L 13 R 258/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 2819/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 258/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Erfolgt in einem Rechtsstreit zugleich der Abzug einer fiktiv berechneten, ausländischen Rente (hier aus Rumänien), ist der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG.
2. Zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Die Beschwerdeführerin (Bf) begehrt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Gewährung der bewilligten Altersrente ohne Abzug einer fiktiv berechneten Rente aus Rumänien.
Die 1943 geborene Bf, die seit Dezember 1985 eine Hinterbliebenenrente bezieht, erhielt mit Rentenbescheid vom 22. Februar 2000 seit 1. Dezember 1999 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zur Durchführung der zwischenstaatlichen Rentenberechnung übersandte die Bf am 14. Mai 2008 eine Erklärung zum Aufschub des Leistungsbeginns der Rente in Rumänien. Sie erklärte, bis auf Weiteres von ihrem Recht auf Aufschub des Leistungsbeginns in Rumänien Gebrauch zu machen. Mit "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 30. Juli 2008 wandelte die Beschwerdegegnerin (Bg) die Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Regelaltersrente, beginnend am 1. Juli 2008, um. Der Rentenzahlbetrag betrug ab 1. September 2008 monatlich 523,56 EUR. Dabei nahm sie einen fiktiven Abzug in Höhe einer geschätzten rumänischen Rente von 100,98 EUR vor. Sie sehe sich gezwungen, im Rahmen des § 31 Fremdrentengesetz (FRG) einen realisierbaren rumänischen Rentenanspruch anzurechnen. Hiergegen legte die Bf am 18. August 2008 Widerspruch ein.
Bereits am 6. November 2008 beantragte die Bf beim Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Bg verpflichtet werden sollte, die mit Bescheid vom 30. Juli 2008 gewährte Rente ohne Fiktivabzug in Höhe einer hypothetischen Rente aus Rumänien bis zum Abschluss des Hauptsachverfahrens zu zahlen. Aufgrund des gemäß Art. 44 der Verordnung Nr. 1408/71 EWG eingeräumten Dispositionsrechts habe sie den Leistungsbeginn in Rumänien verschoben. Sie lebe nach ihrer Vertreibung und Anerkennung als Vertriebene in Deutschland; eine Rente in Rumänien in rumänischer Währung könne sie nicht verwenden. Sie müsse ihren Lebensunterhalt in Deutschland bestreiten und sei auf die Zahlung nach dem FRG angewiesen. Die Bg habe ohne jede Rechtsgrundlage einen Fiktivabzug in Höhe einer von ihr geschätzten Rente vorgenommen. Insbesondere bestehe keine Berechtigung zur Anwendung des § 31 FRG ohne tatsächlichen Rentenbezug. Die Ruhensvorschrift des § 31 Abs. 1 FRG greife nur dann, wenn tatsächlich eine Rente nach rumänischem Recht gewährt werde. Sie beziehe eine Rente unterhalb der Armutsgrenze. Da sie bereits ohne ungekürzte Zahlung in ihrer Lebensführung eingeschränkt sei, bestehe ein berechtigtes Interesse an der ungekürzten Zahlung. Vorsorglich erklärte sie die Abtretung aller vielleicht bestehenden Rentenansprüche aus Rumänien in dem Umfang zu Gunsten der Bg, in welchem diese dafür Leistungen erbringe, die gemäß § 31 FRG zu einem Ruhen führen würden. Letztlich sei die Berechnung des fiktiven Abzugsbetrags willkürlich. Durch die Auslegung des § 31 FRG entgegen des genauen Wortlautes durch die Bg trotz entgegen stehender Rechtsprechung verstoße diese gegen ihre Aufgabe als Exekutive.
Die Bg führte aus, es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne des § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die der Berechtigten voraussichtlich zustehenden rumänischen Rente ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammenhang mit § 2 FRG. § 2 S. 1 Buchst. b FRG schließe die Anwendung des FRG vollständig aus, soweit Versicherungs- und Beschäftigungszeiten nach der Verordnung 1408/71 EWG, einem bilateralen Sozialversicherungsabkommen oder den innerstaatlichen Vorschriften eines Vertragsstaates anrechungsfähig seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob diese Zeiten im Einzelfall tatsächlich der Berechnung der Leistung zugrunde gelegt würden. Damit werde entsprechend den Grundsätzen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bestimmt, dass die Entschädigung der ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen habe, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt worden seien. Das FRG sei insoweit nachrangig. Die Bg verwies ferner auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 sowie auf § 2 S. 2 FRG, ferner auf die weitere Anwendung des FRG im Verhältnis zu Rumänien gemäß dem Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit vom 8. April 2005 in Verbindung mit dem Eintrag im Anhang III Buchst. A Nr. 20b der Verordnung Nr. 1408/71 EWG. Die Berechnung des fiktiven Abzugsbetrags sei auch nicht willkürlich. Sie wie in dem Fall der Bf ein individueller Anrechnungsbetrag nicht bekannt, werde dieser bezogen auf Rumänien entsprechend der dortigen Rentenformel, unter Zugrundelegung des Wertes eines rumänischen Rentenpunktes für die Altersrente eines durchgehend beschäftigten Durchschnittsverdieners in Höhe von 416.- Leu in Abhängigkeit zu der Anzahl der deckungsgleichen Zeiten der Berechtigten berechnet.
Neben dem Anordnungsanspruch fehle es aber auch an einem Anordnungsgrund. Die Bf habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Rentenminderung ein derartiger wesentlicher Nachteil entstanden sei, der es ihr unzumutbar mache, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Darüber hinaus liege es in ihrem Einflussbereich, ihren ausländischen Rentenanspruch zu realisieren. Hierauf habe sie die Bf mehrmals ausdrücklich hingewiesen.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 11. Februar 2009 ab. Zwar habe die Bf einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, es sei jedoch kein Anordnungsgrund gegeben. Die Bf beziehe zum einen eine monatliche Altersrente in Höhe von 523,56 EUR, zum anderen eine große Witwenrente in Höhe von 561,77 EUR. Bei einer Gesamtnettorente von 1.085.- EUR sei eine soziale Notlage der Bf nicht glaubhaft gemacht.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat die Bf Beschwerde eingelegt. Die Bf habe mit dem angefochtenen Bescheid zwei Regelungen getroffen. Zum einen sei die Rente festgestellt worden; diese Regelung werde nicht angegriffen. Zum anderen sei aber eine Ruhensverfügung getroffen und die festgestellte Rente um 100,98 EUR zum Ruhen gebracht worden. Da § 31 FRG keine Rentenberechnungsvorschrift, sondern eine Ruhensvorschrift sei, die eine festgestellte Rente voraussetze, werde das Ziel der Gewährung einer Altersrente ohne Ruhensverfügung mit einer Anfechtung der Ruhensverfügung erreicht. Die Bg hätte daher im Widerspruchsverfahren die aufschiebende Wirkung des Anfechtungswiderspruchs umsetzen müssen. Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz sei deshalb nicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die von der Bg vorgenommene Ruhensentscheidung sei rechtsgrundlos ergangen. Es lägen nach wie vor die gleichen Hindernisse vor, die für den Gesetzgeber der Grund der Neuregelung gewesen seien. Es läge vor allem auch ein Anordnungsgrund vor. Die gezahlte Rente führe zu einem Leben am Rande der Armutsgrenze. Auch kürze die Bg ohne jeden Rechtsgrund einen erheblichen Betrag, der aber zur Lebensführung dringend erforderlich sei. Hierzu sowie zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat die Bf auf mehrere bislang ergangene Entscheidungen verwiesen. Es sei keine Hauptsacheentscheidung bekannt, in der ein Fiktivabzug bestätigt worden sei.
Die Bg hat darauf hingewiesen, dass der Bf mit Bescheid vom 30. Juli 2008 erstmals eine Altersrente gewährt worden sei. Ein Eingriff in eine bereits geleistete Rente sei nicht erfolgt. Die Frage der aufschiebenden Wirkung stelle sich deshalb nicht. Zutreffend sei auf § 86 b Abs. 2 SGG abzustellen. Ferner hat sie mitgeteilt, dass nach ihren Erkenntnissen nunmehr rumänische Rentenzahlungen in das Ausland und somit auch auf die deutschen Konten der in Deutschland lebenden Berechtigten gezahlt würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2009 hat die Bg den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. Juli 2008 zurückgewiesen. Hiergegen ist beim Sozialgericht München ein Klageverfahren anhängig (Az.: ).
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.
Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz ist, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG. In der Hauptsache liegt nämlich keine isolierte Anfechtungsklage, sondern eine kombinierte Anrechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) vor. Die Bf argumentiert zu Unrecht, ihr sei zunächst eine Regelaltersrente ungekürzt zugesprochen worden, und erst dann sei ihr durch die Anwendung von § 31 Abs. 1 FRG wieder ein Teil ihres "Besitzstandes" weggenommen worden. Diese Auffassung spaltet die von der Bg getroffene konkrete Regelung fälschlicher Weise in zwei verschiedene, zeitlich nacheinander gelagerte Regelungen auf, die aber in dieser Form nicht existieren. Zuzugeben ist der Bf, dass nicht selten in ein und demselben Bescheid mehrere Regelungen getroffen werden. Gerade zu Rentenbescheiden hat das Bundessozialgericht entscheiden, diese würden vier verschiedene Verwaltungsakte verlautbaren: sie würden die Rentenart, die Rentenhöhe, den Rentenbeginn und die Rentendauer feststellen.

Hier jedoch behauptet die Bf, es gäbe mehrere gleichzeitig getroffene Regelungen dergestalt, dass die eine die andere modifizieren würde. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Aus der von der Bf angegriffenen "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 30. Juli 2008 geht unmissverständlich hervor, dass die auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 FRG durchgeführte Ruhensberechnung lediglich einen Berechnungsfaktor zur Rentenhöhe verkörpert. Die insoweit einschlägige Anlage 7 der "Mitteilung" erläutert lediglich, aus welchem Grund in die auf Seite 3 der Mitteilung dargestellte Berechnung der laufenden Zahlung nur 582,38 EUR (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge) und nicht 683,36 EUR einfließen. Der Bf ist hinsichtlich der Höhe der Rente nie eine Rechtsposition ohne die in Streit stehende Kürzung eingeräumt worden. Die Bf verkennt, dass Anlage 7 einen bloßen nachgelagerten Berechnungsschritt verkörpert, der keine bereits getroffene, für sie günstige Regelung zu ihrem Nachteil abändert, sondern erst als Teil einer Gesamtberechnung zu der Regelung der Rentenhöhe führt. Würde man der Argumentation der Bf folgen, müsste man es in der Konsequenz generell zulassen, dass bei zahlreichen mehrstufigen Leistungsberechnungen in großem Maße einzelne für den Leistungsempfänger nachteilige Berechnungselemente isoliert gerichtlich angefochten werden könnten (siehe zum Ganzen: Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Juni 2009, Az.: L 1 R 407/09 B ER).

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach
§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden.

Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch sowie ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m.
§§ 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist grundsätzlich das materielle Recht, das vor dem Anordnungsgrund zu prüfen ist (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, 927 ff und Beschluss vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, 479 f). Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich und können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, so verlangt der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz eine Eilentscheidung anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.).

Nach Ansicht des Senats ist die Rechtslage hinsichtlich des Anordnungsanspruchs weiterhin als offen zu bezeichnen. Die Ansicht der Bf, es lägen flächendeckend Entscheidungen der Sozialgerichte und einiger Landessozialgerichte vor, die die Rechtspraxis der Beschwerdegegnerin als offensichtlich rechtswidrig bezeichnen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. So finden sich z.B. auch in Bayern in der Begründung und im Ergebnis unterschiedliche Entscheidungen des Bayer. Landessozialgerichts, allerdings beide ergangen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des 14. Senates vom 2. Juli 2008, Az.: L 14 B 469/08 R ER; Beschluss des 6. Senats vom 19. August 2008, Az.: L 6 B 523/08 R ER, Beschluss des 1. Senats vom 23. Dezember 2008, Az.: L 1 B 802/08 R ER).

Die Bg stützt den Fiktivabzug auf §§ 31, 2 FRG, der zumindest bei sinngemäßer Auslegung zu einer Rentenminderung führe. Es bestehen zwar von Seiten des Senats Zweifel, ob die Minderung der Rente dadurch gedeckt ist. Das Bayer. Landessozialgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Juli 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) bereits umfassend dargelegt, dass aus dem Wortlaut des § 31 FRG keine Ermächtigung zur Anrechnung einer fiktiven Auslandsrente entnommen werden kann. Eine Ruhensanordnung ist nach § 31 Abs. 1 S. 1 FRG nur bei tatsächlicher Auszahlung einer Leistung eines ausländischen Trägers, nicht jedoch bei Leistungen eines ausländischen Trägers, auf die lediglich ein Anspruch besteht, die jedoch nicht ausgezahlt werden, vorgesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Norm (siehe hierzu im Einzelnen: Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.). Darüber hinaus ist problematisch, inwieweit die Regelungen der Verordnungen Nr. 1408/71 EWG und Nr. 574/72 EWG anwendbar sind und zu einem Ausschluss der §§ 31, 2 FRG führen.

Allerdings bedarf es der Klärung, ob im Rahmen der Rechtsfortbildung eine analoge Anwendung des § 31 FRG vorzunehmen ist sowie ob eine Inanspruchnahme eines ausländischen Versicherungsträgers zur Disposition des Versicherten steht. So stellte z.B. auch das Bayer. Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 19. August 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) die Frage, ob in Auslegung des § 31 FRG gesagt werden kann, ein Träger der Sozialversicherung gewähre eine Rente nicht und zahle sie nicht aus, wenn der Berechtigte die für eine Inanspruchnahme notwendige Verfahrenshandlung unterlässt oder, wie im vorliegenden Fall, ausdrücklich nicht will. Es könne nicht ohne Weiteres als dem Eingliederungsgrundsatz widersprechend angesehen werden, wenn der deutsche Rentenversicherungsträger bei der Anwendung des § 31 FRG unter Berücksichtigung der Leistung einer nach einem zwischenstaatlichen Abkommen gezahlten Rente noch so viel an Leistung auszahlt, dass der Betrag garantiert ist, der ohne die fremde Leistung zustünde. Der Senat teilt wie der 1. Senat (Beschluss vom 29. Dezember 2008, a.a.O.) diese Bedenken, ohne diese im Rahmen der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abschließend zu bewerten, zumal auch eine Rechtsprechung des BSG zu der hier streitigen Anwendung des § 31 FRG nicht ersichtlich ist.

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Zugleich ist aber auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Bei der hier maßgeblichen Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Entscheidend ist, ob es bei einer Folgenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.,
§ 86 b Rdnr. 28). Durch den Aufschub der rumänischen Rentenleistung und die gleichzeitige Auszahlung einer ungeminderten Rente wird die deutsche Rentenversicherung finanziell belastet, die insoweit - ggf. in Verbindung mit der Abtretung von Ansprüchen durch die Bf - in Vorleistung tritt. Demgegenüber trifft die Bf durch den Fiktivabzug im Falle des Obsiegens eine verzögerte Auszahlung des Rententeils, den die Bg zum Ruhen gebracht hat. Im Rahmen der Prüfung eines Anordnungsgrundes liegt darin jedoch kein wesentlicher Nachteil für die Bf. Dabei ist zwar ihr Interesse an der Auszahlung des vollen Rentennettobetrages anzuerkennen, zumal der monatliche Zahlbetrag der Rente in Höhe von 523,56 EUR für sich betrachtet zur Deckung des Lebensbedarfs dringend benötigt wird.

Allerdings ist im Rahmen der Prüfung, ob der Bf ein wesentlicher Nachteil im Sinne des
§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG droht, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse insgesamt abzustellen und nicht allein auf die Höhe der Rente. Zu berücksichtigen sind ggf. auch weitere Einnahmen wie hier die daneben bestehende Hinterbliebenenrente in Höhe von 561,77 EUR. Der Bf stehen somit zumindest eine Gesamtnettorente in Höhe von 1.085,33 EUR für die Lebensführung zur Verfügung. Es ist damit eine soziale Notlage glaubhaft gemacht noch liegt dieser Betrag lediglich geringfügig über oder gar unter einer "Armutsgrenze", wie von der Bf ohne Weiteres vorgebracht.

Der Senat kann daher offen lassen, ob der Anordnungsgrund dadurch entfallen ist, dass in der Zwischenzeit der rumänische Rentenversicherungsträger Zahlungen auf deutsche Konten vornimmt. Weitere Ermittlungen konnten hierzu unterbleiben.

Es ist der Bf daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass auch die Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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