungen im Tagesablauf habe er sich bei der klinischen Untersuchung hinsichtlich der Präsentation typischer Funktionstestungen unbeeinträchtigt gezeigt, und man habe darüber hinaus keine Hinweise auf Schonung (athletischer, muskulöser Muskelaufbau, kräftige Verschwielung der Fußsohlen, gute Belastungstoleranz im Beinhebeversuch) gefunden. Unter zumutbarer Willensanstrengung könne der Kläger deutlich mehr ausführen, als es seinen selbst vorgetragenen Leistungseinschränkungen entspreche. Erstaunlich sei auch, dass er angegeben habe, vor dem Fernseher ständig die Position wechseln zu müssen, obwohl es ihm bei der Untersuchung möglich gewesen sei, vor dem Untersuchungsraum auf einer Holzbank sitzend zu warten und während der Befragung 90 Minuten auf einem Holzstuhl zu sitzen. Die Angaben des Klägers seien zu widersprüchlich und hätten sich bei sämtlichen Begutachtungen (außer durch PD Dr. Ha.) wiederholt, als dass medizinisch begründet werden könnte, weshalb der Kläger die Aktivitäten bei Arztbesuchen, Psychotherapeutensitzungen und Verrichtungen im Haushalt nicht auch andernorts sollte leisten können. Entsprechend der geäußerten Erwartungen an die Rentengewährung suche der Kläger eine medizinische Legitimation für seine Tätigkeit ausschließlich zu Hause als Hausmann. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen (keine Zwangshaltungen, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, kein häufiges Bücken und Treppensteigen, keine Arbeit auf Leitern, im Akkord, am Fließband, keine Schicht- und Nachtarbeit, keine Einwirkung von Staub, Gas oder Dämpfen, kein Publikumsverkehr und keine erhöhte Verantwortung) acht Stunden täglich verrichten. Seit 1992 habe sich das Leistungsvermögen nicht wesentlich geändert. Die Leistungseinschätzung des PD Dr. Ha. könne nicht bestätigt werden, zumal dieser Gutachter unterlassen habe, die Konsistenz der Auswirkungen auf alle Lebensbereiche ausreichend zu sichern. In der ergänzenden Stellungnahme vom 29.11.2007 hielt Prof. Dr. Sch. an seiner Auffassung fest.
Nachdem der Kläger noch ein Attest der Diplompsychologin R.-L. vom 17.4.2008 (SG-Akte S. 137) vorgelegt hatte, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 24.10.2008 ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001 (§ 136 Abs. 3 SGG) aus, aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. gehe hervor, dass der Kläger leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne, was die Gewährung von Erwerbsminderungsrente ausschließe. Das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten des PD Dr. Ha. könne demgegenüber nicht überzeugen, zumal dieser eingeräumt habe, dass eine Tätigkeit als Pförtner oder Museumsdiener denkbar wäre. Damit sei er von seiner ursprünglichen Leistungseinschätzung der Sache nach abgerückt. Der Auffassung der Diplompsychologin R.-L. könne ebenfalls nicht gefolgt werden.
Auf das ihm am 23.1.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.2.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, bei ihm liege bereits seit Jahren ein Fibromyalgie-Syndrom vor. Die Diplompsychologin R.-L. schließe eine Arbeitsleistung bis zu drei Stunden täglich aus. Seine Leistungsfähigkeit sei durch das Zusammenwirken der psychischen Störungsbilder beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Erkrankung bereits seit Jahren chronifiziert bestehe, liege Erwerbsunfähigkeit vor. Daran könne eine Behandlung nichts ändern. Man möge ein fachübergreifendes neurologisch-psychiatrisches Gutachten erheben.
Zuletzt hat der Kläger noch geltend gemacht, bei ihm seien Bandscheibenvorwölbungen festgestellt worden. Hierzu legte er die Befundberichte des Radiologiezentrums Mannheim vom 7.8.2009 (HWS ist gestreckt und gebogen; die Signalgebung des Halsmarkes ist regelrecht; breitbasige dorsale und laterale Bandscheibenvorwölbungen rechtsbetont bei C 5/6 und C 6/7), des Orthopäden Dr. ScharfenSt. vom 14.7.2009 (Befund: Streckhaltung der HWS, endgradig konzentrische Funktionseinschränkung; auch bei Streckbewegungen keine auslösbare radikuläre Symptomatik; leichtes Impingementsyndrom beider Schultern, jedoch freie Funktion dort) sowie den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. Schaden vom 30.7.2009 (C 7 Radikulopathie rechts, depressives Syndrom - Empfehlung: konservative Therapie) vor. Außerdem stellte er den Antrag, bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Brecht, Heidelberg, gemäß § 109 SGG ein Gutachten einzuholen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.10.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.3.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise, Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 1.1.2001 zu gewähren,
hilfsweise, die Revision zuzulassen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Urteil (unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2001) zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 44 SGB VI a.F. bzw. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Erwerbsminderungsrente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbingen der Beteiligten anzumerken:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Der Kläger ist auch nach Auffassung des Senats im Stande, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter den im Gutachten des Prof. Dr. Sch. beschriebenen qualitativen Einschränkungen) vollschichtig zu verrichten, weshalb ihm Erwerbsminderungsrente (weder nach §§ 43, 44 SGB VI a.F. noch nach §§ 43, 240 SGB VI n. F.) zusteht. Das geht aus den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erhobenen Gutachten schlüssig hervor.
Auf orthopädischem bzw. rheumatologischem Fachgebiet liegen rentenberechtigende Leistungsminderungen nicht vor. Das hat Dr. R. im Verwaltungsgutachten vom 25.1.2001 festgestellt. Prof. Dr. Sch. hat dessen Leistungseinschätzung in seinem Gutachten vom 11.9.2007 klar und überzeugend bestätigt. Die diagnostische Einordnung der somatoformen Schmerzstörung - etwa zum Erscheinungsbild einer Fibromyalgie - ist rentenrechtlich ohne Belang, da für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente allein sozialmedizinisch beachtliche Leistungseinschränkungen maßgeblich sind. Einen Rentenanspruch begründende Leistungseinschränkungen dieser Art liegen beim Kläger freilich nicht vor. Auch Erkrankungen des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets hindern den Kläger nicht daran, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, wie die Neurologen und Psychiater Schw. und Dr. B. in den Gutachten vom 14.3.2001 bzw. vom 22.10.2002 schlüssig dargelegt haben. Die von der Diplompsychologin R.-L. behauptete schwere Depression liegt ersichtlich nicht vor. Das geht aus den genannten Gutachten und aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. (Zusatzgutachten der Diplompsychologin Schröter) klar hervor. Der Kläger unternimmt offensichtlich seit Jahren den Versuch, durch (zumindest) das Aggravieren vorhandener Beschwerden einen ihm nicht zustehenden Rentenanspruch zu erwirken. Hierzu kann ihm auch das auf seinen Antrag gem. § 109 SGG erhobene Gutachten des PD Dr. Ha. nicht verhelfen. Dieses Gutachten erschöpft sich im Kern in der Wiederholung und Zusammenfassung des Akteninhalts, während die (eigentlich maßgebliche) Leistungseinschätzung ersichtlich allein auf die subjektiven - nach dem vorstehend Gesagten so nicht ohne Weiteres glaubhaften - Behauptungen des Klägers gestützt wird und deswegen unbrauchbar ist; die Beratungsärzte der Beklagten (Dr. Hei. und die Ärztin ST.) haben das in ihren Stellungnahmen vom 9.10.2003, 19.12.2003 und 18.6.2004 schlüssig und überzeugend dargelegt.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, wie die Erhebung eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Gutachtens, nicht auf. Hierzu geben auch die vom Kläger zuletzt noch vorgelegten Befundberichte von Dr. St., Dr. Sch und Dr. B keinen Anlass, weil darin allenfalls leichte Funktionseinschränkungen mitgeteilt werden. Der Senat folgt insoweit der schlüssigen und gut nachvollziehbaren Stellungnahmen der Beratungsärzte der Beklagten Dr. L und Dr. H vom 25.8.2009, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Dem Antrag des Klägers auf Einholung des Gutachtens gemäß § 109 SGG bei dem Neurologen und Psychiater Prof. Dr. B brauchte der Senat, worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde, nicht zu entsprechen. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in den beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (BSG Urt. v. 14.5.1991 - 5 RJ 32/90 unter Hinweis auf BSG SozR Nr. 18 zu § 109 SGG). Wenn also - wie hier - bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden ist, braucht im Berufungsverfahren zur selben Frage bei unverändertem Sachverhalt kein neues Gutachten eingeholt zu werden. Dies entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer Tatsache beliebig oft nachzukommen (Vgl. BSG SozR 3-1500 § 109 Nr. 1)
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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