L 4 AL 347/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 77 AL 1881/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 347/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2006 geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 und die Erstattung des in dieser Zeit gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der hierauf entfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Der 1981 geborene Kläger steht - mit mehrfachen Unterbrechungen durch Arbeitsaufnahme und Grundwehrdienst – seit dem 12. Februar 2000 im Leistungsbezug bei der Beklagten. Zuletzt bezog er bis zum 03. November 2004 Arbeitslosengeld und nahm ab dem 04. November 2004 eine Beschäftigung als Maler bei der Fa. Personalleasing GmbH auf. Am 29. November 2004 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos. Das vom Kläger ausgefüllte Antragsformular für die Zahlung von Arbeitslosengeld ging zusammen u. a. mit der Arbeitsbescheinigung der Fa. Personalleasing GmbH vom 15. Dezember 2004 am 03. Januar 2005 bei der Beklagten ein. In dem Antrag und der Arbeitsbescheinigung waren lediglich Beschäftigungszeiten vom 04. bis 29. November 2004 angegeben.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2005 wurde dem Kläger antragsgemäß Arbeitslosengeld ab dem 30. November 2004 für die Dauer von 255 Tagen nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 405,- EUR bewilligt und in Höhe von 23,04 EUR täglich gezahlt. Ab dem 01. Januar 2005 wurden täglich 23,29 EUR Arbeitslosengeld nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 57,67 EUR gezahlt.

Durch eine Überschneidungsmitteilung des Zentralamtes der Bundesagentur für Arbeit vom 25. Januar 2005 wurde der Beklagten bekannt, dass der Kläger eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem 01. Dezember 2004 aufgenommen hatte. Mit Schreiben vom 04. Februar 2005 wurde die Fa. Personalleasing GmbH als Arbeitgeber zur Abgabe der Arbeitsbescheinigung aufgefordert und mit Schreiben ebenfalls vom 04. Februar 2005 der Kläger angehört.

Ausweislich der daraufhin von der Fa. Personalleasing GmbH übersandten Arbeitsbescheinigung vom 12. Januar 2005 war der Kläger in der Zeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 als Helfer mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden beschäftigt.

Mit weiterem Schreiben vom 17. Februar 2005 wurde der Kläger zur beabsichtigten Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung für die Zeit vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 sowie der Erstattung des gezahlten Arbeitslosengeldes und der hierauf entfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge angehört. Der Kläger äußerte sich daraufhin schriftlich und behauptete, bereits am 01. Dezember 2004 eine Veränderungsmitteilung in den Briefkasten der Agentur für Arbeit P gesteckt und sich am 09. Dezember 2004 wieder arbeitslos gemeldet zu haben. Am 13. Januar 2005 habe er seine Arbeitsbescheinigung abgegeben. Er habe sich schon gewundert, dass der Dezember 2004 voll gezahlt worden sei und sei bereit, das Arbeitslosengeld für die neun Tage zu erstatten.

Am 21. Februar 2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und gab in dem Antragsformular erstmals die Beschäftigungszeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 an.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 01. Dezember 2004 wegen Arbeitsaufnahme auf. Mit weiterem Bescheid vom 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) auf und verlangte die Erstattung von zu Unrecht gezahltem Arbeitslosengeld und hierauf entfallender Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.805,64 EUR, weil der Kläger während dieser Zeit keinen Arbeitslosengeldanspruch gehabt habe. Wegen der nicht angezeigten Beschäftigungsaufnahme habe in der Zeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 keine Arbeitslosigkeit bestanden. Auch für die Zeit ab dem 10. Dezember 2004 bestehe kein Anspruch, weil der Kläger sich nicht arbeitslos gemeldet habe; die Wirkung der Arbeitslosmeldung vom 29. November 2004 sei erloschen.

Hiergegen hat der Kläger am 13. Juni 2005 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe sich am 01. Dezember 2004 ordnungsgemäß beim Arbeitsamt-Nord abgemeldet und die Veränderungsmitteilung in den dortigen Briefkasten gesteckt. Nach seiner Kündigung habe er sich am 09. Dezember 2004 erneut arbeitsuchend gemeldet. Dabei sei seine Kündigung an der Anmeldung kopiert worden. Ihm sei nicht gesagt worden, dass er noch warten müsse. Er sei deshalb der Annahme gewesen, dass alles erledigt sei. Da er bis zum 09. März 2005 arbeitslos gewesen sei, stehe ihm auch das Arbeitslosengeld zu. Für die Zeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 sei er bereit, das Arbeitslosengeld zu erstatten. Das Sozialgericht hat die damalige Freundin des Klägers, die Zeugin Z zur Abgabe der Veränderungsmitteilung und der Arbeitslosmeldung am 09. Dezember 2004 als Zeugin gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 26. Juni 2006 Bezug genommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2006 hat das Sozialgericht Berlin der Klage teilweise stattgegeben und die Bescheide vom 18. Februar 2005 und 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 insoweit aufgehoben, als diese den Zeitraum ab dem 10. Dezember 2004 betreffen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Bescheide seien für den Zeitraum ab dem 10. Dezember 2004 rechtswidrig. Dem Kläger sei nicht der Nachweis gelungen, am 01. Dezember 2004 die Veränderungsmitteilung abgegeben zu haben und sich am 09. Dezember 2004 erneut arbeitslos gemeldet zu haben. Auch die Aussage der Zeugin Z habe dies nicht belegen können. Gleichwohl seien die Voraussetzungen einer Aufhebung ab dem 10. Dezember 2004 nicht erfüllt. Eine Aufhebung könne für diesen Zeitraum nur auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gestützt werden. Dessen subjektive Voraussetzungen lägen jedoch in Person des Klägers nicht vor. Es könne wegen der komplizierten rechtlichen Bedingungen für das Erlöschen der Arbeitslosmeldung nicht angenommen werden, dass der Kläger gewusst oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass der Anspruch weggefallen sei.

Gegen den der Beklagten am 05. Juli 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich ihre am 24. Juli 2006 eingegangene Berufung. Sie meint, das Sozialgericht habe die angefochtenen Bescheide zu Unrecht teilweise aufgehoben. Der Vortrag des Klägers und die Aussage der Zeugin seien nicht glaubwürdig. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger entgegen seinem Vorbringen die Arbeitsaufnahme nicht bzw. nicht unverzüglich angezeigt habe. Deshalb sei die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen und die Beklagte zur Aufhebung auch über den 09. Dezember 2004 hinaus berechtigt gewesen. Rechtsgrundlage sei dafür – entgegen der Begründung der angefochtenen Bescheide - § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III, weil die Bewilligung ab 30. November 2004 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Weil die Bewilligung auf unvollständigen/ unterlassenen Angaben beruhe, könne sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt nunmehr vor, die Veränderungsmitteilung ordnungsgemäß in den Briefkasten des Arbeitsamtes in der Storkower Strasse gesteckt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (), die – soweit entscheidungserheblich – Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, da mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Auf die Berufung der Beklagten ist der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Das Sozialgericht hat die Bescheide vom 18. und 24. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2006 zu Unrecht teilweise für die Zeit ab dem 10. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 aufgehoben. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist in eine rechtmäßige Rücknahme gemäß § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III umzudeuten und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat auch ab dem 10. Dezember 2004 bis zum 31. Januar 2005 wegen der nicht angezeigten Arbeitsaufnahme keinen Arbeitslosengeldanspruch, weil die Wirkung seiner Arbeitslosmeldung durch die nicht angezeigte Arbeitsaufnahme erloschen war. Die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung erfolgte deshalb zu Recht. Der Kläger ist daher auch zur Erstattung des zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mindestens in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe verpflichtet.

I.

Streitgegenstand ist nur der Bescheid vom 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 aufgehoben und Erstattung des für diesen Zeitraum gezahlten Arbeitslosengeldes sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.805,64 EUR verfügt hat. Dieser Bescheid hat den Bescheid vom 18. Februar 2005 auch ohne ausdrückliche Aufhebung ersetzt, sodass sich dieser Bescheid nach § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt hat. Da der Bescheid zumindest im Hinblick auf die Erstattungsforderung eine neue Verfügung enthält, handelt es sich nicht um einen wiederholenden Bescheid ohne eigene Regelung (BSG, Urteil vom 06. April 2006 – B 7a AL 64/05 R – juris; vgl. zu dieser Problematik allgemein nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 31 Rn. 32).

1.)

Das Klagebegehren scheitert nicht daran, dass der Kläger gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24. Februar 2005 erst mit am 30. März 2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 27. März 2005 Widerspruch erhoben hat. Selbst wenn der Kläger dadurch die Widerspruchsfrist versäumt haben sollte, ist dies unbeachtlich. Die Beklagte hat sich auf eine etwaige Fristversäumung nicht berufen und den Widerspruch sachlich beschieden. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage ist deshalb auch dann zulässig, wenn er die Widerspruchsfrist tatsächlich versäumt hat (BSG, Urteil vom 15. September 1978 – 11 RK 2/78 – SozR 1500 § 87 Nr. 5; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1982 – 2 C 4/80NVwZ 1983, 608). 2.)

Die Voraussetzungen des § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III für die Rücknahme des Bescheids vom 19. Januar 2005 mit Wirkung ab dem 01. Dezember 2004 liegen vor. Der Bewilligungsbescheid war von Anfang an rechtswidrig, weil der Kläger mangels Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Arbeitslos war der Kläger erst wieder ab dem 10. Dezember 2004. Ab diesem Zeitpunkt fehlt es jedoch an der Anspruchsvoraussetzung einer wirksamen Arbeitslosmeldung. Die vorherige Arbeitslosmeldung war nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erloschen.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung bzw. nach § 118 Abs. 1 SGB III in der ab dem 01. Januar 2005 geltenden Fassung haben Anspruch auf Arbeitslosengeld Arbeitnehmer, die

1. arbeitslos sind 2. sich beim Arbeitsamt/ bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht nur solange, wie auch alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Dies war hier im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 nicht der Fall.

a) Im Zeitraum vom 01. bis 09. Dezember 2004 hatte der Kläger mangels Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies steht außer Frage und ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Senat hat hieran keinen Zweifel, da sich die Beschäftigung aus den eigenen Angaben des Klägers und der von der Beklagten angeforderten Arbeitsbescheinigung der Fa. Personalleasing GmbH vom 12. Januar 2005 ergibt. Danach betrug die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit 35 Stunden/Woche. Damit war die zeitliche Grenze des § 118 Abs. 2 SGB III von 15 Stunden wöchentlich für eine geringfügige Beschäftigung überschritten. Der Kläger war somit nicht mehr arbeitslos.

b) Im streitigen Zeitraum vom 10. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 hatte er ebenfalls keinen Anspruch (mehr) auf Arbeitslosengeld, weil die Wirkung seiner Arbeitslosmeldung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erloschen war und er sich in diesem Zeitraum nicht erneut persönlich arbeitslos gemeldet hatte. Dabei kommt es auf die Dauer der Beschäftigung nicht an. Denn Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ist u. a. eine Arbeitslosmeldung. Der Kläger hatte sich zwar am 29. November 2004 arbeitslos gemeldet, diese Meldung ist durch die zwischenzeitlich erfolgte Aufnahme der Beschäftigung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erloschen. Danach erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung, wenn der Arbeitslose eine Beschäftigung aufnimmt, ohne die Agentur für Arbeit hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Davon ist der Senat nach dem Ergebnis des Verfahrens überzeugt. Eine entsprechende Mitteilung des Klägers ist nicht ersichtlich.

Allgemein gilt nach dem auch im Verfahren mit Amtsermittlung geltenden Grundsatz der objektiven oder materiellen Beweis- und Feststellungslast, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten des Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet. Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt danach im Zweifel die Beweislast für die rechtsbegründende Tatsache, wer ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen. Wie sich die objektive Beweislast verteilt, also welche Tatbestandsmerkmale rechtsbegründend und welche rechtshindernd sind, ist der für den Rechtssstreit maßgeblichen Norm, in der Regel einer Norm des materiellen Rechts, zu entnehmen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR RSGb 2009, 86; LSG Saarland, Urteil vom 29. November 2005 – L 6 AL 1/01 – juris). Grundsätzlich trägt die Beklagte bei einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahme die volle Beweislast für das Vorliegen der Rücknahmevoraussetzungen, d. h. vorliegend für die fehlende Mitteilung der Aufnahme der Beschäftigung. Diesen Beweis hat die Beklagte vorliegend zur Überzeugung des Senats aber erbracht. In der Verwaltungsakte findet sich weder eine Veränderungsmitteilung, noch ein Vermerk über eine persönliche Vorsprache des Klägers. Die vom Kläger in Bezug genommene Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 09. Dezember 2004 findet sich erst nach der Anhörung zur beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung (Bl. 221 d. VA) und wurde augenscheinlich erst mit der Äußerung des Klägers vom 15. Februar 2005 zur Akte gereicht. Auch wenn es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass bei der Beklagten Unterlagen verloren gehen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Vortrag des Klägers zur Abgabe der Veränderungsmitteilung und der Vorsprache am 09. Dezember 2004 dem tatsächlichen Geschehensablauf entspricht. Es erscheint ungewöhnlich, dass kurz hintereinander zwei eingereichte Unterlagen verloren gehen. Es erscheint ebenso möglich, dass der Kläger hier einiges durcheinander bringt und eine Verwechselung mit der Arbeitslosmeldung mit Wirkung zum 21. September 2004 vorliegt. Dieser Meldung waren ein Kündigungsschreiben und zugleich eine Veränderungsmitteilung beigefügt. Soweit der Kläger behauptet, die Veränderungsmitteilung abgegeben zu haben, so trifft ihn im Wege der Umkehr der Beweislast die volle objektive Beweislast dafür. Diesen Beweis hat er jedoch nicht erbracht. Auch aus der Aussage der Zeugin Z ergibt sich nichts anderes. Diese Aussage ist schon insoweit nicht nachzuvollziehen, als sie ausgesagt hat, sie beide hätten sich am Monatsende über die komplette Zahlung für den Dezember gewundert. Arbeitslosengeld wurde allerdings erst mit Bescheid vom 19. Januar 2005 bewilligt, so dass eine Zahlung bereits im Dezember 2004 ausgeschlossen scheint. Auch ansonsten ergibt sich aus dieser Aussage nichts. Der Senat stimmt insoweit mit der Würdigung dieser Zeugenaussage durch das Sozialgericht Berlin überein. Die Zeugin hat zwar den Vortrag des Klägers bestätigt, sie ist jedoch für den vorliegenden Rechtsstreit unergiebig. Die Zeugin hatte keinerlei genaue Erinnerung. Sie konnte weder den Tag nennen, an dem der Kläger die Veränderungsmitteilung in den Briefkasten eingeworfen haben will, noch den genauen Zeitpunkt. Nach ihrer Erinnerung soll dies irgendwann Anfang Dezember gewesen sein. Sie hat weiter angegeben, es habe sich bei dem aufgesuchten Arbeitsamt um das in der S Strasse gehandelt. Dies weicht vom wechselnden Vortrag des Klägers ab. Mal soll es danach das Arbeitsamt-N gewesen sein, ein anderes Mal das Arbeitsamt in der S Strasse. In der Klageschrift wurde noch das Arbeitsamt- als dasjenige bezeichnet, in dessen Briefkasten die Veränderungsmitteilung eingeworfen worden sein soll. In der Berufungserwiderung war es dann – wie schon im Anhörungsverfahren - das Arbeitsamt in der S Strasse. Das Arbeitsamt- hat seinen Sitz jedoch in der K-Strasse. In der S Strasse ist hingegen das Arbeitsamt P ansässig gewesen. Im Zusammenhang mit der behaupteten Abgabe des Kündigungsschreibens war die Zeugin demgegenüber ganz sicher, weil sie sich alles gleich aufgeschrieben hat. An weitere Einzelheiten vermochte sie sich dann aber nicht zu erinnern. Das Sozialgericht hat bereits auf weitere Ungereimtheiten im Klägervortrag hingewiesen. Hinzu kommt, dass der Kläger in seinem erst am 03. Januar 2005 bei der Beklagten eingegangenen schriftlichen Antrag auf Arbeitslosengeld ebenfalls die Beschäftigungszeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 nicht angegeben hat. Angegeben hat er lediglich die Beschäftigungszeit vom 04. bis 29. November 2004 und auch nur die entsprechende Arbeitsbescheinigung beigefügt. Entgegen dem Vortrag des Klägers hat er auch eine Arbeitsbescheinigung für die Beschäftigung vom 01. bis 09. Dezember 2004 bei der Beklagten nicht eingereicht; diese wurde vielmehr von der Fa. Personalleasing GmbH auf Anforderung der Beklagten zur Akte gereicht.

Auch seinen Vortrag zur behaupteten Arbeitslosmeldung am 09. Dezember 2004 hat der Kläger nicht bewiesen. Entsprechende Vermerke etc. sind dazu in der Verwaltungsakte nicht enthalten. Ebenso ist das Kündigungsschreiben, welches an der Anmeldung kopiert worden sein soll, erst nach der erfolgten Anhörung zu den Akten gelangt. Die Angaben des Klägers wie auch der Zeugin sind auch insoweit wenig glaubhaft. Der geschilderte Ablauf entspricht nicht dem üblichen Procedere bei einer Arbeitslosmeldung. Im Übrigen ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich keinen Arbeitslosengeldantrag hat aushändigen lassen. Immerhin war er seit der erstmaligen Arbeitslosigkeit bis zu seiner letzten Beschäftigungsaufnahme sechsmal arbeitslos geworden und hatte sich immer wieder erneut arbeitslos gemeldet.

Da der Kläger somit die Beklagte über die Aufnahme der Beschäftigung nicht unverzüglich bzw. überhaupt nicht informiert hat, waren die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum nicht erfüllt; sie waren erst wieder am 21. Februar 2005, dem Tag der erneuten Arbeitslosmeldung, erfüllt.

3.) Die rechtswidrige Bewilligungsentscheidung durch den Bescheid vom 19. Januar 2005 durfte die Beklagte zurücknehmen. Rechtgrundlage für den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 ist aber nicht § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Nach dieser Vorschrift i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Veraltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene u. a. wusste oder grob fahrlässig nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil die Bewilligung des Arbeitslosengeldes erst nach der Aufnahme der Beschäftigung durch den Kläger am 01. Dezember 2004 mit Bescheid vom 19. Januar 2005 erfolgte. Als Grundlage für die Rücknahme der Leistungsbewilligung kommt daher ausschließlich § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 Nr. 2 und 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III in Betracht. Denn die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01. Dezember 2004 mit Bescheid vom 19. Januar 2005 war von Anfang an rechtswidrig begünstigend. Auch wenn sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid nicht auf § 45 SGB X berufen hat, kann die Aufhebung in eine Rücknahme umgedeutet werden, weil sie auf dasselbe Ziel gerichtet ist und der Wesensgehalt des Bescheides nicht geändert wird (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2000 – BSGE 87, 8 = SozR 3-1300 § 43 Nr. 4). Denn sowohl die Aufhebung nach § 48 SGB X als auch die Rücknahme nach § 45 SGB X ergehen im Bereich des Arbeitsförderungsrechts als gebundene Entscheidung, § 330 Abs. 2 und 3 SGB III.

Nach § 45 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Versicherte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Nur in den letztgenannten Fällen und bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen analog § 580 ZPO darf der Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Maßgebend hierfür ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, der zurückgenommen werden soll (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X, Stand: 59. EL 2008, Rn. 24).

a) Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X sind erfüllt. Der Kläger kann sich deshalb nicht auf Vertrauen in den Bestand der Leistungsbewilligung berufen. Denn der Bewilligungsbescheid vom 19. Januar 2005 beruhte auf Angaben, die er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig und unvollständig gemacht hat. Er hat zwar nicht ausdrücklich unrichtige, aber unvollständige Angaben in seinem Antrag vom 29. November 2004 gemacht. Dieser Antrag ist erst am 03. Januar 2005 bei der Beklagten eingegangen und enthielt die weitere zwischenzeitlich zurück gelegte Beschäftigungszeit vom 01. bis 09. Dezember 2004 nicht. Im Übrigen wäre im Hinblick auf die Obliegenheit nach § 66 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) das vorsätzliche oder grob fahrlässige Unterlassen einer für die Leistung maßgeblichen Mitteilung von Tatsachen dem aktiven Tun gleichzustellen (BSG, Urteil vom 01. Juni 2006 – B 7a AL 76/05 RBSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4 = NZS 2007, 104; Schütz in von Wulffen, a. a. O., § 45 Rn. 22). Der Verpflichtung zur Mitteilung einer Beschäftigungsaufnahme war sich der Kläger auch bewusst. Er behauptet selbst nicht, diese Verpflichtung nicht gekannt zu haben, sondern sie erfüllt zu haben. Gegenüber dem Kläger wurden in der Vergangenheit bereits Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erlassen, weil er eine Beschäftigungsaufnahme verspätet mitgeteilt hat. Die Verpflichtung ergibt sich im Übrigen aus dem Merkblatt1 für Arbeitslosen (Ihre Rechte – Ihre Pflichten, Stand April 2004) auf Seite 23. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jede Beschäftigungsaufnahme und insbesondere Zwischenbeschäftigungen unverzüglich mitzuteilen ist. Den Empfang dieses Merkblatts und die Kenntnisnahme seines Inhalts hat der Kläger mehrfach bestätigt, zuletzt in den Anträgen auf Arbeitslosengeld vom 09. August 2004, 07. November 2004 und vom 29. November 2004.

b) Die Rücknahmefristen des § 45 Absätze 3 und 4 SGB X sind ersichtlich eingehalten. Der Kläger ist auch vor Erlass der streitigen Verwaltungsentscheidung nach § 24 SGB X angehört worden. Die Beklagte war daher nicht nur berechtigt, sondern gemäß § 330 Abs. 2 SGB III auch verpflichtet, die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 ist somit nicht zu beanstanden.

4.)

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ergibt sich für das zu Unrecht gezahlte Arbeitslosengeld aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Im Zeitraum vom 01. Dezember 2004 bis 31. Januar 2005 hat der Kläger 1.412,94 EUR Arbeitslosengeld erhalten. Da ihm diese Leistungen nicht zustanden, sind sie zu erstatten. Die Erstattungspflicht hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge folgt aus § 335 Abs. 1 Satz 1, Absatz 5 SGB III. Dabei hat sich die Beklagte geringfügig, aber nicht zu Ungunsten des Klägers verrechnet. Die von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung in Höhe von 1.805,64 EUR ist daher nicht zu beanstanden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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