Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3347/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3787/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 06. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Streitig ist die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ("Drei-Fünftel-Belegung").
Der am 1964 geborene Kläger durchlief vom 01. September 1980 bis 08. Februar 1984 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, übte diesen Beruf jedoch anschließend nicht aus. Vom 02. April 1984 bis 31. März 1988 war er Zeitsoldat. Während dieses Dienstes schloss er erfolgreich eine Ausbildung zum Krankenpfleger ab. Nach vorübergehendem Studium der Homöopathie (April 1988 bis März 1989) trat der Kläger zum 01. April 1989 in eine Beschäftigung als Krankenpfleger ein. Bei dieser verblieb er mit geringen Unterbrechungen bis 30. Juni 1998. Nach Ende dieser Beschäftigung gründete und leitete er einen mobilen Pflegedienst, den er zum 01. Oktober 2002 "wegen eingetretener Berufsunfähigkeit des Inhabers" veräußerte. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht mehr entrichtet. Vom 01. Oktober 2002 bis 31. März 2003 merkte die Beklagte eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug vor.
Zum 01. April 2003 nahm der Kläger wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Krankenpfleger auf, die zum 26. Januar 2004 beendet wurde. Ab 26. Januar 2004 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog ab 27. Januar 2004 von der neuen bkk Krankengeld. Am 18. Februar 2004 stellte er nach Aufforderung durch die Krankenkasse Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in R. (Dr. S.-M.) hatte das sozialmedizinische Gutachten vom 16. Februar 2004 erstattet, durch eine ausgeprägte depressive Entwicklung unter verschiedenen äußeren Belastungsfaktoren bestehe keine ausreichende Belastbarkeit, um Vermittelbarkeit anzunehmen. Der behandelnde Nervenarzt Dr. B. hielt im Befundbericht vom 05. Mai 2004 "angesichts bereits anzunehmender Erwerbsminderung" die Durchführung stationärer psychotherapeutischer Maßnahmen wegen einer Anpassungsstörung für dringend geboten. Die Beklagte (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) bewilligte die Heilmaßnahme in der Klinik A. der W.-Z.-Kliniken in I. (Bescheid vom 19. Mai 2004), durchgeführt vom 07. Juni bis 06. Juli 2004. Im Entlassungsbericht vom 07. Juli 2004 (Chefarzt Dr. V.) sind als Diagnosen genannt mittelgradige depressive Episode, nichtorganische Schlafstörung, Essattacken bei anderen psychischen Störungen, Adipositas und Hypercholesterinämie. Die geistig-psychische Belastbarkeit sei aufgrund unbewältigter Konflikte deutlich beeinträchtigt, sodass derzeit die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Eine Besserung sei in einem momentan noch nicht absehbaren Zeitraum zu erwarten. Der Kläger bezog weiterhin durchgängig Krankengeld. Am 14. Dezember 2004 stellte er Rentenantrag und beharrte trotz Hinweises auf die Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auf dessen Entgegennahme. Vorgelegt wurde der eingehende Bericht des Diplom-Psychologen B. vom 02. Dezember 2004. Der Kläger leide unter einer depressiven Verbitterungsstörung, nachdem er seinen Selbstwert aus der Arbeit gezogen habe, dies aber nicht mehr erfolgreich könne. Es sei eine bleibende Arbeitsunfähigkeit zu befürchten, eine Heilung nach langer Zeit nicht zu erwarten, allenfalls eine Linderung. Durch - nicht angegriffenen - Bescheid vom 05. Januar 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit erfüllt seien. Ein Tatbestand der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit liege nicht vor.
Nachdem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. in einem Bericht für den MDK vom 13. Juni 2005 den Kläger nicht in der Lage gesehen hatte, regelmäßiger Tätigkeit nachzugehen, in einem weiteren MDK-Gutachten vom 14. Juni 2005 (Dr. H.) das Leistungsvermögen auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei unter drei Stunden täglich angesetzt wurde und ein Gutachten der Agentur für Arbeit Ravensburg vom 06. Juli 2005 (Amtsarzt Sc.) eine voraussichtlich länger als sechs Monate zu erwartende Leistungsunfähigkeit bescheinigt hatte, wurde nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld gemäß den Bestimmungen über die "Nahtlosigkeit" ab 26. Juli 2005 Arbeitslosengeld gezahlt. Auf den im August 2005 gestellten neuen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 08. Dezember 2005 eine Heilmaßnahme im Reha-Zentrum S. in T. (Brandenburg), die vom 28. Februar bis 11. April 2006 stattfand. Im Entlassungsbericht vom 26. April 2006 (Prof. Dr. L.) wurde dargelegt, aufgrund deutlich geminderter Flexibilität und ausgeprägter Persönlichkeitsstörung bestehe weiterhin Leistungsunfähigkeit. Ein Heilungsprozess könne allenfalls zögerlich voranschreiten.
Am 19. April 2006 beantragte der Kläger unter Verweis auf den Entlassungsbericht vom 26. April 2006 wiederum Rente wegen Erwerbsminderung. Facharzt für Psychiatrie Hu. erstattete das Gutachten vom 10. Juni 2006. Er nannte als Diagnosen schwergradige anhaltende Anpassungsstörung mit persönlichkeitsstruktureller Regression im Sinne der Dekompensation von Spaltungsphänomenen, Desintegration aggressiver Impulse, weitreichender Unfähigkeit zur selbstkritischen Einschätzung und zur kontrollierten Interaktion, äußerst eingeschränkter Frustrations- und Konflikttoleranz sowie insgesamt erheblich eingeschränkter psychischer Belastbarkeit, ferner eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen und abhängigen Anteilen in derzeit dekompensiertem Zustand sowie Bluthochdruck, der möglicherweise ursächlich an wiederkehrenden Kopfschmerzen und Sehstörungen beteiligt sein könnte. Hintergrund sei eine anhaltende soziale Extrembelastung (Konflikt wegen Unterhaltsforderungen der drei Kinder aus geschiedener Ehe und einer Partnerschaft, zu denen ihm das Zugangsrecht verweigert werde). Das psychische Zustandsbild habe sich zwischen 2004 und 2006 trotz größter Behandlungsbemühungen deutlich verschlechtert. Berufliche Leistungsfähigkeit bezüglich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Krankenpfleger oder auch einer anderen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts, die maßgeblich durch zwischenmenschliche Interaktion gekennzeichnet sei, sei nicht vorstellbar. Dies gelte angesichts fixierter Opferposition und unzureichender Fähigkeit zur Selbstreflektion auch für jede andere Tätigkeit. Vorstellbar sei allenfalls eine allmähliche Stabilisierung. Die Feststellungen gälten seit 14. Juni 2005 (Gutachten Dr. H.). Durch Bescheid vom 11. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger sei seit dem 26. Januar 2004 (Beginn der durchgängigen Arbeitsunfähigkeit) erwerbsgemindert. In den letzten fünf Jahren zuvor (26. Januar 1999 bis 25. Januar 2004) seien nur zehn Monate mit Pflichtbeiträgen belegt; Streckungszeiten oder eine vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit seien nicht ersichtlich.
Mit dem Widerspruch brachte der Kläger im Wesentlichen vor, bis zum Beginn der Heilmaßnahme im Jahr 2006 sei die Diagnose Verbitterungsstörung nicht gestellt worden; immerhin habe er auch Arbeitslosengeld bezogen. Demgemäß sei ein früherer Leistungsfall nicht nachvollziehbar. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006. Jedenfalls im Dezember 2004 sei der behandelnde Psychotherapeut von einer ungünstigen Prognose ausgegangen und habe einen dem heutigen gleichen Zustand beschrieben. Es müsse beim Leistungsfall vom 26. Januar 2004 verbleiben.
Mit der am 29. November 2006 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Eine Begründung trug er nicht vor. Die Beklagte trat unter Hinweis auf die Begründung der ablehnenden Bescheide der Klage entgegen. Durch Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es im Wesentlichen dar, neue Ermittlungen seien im Klageverfahren nicht geboten gewesen. Selbst wenn mit der Auffassung des Arztes für Psychiatrie Hu. nur feststehe, dass im Juni 2005 die Erwerbsminderung eingetreten sei, seien bis dahin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Anhaltspunkte für einen späteren Leistungsfall, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien (März 2006 oder später), ergäben sich auch aus den anderen ärztlichen Äußerungen nicht.
Gegen den am 12. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05. Juli 2007 beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, das Amtsgericht Ravensburg habe ihn in einem Strafverfahren (11 Ds 420 Js 21584/2003) mehrmals als erwerbsfähig bezeichnet. Mithin könne nicht Erwerbsunfähigkeit bereits im Januar 2004 vorgelegen haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis sei das Landgericht Ravensburg (6 Ns 420 Js 21584/03) gelangt. Schließlich habe ein Gutachten des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart die gleiche Aussage getroffen. Er habe bis ins Jahr 2006 hinein Arbeitslosengeld erhalten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 06. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2006 zu verurteilen, ab 01. Mai 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, zum Zeitpunkt des Eintritts eines Leistungsfalls seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Der Senat hat die Strafakten des Amtsgerichts Ravensburg 11 Ds 420 Js 21584/2003 und des Landgerichts Ravensburg 6 Ns 420 Js 21584/03 beigezogen. Aus diesen ergibt sich, dass Verhandlungsunfähigkeit für eine Hauptverhandlung beim Landgericht am 13. Oktober 2005 verneint worden ist (Stellungnahme nach Aktenlage Dr. Ba. vom Bezirkskrankenhaus R. vom 17. November 2005). Das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 29. September 2004 betrifft die Verletzung der Unterhaltspflicht von August 2002 bis Mai 2004.
Der Senat hat ferner die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Ravensburg 8 F 255/05 und 8 F 261/05 sowie des OLG Stuttgart 16 UF 79/06 und 16 UF 80/06 wegen Kinderunterhalt beigezogen. Diese enthalten das im Verfahren 16 UF 79/06 erstattete Gutachten des Internisten/Betriebsmedizin/Sozialmedizin Dr. S. vom 13. September 2006 (Untersuchung am 20. Juni 2006) mit dem Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 27. August 2006. Eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit von Januar 2004 bis Herbst 2006 sei nicht zu belegen, erscheine jedoch nach den Gutachten des MDK möglich. Eine sichere Beantwortung der Frage nach der - wahrscheinlich nicht ausreichenden - Leistungsfähigkeit als Pflegedienstleiter sei aufgrund mangelnder Kooperation nicht möglich gewesen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte bis mittelschwere Arbeiten "ca. fünf Stunden am Tag" in Frage kommen. Weitere Behandlung sei angezeigt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Rentenakten zuzüglich zwei Band Reha-Akten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2007 zutreffend dargelegt, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Juli 2006 (Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006) die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu Recht abgelehnt hat.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und im welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind nicht gegeben. Bei Eintritt der Erwerbsminderung sind die so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht erfüllt.
Der Senat lässt offen, ob der Kläger - wovon die Beklagte ausgeht - seit dem 26. Januar 2004 erwerbsgemindert ist. Ab diesem Tag bestand Arbeitsunfähigkeit wegen einer Anpassungsstörung, die sowohl Psychiater Hu. in seinem Gutachten vom 10. Juni 2006 als auch der behandelnde Arzt Dr. B. bereits im Befundbericht vom 05. Mai 2004 diagnostizierte. In dem vorhergehenden Zeitraum von fünf Jahren (26. Januar 1999 bis 25. Januar 2004) hätte der Kläger lediglich zehn Monate Pflichtbeiträge (April 2003 bis Januar 2004). Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf vom 11. Juli 2006 (Blatt 100 der Verwaltungsakte). Die in diesem Versicherungsverlauf wiedergegebenen Zeiten stimmen mit den Angaben des Klägers über seine berufliche Tätigkeit überein. Dieser Zeitraum von fünf Jahren verlängerte sich vorliegend nicht, weil keine der in § 43 Abs. 4 SGB VI genannten Zeiten gegeben sind. Die nach dem Versicherungsverlauf allein in Betracht kommende Krankheitszeit vom 01. Oktober 2002 bis 31. März 2003 ist mangels Anschluss an eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit keine Anrechnungszeit (§ 43 Abs. 4 Nr. 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Aufgrund der sich aus diesem Versicherungsverlauf ergebenden rentenrechtlichen Zeiten sind für die Zeit vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003 Pflichtbeiträge nicht entrichtet. Diese Lücke beruht auf der in dieser Zeit ausgeübten selbstständigen, nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit.
Aufgrund der beim Kläger vorliegenden rentenrechtlichen Zeiten sind die so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum einen nur erfüllt, wenn die Erwerbsminderung spätestens im Juli 2000 - dann wären 36 Monate (Juli 1995 bis Juni 1998) Pflichtbeiträge vorhanden - eingetreten wäre. Dies ist nicht der Fall. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch in vollem Umfang selbstständig tätig. Zum anderen wäre dies gegeben, wenn die Erwerbsminderung ab April 2006 eingetreten wäre, weil wegen der Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung ab 01. April 2003 und des Bezugs von Sozialleistungen (Krankengeld ab 27. Januar 2004, Arbeitslosengeld ab 26. Juli 2005) 36 Monate (April 2003 bis März 2006) Pflichtbeiträge vorliegen. Auch dies ist allerdings nicht der Fall. In diesem Monat (am 11. April 2006) ist der Kläger aus der von der Beklagten bewilligten Heilmaßnahme im Reha-Zentrum S. in T. entlassen worden. Die volle Erwerbsminderung ist entgegen der Auffassung des Klägers aus den im Folgenden darzulegenden Gründen nicht erst in diesem Monat eingetreten.
Nach dem aufgrund des Antrags vom 19. April 2006 zeitnah erstellten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie Hu. vom 10. Juni 2006 (Untersuchung am Tag zuvor) steht fest, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter einer schweren anhaltenden Anpassungsstörung und dekompensierten Persönlichkeitsstörung gelitten hat, zusätzlich an arterieller Hypertonie. Weder eine Tätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als Krankenpfleger noch eine maßgeblich durch zwischenmenschliche Interaktion gekennzeichnete Beschäftigung, noch auch eine andere gewinnbringende Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts von zeitlich nennenswertem Umfang war vorstellbar. Der untersuchende Arzt hat diese Einschätzung (wenigstens) auf den 14. Juni 2005, nämlich die Untersuchung durch Dr. H. für das MDK-Gutachten von diesem Tag zurückdatieren wollen. Der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. hatte diese Einschätzung in seinem Bericht vom 13. Juni 2005 an den MDK ebenfalls vertreten. Amtsarzt Sc. von der Agentur für Arbeit Ravensburg hat sich im Gutachten vom 06. Juli 2005 dieser Auffassung sinngemäß angeschlossen. Nach der für den Senat schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung des Gutachters Hu. hat sich das psychische Zustandsbild zwischen 2004 und 2006 trotz aller Behandlungsbemühungen deutlich verschlechtert. Dem Gutachter stand der Entlassungsbericht aus T. (Prof. Dr. L., 26. April 2006) zur Verfügung. Ob der Juni 2005 als Zeitpunkt der Leistungsminderung angenommen werden kann, kann letztlich dahinstehen. Die wesentliche Verschlechterung kann nicht während der Heilmaßnahme in T. vom 28. Februar bis 11. April 2006 eingetreten sein. Sie hat jedenfalls bei deren Beginn bestanden. Eine Verschlechterung während der Heilmaßnahme ist in keiner Weise belegt. Hierfür vermochte auch der Kläger keine schlüssige Erklärung zu geben. Der Eintritt der Erwerbsminderung im Februar 2006, also dem 34. Kalendermonat seit Wiederaufnahme einer Beschäftigung mit 01. April 2003 reicht aber für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht aus. Laut dem Entlassungsbericht vom 26. April 2006 hat sich der Zustand bei Entlassung am 11. April 2006 "insgesamt leicht gebessert". Der Kläger sei in der Lage gewesen, seine Umwelt "neutraler und weniger verärgert wahrzunehmen". Mithin sind jedenfalls Anzeichen für eine Verschlechterung während der Heilmaßnahme nicht erkennbar. Ebenso scheidet ein noch späterer Eintritt der Leistungsminderung aus. Der Eintritt in neue Ermittlungen und in eine gerichtliche Begutachtung hat sich nicht aufgedrängt.
Eine dem Begehren des Klägers günstigere Sichtweise, die Erwerbsminderung sei erst im April 2006 eingetreten, vermag der Senat auch nicht dem zunächst in Auszügen vorgelegten und sodann mit den vollständigen Akten des OLG Stuttgart (16 UF 79/06 und 80/06) beigezogenen Gutachten des Internisten Dr. S. vom 13. September 2006 und dem Zusatzgutachten des Dr. Sch. vom 27. August 2006 (Untersuchung am 20. Juni 2006) zu entnehmen. Diese Sachverständigen hatten die Leistungsfähigkeit des Klägers aus dem Blickwinkel von Ansprüchen auf Kinderunterhalt zu ermitteln. Die gesicherte Annahme durchgängiger Leistungsunfähigkeit als Pflegedienstleiter für den bis Januar 2004 zurückreichenden Zeitraum erschien den Sachverständigen fraglich, jedoch nach dem Gutachten des MDK "möglich". Letztlich bescheinigt Dr. Sch. "mangelnde Kooperation" bei der Untersuchung, was offenkundig mit dem Desinteresse des Klägers an positiver Feststellung seiner Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrechtsstreit erklärbar ist und im Zweifel zu seinen Ungunsten ausgeschlagen hat. Dr. S. und Dr. Sch. hielten den Kläger lediglich für fähig, fünf Stunden am Tag leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auch wenn sie dies im Gutachten nur für den aktuellen Untersuchungszeitpunkt angenommen haben, ergibt sich aus diesem Gutachten, dass der Kläger nicht voll erwerbsfähig im Sinne des § 43 SGB VI ist, weil seine Leistungsfähigkeit weniger als sechs Stunden täglich beträgt. Dies würde nach den Grundsätzen der Arbeitsmarktrente (vgl. nochmals § 43 Abs. 3 SGB VI) für volle Erwerbsminderung bei Fehlen eines Teilzeitarbeitsplatzes ausreichen. Dass mit dem Monat April 2006 eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, lässt sich diesem Gutachten nicht entnehmen.
Soweit das OLG Stuttgart im Urteil vom 15. Februar 2007, welches den Kläger zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete, eine Leistungsfähigkeit des Klägers annimmt, geht es den Gutachten des Dr. S. und des Dr. Sch. folgend von einer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit des Klägers aus. Eine fehlende Erwerbsfähigkeit konnte das OLG Stuttgart nicht feststellen, weil der Kläger bei der Untersuchung durch die dortigen Sachverständigen nicht kooperiert hatte und sämtliche in Frage kommenden Untersuchungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden konnten.
Die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 26. Juli 2005 lässt keinen Schluss auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu. Denn die Zahlung ist nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld lediglich auf Grund der "Nahtlosigkeitsregelung" des § 125 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) erfolgt (siehe Schreiben der Agentur für Arbeit Ravensburg vom 05. September 2005).
Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, von Amts wegen eine weitere Beweiserhebung durchzuführen, insbesondere ein weiteres Sachverständigengutachten zu erheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Streitig ist die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ("Drei-Fünftel-Belegung").
Der am 1964 geborene Kläger durchlief vom 01. September 1980 bis 08. Februar 1984 eine Ausbildung zum Maschinenschlosser, übte diesen Beruf jedoch anschließend nicht aus. Vom 02. April 1984 bis 31. März 1988 war er Zeitsoldat. Während dieses Dienstes schloss er erfolgreich eine Ausbildung zum Krankenpfleger ab. Nach vorübergehendem Studium der Homöopathie (April 1988 bis März 1989) trat der Kläger zum 01. April 1989 in eine Beschäftigung als Krankenpfleger ein. Bei dieser verblieb er mit geringen Unterbrechungen bis 30. Juni 1998. Nach Ende dieser Beschäftigung gründete und leitete er einen mobilen Pflegedienst, den er zum 01. Oktober 2002 "wegen eingetretener Berufsunfähigkeit des Inhabers" veräußerte. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht mehr entrichtet. Vom 01. Oktober 2002 bis 31. März 2003 merkte die Beklagte eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit ohne Leistungsbezug vor.
Zum 01. April 2003 nahm der Kläger wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Krankenpfleger auf, die zum 26. Januar 2004 beendet wurde. Ab 26. Januar 2004 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog ab 27. Januar 2004 von der neuen bkk Krankengeld. Am 18. Februar 2004 stellte er nach Aufforderung durch die Krankenkasse Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in R. (Dr. S.-M.) hatte das sozialmedizinische Gutachten vom 16. Februar 2004 erstattet, durch eine ausgeprägte depressive Entwicklung unter verschiedenen äußeren Belastungsfaktoren bestehe keine ausreichende Belastbarkeit, um Vermittelbarkeit anzunehmen. Der behandelnde Nervenarzt Dr. B. hielt im Befundbericht vom 05. Mai 2004 "angesichts bereits anzunehmender Erwerbsminderung" die Durchführung stationärer psychotherapeutischer Maßnahmen wegen einer Anpassungsstörung für dringend geboten. Die Beklagte (damals noch Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) bewilligte die Heilmaßnahme in der Klinik A. der W.-Z.-Kliniken in I. (Bescheid vom 19. Mai 2004), durchgeführt vom 07. Juni bis 06. Juli 2004. Im Entlassungsbericht vom 07. Juli 2004 (Chefarzt Dr. V.) sind als Diagnosen genannt mittelgradige depressive Episode, nichtorganische Schlafstörung, Essattacken bei anderen psychischen Störungen, Adipositas und Hypercholesterinämie. Die geistig-psychische Belastbarkeit sei aufgrund unbewältigter Konflikte deutlich beeinträchtigt, sodass derzeit die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Eine Besserung sei in einem momentan noch nicht absehbaren Zeitraum zu erwarten. Der Kläger bezog weiterhin durchgängig Krankengeld. Am 14. Dezember 2004 stellte er Rentenantrag und beharrte trotz Hinweises auf die Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auf dessen Entgegennahme. Vorgelegt wurde der eingehende Bericht des Diplom-Psychologen B. vom 02. Dezember 2004. Der Kläger leide unter einer depressiven Verbitterungsstörung, nachdem er seinen Selbstwert aus der Arbeit gezogen habe, dies aber nicht mehr erfolgreich könne. Es sei eine bleibende Arbeitsunfähigkeit zu befürchten, eine Heilung nach langer Zeit nicht zu erwarten, allenfalls eine Linderung. Durch - nicht angegriffenen - Bescheid vom 05. Januar 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit erfüllt seien. Ein Tatbestand der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit liege nicht vor.
Nachdem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. in einem Bericht für den MDK vom 13. Juni 2005 den Kläger nicht in der Lage gesehen hatte, regelmäßiger Tätigkeit nachzugehen, in einem weiteren MDK-Gutachten vom 14. Juni 2005 (Dr. H.) das Leistungsvermögen auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei unter drei Stunden täglich angesetzt wurde und ein Gutachten der Agentur für Arbeit Ravensburg vom 06. Juli 2005 (Amtsarzt Sc.) eine voraussichtlich länger als sechs Monate zu erwartende Leistungsunfähigkeit bescheinigt hatte, wurde nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld gemäß den Bestimmungen über die "Nahtlosigkeit" ab 26. Juli 2005 Arbeitslosengeld gezahlt. Auf den im August 2005 gestellten neuen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 08. Dezember 2005 eine Heilmaßnahme im Reha-Zentrum S. in T. (Brandenburg), die vom 28. Februar bis 11. April 2006 stattfand. Im Entlassungsbericht vom 26. April 2006 (Prof. Dr. L.) wurde dargelegt, aufgrund deutlich geminderter Flexibilität und ausgeprägter Persönlichkeitsstörung bestehe weiterhin Leistungsunfähigkeit. Ein Heilungsprozess könne allenfalls zögerlich voranschreiten.
Am 19. April 2006 beantragte der Kläger unter Verweis auf den Entlassungsbericht vom 26. April 2006 wiederum Rente wegen Erwerbsminderung. Facharzt für Psychiatrie Hu. erstattete das Gutachten vom 10. Juni 2006. Er nannte als Diagnosen schwergradige anhaltende Anpassungsstörung mit persönlichkeitsstruktureller Regression im Sinne der Dekompensation von Spaltungsphänomenen, Desintegration aggressiver Impulse, weitreichender Unfähigkeit zur selbstkritischen Einschätzung und zur kontrollierten Interaktion, äußerst eingeschränkter Frustrations- und Konflikttoleranz sowie insgesamt erheblich eingeschränkter psychischer Belastbarkeit, ferner eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend narzisstischen und abhängigen Anteilen in derzeit dekompensiertem Zustand sowie Bluthochdruck, der möglicherweise ursächlich an wiederkehrenden Kopfschmerzen und Sehstörungen beteiligt sein könnte. Hintergrund sei eine anhaltende soziale Extrembelastung (Konflikt wegen Unterhaltsforderungen der drei Kinder aus geschiedener Ehe und einer Partnerschaft, zu denen ihm das Zugangsrecht verweigert werde). Das psychische Zustandsbild habe sich zwischen 2004 und 2006 trotz größter Behandlungsbemühungen deutlich verschlechtert. Berufliche Leistungsfähigkeit bezüglich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Krankenpfleger oder auch einer anderen Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts, die maßgeblich durch zwischenmenschliche Interaktion gekennzeichnet sei, sei nicht vorstellbar. Dies gelte angesichts fixierter Opferposition und unzureichender Fähigkeit zur Selbstreflektion auch für jede andere Tätigkeit. Vorstellbar sei allenfalls eine allmähliche Stabilisierung. Die Feststellungen gälten seit 14. Juni 2005 (Gutachten Dr. H.). Durch Bescheid vom 11. Juli 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger sei seit dem 26. Januar 2004 (Beginn der durchgängigen Arbeitsunfähigkeit) erwerbsgemindert. In den letzten fünf Jahren zuvor (26. Januar 1999 bis 25. Januar 2004) seien nur zehn Monate mit Pflichtbeiträgen belegt; Streckungszeiten oder eine vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeit seien nicht ersichtlich.
Mit dem Widerspruch brachte der Kläger im Wesentlichen vor, bis zum Beginn der Heilmaßnahme im Jahr 2006 sei die Diagnose Verbitterungsstörung nicht gestellt worden; immerhin habe er auch Arbeitslosengeld bezogen. Demgemäß sei ein früherer Leistungsfall nicht nachvollziehbar. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006. Jedenfalls im Dezember 2004 sei der behandelnde Psychotherapeut von einer ungünstigen Prognose ausgegangen und habe einen dem heutigen gleichen Zustand beschrieben. Es müsse beim Leistungsfall vom 26. Januar 2004 verbleiben.
Mit der am 29. November 2006 zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Eine Begründung trug er nicht vor. Die Beklagte trat unter Hinweis auf die Begründung der ablehnenden Bescheide der Klage entgegen. Durch Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es im Wesentlichen dar, neue Ermittlungen seien im Klageverfahren nicht geboten gewesen. Selbst wenn mit der Auffassung des Arztes für Psychiatrie Hu. nur feststehe, dass im Juni 2005 die Erwerbsminderung eingetreten sei, seien bis dahin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Anhaltspunkte für einen späteren Leistungsfall, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien (März 2006 oder später), ergäben sich auch aus den anderen ärztlichen Äußerungen nicht.
Gegen den am 12. Juni 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05. Juli 2007 beim SG Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er darauf, das Amtsgericht Ravensburg habe ihn in einem Strafverfahren (11 Ds 420 Js 21584/2003) mehrmals als erwerbsfähig bezeichnet. Mithin könne nicht Erwerbsunfähigkeit bereits im Januar 2004 vorgelegen haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis sei das Landgericht Ravensburg (6 Ns 420 Js 21584/03) gelangt. Schließlich habe ein Gutachten des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart die gleiche Aussage getroffen. Er habe bis ins Jahr 2006 hinein Arbeitslosengeld erhalten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 06. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2006 zu verurteilen, ab 01. Mai 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, zum Zeitpunkt des Eintritts eines Leistungsfalls seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Der Senat hat die Strafakten des Amtsgerichts Ravensburg 11 Ds 420 Js 21584/2003 und des Landgerichts Ravensburg 6 Ns 420 Js 21584/03 beigezogen. Aus diesen ergibt sich, dass Verhandlungsunfähigkeit für eine Hauptverhandlung beim Landgericht am 13. Oktober 2005 verneint worden ist (Stellungnahme nach Aktenlage Dr. Ba. vom Bezirkskrankenhaus R. vom 17. November 2005). Das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 29. September 2004 betrifft die Verletzung der Unterhaltspflicht von August 2002 bis Mai 2004.
Der Senat hat ferner die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Ravensburg 8 F 255/05 und 8 F 261/05 sowie des OLG Stuttgart 16 UF 79/06 und 16 UF 80/06 wegen Kinderunterhalt beigezogen. Diese enthalten das im Verfahren 16 UF 79/06 erstattete Gutachten des Internisten/Betriebsmedizin/Sozialmedizin Dr. S. vom 13. September 2006 (Untersuchung am 20. Juni 2006) mit dem Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 27. August 2006. Eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit von Januar 2004 bis Herbst 2006 sei nicht zu belegen, erscheine jedoch nach den Gutachten des MDK möglich. Eine sichere Beantwortung der Frage nach der - wahrscheinlich nicht ausreichenden - Leistungsfähigkeit als Pflegedienstleiter sei aufgrund mangelnder Kooperation nicht möglich gewesen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte bis mittelschwere Arbeiten "ca. fünf Stunden am Tag" in Frage kommen. Weitere Behandlung sei angezeigt.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Rentenakten zuzüglich zwei Band Reha-Akten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 06. Juni 2007 zutreffend dargelegt, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Juli 2006 (Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2006) die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu Recht abgelehnt hat.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und im welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind nicht gegeben. Bei Eintritt der Erwerbsminderung sind die so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht erfüllt.
Der Senat lässt offen, ob der Kläger - wovon die Beklagte ausgeht - seit dem 26. Januar 2004 erwerbsgemindert ist. Ab diesem Tag bestand Arbeitsunfähigkeit wegen einer Anpassungsstörung, die sowohl Psychiater Hu. in seinem Gutachten vom 10. Juni 2006 als auch der behandelnde Arzt Dr. B. bereits im Befundbericht vom 05. Mai 2004 diagnostizierte. In dem vorhergehenden Zeitraum von fünf Jahren (26. Januar 1999 bis 25. Januar 2004) hätte der Kläger lediglich zehn Monate Pflichtbeiträge (April 2003 bis Januar 2004). Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf vom 11. Juli 2006 (Blatt 100 der Verwaltungsakte). Die in diesem Versicherungsverlauf wiedergegebenen Zeiten stimmen mit den Angaben des Klägers über seine berufliche Tätigkeit überein. Dieser Zeitraum von fünf Jahren verlängerte sich vorliegend nicht, weil keine der in § 43 Abs. 4 SGB VI genannten Zeiten gegeben sind. Die nach dem Versicherungsverlauf allein in Betracht kommende Krankheitszeit vom 01. Oktober 2002 bis 31. März 2003 ist mangels Anschluss an eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit keine Anrechnungszeit (§ 43 Abs. 4 Nr. 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Aufgrund der sich aus diesem Versicherungsverlauf ergebenden rentenrechtlichen Zeiten sind für die Zeit vom 01. Juli 1998 bis 31. März 2003 Pflichtbeiträge nicht entrichtet. Diese Lücke beruht auf der in dieser Zeit ausgeübten selbstständigen, nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit.
Aufgrund der beim Kläger vorliegenden rentenrechtlichen Zeiten sind die so genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum einen nur erfüllt, wenn die Erwerbsminderung spätestens im Juli 2000 - dann wären 36 Monate (Juli 1995 bis Juni 1998) Pflichtbeiträge vorhanden - eingetreten wäre. Dies ist nicht der Fall. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch in vollem Umfang selbstständig tätig. Zum anderen wäre dies gegeben, wenn die Erwerbsminderung ab April 2006 eingetreten wäre, weil wegen der Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung ab 01. April 2003 und des Bezugs von Sozialleistungen (Krankengeld ab 27. Januar 2004, Arbeitslosengeld ab 26. Juli 2005) 36 Monate (April 2003 bis März 2006) Pflichtbeiträge vorliegen. Auch dies ist allerdings nicht der Fall. In diesem Monat (am 11. April 2006) ist der Kläger aus der von der Beklagten bewilligten Heilmaßnahme im Reha-Zentrum S. in T. entlassen worden. Die volle Erwerbsminderung ist entgegen der Auffassung des Klägers aus den im Folgenden darzulegenden Gründen nicht erst in diesem Monat eingetreten.
Nach dem aufgrund des Antrags vom 19. April 2006 zeitnah erstellten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie Hu. vom 10. Juni 2006 (Untersuchung am Tag zuvor) steht fest, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter einer schweren anhaltenden Anpassungsstörung und dekompensierten Persönlichkeitsstörung gelitten hat, zusätzlich an arterieller Hypertonie. Weder eine Tätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als Krankenpfleger noch eine maßgeblich durch zwischenmenschliche Interaktion gekennzeichnete Beschäftigung, noch auch eine andere gewinnbringende Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts von zeitlich nennenswertem Umfang war vorstellbar. Der untersuchende Arzt hat diese Einschätzung (wenigstens) auf den 14. Juni 2005, nämlich die Untersuchung durch Dr. H. für das MDK-Gutachten von diesem Tag zurückdatieren wollen. Der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. hatte diese Einschätzung in seinem Bericht vom 13. Juni 2005 an den MDK ebenfalls vertreten. Amtsarzt Sc. von der Agentur für Arbeit Ravensburg hat sich im Gutachten vom 06. Juli 2005 dieser Auffassung sinngemäß angeschlossen. Nach der für den Senat schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung des Gutachters Hu. hat sich das psychische Zustandsbild zwischen 2004 und 2006 trotz aller Behandlungsbemühungen deutlich verschlechtert. Dem Gutachter stand der Entlassungsbericht aus T. (Prof. Dr. L., 26. April 2006) zur Verfügung. Ob der Juni 2005 als Zeitpunkt der Leistungsminderung angenommen werden kann, kann letztlich dahinstehen. Die wesentliche Verschlechterung kann nicht während der Heilmaßnahme in T. vom 28. Februar bis 11. April 2006 eingetreten sein. Sie hat jedenfalls bei deren Beginn bestanden. Eine Verschlechterung während der Heilmaßnahme ist in keiner Weise belegt. Hierfür vermochte auch der Kläger keine schlüssige Erklärung zu geben. Der Eintritt der Erwerbsminderung im Februar 2006, also dem 34. Kalendermonat seit Wiederaufnahme einer Beschäftigung mit 01. April 2003 reicht aber für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht aus. Laut dem Entlassungsbericht vom 26. April 2006 hat sich der Zustand bei Entlassung am 11. April 2006 "insgesamt leicht gebessert". Der Kläger sei in der Lage gewesen, seine Umwelt "neutraler und weniger verärgert wahrzunehmen". Mithin sind jedenfalls Anzeichen für eine Verschlechterung während der Heilmaßnahme nicht erkennbar. Ebenso scheidet ein noch späterer Eintritt der Leistungsminderung aus. Der Eintritt in neue Ermittlungen und in eine gerichtliche Begutachtung hat sich nicht aufgedrängt.
Eine dem Begehren des Klägers günstigere Sichtweise, die Erwerbsminderung sei erst im April 2006 eingetreten, vermag der Senat auch nicht dem zunächst in Auszügen vorgelegten und sodann mit den vollständigen Akten des OLG Stuttgart (16 UF 79/06 und 80/06) beigezogenen Gutachten des Internisten Dr. S. vom 13. September 2006 und dem Zusatzgutachten des Dr. Sch. vom 27. August 2006 (Untersuchung am 20. Juni 2006) zu entnehmen. Diese Sachverständigen hatten die Leistungsfähigkeit des Klägers aus dem Blickwinkel von Ansprüchen auf Kinderunterhalt zu ermitteln. Die gesicherte Annahme durchgängiger Leistungsunfähigkeit als Pflegedienstleiter für den bis Januar 2004 zurückreichenden Zeitraum erschien den Sachverständigen fraglich, jedoch nach dem Gutachten des MDK "möglich". Letztlich bescheinigt Dr. Sch. "mangelnde Kooperation" bei der Untersuchung, was offenkundig mit dem Desinteresse des Klägers an positiver Feststellung seiner Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrechtsstreit erklärbar ist und im Zweifel zu seinen Ungunsten ausgeschlagen hat. Dr. S. und Dr. Sch. hielten den Kläger lediglich für fähig, fünf Stunden am Tag leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auch wenn sie dies im Gutachten nur für den aktuellen Untersuchungszeitpunkt angenommen haben, ergibt sich aus diesem Gutachten, dass der Kläger nicht voll erwerbsfähig im Sinne des § 43 SGB VI ist, weil seine Leistungsfähigkeit weniger als sechs Stunden täglich beträgt. Dies würde nach den Grundsätzen der Arbeitsmarktrente (vgl. nochmals § 43 Abs. 3 SGB VI) für volle Erwerbsminderung bei Fehlen eines Teilzeitarbeitsplatzes ausreichen. Dass mit dem Monat April 2006 eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, lässt sich diesem Gutachten nicht entnehmen.
Soweit das OLG Stuttgart im Urteil vom 15. Februar 2007, welches den Kläger zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete, eine Leistungsfähigkeit des Klägers annimmt, geht es den Gutachten des Dr. S. und des Dr. Sch. folgend von einer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit des Klägers aus. Eine fehlende Erwerbsfähigkeit konnte das OLG Stuttgart nicht feststellen, weil der Kläger bei der Untersuchung durch die dortigen Sachverständigen nicht kooperiert hatte und sämtliche in Frage kommenden Untersuchungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft werden konnten.
Die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 26. Juli 2005 lässt keinen Schluss auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu. Denn die Zahlung ist nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld lediglich auf Grund der "Nahtlosigkeitsregelung" des § 125 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) erfolgt (siehe Schreiben der Agentur für Arbeit Ravensburg vom 05. September 2005).
Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, von Amts wegen eine weitere Beweiserhebung durchzuführen, insbesondere ein weiteres Sachverständigengutachten zu erheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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