Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2180/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4052/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 01. September 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Die am 1950 im ehemaligen Jugoslawien geborene Klägerin, die die kroatische Staatsangehörigkeit besitzt, kam im September 1970 in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Mutter von zwei Kindern. Ihr Ehemann ist im Dezember 1995 verstorben. Die Klägerin arbeitete vom 24. September 1970 bis 09. Februar 1973 als Hilfsarbeiterin in der Glastechnikfertigung (Schleifen, Bohren, Polieren und Verpacken) und dann vom 12. Februar 1973 bis 30. Mai 2003 als Montagearbeiterin in der Herdmontage am Fließband bei der Firma N. in B ... Diese Tätigkeit gab sie auf, nachdem sie wegen Personalabbaus einen Auflösungsvertrag unterschrieben hatte. Vom 01. Januar 2004 bis 02. Juni 2007 bezog sie, unterbrochen durch Zeiten des Bezugs von Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Vom 24. Februar bis 24. März 2005 wurde bei der Klägerin eine stationäre Rehabilitationsbehandlung auf Kosten der Beklagten in der F.-klinik in B. B. durchgeführt (Entlassungsbericht des Privatdozenten [PD] Dr. H. vom 07. April 2005, Diagnosen: Chronische rezidivierende Lumbalgie, pseudoradikuläre Ausstrahlung, NPP L4/5, degenerative Veränderungen, keine neurologischen Ausfälle, rezidivierende Cervico-Cephalgie, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht [BMI 29], arterielle Hypertonie, medikamentös eingestellt; leichte körperliche Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden). Vom 28. März bis 26. April 2006 wurde die Klägerin stationär in der Privatklinik Bad Gleisweiler (Fachklinik für Nerven- und psychosomatische Erkrankungen) behandelt. Im Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. Hö. vom 16. Mai 2006 wurde u.a. die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychosomatische Symptome genannt. Bei ihr lag ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit 09. Mai 2006 vor (Bescheid des Landratsamts Karlsruhe, Amt für Versorgung und Rehabilitation, vom 20. Juni 2006).
Am 11. September 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob das neuropsychiatrische Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. S. vom 15. Dezember 2006. Der Gutachter stellte als Diagnosen Anpassungsstörung bei depressiv-dysphorischer Verstimmung, Ängsten und Somatisierung sowie Lumboischialgie rechts. Eine zeitliche Leistungseinschränkung bestehe nicht. Wegen der Anpassungsstörung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, Arbeiten in Nachtschicht sowie Arbeiten unter Zeitdruck (Akkord) zu verrichten. Auch Arbeiten mit Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsabläufe und mit besonderen Anforderungen an die geistig-psychische Leistungsfähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit seien zu vermeiden. Ferner seien Arbeiten mit mehr als gelegentlichem Publikumsverkehr nicht zu leisten. Aufgrund der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule solle auf Tätigkeiten mit besonderer Belastung der Lendenwirbelsäule, insbesondere in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken sowie mit Heben, Bewegen und Tragen schwerer Lasten von mehr als 15 kg verzichtet werden. Arbeiten mit ständigem Stehen und Gehen seien ebenfalls nicht günstig. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin weiterhin körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Ferner erhob die Beklagte das Gutachten der Ärztin für Innere Medizin Dr. R. vom 08. Januar 2007, wobei neben weiteren Arztbriefen auch der Befundbericht des Dr. S., Orthopäde, vom 09. Oktober 2006 sowie die Auskunft des Dr. St. (Internistische Facharztpraxis) vom 19. Oktober 2009 berücksichtigt wurden. Dr. R. stellte zusammenfassend folgende Diagnosen: Rezidivierende Lumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung nach rechts bei bekanntem Bandscheibenvorfall L4/5, Anpassungsstörung mit depressiv-dysphorischer Verstimmung, Ängsten und Somatisierung, metabolisches Syndrom mit Übergewicht, unzureichend eingestellter Bluthochdruck, ebenfalls unzureichend eingestellter Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung. Die Klägerin könne leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten weiterhin vollschichtig verrichten, wobei Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung für die Wirbelsäule, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken zu vermeiden seien. Auf diese Gutachten gestützt lehnte die Beklagte die Rentengewährung mit Bescheid vom 15. Januar 2007 ab. Dagegen legte die Klägerin am 23. Januar 2007 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, bei ihr liege volle Erwerbsminderung vor. Sie verwies auf den vorgelegten Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. He. vom 22. Januar 2007, in dem ausgeführt wurde, bei der Klägerin bestehe u.a. eine anhaltende depressive Störung mit Erschöpfungssyndrom. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Klägerin arbeitsunfähig und ihre Leistungsfähigkeit sei erheblich gemindert. Nachdem Dr. R. in der weiteren Stellungnahme vom 15. Februar 2007 bei ihrer Leistungsbeurteilung blieb, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 11. April 2007 zurückgewiesen.
Deswegen erhob die Klägerin am 27. April 2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG).
Während des Klageverfahrens befand sich die Klägerin vom 02. bis 12. Mai 2007 in stationärer Behandlung in der V.-klinik in B. R., wobei im Entlassungsbericht des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Br. vom 12. Mai 2007 u.a. die Diagnose einer Ischialgie rechts bei milder Fußheberschwäche genannt wurde. Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine weitere stationäre Heilbehandlung, die vom 04. Juni bis 06. Juli 2007 in den St. R.-kliniken in B. S. durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht des Chefarztes PD Dr. Ro., Orthopäde und Rheumatologe, vom 16. Juli 2007 wurden folgende Diagnosen gestellt: Lumboischialgie links bei Protusio LWK4/5 sowie subligamentär L5/S1 rechts, degenerative Veränderungen mit Spondylarthrose und Osteochondrose, Depression und starke somatoforme Schmerzstörung (medikamentös behandelt), insulinpflichtiger Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt), Adipositas (BMI 30). Die Klägerin wurde aufgrund der psychischen Situation als arbeitsunfähig entlassen. Es werde voraussichtlich jedoch keine dauerhafte quantitative Einschränkung bestehen. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne hohe Anforderungen an Konzentration und Überwachung und ohne Arbeiten unter Zeitdruck würden möglich. Die Fortführung der psychoschmerztherapeutischen und psychiatrischen Behandlung werde dringend angeraten.
Zur Begründung der Klage machte die Klägerin unter Benennung der behandelnden Ärzte geltend, aufgrund der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen, die auch im Widerspruchsbescheid aufgeführt seien, sei sie nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P., im Gutachten vom 13. März 2008 könne sie sich nicht anschließen. Aufgrund des vorgelegten Attests des Dr. He. vom 19. Juni 2008 ergebe sich, dass entgegen der Einschätzung der Sachverständigen eine konsequente antidepressive Behandlung, die bei ihr durchgeführt werde, nicht zu eine wesentlichen Befundverbesserung und Aktivierung geführt habe.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Stellungnahme der Dr. La., Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - vom 05. Oktober 2007 sowie des Entlassungsberichts des PD Dr. Roh. vom 16. Juli 2007 entgegen.
Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. He. und des Dr. S., die beide Arztbriefe vorlegten. Dr. He. (Auskunft vom 03. Juli 2007) gab an, nach seiner Beurteilung sei die Klägerin nur noch unter drei Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Dr. S. (Auskunft vom 06. August 2007) gab an, bei adäquater Therapie sei es orthopädischerseits möglich, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten könne, allerdings ohne Heben, Tragen, Bücken und Stehen. Es solle keine Wirbelsäulenbelastung erfolgen. Ferner erhob das SG das am 13. März 2008 erstattete neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P ... Die Sachverständige nannte als Diagnosen eine Dysthymia mit somatoformer Schmerzausgestaltung auf dem Boden einer vorbekannten Wurzelreizsymptomatik und einer Meralgia parästhetica, einen Diabetes mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie und Adipositas. Die Klägerin sei ohne unmittelbare Gefährdung leistungsfähig für leichte körperliche Tätigkeit in Wechselhaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn bis zwölf kg, ohne Zwangshaltung und aus psychiatrischer Sicht insbesondere ohne erhöhte Anforderungen an Konzentration und Überwachungstätigkeiten, ohne Arbeiten mit erhöhter psycho-physischer Belastung, wie Akkordtätigkeit und Tätigkeit in einem erhöhten Konfliktpotenzial, möglichst ohne vermehrten Publikumsverkehr. Leichte überschaubare Tätigkeiten unter klarer Anleitung seien zu bevorzugen. Mit diesen qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2008, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 28. Juli 2008 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen nicht erwerbsgemindert. Das Gericht stützte seine Überzeugung auf die im Ergebnis im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachter Dres. R. und S., auf den Entlassungsbericht vom 16. Juli 2007 und das Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P. vom 13. März 2008. Die orthopädischen Gesundheitsstörungen, insbesondere eine Lumboischialgie links bei Protrusio LWK 4/5 sowie subligamentär L 5/S 1 rechts bei degenerativen Veränderungen mit Spondylarthrose und Osteochondrose, limitierten das körperliche Leistungsvermögen der Gestalt, dass der Klägerin nur noch leichte Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen ohne das Heben und Tragen von Lasten über zehn bis zwölf kg und Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule zumutbar seien. Auch die daneben auf nervenärztlichem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen in Form einer Dysthymia mit somatoformer Schmerzausgestaltung auf dem Boden einer Wurzelreizsymptomatik L 5 rechts schränkten das Leistungsvermögen nur qualitativ, nicht aber quantitativ ein. Die (von der Klägerin) angeführten Lebensumstände ließen keinen Rückschluss auf ein schmerzbedingtes Rückzugsverhalten oder eine erhebliche Einschränkung der Fähigkeit zur Alltagsbewältigung zu. Die antidepressive Medikation werde nicht konsequent eingenommen. Das zur Behandlung der Schmerzen eingesetzte Medikament Ibuprofen erlaube den Rückschluss auf ein Schmerzsyndrom geringen Grades. Der Einschätzung der behandelnden Ärzte Dres. He. und S. sei nicht zu folgen, zumal die von diesen mitgeteilten medizinischen Befunde im Rahmen der Begutachtung durch die Ärztin O.-P. mitberücksichtigt worden seien.
Dagegen hat die Klägerin am 14. August 2008 mit Fernkopie beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG habe ihre Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe sich vornehmlich auf das Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P. vom 13. März 2008 gestützt, jedoch das vorgelegte Attest des Dr. He. vom 19. Juni 2008 nicht berücksichtigt. Darin sei ausgeführt, dass die von der gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagene antidepressive Behandlung schon einmal durchgeführt worden sei, aber zu keinem Erfolg geführt habe. Daher sei festzustellen, dass sie (die Klägerin) nicht mehr in der Lage sei, täglich drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dies werde auch durch das Sachverständigengutachten des PD Dr. W., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie, vom 17. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 zutreffend und nachvollziehbar bestätigt. Dieser Sachverständige lege einen ganzheitlichen Maßstab an und berücksichtige auch organische, insbesondere orthopädische Befunde. Sie habe auch in einem außerordentlichen großen Umfang psychiatrisch-psychotherapeutische und weitere ärztliche Behandlungen in Anspruch genommen, weshalb sie auch den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der MUDr. Hof., Ärztin für Psychiatrie - Sozialmedizin -, vom 12. Januar und 04. Februar 2009 widerspreche.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2007 zu verurteilen, ihr ab 01. September 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist - zu dem Sachverständigengutachten des PD Dr. W. vom 17. November 2008 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 - auf die Stellungnahmen ihrer Beratungsärztin MUDr. Hof. vom 12. Januar und 04. Februar 2009. Die Beklagte hat auch den Versicherungsverlauf vom 22. September 2008 vorgelegt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Berichterstatter des Senats das Sachverständigengutachten des PD Dr. W. vom 17. November 2008, erstattet nach einer Untersuchung am 12. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 eingeholt. Er hat eine (aktuell im Vordergrund stehende) chronische depressive Störung, einen chronischen Schmerzzustand bei lumbaler Bandscheibenerkrankung mit chronischer Lumboischialgie und eine diabetische Polyneuropathie, jeweils auf der Grundlage von Adipositas, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen Diabetes mellitus, eine Hypertonie und eine Hyperlipidämie diagnostiziert. In speziell schmerztherapeutischer Hinsicht habe sich ein so genanntes dysfunktionales Verhalten entwickelt. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, sondern nur auch drei bis weniger als sechs Stunden, konkret eine Halbtagsarbeit von vier Stunden an fünf Wochentagen, wobei zu unterstreichen sei, dass eine strukturierte Halbtagstätigkeit zu einer Verringerung der Dysfunktionalität und zur gesundheitsfördernden Tagesstruktur führen könne. Tätigkeiten unter Zeitdruck, speziell Akkordarbeiten, Arbeiten im Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht, schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als acht bis zehn kg, das Besteigen von Leitern, häufiges Bücken sowie Arbeiten in Zwangshaltungen seien nicht mehr zumutbar. Durch eine systematische multidisziplinäre Behandlung und eine Wiedereingliederung in Halbtagsarbeit könne eine deutliche Besserung in Befindlichkeit und Verhalten erreicht werden, jedoch keine Gesundung. Die Leistungseinschränkung sei auf das Jahr 2008 zu setzen, als im September diesen Jahres der Belastungsfaktor der Leukämieerkrankung des Sohnes hinzugekommen sei. Die Polyneuropathie seien noch nicht von Relevanz für die Verringerung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Ferner hat der Berichterstatter des Senats die weitere schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Dr. He. vom 03. Dezember 2008 eingeholt, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 53/54 der LSG-Akte).
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Rentenakte und Reha-Akte) sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Klägerin hat weder ab 01. September 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, wie das SG zutreffend entschieden hat, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2007 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs bzw. mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens viermal täglich 500 m in höchstens 20 Minuten zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Weiter kann bei einer teilweisen Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
2. Nach diesen Kriterien ist die Klägerin nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Sie ist vielmehr in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, auf den sie verweisbar ist, für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben, wie das SG zutreffend entschieden hat. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids.
Ergänzend ist im Hinblick auf die im Berufungsverfahren durchgeführte weitere Beweisaufnahme noch Folgendes auszuführen: Eine solche zeitliche Leistungseinschränkung auf höchstens sechs Stunden oder weniger als sechs Stunden für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ab 01. September 2006 ergibt sich nicht aufgrund des Sachverständigengutachtens des PD Dr. W. vom 17. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009. Der Sachverständige, dem gegenüber die Klägerin die Depression als bei ihr im Vordergrund stehend angegeben hatte, hat bei der Klägerin aufgrund der am 12. November 2008 erhobenen Diagnosen einer chronischen depressiven Störung auf psychiatrischem Gebiet sowie eines chronischen Schmerzzustands (bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit chronischer Lumboischialgie) und einer diabetischen Polyneuropathie auf neurologisch-algologischem Gebiet übereinstimmend mit der Beurteilung der Sachverständigen O.-P. bis zum August 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht. Hinsichtlich der von ihm erhobenen diabetischen Polyneuropathie als Verschlimmerung in objektiver Hinsicht hat der Sachverständige, wie der Senat insbesondere der ergänzenden Auskunft entnimmt, eine Relevanz für die Verringerung der beruflichen Leistungsfähigkeit verneint. Soweit der Sachverständige PD Dr. W. dennoch ab September 2008 wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustands das Leistungsvermögen der Klägerin auf nur noch drei bis weniger als sechs Stunden (konkret Halbtagstätigkeit von vier Stunden) einschätzt, überzeugt dies nicht. Als Begründung führt der Sachverständige an, verursacht durch das Miterleben der im September 2008 festgestellten Leukämieerkrankung eines nahen Familienangehörigen (nach Angaben der Klägerin ihres Sohnes; nach der Auskunft des Dr. He. jedoch des Sohnes der Schwester) als weiterem nachvollziehbaren Belastungsfaktor bzw. traumatisierendem Ereignis nach dem Tod des Ehemanns 1995 und des Todes der Schwester 2007 bestehe nun eine von der Klägerin angegebene Verringerung der psychophysischen Belastbarkeit, der Ausdauer und der Neigung zu Erschöpfung bei gestörtem Nachtschlaf; insoweit ergäben sich jetzt erlebnisreaktive Folgen bei dysfunktionalen Verhaltensweisen durch sozialen Rückzug, vermehrte Klagsamkeit und Vernachlässigung von Gesundheitsproblemen wie Gewichtskontrolle durch Diät einerseits sowie Bewegung andererseits. Diese Beurteilung, die sich im Wesentlichen nur auf die Angaben der Klägerin stützt, überzeugt den Senat nicht. Denn einerseits nimmt der Sachverständige selbst an, die Wiederaufnahme einer Tätigkeit durch die Klägerin sei wünschenswert, wobei er auch dargelegt hat, dass bei ihr eine strukturierende Tätigkeit zu einer Verringerung der Dysfunktionalität und zur gesundheitsfördernden Tagesstruktur führen kann. Andererseits hat er auch darauf hingewiesen, dass zusammen mit einer Wiedereingliederung in Arbeit durch eine ganz systematische multidisziplinäre Behandlung eine deutliche Besserung in Befindlichkeit und Verhalten der Klägerin erreicht werden kann, was auch bereits die Sachverständige O.-P. dargelegt hatte. Als günstig für die Ausprägung der chronischen Schmerzen sieht er auch eine systematische Gewichtsabnahme an. Dass eine solche systematische interdisziplinäre Behandlung derzeit stattfindet oder früher ohne Erfolg stattfand, ergibt sich nicht aus der Auskunft des Dr. He., der am 03. Dezember 2008 für das Jahr 2008 lediglich über Behandlungen am 14. und 15. Januar, 09. Juni, 23. September und 05. November 2008 berichtet und insoweit von stützenden Gesprächen und antidepressiver Medikation berichtet hat. Danach ist insbesondere eine ambulante psychotherapeutische Therapie, die sowohl die Sachverständige O.-P. als auch PD Dr. Ro. empfahlen, nicht durchgeführt worden. Soweit der Sachverständige PD Dr. W. darlegt, erforderliche häufige Arztbesuche im Rahmen der systematischen interdisziplinären Behandlungen seien bei einer Halbtagsarbeit eher zu realisieren als bei vollschichtiger Berufstätigkeit, rechtfertigt dies eine zeitliche Leistungseinschränkung ab September 2008 nicht. Danach vermag der Senat auch einen im September 2008 eingetretenen Versicherungsfall der Erwerbsminderung, der zur Gewährung einer Zeitrente hätte führen können, nicht zu bejahen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 01. September 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Die am 1950 im ehemaligen Jugoslawien geborene Klägerin, die die kroatische Staatsangehörigkeit besitzt, kam im September 1970 in die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Mutter von zwei Kindern. Ihr Ehemann ist im Dezember 1995 verstorben. Die Klägerin arbeitete vom 24. September 1970 bis 09. Februar 1973 als Hilfsarbeiterin in der Glastechnikfertigung (Schleifen, Bohren, Polieren und Verpacken) und dann vom 12. Februar 1973 bis 30. Mai 2003 als Montagearbeiterin in der Herdmontage am Fließband bei der Firma N. in B ... Diese Tätigkeit gab sie auf, nachdem sie wegen Personalabbaus einen Auflösungsvertrag unterschrieben hatte. Vom 01. Januar 2004 bis 02. Juni 2007 bezog sie, unterbrochen durch Zeiten des Bezugs von Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Vom 24. Februar bis 24. März 2005 wurde bei der Klägerin eine stationäre Rehabilitationsbehandlung auf Kosten der Beklagten in der F.-klinik in B. B. durchgeführt (Entlassungsbericht des Privatdozenten [PD] Dr. H. vom 07. April 2005, Diagnosen: Chronische rezidivierende Lumbalgie, pseudoradikuläre Ausstrahlung, NPP L4/5, degenerative Veränderungen, keine neurologischen Ausfälle, rezidivierende Cervico-Cephalgie, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht [BMI 29], arterielle Hypertonie, medikamentös eingestellt; leichte körperliche Tätigkeiten könnten vollschichtig verrichtet werden). Vom 28. März bis 26. April 2006 wurde die Klägerin stationär in der Privatklinik Bad Gleisweiler (Fachklinik für Nerven- und psychosomatische Erkrankungen) behandelt. Im Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. Hö. vom 16. Mai 2006 wurde u.a. die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychosomatische Symptome genannt. Bei ihr lag ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 seit 09. Mai 2006 vor (Bescheid des Landratsamts Karlsruhe, Amt für Versorgung und Rehabilitation, vom 20. Juni 2006).
Am 11. September 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob das neuropsychiatrische Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. S. vom 15. Dezember 2006. Der Gutachter stellte als Diagnosen Anpassungsstörung bei depressiv-dysphorischer Verstimmung, Ängsten und Somatisierung sowie Lumboischialgie rechts. Eine zeitliche Leistungseinschränkung bestehe nicht. Wegen der Anpassungsstörung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, Arbeiten in Nachtschicht sowie Arbeiten unter Zeitdruck (Akkord) zu verrichten. Auch Arbeiten mit Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsabläufe und mit besonderen Anforderungen an die geistig-psychische Leistungsfähigkeit und die Konzentrationsfähigkeit seien zu vermeiden. Ferner seien Arbeiten mit mehr als gelegentlichem Publikumsverkehr nicht zu leisten. Aufgrund der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule solle auf Tätigkeiten mit besonderer Belastung der Lendenwirbelsäule, insbesondere in Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken sowie mit Heben, Bewegen und Tragen schwerer Lasten von mehr als 15 kg verzichtet werden. Arbeiten mit ständigem Stehen und Gehen seien ebenfalls nicht günstig. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne die Klägerin weiterhin körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Ferner erhob die Beklagte das Gutachten der Ärztin für Innere Medizin Dr. R. vom 08. Januar 2007, wobei neben weiteren Arztbriefen auch der Befundbericht des Dr. S., Orthopäde, vom 09. Oktober 2006 sowie die Auskunft des Dr. St. (Internistische Facharztpraxis) vom 19. Oktober 2009 berücksichtigt wurden. Dr. R. stellte zusammenfassend folgende Diagnosen: Rezidivierende Lumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung nach rechts bei bekanntem Bandscheibenvorfall L4/5, Anpassungsstörung mit depressiv-dysphorischer Verstimmung, Ängsten und Somatisierung, metabolisches Syndrom mit Übergewicht, unzureichend eingestellter Bluthochdruck, ebenfalls unzureichend eingestellter Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörung. Die Klägerin könne leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten weiterhin vollschichtig verrichten, wobei Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung für die Wirbelsäule, schweres Heben und Tragen sowie häufiges Bücken zu vermeiden seien. Auf diese Gutachten gestützt lehnte die Beklagte die Rentengewährung mit Bescheid vom 15. Januar 2007 ab. Dagegen legte die Klägerin am 23. Januar 2007 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, bei ihr liege volle Erwerbsminderung vor. Sie verwies auf den vorgelegten Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. He. vom 22. Januar 2007, in dem ausgeführt wurde, bei der Klägerin bestehe u.a. eine anhaltende depressive Störung mit Erschöpfungssyndrom. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Klägerin arbeitsunfähig und ihre Leistungsfähigkeit sei erheblich gemindert. Nachdem Dr. R. in der weiteren Stellungnahme vom 15. Februar 2007 bei ihrer Leistungsbeurteilung blieb, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 11. April 2007 zurückgewiesen.
Deswegen erhob die Klägerin am 27. April 2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG).
Während des Klageverfahrens befand sich die Klägerin vom 02. bis 12. Mai 2007 in stationärer Behandlung in der V.-klinik in B. R., wobei im Entlassungsbericht des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Br. vom 12. Mai 2007 u.a. die Diagnose einer Ischialgie rechts bei milder Fußheberschwäche genannt wurde. Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine weitere stationäre Heilbehandlung, die vom 04. Juni bis 06. Juli 2007 in den St. R.-kliniken in B. S. durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht des Chefarztes PD Dr. Ro., Orthopäde und Rheumatologe, vom 16. Juli 2007 wurden folgende Diagnosen gestellt: Lumboischialgie links bei Protusio LWK4/5 sowie subligamentär L5/S1 rechts, degenerative Veränderungen mit Spondylarthrose und Osteochondrose, Depression und starke somatoforme Schmerzstörung (medikamentös behandelt), insulinpflichtiger Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie (medikamentös behandelt), Adipositas (BMI 30). Die Klägerin wurde aufgrund der psychischen Situation als arbeitsunfähig entlassen. Es werde voraussichtlich jedoch keine dauerhafte quantitative Einschränkung bestehen. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne hohe Anforderungen an Konzentration und Überwachung und ohne Arbeiten unter Zeitdruck würden möglich. Die Fortführung der psychoschmerztherapeutischen und psychiatrischen Behandlung werde dringend angeraten.
Zur Begründung der Klage machte die Klägerin unter Benennung der behandelnden Ärzte geltend, aufgrund der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen, die auch im Widerspruchsbescheid aufgeführt seien, sei sie nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P., im Gutachten vom 13. März 2008 könne sie sich nicht anschließen. Aufgrund des vorgelegten Attests des Dr. He. vom 19. Juni 2008 ergebe sich, dass entgegen der Einschätzung der Sachverständigen eine konsequente antidepressive Behandlung, die bei ihr durchgeführt werde, nicht zu eine wesentlichen Befundverbesserung und Aktivierung geführt habe.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Stellungnahme der Dr. La., Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - vom 05. Oktober 2007 sowie des Entlassungsberichts des PD Dr. Roh. vom 16. Juli 2007 entgegen.
Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. He. und des Dr. S., die beide Arztbriefe vorlegten. Dr. He. (Auskunft vom 03. Juli 2007) gab an, nach seiner Beurteilung sei die Klägerin nur noch unter drei Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Dr. S. (Auskunft vom 06. August 2007) gab an, bei adäquater Therapie sei es orthopädischerseits möglich, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten könne, allerdings ohne Heben, Tragen, Bücken und Stehen. Es solle keine Wirbelsäulenbelastung erfolgen. Ferner erhob das SG das am 13. März 2008 erstattete neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P ... Die Sachverständige nannte als Diagnosen eine Dysthymia mit somatoformer Schmerzausgestaltung auf dem Boden einer vorbekannten Wurzelreizsymptomatik und einer Meralgia parästhetica, einen Diabetes mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie und Adipositas. Die Klägerin sei ohne unmittelbare Gefährdung leistungsfähig für leichte körperliche Tätigkeit in Wechselhaltung, ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn bis zwölf kg, ohne Zwangshaltung und aus psychiatrischer Sicht insbesondere ohne erhöhte Anforderungen an Konzentration und Überwachungstätigkeiten, ohne Arbeiten mit erhöhter psycho-physischer Belastung, wie Akkordtätigkeit und Tätigkeit in einem erhöhten Konfliktpotenzial, möglichst ohne vermehrten Publikumsverkehr. Leichte überschaubare Tätigkeiten unter klarer Anleitung seien zu bevorzugen. Mit diesen qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juli 2008, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 28. Juli 2008 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen nicht erwerbsgemindert. Das Gericht stützte seine Überzeugung auf die im Ergebnis im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachter Dres. R. und S., auf den Entlassungsbericht vom 16. Juli 2007 und das Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P. vom 13. März 2008. Die orthopädischen Gesundheitsstörungen, insbesondere eine Lumboischialgie links bei Protrusio LWK 4/5 sowie subligamentär L 5/S 1 rechts bei degenerativen Veränderungen mit Spondylarthrose und Osteochondrose, limitierten das körperliche Leistungsvermögen der Gestalt, dass der Klägerin nur noch leichte Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen ohne das Heben und Tragen von Lasten über zehn bis zwölf kg und Arbeiten in Zwangshaltungen der Wirbelsäule zumutbar seien. Auch die daneben auf nervenärztlichem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen in Form einer Dysthymia mit somatoformer Schmerzausgestaltung auf dem Boden einer Wurzelreizsymptomatik L 5 rechts schränkten das Leistungsvermögen nur qualitativ, nicht aber quantitativ ein. Die (von der Klägerin) angeführten Lebensumstände ließen keinen Rückschluss auf ein schmerzbedingtes Rückzugsverhalten oder eine erhebliche Einschränkung der Fähigkeit zur Alltagsbewältigung zu. Die antidepressive Medikation werde nicht konsequent eingenommen. Das zur Behandlung der Schmerzen eingesetzte Medikament Ibuprofen erlaube den Rückschluss auf ein Schmerzsyndrom geringen Grades. Der Einschätzung der behandelnden Ärzte Dres. He. und S. sei nicht zu folgen, zumal die von diesen mitgeteilten medizinischen Befunde im Rahmen der Begutachtung durch die Ärztin O.-P. mitberücksichtigt worden seien.
Dagegen hat die Klägerin am 14. August 2008 mit Fernkopie beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG habe ihre Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe sich vornehmlich auf das Sachverständigengutachten der Ärztin O.-P. vom 13. März 2008 gestützt, jedoch das vorgelegte Attest des Dr. He. vom 19. Juni 2008 nicht berücksichtigt. Darin sei ausgeführt, dass die von der gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagene antidepressive Behandlung schon einmal durchgeführt worden sei, aber zu keinem Erfolg geführt habe. Daher sei festzustellen, dass sie (die Klägerin) nicht mehr in der Lage sei, täglich drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dies werde auch durch das Sachverständigengutachten des PD Dr. W., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapie, vom 17. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 zutreffend und nachvollziehbar bestätigt. Dieser Sachverständige lege einen ganzheitlichen Maßstab an und berücksichtige auch organische, insbesondere orthopädische Befunde. Sie habe auch in einem außerordentlichen großen Umfang psychiatrisch-psychotherapeutische und weitere ärztliche Behandlungen in Anspruch genommen, weshalb sie auch den von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der MUDr. Hof., Ärztin für Psychiatrie - Sozialmedizin -, vom 12. Januar und 04. Februar 2009 widerspreche.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2007 zu verurteilen, ihr ab 01. September 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist - zu dem Sachverständigengutachten des PD Dr. W. vom 17. November 2008 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 - auf die Stellungnahmen ihrer Beratungsärztin MUDr. Hof. vom 12. Januar und 04. Februar 2009. Die Beklagte hat auch den Versicherungsverlauf vom 22. September 2008 vorgelegt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Berichterstatter des Senats das Sachverständigengutachten des PD Dr. W. vom 17. November 2008, erstattet nach einer Untersuchung am 12. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009 eingeholt. Er hat eine (aktuell im Vordergrund stehende) chronische depressive Störung, einen chronischen Schmerzzustand bei lumbaler Bandscheibenerkrankung mit chronischer Lumboischialgie und eine diabetische Polyneuropathie, jeweils auf der Grundlage von Adipositas, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen Diabetes mellitus, eine Hypertonie und eine Hyperlipidämie diagnostiziert. In speziell schmerztherapeutischer Hinsicht habe sich ein so genanntes dysfunktionales Verhalten entwickelt. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben, sondern nur auch drei bis weniger als sechs Stunden, konkret eine Halbtagsarbeit von vier Stunden an fünf Wochentagen, wobei zu unterstreichen sei, dass eine strukturierte Halbtagstätigkeit zu einer Verringerung der Dysfunktionalität und zur gesundheitsfördernden Tagesstruktur führen könne. Tätigkeiten unter Zeitdruck, speziell Akkordarbeiten, Arbeiten im Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht, schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als acht bis zehn kg, das Besteigen von Leitern, häufiges Bücken sowie Arbeiten in Zwangshaltungen seien nicht mehr zumutbar. Durch eine systematische multidisziplinäre Behandlung und eine Wiedereingliederung in Halbtagsarbeit könne eine deutliche Besserung in Befindlichkeit und Verhalten erreicht werden, jedoch keine Gesundung. Die Leistungseinschränkung sei auf das Jahr 2008 zu setzen, als im September diesen Jahres der Belastungsfaktor der Leukämieerkrankung des Sohnes hinzugekommen sei. Die Polyneuropathie seien noch nicht von Relevanz für die Verringerung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Ferner hat der Berichterstatter des Senats die weitere schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Dr. He. vom 03. Dezember 2008 eingeholt, auf die ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 53/54 der LSG-Akte).
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Rentenakte und Reha-Akte) sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach den §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Klägerin hat weder ab 01. September 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, wie das SG zutreffend entschieden hat, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2007 nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs bzw. mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens viermal täglich 500 m in höchstens 20 Minuten zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Weiter kann bei einer teilweisen Erwerbsminderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
2. Nach diesen Kriterien ist die Klägerin nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Sie ist vielmehr in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, auf den sie verweisbar ist, für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben, wie das SG zutreffend entschieden hat. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids.
Ergänzend ist im Hinblick auf die im Berufungsverfahren durchgeführte weitere Beweisaufnahme noch Folgendes auszuführen: Eine solche zeitliche Leistungseinschränkung auf höchstens sechs Stunden oder weniger als sechs Stunden für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts ab 01. September 2006 ergibt sich nicht aufgrund des Sachverständigengutachtens des PD Dr. W. vom 17. November 2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2009. Der Sachverständige, dem gegenüber die Klägerin die Depression als bei ihr im Vordergrund stehend angegeben hatte, hat bei der Klägerin aufgrund der am 12. November 2008 erhobenen Diagnosen einer chronischen depressiven Störung auf psychiatrischem Gebiet sowie eines chronischen Schmerzzustands (bei lumbaler Bandscheibenkrankheit mit chronischer Lumboischialgie) und einer diabetischen Polyneuropathie auf neurologisch-algologischem Gebiet übereinstimmend mit der Beurteilung der Sachverständigen O.-P. bis zum August 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht. Hinsichtlich der von ihm erhobenen diabetischen Polyneuropathie als Verschlimmerung in objektiver Hinsicht hat der Sachverständige, wie der Senat insbesondere der ergänzenden Auskunft entnimmt, eine Relevanz für die Verringerung der beruflichen Leistungsfähigkeit verneint. Soweit der Sachverständige PD Dr. W. dennoch ab September 2008 wegen einer Verschlimmerung des Gesundheitszustands das Leistungsvermögen der Klägerin auf nur noch drei bis weniger als sechs Stunden (konkret Halbtagstätigkeit von vier Stunden) einschätzt, überzeugt dies nicht. Als Begründung führt der Sachverständige an, verursacht durch das Miterleben der im September 2008 festgestellten Leukämieerkrankung eines nahen Familienangehörigen (nach Angaben der Klägerin ihres Sohnes; nach der Auskunft des Dr. He. jedoch des Sohnes der Schwester) als weiterem nachvollziehbaren Belastungsfaktor bzw. traumatisierendem Ereignis nach dem Tod des Ehemanns 1995 und des Todes der Schwester 2007 bestehe nun eine von der Klägerin angegebene Verringerung der psychophysischen Belastbarkeit, der Ausdauer und der Neigung zu Erschöpfung bei gestörtem Nachtschlaf; insoweit ergäben sich jetzt erlebnisreaktive Folgen bei dysfunktionalen Verhaltensweisen durch sozialen Rückzug, vermehrte Klagsamkeit und Vernachlässigung von Gesundheitsproblemen wie Gewichtskontrolle durch Diät einerseits sowie Bewegung andererseits. Diese Beurteilung, die sich im Wesentlichen nur auf die Angaben der Klägerin stützt, überzeugt den Senat nicht. Denn einerseits nimmt der Sachverständige selbst an, die Wiederaufnahme einer Tätigkeit durch die Klägerin sei wünschenswert, wobei er auch dargelegt hat, dass bei ihr eine strukturierende Tätigkeit zu einer Verringerung der Dysfunktionalität und zur gesundheitsfördernden Tagesstruktur führen kann. Andererseits hat er auch darauf hingewiesen, dass zusammen mit einer Wiedereingliederung in Arbeit durch eine ganz systematische multidisziplinäre Behandlung eine deutliche Besserung in Befindlichkeit und Verhalten der Klägerin erreicht werden kann, was auch bereits die Sachverständige O.-P. dargelegt hatte. Als günstig für die Ausprägung der chronischen Schmerzen sieht er auch eine systematische Gewichtsabnahme an. Dass eine solche systematische interdisziplinäre Behandlung derzeit stattfindet oder früher ohne Erfolg stattfand, ergibt sich nicht aus der Auskunft des Dr. He., der am 03. Dezember 2008 für das Jahr 2008 lediglich über Behandlungen am 14. und 15. Januar, 09. Juni, 23. September und 05. November 2008 berichtet und insoweit von stützenden Gesprächen und antidepressiver Medikation berichtet hat. Danach ist insbesondere eine ambulante psychotherapeutische Therapie, die sowohl die Sachverständige O.-P. als auch PD Dr. Ro. empfahlen, nicht durchgeführt worden. Soweit der Sachverständige PD Dr. W. darlegt, erforderliche häufige Arztbesuche im Rahmen der systematischen interdisziplinären Behandlungen seien bei einer Halbtagsarbeit eher zu realisieren als bei vollschichtiger Berufstätigkeit, rechtfertigt dies eine zeitliche Leistungseinschränkung ab September 2008 nicht. Danach vermag der Senat auch einen im September 2008 eingetretenen Versicherungsfall der Erwerbsminderung, der zur Gewährung einer Zeitrente hätte führen können, nicht zu bejahen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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